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Joseph Samuel Bloch Medaille:
Dankesrede von Karl Pfeifer

Der für sein Engagement und seine Zivilcourage bekannte Journalist und Autor Karl Pfeifer wurde am 24. November 2003 mit der Joseph Samuel Bloch Medaille der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich ausgezeichnet. Karl Pfeifer hielt folgende Dankesrede:

Ich danke allen die hierher in das Jüdische Gemeindezentrum gekommen sind, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Besonders danke ich Frau Univ.Prof. Dr. Erika Weinzierl für ihre spontane Ansprache und Frau Kammerschauspielerin Elisbeth Orth sowie last but not least meinem Freund Wolfgang Neugebauer für die anerkennenden Worte.

In erster Linie habe ich meiner lieben Frau zu danken, die in all diesen Jahren mich immer unterstützt hat. Insbesondere war das wichtig während der drei Jahre, in denen ich als Angeklagter in Österreich vor Gericht stand und beweisen musste, dass die Behauptungen des Dr. Werner Pfeifenberger, Juden hätten 1933 Deutschland den Krieg erklärt, nicht stimmen. Meine Frau, die Deutsche ist, erhielt in diesen Jahren einen tiefen Einblick in die österreichische Wirklichkeit.

Ich bedanke mich auch bei der jüdischen Gemeinde und dem hier anwesenden Präsidenten Dr. Ariel Muzicant für die Unterstützung, die ich während meiner verschiedenen Prozesse erhielt.

Viele von den Anwesenden sind glücklicherweise zu jung um sich an den Schock und die Betroffenheit zu erinnern, den der Fernsehfilm "Der Herr Karl" Anfang der sechziger Jahre verursacht hat.

Was mir schon damals auffiel, war die Tatsache, dass der Held dieses Stückes mit all seinem Opportunismus und seiner gemütlichen Niedertracht doch auch eine gescheiterte Existenz war.

Gewünscht hätte ich mir ein Stück über den gebildeten Herrn Karl, der es in diesem Land immer noch schaffte sich je nach der politischen Wetterlage, seine Meinung rechtzeitig zu ändern, um dann heraufzugehen und es sich richten. Doch dieses Stück ist noch nicht geschrieben und wenn jemand es schreiben würde, dann kann er/sie mit Klagen nach § 111 üble Nachrede rechnen, denn einige prominente Österreicher könnten sich betroffen fühlen.

Doch gab und gibt es in diesem Land immer auch andere Menschen, die versuchten und versuchen aufzuklären. Ich denke dabei zum Beispiel an die Aktion gegen Antisemitismus.

Ich danke der Aktion gegen Antisemitismus für diese Ehrung.

Als ich vor 52 Jahren nach Österreich zurückkam, musste ich bald erkennen, wie notwendig diese Aktion ist. Ich würde mir wünschen, dass sie nicht nur von Künstlern und Intellektuellen und anderen interessierten Menschen, sondern auch von Politikern der demokratischen Parteien offen und offensiv unterstützt wird. Nicht wegen den paar Tausend Juden, die noch in diesem Land leben, sondern wegen der geistigen und politischen Hygiene, die unsere Gesellschaft braucht. Bei all dem, was uns in den letzten Jahren betroffen gemacht hat, muss auch gesagt werden, dass der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und der Vorsitzende der Grünen Alexander van der Bellen offen und vor einem Millionenpublikum im ORF gegen die Instrumentalisierung von Antisemitismus in der österreichischen Politik aufgetreten sind. Diese Parteien haben deswegen keine Stimmen verloren. Das ist ein ermutigendes Zeichen und sollte von anderen Politikern – die noch auf Meinungsumfragen schielen – als Beispiel genommen werden.

Gerade letzte Woche erhielt mein Freund Wolfgang Neugebauer das goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien und im roten Saal des Rathauses kamen auch seine Konflikte mit seiner Partei, mit der SPÖ, zur Sprache aber auch wie es ihm gelang das DÖW als überparteiliche Institution weiterzuentwickeln. Sicher kein Zufall, dass bei seiner und der Auszeichnung von Herbert Exenberger neben grünen und sozialistischen Mandataren auch prominente Mitglieder der ÖVP anwesend waren.

