Rechtsextremismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt schaden der Demokratie und gefährden den Zusammenhalt der Gesellschaft. Deshalb hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, gerade bei jungen Menschen die demokratische Kultur und das zivile Engagement zu stärken sowie Toleranz und Weltoffenheit zu fördern.
ENTIMON - gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus - bunt, spontan, engagiert - vielfältige Aktionen für Fairness, Achtung und Respekt.
Fr 07.05.20042001 initiierte die Bundesregierung das Aktionsprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus". Für zwei der drei Teilprogramme dieses Aktionsprogramms, "Entimon" und "Civitas", liegen nun die Zwischenberichte vor.
Nachdem bereits in den vergangenen Jahren in verschiedenen Zusammenhängen über die Ergebnisse in der Umsetzung des Aktionsprogramms berichtet wurde, soll anhand dieser Zwischenberichte über den erreichten Stand seit 2001 der durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend direkt verantworteten Teilprogramme "Entimon" und "Civitas" informiert werden.
So konnten seit 2001 3.400 Projekte, Initiativen und Maßnahmen gefördert werden, davon im Programm:
- Entimon: 2.200 Maßnahmen,
- Civitas: 1.200 Maßnahmen,
Dafür standen bisher im Programm:
- Entimon: 35,3 Mio. Euro
- Civitas: 25,1 Mio. Euro
zur Verfügung.
Bis 2006 werden von Seiten des Bundes nach heutigem Planungsstand 63,3 Mio.
Euro (Programm "Entimon") bzw. 41,1 Mio. Euro (Programm "Civitas"), zusammen
also 107,4 Mio. Euro zur Verfügung gestellt worden sein.
Die Berichte geben einen kurzgefassten Überblick über die wesentlichsten statistischen Ergebnisse seit 2001 und spiegeln den Stand der Arbeiten der wissenschaftlichen Begleitungen der beiden Programme "Entimon" und "Civitas" wider.
Zwischenbericht "Entimon" / Zwischenbericht "Civitas"
ENTIMON fördert Maßnahmen
zur Stärkung von Demokratie und Toleranz und zur Prävention und Bekämpfung von
Rechtsextremismus und Gewalt. Im Mittelpunkt steht die Einübung von Toleranz
durch die Entwicklung und Stärkung der Fähigkeit, Offenheit für Fremde und die
Vielfalt kultureller, ethnischer und religiöser Überzeugungen und Lebensformen
zu verbinden mit dem Eintreten für die Verfassung und für Menschenrechte.
Ein weiteres Ziel ist die Förderung der Bereitschaft, sich gegen
Antisemitismus zu wenden und
Minderheiten zu schützen. Dazu gehört auch die aktive Förderung einer
demokratischen Kultur, die von Zivilcourage und der Bereitschaft, sich für
Aufgaben des Gemeinwesens zu engagieren sowie Interessengegensätze und Konflikte
demokratisch zu bewältigen, getragen wird.
»ENTIMON fördert Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Toleranz und zur Prävention und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt.«
Im Mittelpunkt steht die Einübung von Toleranz
durch die Entwicklung und Stärkung der Fähigkeit, Offenheit für Fremde und die
Vielfalt kultureller, ethnischer und religiöser Überzeugungen und Lebensformen
zu verbinden mit dem Eintreten für die Verfassung und für Menschenrechte.
Dies beinhaltet auch die Unterstützung der Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund in die Gesellschaft.
Ein weiteres Ziel von ENTIMON ist die Förderung der Bereitschaft, sich gegen
Gewalt, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu wenden und
Minderheiten zu schützen. Dazu gehört auch die aktive Förderung einer
demokratischen Kultur, die von Zivilcourage und der Bereitschaft, sich für
Aufgaben des Gemeinwesens zu engagieren sowie Interessengegensätze und Konflikte
demokratisch zu bewältigen, getragen wird.
Ein weiteres zentrales Element von ENTIMON ist die Vermittlung einer
verlässlichen politischen Grundbildung.
Für ENTIMON standen im Jahr 2003 erneut 10 Mio. Euro zur Verfügung.
