Der Geist, der stets verneint:
Plakatives gut Gemeintes gegen rechts, die 236ste
Ich bin der Geist, der stets verneint. Jedenfalls wenn es
um gut Gemeintes "gegen rechts" gilt. Man liest also den Satz: "Mit ihrem
Projekt Design gegen Rechtsradikalismus
wollten Dortmunder Studenten Jugendliche aufrütteln." Da rüttelt und
schüttelt es mich schon, rein prophylaktisch. Das klingt nach dem Herzeigen
der guten, schönen und wahren Symbole.
Liebe StudentInnen: es tut mir leid, aber das Ergebnis
eurer Arbeit ist, bis auf wenige Ausnahmen, nicht nur grottenschlecht,
politisch gesehen, sondern schädlich, weil es die böhsen Vorteile nicht
abbaut, sondern verstärkt. Um gut Gemeintes gegen etwas zu tun, um
ein sanft ruhendes Gewissen zu haben, muss man wissen, um was es sich
handelt.
Das
Projekt Artikel Eins
(1) möchte zu einer Kultur der
Menschenrechte
aufrufen. Das ist löblich, weil die kackbraunen Kameraden und ihre
Gesinnungsgenossen keine Menschenrechte, sondern nur völkisch
definierte
Rechte kennen. Diesen Punkt habt ihr verstanden: einen Unterschied
zwischen den
Stiefelfaschisten und den
Salonfaschisten gibt es nicht. Ihn benennen zu wollen, hieße Scheisse
nach Geruch zu sortieren.
Aber wie setzt ihr diese Idee um!? Ihr meint es gut. Das reicht nicht, auch
wenn der Unispiegel euch gleich zwei fast identische Artikel widmet (07.05.2003
und
29.08.2003). Adolf Hitler zum Bösen zu erklären, ist nicht unbedingt
eine Botschaft, die werbetechnisch vom Hocker haut. Lasst es euch gesagt
sein: Vorurteile ändern sich nur durch kognitiv dissonante Botschaften. Das
weiss jeder, der sich mit der Vorurteilsforschung beschäftigt hat. Wenn alle
Neger trommeln und ein
Schimpanse einen Schnauzbart hat, ist das sinnfrei. Wer sind denn die
Nazis? Das Projekt propagiert durch zahlreiche seiner Plakate ein Vorurteil,
das die Ursachen von Rassismus verharmlost: Nazis sind keine Skinheads. Es
geht nicht um
Ausländer. Wer das behauptet, beschimpft Afrodeutsche und Juden, die
angepöbelt werden, bekanntlich aber keine Ausländer sind. Zum 245sten Mal
wiederhole ich hier einen Satz aus
Nazis sind Pop. Ausländerfeindlichkeit
suggeriert einen Tatbestand, der so nicht existiert - als richteten sich
Hass und Gewalt gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen, die durch das
Fehlen eines deutschen Passes gekennzeichnet ist. Das ist selbstredend
Unfug. Dieser Begriff hat dazu geführt, dass jeder Dunkelhäutige mit grosser
Wahrscheinlichkeit, wird er in Deutschland öffentlich wahrgenommen, zum
Ausländer abgestempelt wird, zu dem man sich gut oder böse verhalten
kann.
Wer Nazis nur
beschimpft, wird gar kein Publikum bekommen, jedenfalls nicht das, was
gemeint ist: es geht nicht darum, den Guten ein gutes Gefühl zu verschaffen,
sondern die Bösen zu agitieren! Nazis als
hirnlos zu bezeichnen, ist falsch, pädagogisch sinnfrei und dokumentiert
die eigene Hilflosigkeit. Dann bitte konsequent sein wie die
Keinenfussbreitden-Antifa und die Nazis verhauen! Das bewirkt politisch
auch nichts. Aber man fühlt sich gut. Nach dem Motto: sie bzw. wir tun was.
Was, ist wurscht.
Ich wage auch zu bezweifeln, dass
Rassismus ein Produkt falscher
Erziehung ist. Wer politische Ideen
psychologisiert, erkennt nicht die Interessen, die hinter Ideen stecken.
