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SZ vom 26.01.2001

"Wir sind zum Frieden verdammt"
Der israelische Minister glaubt an ein Abkommen mit
Palästinenser-Präsident Jassir Arafat – allerdings nicht
mehr vor den Premierminister-Wahlen am 6. Februar

Von Thorsten Schmitz

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Der Minister für Regionale Kooperation, Schimon Peres, gilt als einer der Architekten des Friedensvertrags von Oslo zwischen Israel und den Palästinensern. Dafür erhielt er 1994, zusammen mit Palästinenser-Präsident Jassir Arafat und dem damaligen israelischen Premierminister Jitzchak Rabin, den Friedensnobelpreis. Peres verfügt über einen engen Kontakt zu Arafat. Gleichwohl, sagt er, bleibe ihm Arafat "ein Mysterium". Mit Peres sprach Thorsten Schmitz in Tel Aviv.

SZ: Sind die Gespräche im ägyptischen Taba durch die jüngsten Morde an zwei Israelis gefährdet?

Peres: Nein. Aber jedes Mal, wenn Palästinenser einen Israeli töten, können wir nicht einfach weiterverhandeln, als sei nichts passiert. Wir müssen dann eine Anstandspause einlegen.

SZ: Premierminister Ehud Barak hofft, mit einem Friedensvertrag in der Tasche in zwei Wochen wiedergewählt zu werden. Ist das realistisch?

Peres: Um ehrlich zu sein: kaum. Die uns zur Verfügung stehende Zeit bis zu den Neuwahlen am 6. Februar ist zu kurz. Ich glaube, dass in Taba keine Vereinbarung erzielt wird.

SZ: Warum wird dann überhaupt verhandelt?

Peres: Wir haben die Wahl zwischen reden und nicht reden. Ich bevorzuge es, miteinander zu reden, anstatt aufeinander zu schießen. Schüsse lassen sich nicht durch Schüsse stoppen, wie man Feuer auch nicht mit Feuer löscht.

SZ: Weshalb sollte Arafat ein Abkommen unterzeichnen mit einem Premierminister, dessen Tage jüngsten Umfragen zufolge gezählt sind?

Peres: Weil er sonst mit leeren Händen dasteht. Das würden ihm die Staaten übel nehmen, die ihn unterstützen. Die Ideen Clintons haben mit ihm das Weiße Haus verlassen. So ist es für Arafat besser, diese Ideen als Grundlage zu nehmen, als wieder ganz von neuem über alles zu debattieren. Zudem glaube ich, dass Arafat sehr besorgt ist über den Ausgang der amerikanischen Wahl. Er fürchtet, in der neuen Regierung keinen Gesprächspartner mehr zu haben.

SZ: Ist er daran nicht selbst schuld?

Peres: Sicher ist er das. Inzwischen aber will er wirklich ein Abkommen erzielen. Allerdings muss er erkennen, dass es dafür jetzt zu spät ist.

SZ: In Camp David hat Barak im vergangenen Juli Arafat ein großzügiges Angebot unterbreitet. Arafat jedoch zog es vor, die Gespräche abzubrechen, und sein Volk antwortete mit Gewalt. Weshalb zieht Arafat es vor, einen Staat durch Gewalt zu gründen statt durch Diplomatie?

Peres: Aus unserer Sicht waren Baraks Offerten großzügig. Aus Arafats Sicht hätte eine Einigung in Camp David bedeutet, dass er alle künftigen Forderungen hätte aufgeben müssen. Dieser Frieden, verglichen mit dem, den wir 1979 mit Ägypten geschlossen haben, wäre dann minderwertiger ausgefallen. So entschied sich Arafat für die Gewalt - was sein Fehler gewesen ist. Er dachte, er könne dadurch mehr erreichen. Sein Zeitplan war falsch, um ein Abkommen noch in der Clinton-Ära zu erzielen. Wenn er Clintons Ideen Ende Dezember sofort und vorbehaltlos akzeptiert hätte, gäbe es jetzt ein Abkommen. Da er aber den Plan mit Fragezeichen versehen hat, mussten auch wir Einschränkungen anmelden. In Taba wird nun genau über diese Einschränkungen verhandelt. Und das wird viel Zeit in Anspruch nehmen.

SZ: Hat Arafat die Situation in den Palästinensergebieten überhaupt noch unter Kontrolle?

Peres: Ich glaube ja. Allerdings kontrolliert die Situation umgekehrt auch ihn. Das ist das Dilemma, in dem er steckt, und deshalb erscheint Arafat mitunter rätselhaft: Er tanzt auf zwei Hochzeiten. Er muss der Welt gerecht werden - und seinem Volk.

SZ: Sie haben Arafat in letzter Zeit mehrmals in Gaza zu Gesprächen getroffen. Wie war das?