Weitere Informationen zu ENTIMON:
www.entimon.de
Servicestelle entimon
gsub – Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung mbH
Oranienburger Straße 65
10117 Berlin
Tel: 030/ 28409-0
Fax: 030/ 28409-210
Die Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt als dritter Teil im Aktionsprogramm legt den Schwerpunkt auf die Förderung der politischen Bildung, die in der Fachdiskussion als wichtiges Instrument zur Prävention und Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit anerkannt ist. Im Rahmen der im KJP formulierten politischen Bildung werden im Besonderen Projekte gefördert, die „Informationsveranstaltungen gegen Rechts“, „Maßnahmen zur Unterstützung der (außerschulischen) Jugendbildungsarbeit“ und „Maßnahmen zur Initiierung von kommunalem Engagement“ fördern, aufbauen oder weiterentwickeln.
Ergänzt wird dieser Programmteil durch die „Lokalen Aktionspläne“ zur Förderung von Strategien und Maßnahmen vor Ort, die auf eine nachhaltige Auseinandersetzung mit den Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zielen. Die Mittel wurden an die Jugendämter ausgewählter Standorte des Programms „Entwicklung & Chancen junger Menschen“ (E&C) ausgegeben, um von dort aus Netzwerke und Kooperationstrategien vor Ort zu initiieren.
Durch das thematische Auffächern des
Problemkomplexes Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt im Sinne einer zielgerichteten
und
zeitgemäßen Entwicklung von Präventions- und Bekämpfungsstrategien soll es
mittels
dieser drei Programmteile gelingen:
• eine breit gefächerte Zielgruppe anzusprechen (Haupt- und BerufsschülerInnen, engagierte Jugendliche, gefährdete und rechtsorientierte Jugendliche,
MultiplikatorInnen wie LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, Eltern,
VerwaltungsmitarbeiterInnen
und MitarbeiterInnen im Amt, Akteure im Gemeinwesen,
Opfer rechter Gewalt, ArbeitnehmerInnen, MigrantInnen etc.).
• eine Vielzahl von Maßnahmeformen und methodischen Ansätzen zu entwickeln
oder bestehende Konzeptionen weiterzuentwickeln.
• Netzwerke und Kooperationen zu fordern und zu fördern.
• innovative Ansätze, die aus der sonstigen kommunalen Jugendförderung nicht
finanzierbar wären, zu entwickeln und auf ihre Praxistauglichkeit hin zu testen.
• interdisziplinäre Arbeitsansätze bei der Entwicklung von Strategien zur
Förderung
von Demokratie und Toleranz voran zu bringen, die rechtsextreme Entwicklungen
und Phänomene im Kontext gesamtgesellschaftlicher Fragestellungen
verorten und bearbeiten.
• die Bereiche Arbeit, Freizeit und Bildung
gleichermaßen abzudecken.
Die drei Programmteile sind somit sowohl in ihrer Zielsetzung als auch in ihrer konzeptionellen Anlage unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz“ nicht voneinander zu trennen, obwohl jedes Teilprogramm für sich einen eigenständigen und konzeptionell schlüssigen Arbeitsansatz darstellt. Aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitung wäre ein wesentlich intensiverer Austausch über die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse dieser Teilprogramme nicht nur wünschenswert, sondern im Sinne einer Verstetigung gelungener Ansätze im direkten Austausch mit den PraktikerInnen vor Ort absolut notwendig und förderungswürdig.
2. Das Teilprogramm „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ – Konzeption, Zielsetzung und Ausstattung
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat im
Rahmen des Aktionsprogramms „Jugend für Demokratie und Toleranz – gegen
Rechtsextremismus und Gewalt“ für das Jahr 2001 einmalig Mittel in Höhe von
30 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Eingestellt wurden diese Mittel in den
Kinderund
Jugendplan (KJP) unter der Position 1.2 „Politische Bildung“, da das
Teilprogramm
die Förderung der Politischen Bildung als Schwerpunkt bei der Prävention
und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt anstrebt.
Das Teilprogramm setzt im Sinne der Stärkung der demokratischen Kultur bei
jungen
Menschen an drei verschiedenen Maßnahmenbereichen an:
• Maßnahmen mit öffentlicher (medialer) Breitenwirkung
Im Kern ist hier an die breite Initiierung einer Vielzahl von Events (z. B.
Aktionstage,
Rock gegen Rechts etc.) vor Ort gedacht, die durch eine entsprechende
medienwirksame Öffentlichkeitsarbeit begleitet wird.
