antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Gaza-Krieg im Westjordanland:
Zu müde für eine dritte Intifada

Sie leiden mit ihren "Brüdern im Gaza-Streifen". Doch trotz aller Wut auf Israel - im Westjordanland gibt es bisher keinen Aufstand.

Von Thorsten Schmitz

Als die israelische Armee vor zwei Wochen mit der Bombardierung des Gaza-Streifens begann, rief der im syrischen Exil lebende Führer der radikalislamischen Hamas zu gewaltsamen Protesten auf. An seine Landsleute appellierte Khaled Meschaal: "Startet eine dritte Intifada!"

Doch seinen Aufruf haben die Palästinenser im Westjordanland bislang ignoriert. Wer in diesen Tagen Ramallah besucht, die heimliche Palästinenser-Hauptstadt mit dem Hauptsitz der Autonomiebehörde von Fatah-Chef und Palästinenserpräsident Machmud Abbas, wird überrascht. Die Geschäfte im Zentrum sind nicht etwa geschlossen aus Solidarität mit den 1,5 Millionen Landsleuten im hundert Kilometer entfernten Gaza-Streifen - es wird eingekauft, man raucht Wasserpfeife im Restaurant.

Selbst im kleinsten Falafel-Laden flimmern die Fernseher. Die Sendungen der Nachrichtenkanäle al-Dschasira und al-Arabija zeigen die Not der Menschen im Gaza-Streifen. Doch die Bilder verderben den Palästinensern in Ramallah offenbar nicht den Appetit.

Das kleine Restaurant von Mustafa Sarraj nahe dem zentralen Manara-Platz ist an diesem Mittwochabend fast voll. Hähnchen werden halbiert, Teller mit Hummus und Krautsalaten aufgetischt, Cola-Dosen auf Tische gestellt. Ein Fernseher hängt in einer Ecke, der Reporter von al-Dschasira berichtet in Helm und Schutzweste von den jüngsten israelischen Luftangriffen. "Wir leiden mit unseren Brüdern im Gaza-Streifen", sagt Sarraj auf Hebräisch.

Der 56-jährige Restaurantchef hat bis zum Beginn der zweiten Intifada in Falafel- und Schawarma-Buden in Tel Aviv und Jerusalem gearbeitet. "Aber was können wir hier machen?" Sarraj möchte nicht über den Einfluss der Hamas im Westjordanland reden und auch nicht über die Rivalität zwischen der Fatah von Präsident Abbas und den radikalen Islamisten. Jetzt sei nicht der Moment, entschuldigt er sich, den palästinensischen Bruderkampf zu kritisieren. Außerdem halte er sich lieber zurück: "Ich habe Kunden von beiden Seiten."

Knüppel gegen Demonstranten

Wenn man Palästinenser im Westjordanland fragt, wie sie über den Gaza-Krieg denken, erhält man stets dieselbe Kritik an Israel. Aber von einer dritten Intifada ist keine Spur. Restaurantbesitzer Sarraj berichtet, am Dienstag habe es eine Demonstration gegeben im Stadtzentrum, auf der Israel als "Nazi-Staat" bezeichnet worden sei. Aber nur höchstens 150 Menschen hätten sich an ihr beteiligt.

Zuvor hatten mehrere hundert Studenten der Birzeit-Universität am Stadtrand gegen den Krieg demonstriert und waren in Richtung eines israelischen Armee-Kontrollpunktes marschiert. Doch palästinensische Polizisten, von den USA und Jordanien geschult, hatten mit Knüppeln die Demonstration aufgelöst.

Aus Nablus und Dschenin im Westjordanland kommen ähnliche Berichte. Es wird demonstriert, aber die der Fatah angehörenden palästinensischen Polizeikräfte halten die Protestierenden im Zaum oder lösen die Demonstrationen gleich ganz auf. Verboten ist auch, mit Hamas-Flaggen herumzulaufen.

Die Regierung unter Premierminister Salam Fajad will unter allen Umständen verhindern, dass Hamas im Westjordanland als Folge des Gaza-Kriegs an Popularität gewinnt. Seit mehr als zwei Jahren versucht der frühere Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds im Einklang mit Israel und der US-Regierung von Präsident George W. Bush im Westjordanland Sicherheit zu schaffen, politische Stabilität und wirtschaftliches Wachstum - als Gegenmodell zur Hamas-Regierung im Gaza-Streifen.

Tatsächlich haben Städte wie Dschenin, Nablus und auch Ramallah von Fajads neuem Regierungsstil profitiert. Die Polizei sorgt für Sicherheit und Ordnung, und auch wirtschaftlich ist ein kleiner Aufschwung zu registrieren. Umso mehr sind Abbas und Fajad darum bemüht zu verhindern, dass die Wut über Israels Offensive in Aufruhr umschlägt.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich die Palästinenser im Gaza-Streifen und im Westjordanland ohnehin voneinander entfremdet. Viele waren noch nie in ihrem Leben im jeweils anderen Palästinensergebiet. Die wenigen Palästinenser aus dem Gaza-Streifen, denen eine Reise ins Westjordanland gewährt wurde, fühlen sich dort unwohl, weil man sie von oben herab behandele.

Ein Taxifahrer in Ramallah, der auf Fahrgäste wartet, sagt: "Wir haben keine Kraft mehr für eine neue Intifada. Wir sind zu müde." Sein Geschäft gehe schlecht. Viele Leute bevorzugten, zu Fuß zu laufen oder billigere Sammeltaxis zu nehmen. Gleichwohl findet er auch Kritik an Präsident Abbas, dessen Amtszeit am heutigen Freitag offiziell abläuft, der aber bis zu Neuwahlen noch weiterregieren möchte: "Abbas hört zu sehr auf Israel." Dass er der Hamas Mitschuld an der israelischen Vergeltungsoffensive gegeben habe, hätten ihm viele Palästinenser übelgenommen, denn im Krieg mit Israel falle man nicht dem Bruder in den Rücken, auch wenn er der Hamas angehöre.

Khalil Schikaki vom Palästinensischen Umfrageinstitut in Ramallah sieht die Gefahr, dass der Krieg in Gaza gegen Hamas Fajads neuem Regierungsstil letztlich schaden könne. Zwar sei es Abbas und Fajad nicht unrecht, dass die israelische Armee gegen Hamas im Gaza-Streifen kämpfe. Schließlich wollten der Präsident und der Regierungschef die Spaltung der beiden Palästinensergebiete wieder rückgängig machen und von einer Fatah-dominierten Regierung führen lassen. Doch je länger der Gaza-Krieg andauere, sagt Schikaki, "desto schneller wird die Unterstützung im Westjordanland für Abbas und Fajad schwinden".

Von Thorsten Schmitz, Süddeutsche Zeitung v. 09.01.2009
Mit freundlicher Genehmigung der Süddeutschen Zeitung und der DIZ München GmbH

Ansichten aus Israel
Bestellen: [Buch] [Hörbuch]

Ansichten aus Israel:
Abraham zwischen den Welten

Israel blickt seit seiner Gründung 1948 auf eine bewegte Geschichte zurück. Die Konflikte mit seinen arabischen Nachbarn und die Palästina-Frage bestimmen seit Jahren die Nachrichten aus dieser Region...

hagalil.com 11-01-2009

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine


[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved