Zeruya Shalev:
Liebesleben
Berliner Taschenbuch Verlag 2004
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Zeruya Shalev:
Liebesleben
Ein weiblicher Twen, Jaara, die Erzäherin dieses Romans, kommt durch
einen alternden, abgekühlten Don Giovanni aus ihrem bis dahin so
gepflegtem Gleichgewicht. Eine erotische Begegnung, das körperliche
Verlangen nach diesem Liebhaber aus der Generation ihres Vaters. Ein
flotter Dreier, Unterwerfung, Abhängigkeit: Der Stoff, aus dem erotische
Romane sind.
Doch da gibt es mehr:
Eine Familiengeschichte und unerwartete Verflechtungen. Innere Kämpfe
und den Tod. Und oft genug kommt einem alles nur zu bekannt vor.
Banalitäten die an Bedeutung gewinnen, Bedeutendes, das in den
Banalitäten untergeht. Beziehungen, Lebenssinn und vor allem: Kleine,
folgenschwere Entscheidungen.
Und zu diesen kann sich Jaara einfach nicht durchringen. Sie verlässt
ihren langweiligen Mann oder auch nicht, hat eine verdruckste Beziehung
zu ihren Eltern die nun auch nicht besser wird, und ständig scheint sie
kurz davor, doch noch alles ins Lot zu bringen. Scheint.
Man möchte fast Mitleid mit der Protagonistin haben, über ihre
augenscheinliche Hilflosigkeit durchs Leben zu gehen. Oder sind wir auch
ein wenig neidisch? Bis ins Groteske gehende, filmreife Szenen sorgen
für die grelle Farben in diesem Roman. Ansonsten ist alles echt, und
wahrscheinlich deshalb so bewegend und beängstigend.
Was sich da in den Straßen von Jerusalem zuträgt hat Tempo und zeugt vom
Mut der Autorin. Das letzte Viertel des Buches zieht sich zwar unnötig
in die Länge und wird von allerhand übertriebenen Kulissen geschmückt
die nicht nötig wären. Insgesamt ist es aber ein Feuerwerk der Litartur.
Erotisch, unterhaltsam, philosophisch. Und zwar in dieser Reihenfolge.
Da hat Zeruya Shalev sich bemüht alle Register zu ziehen. Das Buch
bleibt lange im Kopf und im Herzen.
Oliver Viest
haGalil onLine
14-03-2000
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