• Maßnahmen zur Unterstützung der Jugendbildungsarbeit
Gemeinsam mit den Partnern (der Bundeszentrale für politische Bildung
(BpB), den Ländern und den bundeszentralen und kommunalen Trägern der
Bildungsarbeit) soll innerhalb dieses Maßnahmenbereichs das gesamte
Spektrum der politischen Jugendbildungsarbeit erreicht werden. Sowohl die
Qualifizierung von MultiplikatorInnen der öffentlichen und freien Jugendhilfe
sowie Kooperationsprojekte mit Schulen, die Entwicklung von Arbeitshilfen für
die pädagogische Praxis, Veranstaltungen zur Förderung von Medienkompetenz
in medienpädagogischen Angeboten, Jugendaustauschmaßnahmen
wie auch der Erfahrungsaustausch über verschiedene Arbeitsmodelle und
pädagogische Ansätze sollen unter diesem Punkt entwickelt und gefördert
werden.
• Maßnahmen zur Initiierung von (kommunalem) Engagement
In diesem Bereich liegt der Schwerpunkt auf der Implementierung lokaler
Aktionspläne
und lokaler Partnerschaften gegen Rechtsextremismus, Gewalt
und Fremdenhass. Ziel ist die Stärkung örtlicher Netzwerke, konkret die
Vernetzung
bestehender Angebote unter Einbeziehung der Jugendhilfe, Kirche,
Schule, Polizei, Justiz, Arbeitsverwaltung und der Wirtschaft. Dieser
Maßnahmenbereich
hat eine direkte Anbindung an die Kommunen, die im Rahmen
der Programme „Soziale Stadt“ und „Entwicklung & Chancen junger
Menschen“ eingebunden sind.
Die Zielgruppen, die mit dem Teilprogramm erreicht und insbesondere im Sinne von Beteiligungsprozessen unmittelbar einbezogen werden sollen, sind:
• Kinder
• SchülerInnen, insbesondere Haupt- und BerufsschülerInnen
• (männliche) rechtsorientierte und/oder gefährdete Jugendliche, vor allem im
Zusammenhang mit Jugendbildungsmaßnahmen
• Jugendliche mit zivilgesellschaftlichem Engagement
• lokale Akteure im Gemeinwesen
• MultiplikatorInnen
Die zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 30 Millionen DM für 2001, die vorrangig zur Aktivierung und Unterstützung von Maßnahmen vor Ort verwendet werden sollen, sind zum Teil über die Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (gsub), die als Servicestelle für die Bundesmittelvergabe dient, sowie - nach dem Königsteiner Schlüssel - über die Landesministerien vergeben worden.
Die Aufteilung der Mittel erfolgte nach den Schwerpunkten:
• Umsetzung des Teilprogramms in den Ländern und Kommunen
- rd. 14,9 Millionen DM -
• Implementierung der Lokalen Aktionspläne im Rahmen der Plattform „Entwicklung
und Chancen junger Menschen in Stadtteilen und Landkreisen mit
besonderem Entwicklungsbedarf (E&C-Programm)“
- rd. 3,5 Millionen DM -
• Umsetzung der Maßnahmen der Jugendbildung durch die bundeszentralen
Träger der Jugendbildung (BpB, GEMINI, AdB, kirchliche Bildungsträger etc. )
sowie Förderung von Trägern mit zentralen Integrationsaufgaben
- rd. 7,7 Millionen DM -
• Umsetzung von modellhaften, bundeszentral bedeutsamen Maßnahmen durch
das BMFSFJ
- rd. 3,9 Millionen DM
2.1 Politische Bildung im Kontext der Prävention und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt
Der Schwerpunkt des Programmteils „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ liegt auf der Förderung der politischen Bildung. Diese soll, wie es im Kinder und Jugendplan (KJP) des Bundes unter II. Punkt 1 (Gemeinsames Ministerialblatt, 52. Jahrgang, Berlin 10.01.2001) formuliert ist, jungen Menschen Kenntnisse über Gesellschaft und Staat, europäische und internationale Politik sowie die politisch und sozial bedeutsamen Entwicklungen in Kultur, Wirtschaft, Technik und Wissenschaft vermitteln. Darüber hinaus hat sie die Aufgabe, die eigene Urteilsbildung zu gesellschaftlichen Vorgängen und Konflikten zu ermöglichen, zur Verantwortung gegenüber sich selbst, der Gesellschaft und den Mitmenschen zu befähigen sowie zur Mitwirkung an der Gestaltung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschafts- und Staatsordnung anzuregen.
