Wird es nun
Wahlen zum Premierminister geben? Oder wird doch die gesamte
Knesseth neu gewählt? Diese Frage ist noch unklar. Dagegen ist
sicher, dass der ehemalige Premier Benjamin Netanjahu mittlerweile
alle Hebel in Gang setzt, um an die Macht zurückkehren zu können.
Netanjahu muß sich zunächst gegen den Likud-internen Widersacher Ariel Scharon
durchsetzen. Der zeigte sich überhaupt nicht überrascht darüber, dass Netanjahu
am Sonntag Abend seine Kandidatur für das Amt des Premierministers bekannt gab.
Dies ist allerdings erst dann möglich, wenn sich die Knesseth dafür entscheidet
die vorgezogenen Neuwahlen mit der Wahl des Premiers zusammenzulegen. Netanjahu
baut dabei darauf, dass der Likud einige Sitze aus dem rechten Spektrum
dazugewinnen wird, was ihm eine komfortablere Mehrheit sichern würde.
Der andere Weg wäre eine Änderung des Gesetzes, wonach nur Mitglieder der
Knesseth an einer Wahl zum Premier teilnehmen dürfen, wenn dieser seinen
Rücktritt erklärt hat. Diese mögliche Gesetzesänderung verfügt im Moment
angeblich über eine Mehrheit von 67 Stimmen im Parlament, morgen wird es dazu
die erste Lesung geben.
Netanjahu, der in seiner Rede zur Bekanntgabe seiner Kandidatur, Premierminister
Ehud Barak massiv beschuldigt hat, durch einen Trick seine eigene Wahl zum neuen
Premier zu verhindern, bedient sich also selbst eines Tricks. Fragt sich nur,
welcher davon "der schlimmste Trick in der Geschichte des Staates" ist, wie
Netanjahu meinte.
Netanjahu ist dabei eine verblüffende Erscheinung. Nachdem er das Land in die
politische Isolation getrieben hatte und schließlich nach drei Jahren von der
Bildfläche verschwand, taucht er nun auf, als ob nichts gewesen wäre. Als ob er
nicht alle politischen Ämter aufgegeben hätte - dann wäre nämlich auch das
Problem mit dem Sitz in der Knesseth obsolet.
Und Netanjahu biete auch nichts Neues. Er spricht von einer Fortsetzung des
Friedensprozesses in langsamen Schritten und spricht von einem "kalten,
bewaffneten Frieden".
De facto liegt daher alles bei Arafat. Der Palästinenser-Präsident sollte in den
nächsten Wochen eine Einigung mit Ehud Barak erzielen. Denn wenn Netanjahu
erneut das Rennen macht ist diese Chance wiederum vertan.
Viele im palästinensischen Lager hoffen aber
geradezu auf einen Sieg des Likuds, am liebsten sogar mit Arik Sharon. Klare
Feindbilder sind gefragt und ein gegenseitiges Hochschaukeln der Radikalen soll
jeden Kompromiss von vornherein vereiteln.
haGalil onLine
12-12-2000
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