Jene 14 EU-Staaten, die aus
Protest über die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei
Österreichs (FPÖ) ihre bilateralen Kontakte zur österreichischen
Regierung eingefroren und damit "Sanktionen" verhängt hatten,
wodurch Österreich in eine Außenseiterrolle in der Europäischen
Union abgedrängt wurde, lassen die österreichische Migrations- und
Minderheitenpolitik insgesamt, vor allem aber die politischen
Inhalte sowie Aussagen von Funktionären der FPÖ im Besonderen von
einem dreiköpfigen Gremium beurteilen.
Zur Auswahl der als die "drei Weisen" bezeichneten Gutachter wurde
der Schweizer Präsident des Internationalen Gerichtshofs für
Menschrechte in Straßburg, Luzius Wildhaber ernannt, der binnen
Zweiwochenfrist seinen Auftrag erledigte, und den früheren
finnischen Präsidenten, den zuletzt als Vermittler im
Kosovo-Konflikt tätigen Martti Ahtisaari, den ehemaligen
EU-Kommissar aus Spanien, Marcelino Oreja, und den Direktor des
Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und
Völkerrecht, Jochen Abraham Frowein, zu Gutachtern über die Lage in
Österreich bestimmt hat.
Der für Herbst erwartete Bericht soll den 14-EU-Partnerstaaten eine
Richtlinie für den weiteren Umgang mit der österreichischen
Regierung unter Beteiligung der FPÖ geben. Die österreichische
Regierung hatte unmittelbar vor der Ernennung des in den Medien als
"Weisenrat" bezeichneten Gremiums eine Volksbefragung gegen die
Sanktionen und mit dem Plazet für eine Blockadepolitik in der EU im
Falle der Nicht-Beendigung einzuleiten begonnen. Die Abhaltung
dieses von Verfassungsrechtlern vehement abgelehnten Vorhabens wird
von dem Ausstiegsszenario aus den bilateralen Sanktionen abhängig
gemacht. Die FPÖ akzeptierte diese Vorgangsweise widerstrebend und
verweist auf die Aussagen der Leiterin der in Wien angesiedelten
EU-Beobachtungstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Beate
Winkler, die zuletzt festgestellt hatte, dass die FPÖ-ÖVP-Regierung
bisher keine fremdenfeindlichen oder rassistischen Initiativen
gesetzt habe.
Zugleich bietet der ehemalige
FP-Parteiobmann Jörg Haider reichlich neuen Stoff für
demokratiepolitische Untersuchungen: allein vergangenen Dienstag
fanden Anhörungen zu drei von ihm angestrengten Gerichtsverfahren
gegen Kritiker seiner wiederholt in Bezug auf den
Nationalsozialismus getätigten Aussagen statt: gegen den Innsbrucker
Politikwissenschafter Anton Pelinka, der erst im Mai eine
Prozessniederlage gegen Haider hinnehmen musste, gegen den Leiter
des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes sowie
gegen den Verein Sozialistische Jugend. Diese Prozesse sind deshalb
von Interesse, weil Jörg Haiders langjähriger Anwalt Dieter
Böhmdorfer Justizminister der Koalitionsregierung ist.
Anton Legerer, Jr.
Jüdische Rundschau Maccabi
haGalil onLine
24-07-2000
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