-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Sven-Olaf.Obst@BMFSFJ.BUND.DE
[mailto:Sven-Olaf.Obst@BMFSFJ.BUND.DE]
Gesendet: Freitag, 25. Juli 2003 11:59
An: tacheles-reden@hagalil.com
Cc: Andrea.Matena@BMFSFJ.BUND.DE; Nicole.Weidenfeld@BMFSFJ.BUND.DE
Betreff: Ihre Anfrage vom 05. Juli 2003


Sehr geehrte Damen und Herren,
beigefügt übersende ich Ihnen wie am 14.07. besprochen ein weiteres Schreiben zu Hagalil-Online und meine Antwort zur Kenntnis.

MfG i.A.
Dr. Sven-Olaf Obst
Referatsleiter
im BMFSFJ
Referat 503
Prävention von Kriminalität,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
11018 Berlin
Tel.:     +4930 20655 1950
Fax:      +4930 20655 41950
E-Mail: sven-olaf.obst@bmfsfj.bund.de



> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: Obst, Dr. Sven-Olaf
> Gesendet am: Freitag, 25. Juli 2003 11:52
> An: 'gerald.muller@web.de'
> Betreff: Ihre Anfrage vom 05. Juli 2003
>
> Sehr geehrter Herr Dr. Müller,
>
> vielen Dank für Ihre Anfrage. Auf Grund einer Vielzahl von Nachfragen zu
> den Maßnahmen des Aktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie -
> gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" komme
> ich leider erst heute dazu, Ihnen zu antworten.
>
> Mit diesem Aktionsprogramm will die Bundesregierung demokratisches
> Verhalten und ziviles Engagement insbesondere bei Jugendlichen stärken und
> Toleranz und Weltoffenheit fördern. Das Programm zielt in zwei Richtungen:
> Zum einen erfahren Jugendliche, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit und
> Rassismus wenden, Unterstützung. Zum anderen sollen Jugendliche, die
> gefährdet sind, rechtsextreme Einstellungen oder Verhaltensweisen zu
> entwickeln, wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückgeholt werden.
>
> Das Aktionsprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen
> Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" besteht aus
> drei Teilen:
>
> * "civitas - initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern";
> * "entimon - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus"; sowie
> * "xenos - Leben und Arbeiten in Vielfalt", gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
>
> Die von Ihnen hinterfragte Maßnahme "klick nach rechts" ist Bestandteil
> des aus Mitteln des Programms entimon geförderten Projektes "OR - Licht.
> Bildung gegen Antisemitismus"" des Trägers "Tacheles Reden! - Gegen
> Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus e.V."  Berlin.  Die
> Umsetzung dieses Projektes erfolgt im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen
> diesem Träger und dem jüdischen deutschsprachigen Internet-Magazin
> www.hagalil.com. Eine Förderung des Internet-Magazins selbst erfolgt nicht.
>
> Bei der Maßnahme "klick nach rechts" geht es dem Träger darum, den
> userInnen von "hagalil" einen Überblick über Entwicklungen und Ereignisse
> aus dem rechten bis rechtsextremen Spektrum im deutschsprachigen Raum zu
> vermitteln. Bis auf wenige eigene Artikel werden dazu Zeitungsberichte und