Die politische Bildung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der kulturellen Bildung, wie sie im KJP (II Punkt 2.) formuliert ist. Damit wird deutlich, dass der politischen Bildung eine wesentliche Rolle bei der Prävention und Bekämpfung rechtsextremer und fremdenfeindlicher Entwicklungen und Erscheinungen zukommt.
Diese „Neuorientierung“ in Bezug auf Chancen und Grenzen politischer Bildung im Kontext des Themenfeldes Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt und die damit verbundene Suche nach zeitgemäßen, partizipativen und realitätsbezogenen didaktischen und methodischen Ansätzen verdeutlicht gleichzeitig die bedauerliche und regressive Vernachlässigung dieser wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe zumindest in den 90er-Jahren.
So galt es in der wissenschaftlich-öffentlichen Debatte spätestens seit dem von Heitmeyer in seiner Studie von 1987 formulierten Verdikt1 als weithin bestätigt, dass die Bemühungen einer aufklärenden politischen Bildung angesichts des aktuellen Rechtsextremismus ins Leere laufen müssen. Gemessen an dem insbesondere durch die Politik formulierten Wunsch, die politische Bildung könne als „gesellschaftspolitische Feuerwehr“, sozusagen als „Umerziehungsmaßnahme mit Sofortwirkung“ direkt Einfluss auf Gewaltbereitschaft und Rechtsorientierung nehmen, ist diese Einschätzung auch angemessen. Denn eine politische Bildung, die sich im Kontext des Problemfeldes als demokratie- und toleranzfördernd versteht, ist als schulische wie auch als außerschulische politische Bildungsarbeit auf mittel- und langfristige Prozesse angewiesen.
Dies wird vor allem auch dort deutlich, wo sie
kooperativ
und partizipativ im Kontext sozialer und gemeinwesenorientierter (Jugend-)
Arbeit stattfinden soll. Diese Form von Netzwerken oder interdisziplinären
Arbeitsansätzen,
die in Deutschland noch kaum vorhanden sind, gilt es zu fördern, damit die
Themen Rechtsextremismus, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Vorurteile und
Antisemitismus
über aktuelle Anlässe und Sonderprogramme hinaus zentrale Themen der
politischen Bildung werden. Dabei sollte es aus Sicht der wissenschaftlichen
Begleitung
immer um mehrere Dimensionen gehen:
• Herausarbeiten der politischen Strukturen und
Strategien des organisierten
Rechtsextremismus
• Analyse des Entstehens fremdenfeindlicher, autoritärer Handlungs- und
Orientierungsmuster
in der Mitte der Gesellschaft
• Wirkungen und Funktionen von Vorurteilen
• Untersuchung von öffentlich-politischen Diskursen der Ausgrenzung
• Migrationspolitik
• Erinnern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und deren Verbrechen
sowie Wirken gegen die Leugnung des Holocaust
• Analyse der Agitations- und Propagandaarbeit in jugendlichen Szenen, vor
allem der rechten Musik- und Skinheadszene
Das Teilprogramm „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ hat mit seiner klaren Ausrichtung auf die Förderung dieses immens wichtigen Bereichs einen ersten richtigen Schritt getan, indem die zur Prävention und Bekämpfung des Rechtsextremismus unabdingbare (außerschulische) Jugendbildung wieder eine ihr angemessenere Rolle in den Strategien zur Förderung von Demokratie und Toleranz zugewiesen bekommen hat. Diese Diskussion hat nicht zuletzt seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 – gerade auch bezüglich der Auseinandersetzung um Wertesysteme, Kulturen und Religionen – eine nicht mehr von der Hand zu weisende enorme Aktualität bekommen.
DJI - Datenbank
Die Datenbank ENTIMON stellt somit einen Infopool für Fachkräfte in der Praxis sowie für Politik und Verwaltung dar. Im Rahmen des Berichts zur wissenschaftlichen Begleitung der „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“
http://213.133.108.158/cgi-bin/db/dbrecout.php?db=4&dbsuche=4&tabelle=db_stamm&rowid=1302
Kurzbeschreibung des Projekts:
Seit 1995 ist es hagalil online gelungen, die Dominanz nazistischer Propaganda
im Internet im Bereich des
ANTISEMITISMUS zurückzudrängen. Das Projekt hat deshalb zum Ziel, die
redaktionelle Arbeit von hagalil online weiter auszubauen und zu sichern. Die
Informationen zu jüdischem Leben, jüdischer Kultur und Geschichte sowie – vor
dem Hintergrund zunehmender antisemitischer/antizionistischer Tendenzen im
Diskurs darüber – zum Nahost-Konflikt werden im Rahmen der Projektarbeit dort
verbreitert. Authentische Informations- und Aufklärungsangebote, Ansprechbarkeit
in Kommunikationsplattformen und die Bereitstellung des Meldeformulars gegen
nazistische Propaganda im Internet sind die Strategien des Projekts.
