Posthume Ehrung:
Gedenken an Stephanie Hüllenhagen
Vergangene Woche, am 13.11.2003, wurde in
Berlin-Wedding, am Haus Bellermannstr. 14, eine Gedenktafel für die
Schneiderin Stephanie Hüllenhagen (1893-1967) eingeweiht. Frau Hüllenhagen
hatte von Anfang 1943 bis zur Befreiung in ihrer 1-Zimmer-Wohnung (mit
Außentoilette) eine entfernte Bekannte, Frau Dr. Helene Leroi (1894-1950)
verborgen. Dafür wurde sie 2001 posthum als "Gerechte unter den Völkern"
ausgezeichnet.
Zur Enthüllung der Tafel hatte der Verein
Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin geladen. Unter den
Teilnehmern war die Nichte von Frau Hüllenhagen und Initiatorin der Tafel,
Prof. Hanna Papanek, und zwei Enkelkinder von Frau Leroi, Susan und Andrew
Benesch, alle aus den USA.
Stephanie Hüllenhagen hat keinen Menschen
gerettet, der ihr besonders nahe stand. Als Sozialdemokratin und
Antifaschistin hatte sie - wie sie später schrieb - das Gefühl, "du bist
mitschuldig, wenn du das alles geschehen lässt." Sie wollte das tun, was in
ihrer Macht stand, um ein persönliches Zeichen gegen das Naziregime zu
setzen.
Als die Diskriminierung der Juden immer weiter
zunahm, als Juden die Straßenbahn zwar noch benutzen konnten, aber sich
nicht setzen durften, stand auch sie. Und als die längst zur Sklavenarbeit
gezwungenen Berliner Juden deportiert wurden, stand für sie fest: wenigstens
ein Leben wollte sie retten. Ob sie den Satz kannte, dass "wer ein
Menschenleben rettet, die ganze Menschheit rettet" wissen wir nicht, aber
sie hat ihr Möglichstes getan, ihn zu befolgen. Sie kannte Helene Leroi
flüchtig und ließ bei ihr anfragen, ob sie zu ihr kommen wolle. Frau Leroi,
damals zur Zwangsarbeit verpflichtet, sagte zu, und lebte die nächsten 2 1/4
Jahre in der Obhut von Frau Hüllenhagen.
Die Ehrung galt vor allem dem Mut und der
Einsatzbereitschaft von Stephanie Hüllenhagen, sie galt aber auch allen
anderen Bewohnern des Hauses, ohne deren Stillschweigen und vielfach auch
aktive Unterstützung das Überleben von Helene Leroi kaum möglich gewesen
wäre.
Bei der Einweihung der Gedenktafel für Stephanie Hüllenhagen:
Hans-Peter Laqueur, Susan Benesch, James Baaden, Andreas Laqueur und
Andrew Benesch. (v.l.n.r.)
© Christine Fischer-Defoy/Verein
Aktives Museum Berlin
hpl /
hagalil.com
23-11-2003 |