> Berichte aus anderen Medien ausgewählt, zusammengefasst oder zitiert oder
> gesamt nach Zustimmung der AutorInnen und Verlage bei "hagalil" gepostet.
> Wie der Träger versichert hat, sieht er im Rahmen dieser Arbeitsweise
> seine Verantwortung, was die Überprüfung geposteter Inhalte betrifft und
> verwendet ausschließlich überprüfbare und seriöse Quellen. Die
> presserechtliche Verantwortung für den einzelnen Artikel liegt aber
> weiterhin ausschließlich bei den AutorInnen der jeweiligen Artikel.
>
> Soweit also von Ihrer Seite Bedenken gegen veröffentlichte Inhalte des
> Internet-Magazins www.hagalil.com bestehen, die ein breites Spektrum von
> Themen umfassen, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich direkt mit den im
> Impressum der Website genannten Verantwortlichen auf den üblichen Wegen -
> Brief, e-mail, Telefon etc. - Kontakt aufzunehmen und diese Bedenken
> vorzutragen. Zur Durchsetzung berechtigter Anliegen stehen alle
> rechtlichen Möglichkeiten, die das Pressegesetzt dafür vorsieht, offen.
>
> Ich habe daher, Ihr Einverständnis voraussetzend, den Träger von Ihrer
> Anfrage unterrichtet. Ggf. sollten Sie, wie empfohlen, sich unmittelbar an
> das Internet-Magazin wenden.
>
> MfG i.A.
> Dr. Sven-Olaf Obst
> Referatsleiter
> im BMFSFJ
> Referat 503
> Prävention von Kriminalität,
> Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
> 11018 Berlin
> Tel.:     +4930 20655 1950
> Fax:      +4930 20655 41950
> E-Mail: sven-olaf.obst@bmfsfj.bund.de
>
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: gerald.muller@web.de [mailto:gerald.muller@web.de]
> Gesendet am: Samstag, 5. Juli 2003 14:06
> An: poststelle@bmfsfj.de
> Betreff: WWW-Email Benachrichtigung an die BMFSFJ Redaktion
>
> Email abgeschickt an die BMFSFJ Redaktion
> 5. Juli 2003, 14:04 Uhr
>
> Absender der Email:
> Gerald Mueller
> unbekannt
> unbekannt
> gerald.muller@web.de
>
> Nachrichteninhalt:
>
> sehr geehrte Damen/Herren,
>
> ich haber gerade auf der website hagalil.com, die von Ihrem Ministerium im
> Rahmen des Gefördert im Rahmen des Aktionsprogramms
> "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus,
> Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" gefoerdert wird, gelesen. Es ist
> eine recht interessante site mit viel Infos. Allerings musste ich in
> einigen Artikeln auch Dinge lesen die mir als Deutscher doch reichlich
> bedenklich vorkommen;
>
> Zitat: "In der AZ stand zu lesen, "Friedman hätte mehrmals Sex mit
> verschiedenen Frauen in einer Nacht gehabt". Welcher deutsche Krämer, hat
> nicht selbst solche Phantasien? Herrn Friedman wird vorgeworfen mit
> Prostituierten Kontakt gehabt zu haben. Was daran schlimm sein soll,
> werden viele deutsche Männer, wenn sie ehrlich wären, nicht erklären
> können, sind sie doch selbst oft zu Gast in einschlägigen Lokalitäten.
> Wenn aber dem Juden Friedman unterstellt wird, "Edelprostituierte" in
> einem teueren Hotel zu empfangen, so weckt das blanken Hass. Das er
> nebenbei auch noch ein Potenzbulle sein soll, treibt den antisemitischen
> Spießer zur Raserei.


