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Pavel Kohout, Schriftsteller und Dramatiker:
Warum will ich weiterhin Österreicher bleiben?


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Österreicher zu werden hat mich der tschechoslowakische Staatsapparat gezwungen, als mich am 4.Oktober 1979 nachts eine Truppe Grenzschützer gewaltsam aus dem Auto zerrte, über die Grenze schob, den Schlagbaum absperrte und das Licht ausmachte. Österreicher zu werden hat mir Kanzler Kreisky ermöglicht, als ich ablehnte, die Staatsbürgerschaft zu beantragen - denn damit hätte ich die Gewalt anerkannt, mit der ich um Heimat beraubt wurde. Sie können nicht in der Welt als Heimatloser rumlaufen, entschied er, und seine Regierung verlieh mir laut Gesetz eine Ehrenbürgerschaft.

Österreicher zu sein war angenehm in den Zeiten, in denen Österreich wegen seiner herrlichen Landschaft, hoher Prosperität und allgemeiner Neutralität zum Liebling von West und Ost wurde. Als Österreicher durfte ich auch in Ceausescos 'Besserungsanstalt', das einzige Land, das meine Verwandschaft aus der 'Besserungsanstalt' Dr. Husaks besuchen durfte.

Österreicher zu sein wurde schwieriger, als die Mehrheit meiner neuen Mitbürgern leichtsinnig den Mann zum Präsidenten wählte, der in seinem Lebenslauf vergessen hatte, SA-Mitglied gewesen zu sein und behauptete, dass er in seiner Funktion als Verbindungssoffizier der Wehrmacht in Saloniki übersehen hatte, dass von dort 60 Tausend jüdische Opfer in die Gaskammern verschleppt wurden.
Ab und zu wurde mir vorenthalten, von denen die meine Biographie nicht kannten, dass ich den Pass der Waldheim-Heimat besitze, und ich antwortete wahrheitsgemäß, dass ich den Kandidaten wählte, der verlor.

Österreicher zu sein habe ich langsam aufgehört, als mir die tschechische Staatsbürgeschaft mit einem komischen Brief zurückgegeben wurde, in dem stand, dass ich sie nie verlor. Seitdem zeigte ich immer öfters an den Grenzen den tschechischen Pass und freute mich, als mir auch die Peruaner salutierten und begeistert riefen: Havel, Havel!
Als würde ich nach einem langen Aufenthalt in einer Tauchglocke wieder aus dem Wasser auftauchen, wurde ich wieder zu dem, als der ich mich am wohlsten fühle: zum Prager.

Österreicher zu sein ist in der letzten Zeit wieder mühselig geworden, wenn viele die Österreicher mit der erhobenen Rechten und als Bewohner von Haiderland grüßen.
Also zeige ich wieder meinen österreichischen Pass mit der Bemerkung, dass ich die gewählt habe, die vorrübergehend verloren haben. Ich fühle mich verpflichtet, jeden, den ich erreichen kann, zu erinnern, dass die Meister der politischen Purzelbäume und Maskeraden von nur 30% der Österreicher gewählt wurden. Ich sehe mich gezwungen zu erklären, dass die lange Allein-Regierung der Sozialisten und ihre nicht weniger lange Zeit der Koalition mit der Volkspartei in Österreich zu solcher Situation führte, die es praktisch unmöglich machte, Chefarzt, Bahnhofsvorsteher oder Polizeikommandant zu werden ohne ein rotes oder ein schwarzes Parteibuch.

Den Aufruf des Filmregisseur Costa Gavras, Künstler und Intellektuelle sollten Vorführungen und Ausstellung ihrer Werke in Österreich stoppen, halte ich für sehr unglücklich. Wir, als verbotene tschechische Autoren, haben gegen den  Willen des Regimes erlaubt, unsere Werke in Kapstadt aufzuführen, aus der Überzeugung, den Gegnern des Apartheid zu helfen!
Österreicher zu sein ist zum heutigen Zeitpunkt undankbar. Das Mutterschiff Europa, das, meiner Meinung nach, verpflichtet war, einen Warnschuss vor den Bug des Schiffes abzufeuern, das einen riskanten Kurs nahm, begann mit Geschützfeuer, das die 70% Österreicher verletzte, die zu den Idealen der Europäischen Union stehen und gerade deshalb die Irreführung der politischen Führer nur mit demokratischen Handeln beheben können. Jeder Psychologe weißt, dass eine kollektive Strafe, unter der die Mehrheit unschuldig leidet, viele radikalisiert und unnötig zu Trotzwählern macht. Bestrafen, so wie der Kollege Gavras vorschlägt, sogar die österreichische Kinder mit Verbot der Walt Disney Filme, ist gänzlich unverhältnismäßig.

Ein Boykott, der weder Saddam Hussein noch Milosevic in die Knie zwang, ist darüber hinaus gegen jene Gesellschaft gerichtet, über derer grundsätzlichen Richtung keine Zweifel bestehen. Dafür zeugt der Widerstand gegen Rechtsradikale innerhalb dieser Gesellschaft. Obwohl Wien in der Schussweite der sowjetischen Panzer lag, half die österreichische Demokratie seit 1956 Hunderttausenden Ungarn, Polen, Tschechen, Slowaken und Bürgern der DDR zur Freiheit und dann der ganzen Welt zum Fall des Eisernen Vorhangs.

Für mich ist die österreichsiche Staatsbürgerschaft, die ich weiterhin zusätzlich zu meiner tschechischen besitze, kein Wintermantel, den man im Sommer ablegen kann. In voller Hoffnung, dass österreichische Demokraten die Krise am besten mit der Hilfe der Europäer überwinden und nicht in ihrem Bann, will ich solidarisch mit ihnen weiterhin ein Österreicher bleiben.

Quelle: Lidové noviny, Prag
Übersetzung: EE/haga 08.03.2000

 

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