Ohne Zuwanderung haben die jüdischen Gemeinden in Österreich
langfristig keine Überlebenschancen, sagte der Präsident der
Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, Ariel Muzicant im Rahmen einer
Veranstaltung des Institutes für die Geschichte der
Juden in Österreich.
Zuwanderung aus Moskau, Kiew und Minsk?
Hoffnungen auf die Osterweiterung der EU macht sich Muzicant dabei
aber nicht. Auswanderungswillige Juden gebe es nämlich vor allem in
Kiew, Minsk oder Moskau – also aus Gebieten, wo jüdische Gemeinde nach
wie vor tatsächlich gefährdet seien: "Ich habe mit dem Oberrabbiner von
Moskau telefoniert. Er hat erklärt, 10.000 jüdische Intellektuelle wären
sofort bereit, in die Wiener Gemeinde zu kommen."
Wiener Gemeinde besonders attraktiv
Die Wiener Gemeinde sei vor allem wegen ihrer
Infrastrukur und wegen ihrer großen Bandbreite so attraktiv,
sagte Muzicant: "Hier finden sie wirklich alle Strömungen des Judentums
unter einem Dach." Außerdem gebe es ein historisches Muster: Seit
Jahrhunderten kämen Juden aus dem Osten nach Wien, um dann nach Westen
weiterzuwandern.
Jährlich verlassen bis 150 Juden Österreich
Derzeit verlassen laut Muzicant Jahr für Jahr 100 bis 150 Juden
Österreich. "Wir sind insgesamt vielleicht 12.000, vielleicht 15.000.
Man kann sich ausrechnen wie lange das noch geht", sagte Muzicant und
fügte hinzu: "Ich habe selbst drei Kinder. Zwei von ihnen sind bereits
in den USA."