Der 1946 in Nürnberg gehängte Julius Streicher, hätte an dieser deutschen
> Debatte, wenn er noch leben würde, sicher seine Freude."
>
> von: http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2003/06/friedman-1.htm
>
> Zitat 2: "Unmittelbar vor der Aktion gegen Michel Friedman folgte
> Möllemann dem Rat vieler Psychologen und ließ sich einfach fallen."
>
> von: http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2003/06/friedman-3.htm
>
> Beide Zitate stammen von der Nachrichten-Seite der website. An sich sind die Beitraege eher Kommentare als Nachrichten; ich empfinde allerdings das erste Zitat als deutschfeindlich (faellt sowas eigentlich auch unter Fremdenfeindlichkeit wenn es von nicht-Deutschen geaeussert wird?) und das zweite Zitat als menschenverachtend.

Was ein link zu Zahal (im Westen besser als IDF oder Israeli Defence Force bekannt) links oben auf jeder Seite zu suchen hat ist mir ebenfalls unklar.

mit freundlichen Gruessen

Dr. Gerald Mueller

Sollte ein Irrtum vorliegen, melden Sie dies bitte folgender Adresse: poststelle@bmfsfj.de


© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/03 11. Juli 2003

Einseitige Ausrichtung
Internet: Wie sich die jüdische Informationsplattform "haGalil" zum
antirechten Kampfinstrument mauserte
Ekkehard Schultz
Im sogenannten "Kampf gegen Rechts" erfahren Extremisten des linken
Spektrums erhebliche moralische Unterstützung. Dazu werden Plattformen
benötigt, die durch ihre vermeintliche Seriosität dazu geeignet sind, ein
breites Publikum anzusprechen.
Die Internetangebot "haGalil" ist in zweifacher Hinsicht interessant: Zum
einen handelt es sich dabei um den "größten jüdischen Onlinedienst
Europas", wie die Betreiber immer wieder stolz attestieren. Bis zu 250.000
Besucher im Monat werden registriert, die Summe der angeklickten Seiten im
Angebot bewegt sich im gleichen Zeitraum durchschnittlich bei über einer
Million. Insgesamt stehen dem Nutzer bis zu 10.000 Seiten mit Artikeln,
Analysen und allgemeinen Informationen zur Verfügung.
Zudem können die Betreiber mit einer großen Sympathie für ihre Anliegen
rechnen, sind ihnen doch ohnehin von einer großen Anzahl bürgerlicher
Medien beste Zeugnisse ausgestellt worden. Besonders die Bemühungen um eine
"objektive Berichterstattung" wurden Ende der neunziger Jahre in
zahlreichen Berichten gerühmt.
Der "rechten Verwilderung" soll Einhalt geboten werden
Der Anstoß zur Bereitstellung des Internetangebotes war nach Angaben der
Initiatoren, der aus der ehemaligen Tschechoslowakei stammenden Eva Ehrlich
und des israelischen Staatsbürgers David Gall, die Erkenntnis, daß bei der
Eingabe von Begriffen wie "Judentum", "jüdisch", "Jude" noch Mitte der
neunziger Jahre in Internet-Suchmaschinen den Nutzern in erster Linie
Seiten des rechtsextremen Spektrums angeboten worden seien. Durch die
Bereitstellung einer Vielzahl eigener Informationen zu diesem
Themenspektrum sollte der "rechten Verwilderung" im Netz Einhalt geboten
werden.
Zugleich wollten Ehrlich und Gall Kontakte zwischen Juden sowie zwischen
Juden und Nichtjuden fördern, eine Möglichkeit zum gegenseitigen
Kennenlernen und zum Austausch schaffen sowie auf einer möglichst breiten
Ebene mit Hilfe eigener und fremder Quellen den Wissensstand über das
traditionelle sowie das moderne Leben des Judentums verbessern.
Ein guter - wenngleich trauriger - Ansatzpunkt bot sich mit der Ermordung
des Premierministers Yitzhak Rabins am 4. November 1995, nach dem der Start
des Projektes erfolgte.
Nach knapp drei Jahren, 1998, stand das Angebot wegen finanzieller
Schwierigkeiten kurz vor dem Aus. Um die drohende Einstellung abzuwenden,
wurde am 23. August 1998 der "Förderverein haGalil" gegründet, um die
Arbeit auf privater Ebene besser zu unterstützen. Ferner bieten die
Betreiber seither gegen finanzielle Vergütung Online-Dienste und
Möglichkeiten im Bereich Web-Design an.
Ehrlich und Gall geben an, erst durch ihre "haGalil"-Tätigkeit schließlich
so viele Einblicke in "Strukturen und Strategien rechtsradikaler Agitation"
erhalten zu haben, daß sie auf diesen Bereich ihres Internetangebots fortan
ihren Schwerpunkt legten. Aktiv beteiligten sie sich deshalb am "Kampf
gegen Rechts", der in den Jahren 2000/2001 einen vorläufigen Höhepunkt
erreichte. Besonders stolz sind die Betreiber darauf, mit Hilfe eines
"Meldeformulares Rechtsextremismus" im Laufe des letzten Jahres fast
einhundert rechtsextremistische Straftaten im Internet erfolgreich zur
Anzeige gebracht zu haben.
Seit dem Krisenjahr 1998 ist jedoch nicht nur eine Konzentration von
"haGalil" auf dieses Thema festzustellen, sondern auch eine deutliche
Zunahme der Kontakte der Herausgeber in das linksextreme Milieu
offensichtlich. Seit Jahren sind Dall und Ehrlich Mitglieder der Initiative
"Tacheles reden - Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
e.V.". Zu den Kooperationspartnern von "Tacheles reden" zählt unter anderem
das Antifaschistische Pressearchiv, eine Initiative, die bereits 1985 in
Berlin-Kreuzberg ins Leben gerufen wurde. Ziel dieser "antifaschistischen"
Gruppe ist es, "langfristig gegen den rechten Mainstream in der
Gesellschaft anzuarbeiten".

