Die palästinensische
Autonomiebehörde und die Arabische Liga lehnten den jüngsten Kompromißvorschlag
für einen israelisch-palästinensischen Friedensvertrag von US-Präsident Clinton
ab. Die Begründung: Der Verzicht auf das Rückkehrrecht der palästinensischen
Flüchtlinge sei unmöglich.
Dieses viel diskutierte Rückkehrrecht ist, zusammen mit der Frage der
Souveränität über den Tempelberg, der Knackpunkt der Friedensverhandlungen.
Dabei können die Israelis von ihrer Position nicht abweichen. Denn durch die
zahllosen palästinensischen Rückkehrer würde der jüdische Charakter des Staates
Israel zerstört werden.
Dies, und nichts anderes, ist der eigentliche Grund für die Weigerung Israels,
das Rückkehrrecht anzuerkennen. Tatsächlich versucht Israel jedoch noch immer
mit einer zionistisch geprägten Geschichtsanschauung gegen die Rückkehr zu
argumentieren. Dabei
sollte die Geschichtsschreibung der letzten 10 Jahre deutlich gezeigt haben,
dass die offizielle Version der Entstehung des palästinensischen
Flüchtlingsproblems so nicht richtig ist. Historiker wie Benny Morris und Ilan
Pappe konnten nachweisen, dass es auch Vertreibungen der palästinensischen
Bevölkerung im Unabhängigkeitskrieg von 1948 gab. Die arabische Bevölkerung
verließ das Land keineswegs nur aufgrund der Aufrufe ihrer Führer.
Die Erkenntnisse der sog. "neuen Historiker" sind mittlerweile in der Forschung
anerkannt, wenn auch nicht unumstritten. Benny Morris hat mittlerweile eine
Professur an der Ben-Gurion-Universität in Beer Schewa, gegen den Protest vieler
Kollegen. Die zionistische Ideologie, die den Mythos der kleinen
Goliath-ähnlichen israelischen Armee im Kampf gegen den David der arabischen
Staaten propagiert, sitzt tief in den Köpfen.
Auch die offiziellen israelischen Erklärungen trennen sich nicht von der alten
Version. Israel kann dem Rückkehrrecht nicht zustimmen. Solange jedoch
begangenes Unrecht nicht eingestanden wird, kann keine Versöhnung stattfinden.
Als Beispiel für das Festhalten an der "alten Version" lesen Sie diese Erklärung
der Presse- und
Informationsabteilung der Botschaft des Staates Israel in Deutschland:
Das "Recht" auf
Rückkehr - Hintergrundinformationen
(Mitteilung der Botschaft des Staates Israel)
Nachdem von palästinensischer Seite ein "Recht auf Rückkehr" für
palästinensische Flüchtlinge ins israelische Kernland gefordert wurde,
möchten wir die Fakten dieser komplexen Angelegenheit in Erinnerung
bringen:
1. Das Flüchtlingsproblem ist nicht aus dem Nichts entstanden. Der
eigentliche Auslöser für die Entstehung des Problems war die Weigerung
der Araber, 1947 die
Resolution 181 der UN-Vollversammlung (Teilungsentscheid) anzunehmen
- und der darauf von arabischer Seite begonnene Krieg, der zu Israels
Unabhängigkeit führte. Im Verlauf dieses Krieges verliessen viele Araber
aus den Kampfgebieten ihre Wohnstätten, sei es den Rufen arabischer
Führer folgend, aus Angst vor den Kämpfen oder aus Furcht vor einem
Leben unter jüdischer Führung. Das Flüchtlingsproblem würde nicht
existieren, wenn uns der Krieg nicht von mehreren arabischen Staaten und
der vor Ort ansässigen Bevölkerung aufgezwungen worden wäre.
2. Die arabischen Staaten – mit Ausnahme Jordaniens – ließen das
Flüchtlingsproblem absichtlich bestehen, um es in ihrem Kampf gegen
Israel für dessen Zerstörung einzusetzen. Die Flüchtlinge wurden in
überfüllten Lagern untergebracht, wo sie in Armut und Verzweiflung
lebten. Es wurde nicht versucht, sie in die Gesellschaft zu integrieren
oder für ihr Wohlergehen zu sorgen.
