Hamburg - Der amerikanische Schriftsteller Richard Ford über die
Opfer der Terrorattentate in New York: Ihre Leben bleiben unzerstörbar -
sie leben noch, in jedem Sinn, außer dem buchstäblichen.
Richard Ford, 57, einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller,
schreibt in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT nach den
Terrorattentaten in New York und Washington über den sinnlosen Tod der
Opfer:
"Es gehört zur dichterischen Grundausstattung beim Zugriff auf die
Realität, dass die Tragweite des Todes gemessen wird an der Bedeutung,
die das Leben hatte, das hier zu Ende ging. So zu sterben, wie es so
viele am vergangenen Dienstag taten - ihre einzigartigen Existenzen
wurden kurz zu Schatten -, scheint ihre Leben gänzlich zu verdunkeln und
zu entwerten. Aber ihre Leben bleiben unzerstörbar, obwohl sie
unglaublich verloren sind, und werden nicht aufgehoben durch den
einfachen Tod. Sie leben noch, in jedem Sinn, außer dem buchstäblichen.
Und doch. Leben so zu stehlen, wie ihre Leben gestohlen wurden - schnell,
gewalttätig, unpersönlich, sinnlos, unanständig -, zerstört nicht nur
ihre letzten, kostbarsten Momente, sondern droht uns alle zu
überwältigen ... So bleibt - und wir wissen, dass es einem
schrecklichen, rohen Entwurf gehorcht - kostbares Leben anscheinend ohne
Widerhall für diejenigen von uns, die hier bleiben, diejenigen, in denen
das Leben weiterschwingen muss, etwas bedeuten muss, oder alles ist
verloren."
Elke Bunse, Verena Schröder
bunse@zeit.de,
schroeder@zeit.de