Tschechiens Fluggesellschaft verweigert Beförderung von Roma:
Weiter Streit um britische Kontrollen am Prager
Flughafen
Die tschechische Fluggesellschaft CSA ist wegen der
Ablehnung von Roma in den Verdacht des Rassismus geraten. Vertreter der
Gesellschaft hatten am vergangenen Donnerstag neun Roma, die nach Irland
fliegen wollten, nach ihrem dortigen Wohnort und der Reisekasse gefragt
und dann als Passagiere abgelehnt, bestätigte ein CSA-Sprecher am
Samstag.
Das Argument, man habe auf Weisungen aus Dublin gehandelt,
wiesen irische Diplomaten in Prag vehement zurück. In den vergangenen
zwei Wochen hatten bereits britische Beamte mit Erlaubnis der
tschechischen Regierung etwa 100 Roma im Prager Flughafen an der Reise
nach Großbritannien gehindert. Die Beamten hatten nach einer Zunahme von
Asylbewerbern aus Tschechien begonnen, Reisende streng zu kontrollieren.
Dabei wurden vorwiegend Roma wegen potenzieller Asylsuche in
Großbritannien zurückgewiesen. Prominente tschechische Politiker wie
Präsident Vaclav Havel sowie Roma-Vertreter kritisieren diese Praxis.
Ein Fall für die EU
Führende Roma-Vertreter sind inzwischen der Auffassung,
dass sich die Europäische Union mit den britischen Kontrollen auf dem
Prager Flughafen beschäftigen sollte. Sie haben am Montag dem Leiter der
Europäischen Kommission in Prag, Ramiro Cibrian, einen Brief übergeben,
in dem sie ihre Beunruhigung über die Situation der Roma-Minderheit in
der Tschechischen Republik zum Ausdruck bringen.
Der Sprecher des Gremiums der regionalen Roma-Vertreter,
Ondrej Gina, zeigte sich nach dem Treffen mit Cibrian, deren
Hauptgesprächsgegenstand die britischen Flughafenkontrollen waren,
zufrieden. Cibrian bemerkte jedoch einschränkend, dass sich die
Europäische Kommission auf die Beobachtung der Situation beschränke und
dass die Kontrollen auf dem Flughafen Ergebnis eines Abkommens zweier
souveräner Staaten - der Tschechischen Republik und Grossbritanniens -
seien. "Aus der Perspektive der internationalen Beziehungen zweier
souveräner Staaten hat die Europäische Union sehr wenig zu sagen",
äußerte Cibrian gegenüber der Nachrichtenagentur CTK sowie der
Tageszeitung "Hospodarske noviny".
Gina zufolge habe sich Cibrian anerkennend zur Beobachtung
der Flughafenkontrollen durch das Tschechische Helsinki-Komitee
geäußert. Vertreter des Tschechischen Helsinki-Komitees waren heute als
Beobachter erstmals direkt bei den Kontrollen zugegen, die die britische
Einwanderungsbehörde seit knapp drei Wochen bei allen
Großbritannien-Reisenden auf dem Prager Flughafen durchführt. Wie die
Nachrichtenagentur CTK mitteilte, herrschte am Vormittag bei den
britischen Kontrollen eine ruhige Atmosphäre, es sei niemand am Abflug
nach Großbritannien gehindert worden.
Das Helsinki-Komitee bezweifelt, dass die Beamten bei den
Kontrollen alle Reisenden gleich behandeln. Das Komitee will vor allem
gewährleisten, dass die Kontrollmaßnahme keine Diskriminierung gegenüber
den Roma darstellt.
Am Donnerstag hatte eine ressortübergreifende Kommission
für Roma-Angelegenheiten die Regierung aufgerufen, für die
schnellstmögliche Beendigung der Kontrollen auf dem Prager Flughafen zu
sorgen. Mindestens müsse sichergestellt sein, dass es bei den Kontrollen
am Prager Flughafen nicht zu Diskriminierung komme. Die Kommission
sprach sich allerdings dagegen aus, dass das Kabinett die Möglichkeit
der Kontrollen einseitig aufhebe, da der Tschechischen Republik nach wie
vor die Einführung der Visums-Pflicht durch das Vereinigte Königreich
drohe.
Protestaktionen vor britischer Botschaft abgesagt
Vergeblich warteten Journalisten gestern Vormittag vor
der britischen Botschaft in Prag auf den Beginn einer Demonstration
gegen die Kontrollen der nach Großbritannien Reisenden auf dem Prager
Flughafen.
Zu der Protestaktion kamen lediglich sieben junge
Menschen, die davon aus der Presse erfahren hatten. Vergangene Woche
hatte der Vorsitzende des Slowakischen Roma-Rates, Jozef Cervenak, für
Montag außerdem Demonstrationen vor unterschiedlichen tschechischen
Auslandsvertretungen in London, Warschau und Bukarest angekündigt.
Der Nachrichtenagentur CTK zufolge fielen sie aber,
mangels Teilnehmer, ebenso aus wie in Prag. Nur im ostslowakischen
Kosice veranstalteten Roma-Aktivisten einen stillen Protest gegen die
Situation der Roma in der Tschechischen Republik. Der Protest der Roma
richtet sich nicht nur gegen die britischen Kontrollen am Flughafen,
sondern auch gegen Diskriminierung und Rassismus in Tschechien,
insbesondere die Straftaten der Skinheads.
Weitere Informationen:
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haGalil onLine 07-08-2001
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