3.
Die UN-Vollversammlung hat die
Resolution 194 angenommen, die ihrem Wesen gemäß nicht verpflichtend
ist. Zu dieser Resolution soll folgendes angemerkt werden:
a.
In Resolution 194 wird an keiner Stelle ein "Recht" auf Rückkehr
erwähnt. Im Gegenteil: Die Resolution macht die Rückkehr von
Flüchtlingen von einigen Vorbedingungen abhängig – dass diese
Flüchtlinge an einem friedlichen Zusammenleben mit ihren Nachbarn
interessiert sind, und dass die Rückkehr der Flüchtlinge zum "frühesten
praktizierbaren Zeitpunkt" stattfindet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass
diese Gruppe nicht daran interessiert ist, mit ihren jüdischen Nachbarn
in Frieden zusammen zu leben. Und dass - auf der Grundlage aktueller
demographischer und geographischer Bedingungen - die Rückkehr einer
solch großen Zahl von Flüchtlingen in das Gebiet nicht durchführbar ist.
b.
In Resolution 194 wird der allgemeine Begriff "Flüchtlinge" benutzt
und bezieht sich nicht speziell auf arabische Flüchtlinge – sie kann
auch auf jüdische Flüchtlinge angewendet werden.
c.
Die Resolution stellt fest, dass eine Entschädigung (für
Flüchtlinge, die nicht zurückkehren wollen, oder deren Eigentum zerstört
oder beschädigt wurde) von den "verantwortlichen Regierungen oder
Behörden" übernommen wird. Die Forderung nach Bereitstellung von
Entschädigungen erwähnt nicht speziell Israel. Außerdem stimmt die
Wortwahl (diese bezieht sich im Plural auf Regierungen und Behörden)
nicht mit der palästinensischen Forderung überein, dass die
Entschädigungslast alleine Israel zufällt.
d.
Abschließend muss gesagt werden, dass Artikel 11, der die Frage der
Rückkehr und Entschädigung behandelt, nur einer von 15 Artikeln ist, aus
denen die
Resolution 194 besteht, deren Thema die "Schlichtungs-Kommission"
ist. Die Palästinenser ziehen jedoch vor, selektiv die Umsetzung nur
derjenigen Absätze zu fordern, die mit ihren Interessen übereinstimmen.
4. Da Israel weder für die Schaffung des Flüchtlingproblems noch für
dessen Konservierung verantwortlich ist, kann es nicht – auch nicht als
Geste – seine Verantwortung für dieses Problem erklären. Eine solche
Deklaration hätte weit reichende Konsequenzen:
a.
Die Ankunft von Millionen Arabern im Staat Israel würde das Ende
der unabhängigen Existenz Israels als Staat der Juden bedeuten.
b.
Eine solche Erklärung würde von den Flüchtlingen als Grundlage für
ihre Forderungen gegen Israel nach Entschädigung von verlorenem Eigentum
sowie für das Leiden der letzten 52 Jahre benutzt werden.
c.
Sie würde den "Gastländern" der Flüchtlinge Forderungen für
Entschädigung durch Israel ermöglichen, sozusagen für die "Bewirtung"
der Flüchtlinge, obwohl in Wirklichkeit diesselben Länder für die
Schaffung des Problems verantwortlich sind.
d.
Ein Expertenteam, bestehend aus Vertretern führender westlicher
Nationen, hat anläßlich einer multilateralen Konferenz über die
Flüchtlingsfrage die Summe von ca. 550 Milliarden US-Dollar zur
Gesamtentschädigung berechnet, wenn allen palästinensischen Forderungen
begegnet würde.
5. Es muss daran erinnert werden, dass viele Juden gezwungen wurden, die
arabischen Länder zu verlassen. Hinter sich haben sie viel Eigentum und
Wohlstand lassen müssen, für das sie nie entschädigt wurden. Israel hat
sie aufgenommen und in die israelische Gesellschaft eingegliedert.
Israel hat nie die Möglichkeit aufgegeben, Forderungen bezüglich dieser
jüdischen Flüchtlinge zu stellen."
Andrea Übelhack
haGalil onLine 10-01-2001
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