Zu diesem Zweck erfolgt ebenso eine umfangreiche Dokumentationsarbeit über
das gesamte rechte, konservative und liberale Spektrum wie regelmäßige
Vortragsveranstaltungen an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.
Durch diese Kontakte richtete sich das Profil von "haGalil" immer an der
These eines "breiten rechten und antisemitischen Konsenses" in den
Gesellschaften Mittel- und Osteuropas aus. Dies hatte zur Folge, daß die
Quellenauswahl zunehmend einseitiger und hinsichtlich der Wahrnehmung
jüdischen Lebens in den behandelten Ländern selektiver wurde. Während die
Zahl der veröffentlichten Artikel aus bürgerlichen Medien immer mehr
abnahm, werden nunmehr fast täglich Beiträge aus der ehemaligen FDJ-Zeitung
Junge Welt, Jungle World, dem ehemaligen SED-Zentralorgan Neues
Deutschland, Blick nach Rechts sowie von Autoren des österreichischen
"Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes" (DÖW) in voller
Länge zitiert - ohne zu fragen, welchem Zweck diese Informationen
eigentlich dienen. Allem, was nicht mit einem ausgesprochen "linken"
Weltbild konform ist - die Korporationen, konservativen und liberalen
Verbände und Stammtische, Vertriebenenorganisationen - wird der Kampf
angesagt. Ausnahmen von dieser Regel stellen lediglich israelkritische
Äußerungen in Organen des linken Spektrums wie kürzlich während des
Irak-Krieges dar, die gleichfalls mit Argwohn verfolgt wurden.
Auch die historische Betrachtung jüdischer Persönlichkeiten bei "haGalil"
hat sich mittlerweile diesem Schema angepaßt: Während die zahlreichen
konservativen Vertreter des Judentums in Europa kaum noch erwähnt oder
gewürdigt werden, erfolgt eine Konzentration auf Kommunisten und
Sozialisten jüdischer Herkunft, deren Wirken nicht selten vollkommen
verklärt wird.

Konservative Juden werden kaum erwähnt
Ein konkretes Beispiel einer solchen Verzerrung, die kaum dazu geeignet
ist, Zeichen für einen konstruktiven Dialog zwischen Juden und Nichtjuden
zu setzen, war die kürzliche Behandlung des Themas "17. Juni 1953" bei
"haGalil". Anstatt ein breites Spektrum von kontroversen Stimmen aus der
Zeit der Ereignisse zu zitieren, wurde dem Nutzer lediglich ein Interview
mit einem Kommunisten jüdischen Glaubensbekenntnisses präsentiert, der
aufgrund seiner einseitigen politischen Einstellung natürlich nicht nur
wenig mit dem Aufstand verband, sondern seine Niederschlagung nachdrücklich
rechtfertigte. Im einzigen Aufsatz zum 50. Jahrestag des 17. Juni wurde das
Aufbegehren der mitteldeutschen Bevölkerung als allgemeiner Schock nicht
nur für die wieder in Deutschland lebenden Juden bezeichnet - eine
Einschätzung, die bis heute nichts an ihrem wahren Gehalt verloren habe.
Als seriöses Diskussionsforum zur Anbahnung von Kontakten zu Nichtjuden und
zwischen Juden untereinander sowie als Basis zur Bereitstellung breit
gefächerter Informationen über jüdisches Leben und den Staat Israel hat
"haGalil" sicherlich auch in Zukunft gute Entwicklungsmöglichkeiten.
Als bloßes Ausführungsorgan zur Etablierung von fragwürdigen und
einseitigen Meinungen sollte sich dagegen das größte jüdische Onlineforum
eigentlich zu schade sein. Mit seiner einseitigen Konzentration als Mittel
im "Kampf gegen Rechts" kann das Internetforum langfristig nur an
Glaubwürdigkeit verlieren.