Die Aktion gegen Antisemitismus und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes verkörpern das pays ideel, das ideale Österreich. Österreich war für mich nie eine Insel der Seligen, aber das DÖW ist eine Insel der Ruhe, der Gelassenheit und Menschenfreundlichkeit und auch ein Ort, wo Menschen, die aus verschiedenen politischen Parteien und Religionen kommen, sich wohlfühlen.

Das war das halbe volle Glas. Bitte erschrecken sie nicht, wenn ich nun vom halb leeren Glas spreche und von den Problemen, die mich aber auch andere Menschen beschäftigen.

Wir erleben immer wieder, wie Menschen die im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, und denen es oft gar nicht bewusst ist, antisemitische Aussprüche von sich geben. Wenn dann doch eine negative Reaktion kommt, dann wird behauptet, man hätte die Absicht nicht verstanden, oder es war ja nicht so gemeint.

Hier nur ein Beispiel aus letzter Zeit. Der griechische Komponist Mikis Theodorakis verglich launig das jüdische Volk mit dem griechischen und fand "Die Juden stehen an der Wurzel des Bösen." Theodorakis nahm später seine Aussage zurück: "Meine Aussagen betrafen die Rolle des (israelischen) Ministerpräsidenten Scharon und der Juden in den USA und ihre Rolle in der Aggressionspolitik des amerikanischen Präsidenten Bush. Diese Phänomene sind die Wurzel des Bösen". Nun ist auch diese Aussage von Theodorakis zu kritisieren, haut sie doch in die gleiche Kerbe wie der ehemalige Ministerpräsident von Malaysia und der deutsche Neonazi Horst Mahler, die eine jüdische Weltherrschaft herbeiphantasieren.

Doch was sagte Theodorakis wirklich? Er meinte wegen ihrer reichen Geschichte seien die Griechen - anders als die Juden - nicht aggressiv geworden. "Sie hatten nur Abraham und Jakob, Schatten. Wir hatten den großen Perikles hier." Und spätestens jetzt muss man fragen, wieso es kommt, dass ein Mann wie Theodorakis, der seit Jahrzehnten in der Politik ist, wenn es um Juden geht einige schlimme antisemitische Stereotypen von sich gibt, wonach die Juden schon immer böse und aggressiv waren, siehe die Bibel, hingegen die alten Griechen friedfertig. Dann aber – kennend die Parteilichkeit der meisten Medien – deutet er dies um in eine Kritik am Staat Israel. Und viele nehmen ihm das noch ab.

Wir beobachten in Österreich noch ein anderes Phänomen, das Besorgnis erweckt. Antisemitismus bzw. antisemitische Äußerungen werden nicht als solche erkannt, denn viele Österreicher reduzieren diesen auf den Vernichtungsantisemitismus der Nazi, als ob es nicht schon vorher andere antisemitische Strömungen in diesem Land gegeben hätte. Wer also diesbezüglich noch so konkrete Kritik wagt, dem wird oft entgegengehalten, er würde damit jemand beschuldigen ein Verbrechen nach dem NS- Verbotsgesetz begangen zu haben und das ist dann der Gipfel der Frechheit, dem Kritiker wird vorgeworfen, er würde damit dem Kampf gegen Antisemitismus schaden. Das traurige ist, dass diese Argumentation von Linken kommt, die doch angetreten sind für Emanzipation und Gleichberechtigung.

Genug der Klagen.

Ich freue mich insbesondere darüber, dass ich hier verhältnismäßig viel junge Menschen sehe. Das gibt zur Hoffnung Anlass. Die Zeit – so hoffe ich - wird kommen in der die Aktion gegen Antisemitismus überflüssig wird, denn dieser wird aus Politik und Medien verschwinden. Und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wird sich nicht mehr mit aktuellem Rechtsextremismus beschäftigen müssen, weil dieser auf kleine Randgruppen beschränkt ist.

Ich fürchte diese Zeit nicht mehr zu erleben. Wenn ich einen kleinen Beitrag dazu geleistet habe, dann erfüllt mich das mit Freude und ich bin sicher, dass jüngere Österreicherinnen und Österreicher die Stafette von uns, die wir noch die Schrecken des Nationalsozialismus erlebt haben, übernehmen werden.

hagalil.com 04-12-2003

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