Die Höhen des nationalen
Pathos:
Camp David und die
Widrigkeiten der Realität
Was war jetzt der Nutzen der ganzen Angelegenheit? Wäre es besser
gewesen von vorne herein zuhause zu bleiben, wie es die Opposition
und jene forderten, die kurz vor Verhandlungsbeginn die Koalition
und den Premier verlassen haben - anstelle sich den Aufgaben zu
stellen zu deren Lösung sich die Regierungskoalition Baraks
verplichtet hatte und der sie immerhin beigetreten waren?
War Barak nicht eben für diese Verhandlungen
mit überwältigender Mehrheit gewählt worden, nachdem Netanjahu 3
Jahre alle Chancen, sein hervorragendes Geschick unter Beweis zu
stellen versäumt hatte.
Selbst wenn die Camp David-Konferenz nur mit einer
Absichtserklärung Clintons und der verschwommenen Aussicht auf ein
weiteres Treffen, vielleicht noch vor dem 13.September endete, haben
Barak, Arafat und ihre Mitarbeiter ihre Zeit nicht vertan.
Beide Seiten sind erstmals wirklich und öffentlich
aus den abstrakten Höhen grundsätzlicher Erörterungen in die
Niederungen der konkreten Lösung spezifischer Kernprobleme
herabgestiegen. Barak hat den Palästinensern das beste Abkommen
vorgeschlagen, das ihnen je angeboten wurde.
Trotzdem konnte kein Abkommen erzielt werden, doch
es wurden zum erstenmal die Grenzen der jeweiligen
Souveränitätsanspruche abgesteckt. Das hat es in der ganzen
Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts nicht gegeben.
Man sollte darin einen Erfolg, kein Misslingen sehen. Der Vorhang
fällt nicht, er geht erst hoch.
Die Nationalisten haben recht, man kann tatsächlich
jeden Quadratzentimeter der Erde Jerusalems verteidigen. Sie haben
auch recht, wenn sie immer wieder von 'ihrer' dubiosen Lösung des
Konflikts reden. Dass aber nicht beides zusammen geht ist inzwischen
vielleicht auch ihnen aufgegangen. Hier liegt nämlich der
Unterschied zwischen den rhetorischen Höhen des nationalistischen
Pathos und dem Boden der Realität - zwischen dieser Welt und der
kommenden, zwischen Irushalajim schel m'alah und matah.
Dow Goldstein erinnert in M'ariw an Jizhak Rabin der
während zäher Verhandlungen Menahem Begin oftmals beneidet hat.
Rabin hatte - im Gegensatz zu Begin - keine Opposition, die sein
Friedensabkommen stützen konnte. Hier liegt auch der entscheidende
Unterschied zwischen Camp David I und Camp David II.
haGalil onLine
26-07-2000
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