Rechtsextreme Demonstration
in Budapest:
Sonntäglicher Antisemitismus
Von Karl
Pfeifer
Die
christliche Budapester Wochenzeitung "Hetek"
berichtete unter dem Titel "sonntäglicher Nazismus" über das Verbrennen
einer israelischen Fahne bei einer rechtsextremen Demonstration in Budapest.
Die
Vorgeschichte: Im privaten Radio Tilos wurde kurz vor Weihnachten während
einer Diskussion erörtert, ob Jesus ein uneheliches Kind war. In einer
anderen Sendung sagte einer der Moderatoren: "Ich würde alle Christen
ausrotten".
Dieser
nichtjüdische Journalist war schon einmal wegen seines Alkoholismus
suspendiert gewesen und er hatte nach seiner Entwöhnung gerade einen
Rückfall. Der andere anwesende Moderator distanzierte sich sofort von diesem
Ausspruch. Doch dieser Vorfall war ein Anlass für die rechte Opposition
tätig zu werden.
Die führenden
Publizisten der Rechten wollten den Spruch eines betrunkenen Journalisten
damit vergleichen, was passieren würde, wenn jemand etwas gleiches über
Juden gesagt hätte. Laut einem Schreiber der rechtsradikalen "Magyar
Demokrata" (8.1.04) "haben sich einige Figuren der linken Politiker von
diesem hirnlosen Ausspruch distanziert, doch sie haben sich beeilt,
dazuzufügen, dass damit die Sache erledigt ist. Frage, ob es auch dann
erledigt wäre, wenn ein besoffener Musiker zu Purim erklären würde, er würde
alle Juden ausrotten? Nun das ist eine rhetorische Frage, die Antwort kann
jeder sich selbst erteilen."
In der sehr
rechts stehenden Tageszeitung "Magyar Nemzet" stand kurz vor der
Demonstration in einem Artikel, die Erklärung der Mitarbeiter des Radio
Tilos, "wir sind alle Juden", die sich auf die seinerzeitige Solidarisierung
in Frankreich mit Daniel Cohn-Bendit bezog.
Am Sonntag,
(11.1.04) kam eine Masse, um an einer antisemitischen Demonstration
teilzunehmen. Die Fahne der ungarischen Nazi wurde gezeigt, anderswo ein
Transparent mit der Frage: "Wo seid ihr berühmte Menschenrechtskämpfer, in
Israel auf Menschenjagd". Die Demonstranten trugen Kreuze und andere
religiöse Symbole. Eine Dame hatte ein gelbes Kreuz auf ihren Mantel genäht
und versuchte damit zu signalisieren, dass in Ungarn eine Christenverfolgung
begonnen hätte, die an die Aussonderung der Juden erinnert.
Hauptredner
war der Journalist István Lovas (siehe Bild rechts), ein Mann mit
zweifelhafter Vergangenheit und dem enge Kontakte zum kommunistischen
Geheimdienst nachgesagt werden. Der rechtsextreme Lovas, hatte sich während
der Zeit der sozialistisch-liberalen Regierung unter Ministerpräsident Horn,
bei der israelischen Botschaft gemeldet und um Einwanderung nach Israel
angesucht. Er begründete sein Gesuch mit dem weit verbreiteten
Antisemitismus in Ungarn. Doch sein Gesuch wurde abgelehnt, obwohl er nach
dem Chok haSchwut, dem Gesetz der Rückkehr, das Recht gehabt hätte, sich in
Israel niederzulassen.
Lovas sprach vom
Genozid und der Unterdrückung und brachte auch Beispiele, dass die
moslemische Mehrheit im Südsudan mehr als eine Million Christen und
Animisten ermordet, dass die Hindus in Indien 3000 Moslems umgebracht und
die Russen 60.000 Tschetschenen abgeschlachtet haben. Die Demonstranten
hörten das gleichgültig an bis er zum Satz kam, "die israelische Armee tötet
palästinensische Babys". Da kam es zu einer Stimmenexplosion, "Pfui, Pfui"
skandierte die laut schreiende pfeifende Masse.
Laut Lovas
"quält, verspottet seit fünf Jahrzehnten in Ungarn, eine die ungarische
Nation und das Christentum hassende Minderheit und diese presst die Mehrheit
heraus in ihrem Kampf um die nationalen Kraftquellen". Lovas behauptete
auch, "die Propagierung von Christen- und Ungarnhass wird staatlich
subventioniert". Unter anderem hat er auf die "Unterdrücker" so auch auf
"Hit Gyülekezete", auf eine christliche Gemeinschaft, die gegen
Antisemitismus auftritt und die Wochenzeitung "Hetek" herausgibt,
hingewiesen, er erwähnte aber auch eine Fernsehstation, wo man die
Demonstranten nicht hereingelassen hat.
Dann wurde der
antisemitische Slogan "Ungarn an die Spitze der Fernsehanstalten" laut. Die
am meisten verbreitete ungarische Tageszeitung "Népszabadság" wurde von
Lovas als Eigentum der die Ungarn hassenden sozialdemokratischen Partei MSZP
angegriffen und er nannte noch eine Reihe von Medien und natürlich auch die
liberale Partei SZDSZ.
Nach den Reden
wurden die Demonstranten mit Lautsprechern aufgerufen, sich in Ruhe und
Würde zu entfernen, doch die Menschen haben diese Bitte nicht befolgt. Eine
kleine Gruppe hat eine israelische Fahne verbrannt. Der Fotograf der
ungarischen Nachrichtenagentur MTI wurde tätlich angegriffen und andere
Journalisten gestoßen.
Hetek bemerkt
aufgrund des Benehmens der anwesenden Polizei, es sei ein neues Sprichwort
entstanden: "Was charakterisiert den ungarischen Polizisten, er hört nicht,
er sieht nicht und er ergreift keine Maßnahmen." Aufgrund der in den Medien
veröffentlichten Fotos hat die Polizei am Tag darauf mitgeteilt, dass sie
ein Verfahren gegen die Fahnenverbrenner eröffnen wird. Das ist mehr als die
Wiener Polizei getan hat, als während Solidaritätsdemonstrationen mit den
Palästinensern israelische und amerikanische Fahnen verbrannt wurden.
hagalil.com
18-01-2004 |