Irene Dische: "Die New Yorker Katastrophe hat
die schönsten Eigenschaften der Bürger geweckt"
Hamburg - Die Schriftstellerin Irene Dische lebt in New York und
Berlin. In der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT schreibt die
gebürtige New Yorkerin: "Die New Yorker Katastrophe hat die schönsten
Eigenschaften der Bürger geweckt.
Plötzlich benahm sich jeder tapfer, ganz gemäß alter Ideale vom
‚Guten'. Tugenden, die schon längst im gehetzten städtischen
Überlebenskampf ruiniert schienen, lebten wieder auf." "Der Horror
dieser Tage ließ New York stolpern, aber nicht auf die Knie sinken. Im
Gegenteil, er erhob das ganze Land."
"Eine Zeit lang war Freundlichkeit die einzige New Yorker Währung. Die
kindlichen Tugenden hatten die Macht ergriffen. Ganz kurz, vom
11.September 2001 an, war New York eine Utopie. Dann übernahmen die
Medien und die Politiker wieder die Herrschaft. Der Ruf nach Vergeltung
stammt nicht aus New York, sondern aus den Fernsehstudios."
"Unbedacht, verwöhnt, habgierig, einfältig" - letzte Woche glaubten die
Amerikaner sogar, "dass es genau diese nationalen Charakterzüge gewesen
seien, die Amerikas Außenpolitik prägen und den Zorn der
Selbstmordpiloten aus der dritten Welt provoziert" haben."
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