Infodienst für Exil-Schwaben (IdfES)
liefert Ihnen Presseerklärung
und Flugblatt zu einer Aktion gegen ein
Theaterstück im Forum 3.
Presseerklärung (IdfES):
Anthroposophen verharmlosen den
Holocaust
Stuttgarter
Theater "Forum 3" führt ein Stück
über die angeblich wiedergeborene Anne Frank auf
Im anthroposophischen Theater
"Forum 3" wird seit Samstag, 8.April das Stück "Offene Türen" von Gela
Gordon und Gesine Hannemann aufgeführt werden. Das Stück basiert auf
einer Autobiographie der Schwedin Barbro Karlén, die von sich behauptet,
die Reinkarnation von Anne Frank zu
sein. Anne Frank, Verfasserin des nach ihr benannten, weltbekannten
Tagebuches, starb 1945 im KZ Bergen-Belsen an Typhus.
Wir protestieren gegen dieses
Theaterstück und gegen diese Aufführung. Wir meinen, daß die wirren
Vorstellungen Karléns die Opfer des Holocaust verhöhnen. Karlén glaubt
wie viele EsoterikerInnen an die Karma-Lehre, wonach der Mensch sein
Schicksal als notwendige Folge früherer Leben akzeptieren müsse. Sie
relativiert damit den Holocaust, entlastet die Nazi-Täter und
unterstellt den Opfern eine Schuld.
Wir fordern, daß das Stück
abgesetzt wird.
Barbro Karlén wurde 1954 in
Göteborg geboren. Bereits als zweijähriges Kind, so sagt sie heute,
ahnte sie von ihrer Reinkarnation. 1998 veröffentlichte der
anthroposophische Verleger Thomas Meyer (Perseus-Verlag) Karléns
autobiographischen Roman ...und die Wölfe heulen. Das Theaterstück
"Offene Türen" ist eine umgearbeitete Version des Romans.
T. Meyer schreibt im Nachwort zu
ihrem Buch: Karléns Glaube ändere nichts an den Mißlichkeiten in ihrem
Leben, aber sie "kann diese nun verstehen und daher innerlich freier
werden". Ihre Seele gehe dank des Wissens um die karmischen
Zusammenhänge gestärkt aus dem Kampf hervor.>1
Karlén selber - mit bürgerlichem Namen Sara Carpenter - bilanziert, "daß
es Zusammenhänge gibt zwischen den verschiedenen Leben des Menschen.
(...) Man mußte es einfach akzeptieren, daß es schon vorher etwas
gegeben hatte und daß sich das auf das ganze Leben auswirkte."
Wenn Karlén z.B. das Mobbing durch
ihre Kollegen als Folge früherer Leben interpretiert, gilt diese Logik
also auch für ihr angebliches früheres Leben als Anne Frank. Deren Tod
in Bergen-Belsen wird - nach der Karmalehre - zum vorherbestimmten
Schicksal, das verständnisvoll anzunehmen ist. Obendrein geht die Seele
aus dem Vernichtungslager "gestärkt" hervor.
Das Auschwitz-Komitee und die
Gruppe Kinder des
Holocaust in Basel protestierten bereits gegen das
antisemitische Machwerk Die Rätsel des Judentums, das der
österreichische Anthroposoph Ludwig Thieben 1931 verfasst und T. Meyer
1991 neu aufgelegt hat. In der Schweiz protestierten jüdische und
antifaschistische Gruppen gegen Auftritte Barbro Karléns
Wer den Holocaust als "karmische
Notwendigkeit" erklärt, verhöhnt die Opfer und entlastet die Täter. Den
in den Konzentrationslagern Ermordeten wird eine Schuld unterschoben und
den Tätern die Absolution erteilt. Das ist die esoterische Variante der
Relativierung von NS-Verbrechen, die von Thomas Meyer und mit Hilfe des
Stückes "Offene Türen" verbreitet wird. Deshalb protestieren wir gegen
Barbro Karlén und Thomas Meyer und die Aufführung dieses Stücks in
Stuttgart und anderswo.
