Herbert Fleissner:
Ein Verleger und der braune Sumpf
Von Max Brym
Herbert Fleissner ist CSU-Mitglied in München
und Großverleger. Fleissner ist Chef und Eigner der Münchner Verlagsgruppe
Langen Müller Herbig mit einem Umsatz von 71,3 Millionen Euro im letzten
Geschäftsjahr. Damit ist er einer der größten Buchverleger in der Republik.
Auf den ersten Blick ist Fleissner ein liberaler Verleger, in dessen Häusern
die Memoiren von Willy Brandt erschienen sind, ebenso wie Schriften von
Simon Wiesenthal und der Münchner Oscar- Preisträgerin Caroline Link.
Allerdings sind seit Mitte der neunziger Jahren
zunehmend Autoren vom rechten Rand, Theoretiker der Konservativen Revolution
wie Rainer Zittelmann, von Fleissner herausgebracht worden. In seinen
letzten Jahren weigerte sich deshalb der inzwischen verstorbene
Schriftsteller August Kühn ("Zeit zum Aufstehn"), von Herrn Fleissner
gedruckt zu werden. Dem Autor dieser Zeilen gegenüber erklärte August Kühn
kurz vor seinem Tod: "Fleissner ist ein Rechter und Roßtäuscher. Er
publiziert nationalistischen und antisemitischen Mist, um das zu verbergen
sucht er linke Feigenblätter, damit das Ganze nicht auffällt. Der Kerl ist,
um ungefährdet rechten Gedankenmüll unters Volk zu bringen, geradezu
penetrant gegenüber Linken, die er unbedingt produzieren will. Das kann er
mit mir nicht machen, ich hab ihn durchschaut."
Fleissner und Hohmann
Fleissner ist der prominenteste Unterzeichner
der Erklärung zur "kritischen Solidarität" mit dem antisemitischen
Bundestagsabgeordneten Hohmann. Insgesamt haben bis dato 1600 Mitglieder der
CDU/CSU eine pro Hohmann Anzeige in der Presse unterstützt. Fleissner ist
der mächtigste und einflußreichste unter ihnen. Der fünfundsiebzigjährige
Fleissner ist Mitglied des Witikobundes, einer elitären rechten Denkfabrik
der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Jetzt besitzt der Publizist den
traurigen Mut, sich im Falle Hohmann für absolute Toleranz gegenüber offenem
Antisemitismus auszusprechen. Wiederum kleidet sich Fleissner mit einem
schlecht zusammengeflickten liberalen Mäntelchen, denn angeblich ist seine
Solidarität mit Hohmann "kritisch". In Wahrheit ist Herr Fleissner (nicht
nur in Deutschland) eng mit der antisemitischen Szene verbunden. Er
publiziert rassistische Antisemiten und finanziert rechte Blätter. Dabei
packelt er nicht nur mit dem "Kirchenlicht" Hohmann, sondern noch mit ganz
anderen Kalibern.
Fleissner und der braune Sumpf
In Fleissners Universitas-Verlag darf ein Herr
Claus Nordbruch sich über "Zensur in Deutschland" beschweren (SZ. 28.11.03).
Nordenbruch, ein in Südafrika lebender, offen rassistischer Autor, schreibt
sonst in Publikationen von Neonazis und Holocaust-Leugnern. Das Bundesamt
für Verfassungsschutz führt Nordbruch als Rechtsextremisten. Eine
Verlagssprecherin äußerte gegenüber der SZ: "Das ist uns bisher nicht
bekannt gewesen". Entweder sitzen in dem Verlag gut bezahlte Idioten oder es
handelt sich um treue Mitarbeiter des Herrn Fleissner mit schlecht getarnter
brauner Maskerade. In Bayern sagt man dazu: "Wie der Herr so das Gscherr ".
Bekannt ist: Herr Fleissner begleitet Herrn
Hohmann kritisch, publiziert Antisemiten und sponsert rechtsextremistische
Zeitungen. Die Potsdamer Junge Freiheit, die von rechtsextremistischen und
antisemitischen Autoren dominiert wird, erhält immer wieder Annoncen von
Fleissners Verlagen. Das Wiener Junge Freiheit Pendant "Zur Zeit" hat Herr
Fleissner selbst mitbegründet. Ihm gehören zehn Prozent der W3
Verlagsgesellschaft, die das Wochenblatt herausgibt.
