Hohn aus sicherer Deckung
Anonyme
Rechtsextremisten
zum Anschlag von Düsseldorf
Zur Angst der jüdischen
Gemeinden vor weiteren Anschlägen kommen Hohn und Spott, aus sicherer
Internet-Deckung. Auf einer nach dem Seeräuber Klaus Stoertebeker benannten, in
Boca Raton, Florida, registrierten Seite fragen Rechtsextremisten hämisch:
„Fällt dem Mossad nichts besseres mehr ein?“ Für sie ist klar, warum es nach dem
Handgranatenanschlag vom 27. Juni „schon wieder Stress in Düsseldorf gibt“: Der
israelische Geheimdienst hat die Brandsätze auf die Synagoge in Düsseldorf
geworfen. Die Zweifel des Zentralrats-Präsidenten der Juden
in Deutschland, Paul Spiegel, ob es richtig war und ist, jüdische Gemeinden in
Deutschland aufzubauen, beantworten die anonymen Hetzer im Internet so: „Die
Frage stellen wir uns auch. . . um sie dann selbstverständlich mit einem
politisch korrekten und jubelnden ’Natürlich war das richtig!’ zu beantworten“.
Beim Weiterblättern findet
man die Aufforderung: „Schon jetzt an den 9. November denken!“ - den Jahrestag
der Nazi-Gewaltorgie gegen Juden vom 9. November 1938
unter dem Motto „Reichskristallnacht“. Um die Parole „Juden
raus“ loszuwerden, muss ein Bibelspruch herhalten: „Und die Völker werden Israel
nehmen und an seinen Ort bringen, und dann wird das Haus Israel sie als Knechte
und Mägde besitzen im Lande des Herrn. “
Über rund 300
rechtsextreme Webseiten in Deutschland und 400 in den USA wird solcher
Unflat verbreitet. Das Internet befördere eine „virtuelle Kultur des Hasses“,
hat Devin Burghart, Direktor eines Zentrums für antirassistische Bildungsarbeit
in Chicago, kürzlich dem Pressedienst „Blick nach Rechts“ gesagt.
Offenen Antisemitismus
versucht nach den Feststellungen des bayerischen Innenministeriums die
rechtsextreme Partei Deutsche Volksunion (DVU) mit ihrer von Parteichef Gerhard
Frey (München) herausgegebenen National-Zeitung zwar zu vermeiden. Die
Formulierungen ihrer Berichte über Juden und den
Holocaust verfolgen aber ganz offensichtlich den Zweck, die kruden Auffassungen
ihrer Klientel Woche für Woche zu bestätigen. Wenn ein amerikanischer Bankier
namens Wasserstein riskante Geschäfte mit der Dresdner Bank macht, ist das der
National-Zeitung
nicht nur eine Meldung, sondern einen Hinweis auf Sammelklagen wegen
„Wiedergutmachung“ wert. Frey verlegt Bücher wie „Wer ist wer im Judentum“ und
„Jüdische Kriegserklärungen an Deutschland“.
Seit Monaten muss für die
National-Zeitung
der jüdische Politologe Norman G. Finkelstein den Kronzeugen wider Willen
abgeben. Sein Buch über die „Holocaust-Industrie“ bietet den Rechtsextremen
Gelegenheit, alle seine Zitate gegen Juden herzubeten,
ohne die Verantwortung dafür übernehmen zu müssen. „Jüdische Eliten“ beuteten
die „entsetzlichen Leiden der Juden aus“, „Kein anderes
Volk beutet sein Leiden ähnlich aus wie die Juden“, so
komme es zum „Gemurmel über Juden, die nur auf Geld aus
sind“. Das musste den Deutschen wieder einmal gesagt werden, und deshalb lautete
in der letzten Woche die Titelzeile der Frey-Zeitung: „Ein Jude spricht die
Deutschen frei“.
Michael Stiller
haGalil onLine
10-10-2000
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