1 vgl. Thomas Meyer, Nachwort, in:
Karlén, ... und die Wölfe heulen, Basel, 3.Auflage, 1998, S.230
2 vgl. Karlén, ... und die Wölfe heulen, 1998, S.215
Flugblatt:
Liebe TheaterbesucherInnen!
Die Schwedin Barbro Karlén
behauptet, die Reinkarnation von Anne Frank, einer 1945 im KZ
Bergen-Belsen an Typhus gestorbenen Jüdin, zu sein. Karlén meint, der
Mensch müsse sein Schicksal als karmische Notwendigkeit akzeptieren. Der
Missbrauch der Person Anne Frank ist eine Form drastischen und
offensiven Antisemitismus´ wie auch eine Relativierung des Holocaust und
des NS-Faschismus.
Wir protestieren deshalb gegen das
Stück "Offene Türen", das auf Karléns wirren Vorstellungen basiert und
ab dem 8. April im anthroposophischen Theater "Forum 3" aufgeführt
werden soll.
Barbro Karlén wurde 1954 in
Göteborg geboren. Bereits als zweijähriges Kind, so sagt sie heute,
ahnte sie von ihrer Reinkarnation. 1998 veröffentlichte der
anthroposophische Verleger Thomas Meyer (Perseus-Verlag) Karléns
autobiographischen Roman ...und die Wölfe heulen. Das Theaterstück
"Offene Türen" ist eine umgearbeitete Version des Romans.
In dem Roman ...und die Wölfe
heulen beschreibt Karlén ihr Leben: Sie hat Alpträume und Ahnungen, aber
niemand glaubt ihre Geschichte. Sie heiratet früh, aber ihr Ehemann
behandelt sie mies. Karlén arbeitet bei der schwedischen berittenen
Polizei, angeblich um ihre panische Angst vor Uniformen in Eigentherapie
zu bewältigen. Sie wird von Kollegen gemobbt, quittiert den Dienst und
wird Reitlehrerin. Aber ihre Verfolger sind hartnäckig und treten
diesmal als Journalisten auf, die Karlén wegen Tierquälerei anprangern.
Schließlich, so schreibt die Frau, habe sie sich dazu durchgerungen,
ihre Träume als Erinnerungen zu akzeptieren: Karlén "erkennt" in den
miesen Typen ihrer Umgebung die ebenfalls reinkarnierten Nazi-Schergen
der Anne Frank.>1
Karlén glaubt wie viele
EsoterikerInnen an die - ursprünglich hinduistische - Karma-Lehre. Karma
bedeutet, daß das Leben jedes Menschen von seinen Taten in früheren
Leben abhängt. Der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, lehrte,
daß das Aussehen, der Charakter, die soziale Stellung, das Geschlecht
und der Lebensweg eines Menschen von dessen "Karma-Konto" bestimmt sind.
Der Esoterikautor Thomas Hockemeyer (mit Pseudonym "Trutz Hardo") wurde
vor zwei Jahren wegen Volksverhetzung verurteilt. In seinem Buch Jedem
das Seine hatte Hockemeyer geschrieben, der Holocaust wäre die gerechte
Strafe für Verbrechen der Juden in früheren Leben. Solche Ansichten sind
heute in der Esoterikszene zunehmend verbreitet.
Im Unterschied zu Hockemeyer
sprechen Karlén und ihr Verleger Thomas Meyer nicht direkt vom
karmischen Ausgleich. Jedoch schreibt Meyer im Nachwort von ... und die
Wölfe heulen: Karléns Glaube ändere nichts an den Mißlichkeiten in ihrem
Leben, aber sie "kann diese nun verstehen und daher innerlich freier
werden". Ihre Seele gehe dank des Wissens um die karmischen
Zusammenhänge gestärkt aus dem Kampf hervor.>2 Karlén - mit
bürgerlichem Namen Sara Carpenter - bilanziert selbst, "daß es
Zusammenhänge gibt zwischen den verschiedenen Leben des Menschen. (...)