Was propagiert "Zur Zeit"
Das Wochenblatt "Zur Zeit" stellt keine
besonderen intellektuellen "Ansprüche". Das Blatt ist, da es weniger
elegante Nebelkerzen wie die Junge Freiheit benützt, sofort als faschistisch
antisemitisches Blatt erkennbar. Chefredakteur der Zeitung ist der ehemalige
FPÖ Bundesrat Andreas Mölzer. In der Ausgabe vom 14. November 03 schrieb der
österreichische Rechtsextremist Friedrich Romig auf zwei Zeitungsseiten über
die angebliche Weltherrschaft der Juden. Wörtlich fabulierte Herr Romig:
"Die Globalisierung muß als Weg gesehen werden, auf dem das Judentum seinen
biblischen Auftrag gemäß weltweite Dominanz erlangt." Mit solchen
Konstrukten hetzten die Nazis gegen "das internationale Finanzjudentum".
Natürlich wurde in den letzten Wochen auch in
"Zur Zeit" in Solidarität mit Herrn Hohmann gemacht. Seine Legende vom
"Jüdischen Bolschewismus" paßt hervorragend zu dem Blatt in Wien, um den
Kunden stets mit dem kompletten antisemitischen Sortiment zu bedienen. Neben
der angeblich jüdischen Globalisierung und dem jüdischen Bolschewismus darf
eine scharfe Prise religiöser "Antijudaismus" nicht fehlen. Das Organ
erscheint schließlich in einem mehrheitlich katholischem Land. In der Suada
des Romig ist zu lesen: "Die Juden sind Meister im Aussähen des Zweifels wie
schon der Prozeß gegen Jesu bewiesen hat, der mit einem Todesurteil gegen
den Gottessohn geendet hat". Solche Ausfälle sind in Fleissners Organ keine
Ausnahme. "Die Herrscher über Banken und Fondsgesellschaften Wirtschafts-
und Rohstoffimperien, Medien und Filmindustrie sind überwiegend mosaischen
Glaubens", ist in derselben Ausgabe zu lesen. Die Entwicklung des Blattes
ist nichts Neues, im Jahr 2001 schrieb der Chef der "Ungarischen Wahrheits-
und Lebenspartei", der Antisemit Istvan Csurka in "Zur Zeit": "Diese
nationalfremde Clique, die Juden, hetzen und kolonialisieren Europa." Im
Gründungsjahr der Zeitung 1997 bemühte der Autor Robert Prantner gar die im
Mittelalter auftretende Legende von angeblichen Ritualmorden: "Auch das Blut
gemordeter Christen vergossen durch jüdische Hand schreit zum Himmel."
Fleissners Reaktion und die Union
Gegenüber der SZ vom 28.11.03 ließ Langen Müller
erklären: "Die Gesellschafterstellung unseres Verlegers nimmt keinen Einfluß
auf den redaktionellen Inhalt der Zeitschrift –Zur Zeit-". Ergo, Herr
Fleissner weiß wie üblich von nichts, er solidarisiert sich höchstens
kritisch (Affäre Hohmann). Doch dass Fleissner der Inhalt seiner Zeitung
verborgen geblieben ist, erscheint wenig wahrscheinlich. So weilte Herr
Fleissner im November 2001 auf der
Burg
Kranichberg in Niederösterreich anläßlich der Geburtstagsfeier des
Blattes "Zur Zeit".
Dieses Treffen war ein Stelldichein der
europäischen Rechtsextremisten. Ehrengäste waren der ungarische Antisemit
Csurka, der deutsche Neonazi Alfred Mechtersheimer und andere obskure
Gestalten. Die CSU, der Herr Fleissner seit Jahren angehört, macht keinerlei
Anstalten, den rechten Verleger aus ihren Reihen zu entfernen. Der
Hohmann-"Solidarisier" hat in der Union seinen Platz. Alles Geplauder von
Stoiber gegen den Bundestagshinterbänkler Hohmann ist leeres Gerede, um das
deutsche Ansehen im Ausland nicht zu gefährden. Der ganze "Philosemitismus"
bestimmter Unionsoberer ist falscher Budenzauber.
Es ist auch kein Zufall, dass Angela Merkel die
Unionsdebatte über modernen Patriotismus wieder abblies. Offensichtlich
hegte sie die Befürchtung, in die Rolle des Zauberlehrlings zu geraten. Die
antisemitische "Stahlhelmfraktion" in der CDU/CSU hat eine solide Basis.
Diese Leute in eine Debatte zu holen, birgt bestimmte Risiken, gefeuert wird
aber kein einziger latenter und offener Antisemit aus der Union, bis auf den
"Dummkopf" Hohmann. Gegen Herrn Fleissner will die CSU-Vorsitzende in
München, Kultusministerin Monika Hohlmeier, nicht vorgehen, meldete die SZ
am 29. November 03.
hagalil.com
01-12-2003 |