Literaturhinweis:
Der Prozess und Tod Jesu aus jüdischer Sicht
Von
Chaim Cohn
Insel Verlag Frankfurt a.M. 2001
Broschiert, Euro 15,00
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Nach der Gründung des Staates Israel
1948 erhoben christliche Theologen vor dem Obersten Gerichtshof des neuen
Staates Klage wegen des angeblichen jüdischen "Justizmordes" an Jesus. Sie
forderten eine Wideraufnahme des Gerichtsverfahrens und eine Aufhebung des
Urteils durch das hohe Gericht. Der Jurist und Rechtshistoriker Chaim Cohn,
der als oberster Richter Israels tätig war, setzt sich mit der historisch
wie theologisch brisanten Frage nach der jüdischen Rolle beim Prozess und
bei der Kreuzigung des Juden Jesus von Nazareth auseinander.
Er schreibt im Bewusstsein, dass ein tiefer
Zusammenhang zwischen dem tief verwurzelten christlichen Vorwurf des
"Gottesmordes", dem Antisemitismus und der Verfolgungs- und
Leidensgeschichte des jüdischen Volkes hin bis zur Shoah besteht. Er geht
anhand jüdischer, christlicher und römischer Quellen der verhängnisvollen
Wirkungsgeschichte der Passionsgeschichte der Evangelien nach und entwirft
ein historisches Bild der tatsächlichen Geschehnisse um die Kreuzigung Jesu.
Eindrucksvoll werden die komplizierten
Beziehungen der unterschiedlichen jüdischen Strömungen untereinander und das
Verhältnis der jüdischen Behörden zu den römischen Herrschaftsinstanzen im
damaligen Judäa nachgezeichnet.
Das Buch liest sich als spannendes
Kreuzverhör der Evangelien, das die Widersprüchlichkeit und historische
Unwahrscheinlichkeit der Grundquellen des "Gottesmord"-Vorwurfs sichtbar
werden lässt. Der Leser wird wie ein Geschworener aufgefordert, sein Urteil
darüber abzugeben, ob tatsächlich von einer jüdischen Verantwortung für den
Tod Jesu die Rede sein kann. Das leidenschaftliche und doch so verbindende
Plädoyer des Autors zur Überwindung christlicher Vorurteile gegenüber Juden
und Judentum leistet einen wertvollen Beitrag zur jüdisch-christlichen
Verständigung,
Chaim Cohn, 1911 in Lübeck geboren,
wanderte 1930 nach Palästina aus, wo er Judaistik und Jura studierte. Seit
der Staatsgründung Israels 1948 wirkte er u.a. als Generalstaatsanwalt,
kurze Zeit als Justizminister und seit 1960 am Obersten Gerichtshof Israels.
Neben seiner Lehrtätigkeit an der Hebräischen Universität in Jerusalem und
an der Universität Tel Aviv vertrat er den Staat Israel auch bei der
UNO-Menschenrechtskommission.
Kapitel 13: die Perversion des Rechts
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15-03-2004
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