Rassismus ist eine positive Option, ein Versprechen, nach irrationalen
Kriterien soziale Grenzen so definieren zu können, dass man selbst einen
Vorteil davon hat.
Ich kann nur drei Plakate loben, weil sie politisch sind,
den Normalbürger irritieren und ansatzweise die Ursachen für Rassismus
ansprechen.
White Power erinnert mich an eine Postkarte an meiner Pinnwand: Ich bin
stolz, eine Postkarte zu sein. Ein recht unpolitischer Gag, aber lustig,
ganz im Gegenteil zu den Unterhosen mit braunen Streifen - das ist
langweilig, weil von der Titanic geklaut und im übrigen unter der
Gürtellinie, mit Verlaub. Dann kann man auch gleich über die sexuelle
Orientierung einiger der kackbraunen Kameraden diskutieren. Mache ich nicht.
Das ist Privatsache. Nur Waschlappen müssen ständig herbeten, dass sie
Power besässen - weil sie insgeheim daran zweifeln.
Vorsicht! Leitkultur! ist zwar auch abgenudelt, ein "verbranntes" Thema,
wie es im Mediensprech heisst, aber es pöbelt den Mainstream an. Und das ist
immer gut so. Der Jäger- alias
Maschendrahtzaun gehört zum Deutschen an sich wie der zum Jäger passende
Wald, die Liebe zur Töle, wie der Mauerbau, die Grenze (mit
Selbstschussanlage) zum Gemüsebeet des Nachbarn. Dieses Plakat führt, hielte
man es auf einem beliebigen deutschen
Campingplatz hoch, zur Lynchjustiz.
Nur eine studentische Arbeit, die
Greencard (Bild unten), beschäftigt sich mit dem eigentlichen Thema: dem
institutionalisierten Rassismus, der viel effektiver und
menschenverachtender ist - und noch mehr Menschenleben auf dem Gewissen hat
als alle deutschen Neonazis zusammen.
Von Design-Studenten kann man nicht das intellektuelle
Niveau von Politologen erwarten, sondern nur das von Werbefuzzys. Hart an
der Grenze zur Lächerlichkeit ist aber die Aktion, wahllos irgendwelche
Links zu sammeln (2), um zu
dokumentieren, dass man sich mit dem hippen Medium Internet auskennt. Und
die Frage am Schluss sei doch zaghaft gestattet: Liebe Studenten! Habt ihr
schon mal davon gehört, dass die zentrale weltanschauliche Klammer
des
rechten und völkischen Gefasels der Antisemitismus ist? Offenbar nicht, denn
(wenn ich es nicht übersehen habe) - das wichtigste Thema gegen rechts
habt ihr schlicht vergessen.
1) Mein Vorurteil,
dass Designer meistens von HTML keine Ahnung und zur Sicherheit im Internet
ein Verhältnis haben wie Klaus Störtebeker zur Umsatzsteuer, wird auf das
Schönste bestätigt: Die Website des Projekts der FH Dortmund diskriminiert
Behinderte. Und dann will man etwas gegen rechts getan
haben? Da lachen ja die Hühner!
(2)
www.netzgegenrechts.de,
www.aktioncourage.org,
www.nrw.de/zivilcourage/index.htm,
www.nrwgegenrechts.de,
www.politische-bildung.de,
www.gegen-rechtsradikalismus.de,
http://rechtegewalt.de,
www.amadeu-antonio-stiftung.de,
www.hagalil.com,
www.it-unternehmen-gegen-rechte-gewalt.de,
www.exit-deutschland.de. Ich gehe jede Wette ein, dass mir niemand
erklären kann, warum nur diese Links genannt werden - die helfen ziemlich
wenig, sondern beweihräuchern eher sich selbst. Und warum der Oberzensor
Büssow (www.nrwgegenrechts.de) lobend erwähnt wird, passt überhaupt nicht zu
der geforderten Kultur der Menschenrechte.
07.09.2003 © BurkS
hagalil.com
08-09-2003 |