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Die deutsche Wirtschaft hat es tatsächlich geschafft, endlich den
fehlenden Betrag für den 5-Milliarden-Beitrag zur Entschädigung
ehemaliger Zwangsarbeiter zusammenzukratzen. Trotzdem gibt es keinen
Grund zur Freude, denn die Zahlungen hängen weiterhin von der
Rechtssicherheit der Unternehmen ab.
Am Dienstagabend hatte der Sprecher der Stiftungsinitiative,
Wolfgang Gibowski, bekanntgegeben, daß die fehlenden 1,4 Milliarden
Mark nun gesichert seien. In einer Brief- und Telefonaktion wurden
alle 6 000 Mitglieder der Initiative aufgefordert, ihren Beitrag zu
erhöhen. Unternehmen, die sich noch nicht beteiligt haben, wurden
nochmal dringend zum Beitritt aufgefordert. Außerdem werden die
Gründungsmitglieder ihren Beitrag erhöhen und eine Ausfallgarantie
für den Fall übernehmen, dass noch ein Fehlbetrag bestehen sollte.
Bundeskanzler Gerhard Schröder begrüßte diese Entwicklung am
Dienstagabend und sagte, daß sich die deutsche Wirtschaft ihrer
moralischen Verantwortung bewusst gewesen ist, daß aber auch ein
möglicher Schaden auf den internationalen Märkten, was das Image der
Wirtschaft angeht, eine Rolle gespielt hat.
Im Anschluß traf er mit den Spitzenvertreter der deutschen
Wirtschaft in Berlin zusammen, um noch offene Fragen zu regeln. Das
Ergebnis dieses Treffens ist jedoch mager und gibt keinen Anlaß zur
Hoffnung auf die baldige Auszahlung der Entschädigung. Vereinbart
wurde die Bildung einer Arbeitsgruppe aus Vertretern von Wirtschaft
und Regierung, die prüfen soll, wann deutsche Unternehmen vor
US-Gerichten Rechtssicherheit vor Klagen ehemaliger Zwangsarbeiter
haben.
Die Rechtssicherheit ist für die Stiftungsinitiative nach wie vor
Voraussetzung für die Bereitstellung der Mittel für den Fond. Die
Entscheidung der US-Bundesrichterin Shirley Kram, Sammelklagen gegen
deutsche Banken nicht abzuweisen, weil die deutsche Wirtschaft das
Geld noch nicht bereitgestellt hat, lieferte letzte Woche neuen
Zündstoff.
Der "dringende Wunsch" des Kanzlers, dass der Bundestag noch "vor
der Sommerpause" die Rechtssicherheit feststellen soll, widerspricht
den Aussagen Graf Lambsdorffs, der die ersten Auszahlungen im April
realisieren möchte. Der Kanzler hat also der Wirtschaft nachgegeben,
zum Nachteil der ehemaligen Zwangsarbeiter.
Die Bundesstiftung, die den Entschädigungsfonds verwalten soll,
empfahl derweilen schon mal, daß man die technische Vorbereitungen
für die
Auszahlungen an die Opfer treffen solle. Alles steht also in den
Startlöchern, man wartet weiterhin auf die deutsche Wirtschaft, die
wenigstens, stolz wie ein Haftlmacher, das Geld zusammen hat.
haGalil onLine
15-03-2001
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