Burschen auf
dem Rechts-Weg
Die Burschenschaft "Danubia"
hat einem rechten Gewalttäter Unterschlupf gewährt. Der Vorgang
erhellt die Verflechtung der beiden Szenen
von BERND
SIEGLER
"Frei in Rede, kühn in Tat",
lautet der Wahlspruch der 1848 gegründeten schlagenden
Burschenschaft "Danubia". Die Redefreiheit gewährten die in
München-Bogenhausen ansässigen Burschen bislang ausgewiesenen
Rechtsextremisten wie dem NPD-Aktivisten Horst Mahler, dem
verurteilten Südtiroler Bombenleger Peter Kienesberger oder dem
Vordenker der so genannten Neuen Rechten, dem Franzosen Alain de
Benoist. Was die Farben Tragenden unter "Kühn in Tat" verstehen,
zeigten sie Anfang des Jahres, als sie einem polizeilich gesuchten
Schläger für eine Nacht Unterschlupf vor seiner Flucht ins Ausland
gewährten. Die Münchner Staatsanwälte ermitteln nun wegen
Strafvereitelung. Ein Danube muss sich seit Mittwoch vor dem
Münchner Landgericht wegen schwerer Körperverletzung verantworten,
und der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) entdeckt
"verstärkte Bemühungen von Rechtsextremisten, in Burschenschaften
Einfluss zu gewinnen".
In der Nacht zum 13. Januar
dieses Jahres prügelte eine Gruppe von Skinheads im Münchner
Schlachthofviertel einen 31-jährigen Griechen fast tot (taz
berichtete). Der mutmaßliche Haupttäter, der inzwischen 20-jährige
Skinhead Christoph Schulte aus dem Sauerland, setzte sich in die
Niederlande ab, wurde zwei Wochen später jedoch festgenommen und
ausgeliefert. In München wartet der einschlägig bekannte Skin nun
auf seinen Prozess wegen versuchten Mordes. Er und seine 18-jährige
Freundin werden sich ab dem 27. September vor Gericht verantworten
müssen.
Im Laufe der Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft rückte zunehmend die Burschenschaft "Danubia" ins
Visier - der Organisator der Geburtstagsfeier, aus der heraus sich
der rassistische Überfall entwickelt hatte, ist Mitglied der
Burschenschaft. In der Nacht des Überfalls fuhr ein Mitglied der
Regensburger "Prager Burschenschaft Teutonia" den mutmaßlichen
Hauptschläger in das Danubenhaus in München-Bogenhausen. Dort
nächtigte Schulte, bevor er in den Niederlanden untertauchte.
Die "Danubia" gibt sich in
einer Presseerklärung ahnungslos. Man habe nicht gewusst, um wen es
sich bei dem Gast gehandelt habe. Der 25-jährige Reiner M., der die
fragliche Geburtstagsfeier organisiert hatte, gibt jedoch zu,
Christoph Schulte schon seit Jahren zu kennen. Er bezeichnet sich
als "national" und "guten Deutschen". Ansonsten will sich der
trinkfeste Danube, der am 13. Januar etliche Schnäpse getrunken
haben will, an nichts mehr erinnern können. Nicht an antisemitische
Lieder wie "Sechs Millionen Hühner", auch nicht an die Tritte und
Schläge gegen den Griechen und die ihm zu Hilfe geeilten Türken.
Einen "Filmriss" führte Reiner M. gegenüber Richter Hans-Günter
Melchior ins Feld, der über drei von insgesamt zwölf angeklagte
Neonazis im Zusammenhang mit dem rassistisch motivierten Überfall
urteilen muss. Zwei weitere Angeklagte wurden bereits zu Haftstrafen
verurteilt.
Während die "Danubia" nach
Bekanntwerden des Vorfalls flugs ihre Internet-Seiten vorübergehend
gesperrt, dann stark entschärft hat und mittlerweile zum
"Damenkaffee" einlädt, hat der Rektor der Müncher Universität,
Andreas Heldrich, der Verbindung jegliche Aushänge auf dem Gelände
der Hochschule untersagt. Auch für Bayerns Innenminister Günther
Beckstein ist das Maß voll: Er verlangt von den Burschenschaften
eine "glasklare Distanzierung" von rechtsextremen Mitgliedern und
Inhalten. Der Verfassungsschutz beobachte, so der Innenminister,
schon länger rechte Burschenschaften wie die "Danubia" in München,
die "Teutonia" in Regensburg oder die "Frankonia" in Erlangen.
Beckstein appelliert nun an
die studentischen Organisationen, "Neonazis und anderen Wortführern
des Rechtsextremismus nicht die Tür zu öffnen": Bayern sehe "nicht
weg, wenn Rechtsextremisten Kontakte mit Burschenschaften pflegen
oder versuchen, akademische Verbindungen zu unterwandern". Damit
meinte er vor allem die "Danubia". Die rühmt sich "zahlreicher
Mitglieder von CSU und Junger Union" in den eigenen Reihen.
taz Nr. 6477
vom 22.6.2001, Seite 5, 137 Zeilen
TAZ-Bericht BERND SIEGLER
die verbände
Elitär & männerbündisch
Wie die "Danubia" in München
sind auch die "Teutonia" in Regensburg oder die "Frankonia" in
Erlangen, die vom bayersichen Verfassungsschutz beobachtet werden,
Mitglied der Deutschen Burschenschaft (DB). Dem 1818
gegründeten und 1950 wieder belebten Dachverband gehören knapp 130
Farben tragende und schlagende Verbindungen mit rund 18.000
Mitgliedern an 40 Universitäten an. Der DB pflegt elitäre und
männerbündische Traditionen und plädiert für einen autoritären
Staat.
1996 spalteten sich acht
gemäßigte Verbindungen ab, die die Grenzen der Bundesrepublik als
"politische Grenze" Deutschlands anerkennen. Mittlerweile gehören 21
Verbindungen mit 4.000 Mitgliedern zu dieser "Neuen Deutschen
Burschenschaft", darunter die Marburger "Alemannia", die
Berliner "Obotritia", die "Brunsviga" in Göttingen oder die erlanger
"Bubenreuthia".
taz Nr. 6477
vom 22.6.2001, Seite 5, 30 Zeilen
TAZ-Bericht
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22-06-2001
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