Peres: Wenn man die Grenze am Checkpoint in Eres überquert, betritt man eine völlig andere Welt. Arafat schaut mich an, als sei ich ein Fremder. Darin drückt sich der Verlust von gegenseitigem Verständnis aus. Die Palästinenser denken, wir wollten ihnen einen Staat nach unserem Willen aufzwingen. Wir dagegen sind der Ansicht, dass Arafat durch politische Manöver und Gewalt kaltblütig Vorteile aus der Situation zu schlagen versucht. Zwar hatten wir uns in der Frage der künftigen Gebietsaufteilung angenähert, wir standen kurz vor einer Übereinkunft. Leider aber ist die emotionale Kluft zwischen beiden Seiten breiter geworden. Sie sieht zurzeit unüberwindbar aus. Dabei ist menschliches Einfühlungsvermögen sehr wichtig, Zuhören, Körpersprache, der Austausch von Ideen - in diesem Punkt sind wir in einer fast ausweglosen, traumatischen Situation. Die Klagen der Israelis über die Palästinenser und umgekehrt sind so hoch, dass wir mehr Ärzte brauchen als Generäle, um den Konflikt zu heilen und eine andere Atmosphäre herzustellen.

SZ: Vielleicht ist Barak zu sehr General?

Peres: Das haben Sie gesagt.

SZ: Sind Sie von dem Ausmaß der Unruhen überrascht?

Peres: Ja. Ich habe diese Gewaltbereitschaft nicht gesehen. Allerdings ist man im Nahen Osten nie überrascht von Überraschungen.

SZ: Hatten Sie keine Reaktion der Palästinenser nach dem Besuch Ariel Scharons auf der Esplanade des Tempelbergs erwartet?

Peres: Ich glaube nicht, dass Scharon eine Provokation gegen die Palästinenser beabsichtigt hat. Er wollte eher Benjamin Netanjahu herausfordern, der ihm seine Position streitig machen wollte. Andererseits wäre ohne Scharons Tempelberg-Besuch vieles von dem, was jetzt geschieht, nicht passiert.

SZ: Weshalb hat Barak Scharons Visite nicht verhindert?

Peres: Das konnte Barak nicht. Jeder Bürger in Israel, Araber oder Jude, darf auf den Tempelberg.

SZ: Zuerst schien in den Verhandlungen die Hoheit über Jerusalem das Hauptproblem. Inzwischen ist es auch die Forderung nach einem Rückkehrrecht der Palästinenser. Hat Barak die Flüchtlingsproblematik unterschätzt?

Peres: Das Rückkehrrecht ist ein Traum, ein Slogan. Israel kann dem nicht zustimmen, es würde Selbstmord bedeuten. Man kann nicht eine jüdische Mehrheit in eine Minderheit verwandeln, das ist Nonsens. Und die Palästinenser verstehen das, tief in ihrem Herzen. Israel ist zusammen mit der internationalen Gemeinschaft bereit, finanzielle Kompensationen zu leisten und einzelnen Flüchtlingen im Rahmen von Familienzusammenführungen ein Rückkehrrecht zuzugestehen. Ein generelles Rückkehrrecht aber wird es nie geben.

SZ: Der neue US-Außenminister Colin Powell hat angekündigt, dass er nach dem Weggang des Nahost-Gesandten Dennis Ross keinen neuen Sonderbeauftragten benennen wird. Machen Sie sich Sorgen, dass George W. Bush künftig viel weniger Zeit und Mühe in die Beilegung des Nahost-Konflikts investieren wird?

Peres: Nein, ich sehe keinen Grund zur Beunruhigung. Aus dem gescheiterten Camp-David-Gipfel und all den Treffen danach unter Moderation der USA kann man nur einen Schluss ziehen: Dass es notwendig gewesen wäre, dass Palästinenser und Israelis gleich direkt miteinander verhandelt hätten, anstatt über Dritte. Grundsätzlich sollten Israel und die Palästinenser bilaterale Gespräche führen, wie wir das in Oslo getan haben.

SZ: Wie würde Frieden aussehen?

Peres: Wir hätten drei Staaten, einen israelischen, einen palästinensischen und einen jordanischen. Diese würden wirtschaftlich miteinander kooperieren, politisch voneinander getrennt sein und mit den europäischen Staaten auf allen Gebieten Beziehungen unterhalten.

SZ: Zeigt die Intifada nicht, dass der Frieden, von dem Sie reden, ein Traum bleibt?

Peres: Ich bin und bleibe Optimist. Was bleibt mir anderes übrig? Wir sind zum Frieden verdammt.

SZ: Und wie sieht die Zukunft aus, wenn Scharon Premierminister wird?

Peres: Scharon ist nicht die Zukunft, er ist Vergangenheit. Er würde nur für kurze Zeit im Amt bleiben.

SZ: Und wenn Scharon Sie, den Arafat-Experten, darum bittet, seinem Kabinett beizutreten?

Peres: Ich trete nicht Regierungen bei, sondern arbeite für Pläne. Wenn Scharons Plan auf den Oslo-Vereinbarungen basiert, habe ich kein Problem, mit ihm zusammenzuarbeiten.

SZ: Scharon hat gesagt, der Friedensprozess von Oslo sei "tot".

Peres: Also werde ich nicht dabei sein, wenn Scharon Oslo begräbt.

haGalil onLine 29-01-2001

 

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