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ENTSCHÄDIGUNG:
Schleppende Auszahlung für NS-Zwangsarbeit

Die vom Bundestag im Juli 2000 errichtete Entschädigungsstiftung für überlebende NS-ZwangsarbeiterInnen, die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (www.stiftung-evz.de), steht unter Druck. Nach monatelanger Blockade durch die deutsche Wirtschaft konnten im Mai 2001 die Auszahlungen an die Opfer von NS-Zwangsarbeit endlich beginnen. Aber der Prozess verläuft viel langsamer als erwartet.

Die Beschwerden von Überlebenden über bürokratische Schikanen, über Ausgrenzung von Opfergruppen und die schleppende Bearbeitung ihrer Anträge nehmen zu. Gleichzeitig geht die Pfennigfuchserei der deutschen Wirtschaft weiter. 5 Milliarden DM bringt sie durch Spenden auf, 5 Milliarden DM zahlt der Bund, so steht es im Gesetz. Dass Zinserträge, die entstehen, weil Entschädigungen nicht sofort gezahlt werden, den Überlebenden zustehen, sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Tut es aber nicht.

Pfennigfuchserei bei der Wirtschaft

Während der fast ein Jahr währenden Blockade der Auszahlungen sammelten sich auf den Spendenkonten der Wirtschaft beträchtliche Zinsgewinne. Davon gelangten bis heute nur 100 Millionen DM an die Bundesstiftung. Weitere ca. 200 Millionen DM wurden mit fehlenden Spenden „verrechnet“, um den zugesagten Beitrag der Wirtschaft voll zu machen. Unklar ist, ob private, kirchliche und kommunale Spenden, die auf der Homepage der Wirtschaft (www.stiftungsinitiative.de) aufgeführt sind, an die Bundesstiftung weitergeleitet wurden oder ob auch sie zur Deckung des Eigenbeitrags verrechnet wurden. Bis heute verweigert die Wirtschaft dazu eine Auskunft.

Für die Opfer noch gravierender sind die Schwierigkeiten im Auszahlungsprozeß selbst. Bis 30. September 2001 waren bei der Bundesstiftung und ihren „Partnerorganisationen“ etwa zwei Millionen Anträge eingegangen. Ende Januar werden davon erst 550.000 Anträge beschieden sein. Drei Viertel aller Antragstellenden warten so noch immer auf ihr Geld.

Ausschluss von Opfergruppen

Einzelne Opfergruppen sind inzwischen sogar ausdrücklich ausgeschlossen. So hat die Regierung im Herbst 2001 die Bundesstiftung angewiesen, den etwa 70.000 italienischen Militärinternierten (sog. IMIs) bis auf Ausnahmen nichts zu zahlen.

Begründung: Die italienischen Militärinternierten hätten zwar Zwangsarbeit geleistet, seien aber Kriegsgefangene. Und für diese, zumal aus Westeuropa, sehe das Gesetz keine Entschädigung vor. Entschädigt werden sollten nur zivile, zu Zwangsarbeit verschleppte Menschen aus Osteuropa, jüdische ZwangsarbeiterInnen sowie Roma und Sinti.

Tatsächlich hatte der Bundestag beschlossen, dass auch ZwangsarbeiterInnen aus Westeuropa bei vergleichbar schwerem Leid Anspruch auf Entschädigung haben.

Dieses „vergleichbar schwere“ Schicksal wird den IMIs jetzt pauschal bestritten. Der wahre Grund für diese Ausgrenzung ist der knappe Etat der Stiftung. Für nichtjüdische Opfer außerhalb Osteuropas stehen nur 540 Millionen DM bereit.

Die Vertreterin der PDS im Kuratorium der Stiftung, Ulla Jelpke, hat sofort nach Bekanntwerden dieser Regierungsverfügung dagegen protestiert. Andere Kuratoriums-Mitglieder schlossen sich an. Aber die Mehrheit im Kuratorium, darunter die Vertreter der Wirtschaft und alle anderen Bundestagsfraktionen - fügten sich der Vorgabe.

Auch andere Überlebende stoßen auf Probleme. Manche Partnerorganisationen arbeiten nur langsam. Tausende haben bis heute nicht einmal eine Eingangsbestätigung für ihren Antrag. Viele andere suchen noch nach Nachweisen und hoffen inständig auf Hilfe dabei.

Probleme bei Fristen und Nachweisen  

Dass die Nachweissuche ein Problem würde, war zu erwarten. Wer verwahrt schon 60 Jahre lang Dokumente der Zwangsarbeit? Viele Firmen haben diese Akten in den letzten Jahrzehnten absichtlich vernichtet, andere - auch öffentliche - Akten wurden aus Gedankenlosigkeit nicht aufbewahrt oder irgendwo in Kellern gelagert, wo sie heute nur nach langer Suche zu finden sind.

Die Bundesstiftung hatte im Frühjahr 2001 deshalb mehrere Millionen DM für zusätzliche Programme bewilligt. Der Internationale Suchdienst des Roten Kreuzes in Bad Arolsen, der Millionen Akten aus der Nazi-Zeit verwahrt, wurde um ein Verbundsystem von Bundesarchiv, Landesarchiven und regionalen Archiven verstärkt. Es hilft, wenn Dokumente fehlen. Allerdings dauerte es Monate, bis das Verbundsystem im September 2001 endlich seine Arbeit aufnahm.

Am 31. Dezember 2001 lief in dieser komplizierten Situation die Antragsfrist für die Opfer ab. Überlebende, deren Antrag bis dahin nicht eingegangen war, weil sie zum Beispiel noch Nachweise suchten, haben damit keinen Anspruch auf Entschädigung mehr. Wie viele Opfer gehen jetzt leer aus? Wie viele haben ihren Antrag noch nicht abgeschickt, wie viele Briefe gingen unterwegs verloren?

Ulla Jelpke hat deshalb zu Jahresbeginn an den Vorstand der Bundesstiftung geschrieben. Sie will einen Bericht über die Zahl der bis Ende 2001 eingegangenen Anträge, den Stand ihrer Bearbeitung, über weiter bestehende Schwachstellen und über von Überlebenden eingereichte Beschwerden. Außerdem kündigte sie an, sich um eine Verlängerung der Antragsfrist zu bemühen. Der Vorstand solle sicherstellen, dass verspätet eingehende Anträge nicht abgewiesen, sondern erfasst werden.

Wenige Tage später kam die Antwort vom Vorstand. Darin werden Probleme eingeräumt. Ende Januar soll ein aktualisierter Bericht über die bis zum 31. Dezember 2001 eingegangenen Anträge und deren Bearbeitung vorliegen. Auch die russische Partnerorganisation hält eine Verlängerung der Antragsfrist für erforderlich. In Polen gingen Anträge allein wegen des Schneechaos zu spät ein.

Am 20. Februar tritt das Kuratorium der Bundesstiftung wieder zusammen. Die PDS wird weiter für die Interessen der Überlebenden kämpfen.

Rüdiger Lötzer, Mitarbeiter im Büro Ulla Jelpke

haGalil onLine 22-01-2002

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