Web-Tipp:
Antisemiten im Deutschen Reichstag (1881-1895)
Bei den Parlamentswahlen im Jahre
1893 gelang es der antisemitischen "Deutschen Reform-Partei" mit 12
Abgeordneten in den Deutschen Reichstag einzuziehen. Vier weitere
unabhängige Antisemiten, die sich teilweise später der DRP
anschlossen, errangen bei diesen Wahlen ebenfalls ein Mandat für den
Reichstag. Obwohl bereits während der achtziger Jahre des 19.
Jahrhunderts einzelne Antisemiten wie der Dom- und Hofprediger
Adolph Stöcker oder Dr. phil. Otto Böckel in den Reichstag Einzug
hielten, so markiert doch der Wahlerfolg der DRP von 1893 den ersten
parteipolitischen Höhepunkt in der Geschichte der Antisemiten.
Eine sehr
informative Website dokumentiert die Wahlergebnisse der
Antisemiten - vor allem von 1893 -, verweist auf Reden und
Äußerungen der antisemitischen Abgeordneten im Reichstag und
veröffentlicht Auszüge aus deren Publikationen. Des weiteren belegen
Veröffentlichungen und Reden aus dem vierten Viertel des 19.
Jahrhunderts, dass Antisemiten in Deutschland auch außerhalb des
Reichstags äußerst aktiv waren. Solche Antisemiten wie Adolph
Stöcker weisen aber auch darauf hin, daß diese neue Form des
Judenhasses nicht ohne den knapp 1900-jährigen christlichen
Antijudaismus zu denken war. Auch hierzu sind hier einige Texte zu
finden:
http://antisemiten-im-reichstag.netfirms.com/
Zur Entstehung der Seite
Von S. Reisinger
Am Anfang der Seite stand die
Auseinandersetzung mit der Entstehung des Antisemitismus, verbunden
mit der simplen Frage: Woher kommt das Wort Antisemitismus?
Lässt sich dieses Wort, wie bei
vielen andere, anhand seiner Bestandteile 'Anti', 'semit' und
'ismus' erklären? Oder hat der Ursprung dieses Wortes tatsächlich
etwas mit den "semitischen Völkern" zu tun, wie es Antisemiten
behaupten, wenn sie sagen, sie seien keine Antisemiten, weil sie ja
kein Feind der Angehörigen der semitischen Sprachfamilie sind?
Fragen, die ich damals nicht
beantworten konnte - und wollte. Fragen, die mich aber dazu
veranlassten, selbst auf die Suche nach der ersten zeitlichen und
räumlichen Erwähnung und nach der Verbreitung des Wortes
Antisemitismus zu gehen.
Schnell fand ich eindeutige Belege
dafür, dass oben genannte Erklärungen Schutzbehauptungen von Leuten
waren, die ihre Israelkritik und Weltverschwörungfantasien vor dem
Antisemitismusvorwurf retten wollten. In offen zugänglichen Archiven
konnte ich Material über die Anfänge des "modernen" Antisemitismus
in Hülle und Fülle einsehen.
Was mich bei Durch- und Abschrift der
Dokumente vor Allem erstaunte, war die Tatsache, dass zu meiner
Zeit, im Schulunterricht nichts darüber gelehrt wurde. Es war so,
als wäre Antisemitismus ein ganz schlimmes und einzigartiges auf dem
Nationalsozialismus beschränktes Ereignis gewesen, dass, gemessen an
der gesamtdeutschen und europäischen Geschichte, aber eben nur
temporär war.
Das dies für die heutige Zeit leider
mit nichten zutrifft, wissen aufmerksame Zeitungsleser_innen aus
Berichterstattungen über geschändete jüdische Friedhöfe,
antisemitische Vernichtungsaufrufe gegen Israel u.a. auch von
Staatspräsidenten und über den aktuellen Verbreitungsgrad der
plagiierten "Protokolle der Weisen von Zion".
Christlicher Antijudaismus im
Mittelalter mit seinen Kreuzzügen mag hier und da auch noch im
Gedächtnisse historisch bewanderter Menschen sein.
Aber der Deutschen Aufklärung mit
seinen Protagonisten Fichte, Clemens Brentano, Carl von Clausewitz,
Heinrich von Kleist oder Carl von Savigny rassistischen
Antisemitismus zu unterstellen, dass bedurfte genauerer Recherche.
Letzteres beruht im Übrigen auf der Tatsache, dass sich dieser
"erlauchte" Kreis um 1811 in der "Christlich-Teutschen
Tischgesellschaft" wiederfand, in dessen Statuten die Teilnahme für
Frauen, Franzosen und Juden untersagt war. Selbst getauften Juden
und ihren Nachkommen wurde eine Mitgliedschaft verwehrt.
Bei meiner Arbeit lernte ich, dass
da, wo anno 2005 der CDU-Abgeordnete Martin Hohmann saß, der durch
seine antisemitische Rede Weltruhm erlangte; dass eben in diesem
Hause 120 Jahre zuvor eine ganze antisemitische Fraktion hauste, auf
die ich in meinen Recherchen des Antisemitismus im Reichstag
aufmerksam wurde. Dieser bildete aufgrund der "Affäre Hohmann" auch
den Schwerpunkt meiner historischen Forschungen. Einern von ihnen,
Hermann Ahlward, sprach in einer Broschüre das aus, was über 50
Jahre später fast zur traurigen Gewissheit werden sollte: "Keine
Reform sozialer oder religiöser Art ist möglich, bevor das Judenthum
ganz beseitigt ist."
Dieser 1892 geschriebene Satz, die
Shoa und nicht zuletzt der Aufruf des iranischen Staatspräsidenten
zur Vernichtung Israels, sollte uns Mahnung sein, tagtäglich gegen
Antisemitismus, Rassismus und andere Formen von Diskriminierungen
vorzugehen, sollte aber auch Anlass zur Aufklärung sein. Dazu dienen
die hier zur Verfügung gestellten historischen Dokumente.
hagalil.com
23-11-2005
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