Kurzbeschreibung des Projekts:
Kurzbeschreibung:
Online-Informationen und Bildungsangebote zu jüdischem Leben, jüdischer Kultur,
Geschichte und Religion, gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremsmus in
Deutschland; juristische Unterstützung gegen Rechtsextremismus im Internet
Projektziele:
- Verbreitung der redaktionellen Tätigkeit in den Themenbereichen Judentum in
Geschichte und Gegenwart, Shoa und Nahostkonflikt vor dem Hintergrund
zunehmender antisemitischer Tendenzen
- Ausbau von "klick nach rechts"
- Ausbau des Meldeformulars gegen rechtsextreme Propaganda im Internet
- zentrale Beantwortung von E-mail-Anfragen von Jugendlichen und
MultiplikatorInnen, Beginn einer Systematisierung
- Beginn der Implementierung neuer Rechercheoptionen in ein neues Suchsystem
Informationsmaterial:
Die Internetseiten www.tacheles-reden.de und www.hagalil.com
Zedaka
Kurzbeschreibung des Projekts:
Kurzbeschreibung:
Produktion von 2 Filmen sowie einer DVD über den Begriff der ZEDAKAH in der
jüdischen Religion und Tradition, einer Säule des Judentums. Zedakah bedeutet
Wohltätigkeit. Die Filme und die DVD sollen über diesen Begriff aufklären und so
Einblick gewähren in jüdisches Denken und jüdisches Gemeinwesen. Im Mittelpunkt
stehen die jüdische Gemeinschaften und die sozialen Aktivitäten der
Zentralwohlfahrtsstelle.
Projektziele:
- Abbau von Vorurteilen und Antisemitismus durch Aufklärung und Information
- Förderung von Offenheit und Toleranz gegenüber den jüdischen Gemeinschaften in
Deutschland
- Förderung von demokratischem Zusammenleben
- Einsetzen für den Schutz von Minderheiten und MigrantInnen
http://213.133.108.158/cgi-bin/db/dbrecout.php?db=4&dbsuche=4&tabelle=db_stamm&rowid=3324
Ulrich Brüggemann
Deutsches Jugendinstitut
Regionale Arbeitsstelle Halle
Franckeplatz 1, Haus 12/13, 06110 Halle
E-Mail:
ulrich.brueggemann@dji.de
p15
Folgende „Projekttypen“ wurden im Rahmen des
Maßnahmenprogramms umgesetzt:
1. Aktionstage / Projekte mit direkter öffentlicher Wirkung
Unter diesen Bereich fallen öffentlichkeits- bzw. medienwirksam umgesetzte
Aktionen
und Kampagne, wie z. B. Radtouren mit Informationsständen, Sternfahrten,
Rockkonzerte, Festivals und andere Kulturevents wie beispielsweise „Rock gegen
Rechts“.
2. Projekte zum Aufbau von Netzwerken
Dieser Projekttyp umfasst den Aufbau von längerfristig verankerten
Informations-,
Austausch-, Beratungs- und Kooperationsstrukturen zur Initiierung eines aktiven
Dialogs sowie den Aufbau von Projekten vor Ort, wie z. B. Runde Tische,
Arbeitsgruppen,
Internetnetzwerke und der Aufbau von Experten- und Ideenpools.
3. Diskussions- / Informationsveranstaltungen
Hierzu zählen Foren zur Information über bestimmte Themen, zur Diskussion und
zum gegenseitigem Austausch, wie z. B. Vorträge, Filmvorführungen, Elternabende
und -informationstage.
4. Lokale Aktionspläne
Dieser Bereich umfasst die Erarbeitung von Aktionsplänen zur Förderung von
Konzepten
und Strategien vor Ort, die auf eine gemeinwesenorientierte, nachhaltige
Auseinandersetzung mit den Themen Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus zielen (vgl. Kapitel 1, S. 3).