Man mußte es einfach akzeptieren, daß es schon vorher etwas gegeben
hatte und daß sich das auf das ganze Leben auswirkte." >3
Wenn Karlén z.B. das Mobbing durch
ihre Polizei-Kollegen als Folge früherer Leben interpretiert, gilt diese
Logik also auch für ihr angebliches früheres Leben als Anne Frank. Deren
Tod in Bergen-Belsen wird - nach der Karmalehre - zum vorherbestimmten
Schicksal, das verständnisvoll anzunehmen ist. Obendrein geht die Seele
aus dem Vernichtungslager "gestärkt" hervor.
Die Mission der Deutschen und der
Holocaust als "Verirrung"
Das Auschwitz-Komitee und die
Gruppe Kinder des Holocaust in Basel protestierten bereits gegen ein
weiteres Machwerk aus dem Perseus-Verlag. Meyer brachte eine Neuauflage
der Die Rätsel des Judentums heraus, das der österreichische
Anthroposoph Ludwig Thieben 1931 verfasst hat. Im Nachwort behauptet
Meyer, die Deutschen hätten das Wirken des Christus im "ätherisch-
übersinnlichen Geistbereich" zu propagieren und damit eine ähnliche
Mission zu erfüllen wie einst die Juden, deren Aufgabe es angeblich war
den "Christus- Impuls" hervorzubringen. (Auf die Frage, warum das
"jüdische Volk" noch existiere, obwohl sie ihre Aufgabe ja erfüllt
hätten, antwortete R. Steiner u.a.: "Da alles dasjenige, was die Juden
getan haben, jetzt in bewußter Weise von allen Menschen z.B. getan
werden könnte, so könnten die Juden eigentlich nichts besseres
vollbringen, als aufgehen in der übrigen Menschheit, sich vermischen mit
der übrigen Menschheit, so daß das Judentum als Volk einfach aufhören
würde. Das ist dasjenige, was ein Ideal wäre." >4) Insofern seien die
Deutschen "die Juden der Moderne">5. Meyer fordert, die Juden
sollten den Holocaust als eine der "Verirrungsmöglichkeiten" eines
Volkes verstehen, d.h. er fordert den Holocaust zu entschuldigen.
Die Schweizer Staatsanwaltschaft
stellte im Mai 1998 eine Anklage gegen die Neuauflage des Thieben-Buches
"wegen Fehlens eines subjektiven Tatbestandes" ein. Allerdings teilt die
Justizbehörde den Vorwurf der Kritiker, das Buch enthalte "eine abstruse
allgemeine rassistische Blut- und Religions- bzw. Geistestheorie">6.
Jüdische und antifaschistische Gruppen protestierten in der Schweiz
gegen Auftritte Barbro Karléns.
Wer den Holocaust als "karmische
Notwendigkeit" erklärt, verhöhnt die Opfer und entlastet die Täter. Den
in den Konzentrationslagern Ermordeten wird eine Schuld unterschoben und
den Tätern die Absolution erteilt. Das ist die esoterische Variante der
Relativierung von NS-Verbrechen, die von Thomas Meyer und mit Hilfe des
Stückes "Offene Türen" verbreitet wird. Deshalb protestieren wir gegen
Barbro Karlén und Thomas Meyer und die Aufführung dieses Stücks in
Stuttgart und anderswo.
- >1 vgl. Barbro Karlén, ...
und die Wölfe heulen, Basel, 3.Auflage, 1998
- >2 vgl. Thomas Meyer,
Nachwort, in: Karlén, ... und die Wölfe heulen, Basel, 3. Aufl., 1998,
S.230
- >3 vgl. Karlén, ... und die
Wölfe heulen, 1998, S.215
- >4 R. Steiner, Die Geschichte
der Menschheit und die Weltanschauung der Kulturvölker, R.Steiner Verlag
Dornach (Schweiz) Taschenbuchausgabe 1992, S.202
- >5 vgl. Karlén, ... und die
Wölfe heulen, 1998, S.241
- >6 vgl. Das Goetheanum, Nr.25,
1998, S.356
Uriel Kashi
haGalil onLine 10-04-2000 |