5. Projekte der internationalen Jugendbegegnung
Darunter subsumieren sich internationale, grenzüberschreitende Begegnungen, wie
z. B. Workcamps, internationale Studienfahrten und Jugendpartnerschaften oder
internationale
Sommerschulen.
6. Projekte der nationalen Jugendbegegnung zwischen Ost und West
Hier handelt es sich um Jugendbegegnungsveranstaltungen mit Jugendlichen aus
Ost- und Westdeutschland.
7. Medienproduktionen / Ausstellungen
Der Schwerpunkt liegt hier auf der Produktion von Videos, Filmen, CDs oder der
Erarbeitung
von Ausstellungen etc. mit dem Ziel ihrer breiten Dissemination.
16
8. Projekte zur Qualifizierung und Fortbildung; Fachtagungen und Kongresse
Dazu zählen Weiterbildungsmaßnahmen zur Qualifizierung und Beratung von
MultiplikatorInnen
(MitarbeiterInnen der Jugend- und Familienhilfe, LehrerInnen etc.),
themenspezifische Fachveranstaltungen sowie Fortbildungsreihen, -seminare und -
studien zur Didaktik der politischen Bildung, Konfliktmanagement etc.
9. Workshops / Workcamps / Seminare mit Jugendlichen
Dieser Projekttyp umfasst Veranstaltungen mit der Zielgruppe Kinder und
Jugendliche,
wie u.a. Projekttage, Seminare, Workshops und Wettbewerbe in Schulen,
Jugendzentren und Freizeiteinrichtungen.
Folgende methodischen Ansätze wurden in der Arbeit der Projekte umgesetzt:
1. Ansätze zur gewaltfreien Konfliktlösung
Hierzu gehören Anti-Gewalt-, Anti-Aggressions- und Anti-Rassismus-Trainings,
Trainings
zu Zivilcourage, Sozialkompetenztrainings, (Peer-)Mediation sowie
Konfliktlotsen-
und Streitschlichterausbildungen.
Bsp.: Durchführung des „Cool sein – Cool Bleiben“-Trainings des Frankfurter
Kinderbüros zur Erhöhung der Handlungskompetenz von Jugendlichen in Gewaltund
Bedrohungssituationen durch die Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. in Trier.
2. Bildungsorientierte Ansätze
Der Schwerpunkt dieser informations- und diskussionsorientierten Ansätze liegt
auf
der Vermittlung von kognitiven Inhalten (Wissen, Informationen).
3. Erlebnispädagogische Ansätze
Die erlebnispädagogischen Ansätze konzentrieren sich auf die Schaffung
sozialräumlicher
Arrangements, die gruppendynamisch hochaufgeladen und erfahrungsorientiert
sind. Im Zentrum stehen Erfahrungen eigener Körperlichkeit und der
gemeinsame Umgang mit Grenzsituationen, die bei Abenteuerreisen und
sportpädagogischen
Projekten wie Klettern und Segeln entstehen.
Bsp.: Die durch den Landesjugendring und den Landesmedienverband Mecklenburg-
Vorpommern durchgeführten vier Segeltouren „Baltic Youth Cruise for peace and
tolerance in the baltic sea region“.
4. Gemeinwesenorientierter Ansatz
Darunter wird ein stadtteilbezogener und generationsübergreifender Ansatz
verstanden,
der integrations- und identifikationsfördernd wirken soll.
Dieser methodische Ansatz trat zumeist in Verbindung mit dem Projekttyp „Lokaler
Aktionsplan“ auf.
5. Geschichtsorientierte Ansätze
Im Bereich diesen Ansatzes wurden Besuche von Gedenkstätten, Gespräche und
Diskussionen mit Zeitzeugen, Biografieforschung, zeitgeschichtliche
Studienprogramme
und -fahrten zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und dem Holocaust
verwirklicht.
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Bsp.: Workcamp auf dem Gelände des ehemaligen Frauenkonzentrationslagers
Ravensbrück (Träger: Stiftung brandenburgische Gedenkstätten) mit Erstellung von
Dokumentationen zum Gelände und zur Geschichte der inhaftierten Frauen.
6. Geschlechtsspezifische Ansätze
Diese streben Jungen- und Mädchenarbeit mit dem Ziel der Auseinandersetzung mit
der eigenen Geschlechterrolle und der Auseinandersetzung mit dem Thema „Gewalt
und Männlichkeit“ sowie mädchenstärkende und -fördernde Angebote an.
Bsp.: Durch den Mädchentreff Bielefeld e.V. durchgeführtes Projekt „Girls act“
mit vor
geschlechterspezifischem Hintergrund durchgeführten Workshops und Seminaren
zum Thema „Rassismus“.
7. Interkulturelle Ansatz
Dieser Ansatz wird vorwiegend über Begegnungsveranstaltungen zwischen
MigrantInnen
und Deutschen, Annäherungen an andere Kulturräume mit dem Ziel des
gegenseitigen Kennenlernens, des Austauschs und der Initiierung interkultureller
Lernprozesse realisiert.
Bsp.: Der durch die Otto Benecke Stiftung und den Caritasverband für das Bistum
Magdeburg durchgeführte Wettbewerb „Magdeburg goes Vietnam“.
8. Kulturpädagogische Ansätze
Hierzu zählen Erarbeitungen von Theaterstücken sowie Musikproduktionen und
Konzerte,
Literaturprojekte, Ausstellungen und Sportprojekte zum Thema „Toleranz und
Demokratie“.
Bsp.: Erarbeitung des Theaterstücks „Asyltheater-Theaterasyl“ in Zusammenarbeit
von Jugendlichen und Flüchtlingen (Träger: Landesvereinigung kulturelle Bildung
Sachsen-Anhalt e.V.)
9. Medienpädagogische Ansätze
Beispiele für medienpädagogische Maßnahmen stellen u. a. Internetprojekte sowie
Film- ,Video- und CD-Produktionen dar. Neben der medienpädagogischen
Annäherung an das Thema „Rechtsextremismus und Gewalt“ geht es um die
gleichzeitige
Vermittlung von Medienkompetenz.
Bsp.: Produktion eines Videos in Fortführung des Films „Die Welle“ durch den
Landesfilmdienst Sachsen in Zusammenarbeit mit Jugendlichen.
10. Partizipationsorientierte Ansätze
Hierbei geht es um den Aufbau partizipatorischer Strukturen bzw. um Projekte mit
einem hohen Grad an Eigenorganisation und Entscheidungskompetenz der
TeilnehmerInnen,
wie u.a. Kinder- und Jugendparlamente, Jugendkonferenzen und andere
Beteiligungsprojekte zur Stärkung des Kontakts mit PolitikerInnen sowie durch
Kinder
und Jugendliche selbst organisierte und durchgeführte Projekte.
Bsp. Die „Kinder-machen-mit-Konferenz“ ( Kimamiko) der Katholischen Jungen
Gemeinde (KJG).
Das Kriterium der „good-practice-Qualität“
bemaß sich an einer
ausgearbeiteten Konzeption, der Begründung der Methode und Maßnahmeform vor
dem Hintergrund der lokalen Gegebenheiten, einer gelungenen Einbindung der
Zielgruppe sowie angemessenen bzw. innovativen Herangehensweisen und
Methoden.
Zu unterscheiden waren auf die Art der Maßnahme („Projekttyp“) bezogene
„strukturelle Qualitäten“ (z.B. eine gelungene Kombination verschiedener
Projekttypen)
und „methodische Qualitäten“ (z.B. Weiterentwicklung einer Methode
innerhalb eines Projektansatzes).
Ein Beispiel für „strukturelle Qualitäten“ findet sich in der
Veranstaltungsreihe „Das
Politische Café“ der Lea Rosh Kommunikation und Medien GmbH.
In Reaktion auf rechtsextreme Vorfälle in den jeweiligen Städten wurden hier
15 öffentliche Veranstaltungen in Rostock, Guben, Magdeburg, Frankfurt/Oder,
Cottbus,
Hoyerswerda, Potsdam, Rathenow, Wurzen, Eisenach und Berlin
(fünf Veranstaltungen) durchgeführt.
Die Veranstaltungen wurden u.a. als „good practice“- Beispiel für den
Projekttypus
„Diskussions- und Informationsveranstaltungen“ ausgewählt, da das „Politische
Café“ im Gegensatz zu anderen – zumeist einmaligen - Diskussionsveranstaltungen
an den jeweiligen Standorten wiederholt werden soll, um gezielt Entwicklungen
und
Veränderungsprozesse in bestimmten Städten nachzuvollziehen und zu diskutieren.
Auffällig ist weiterhin, das nur wenige Projekte gezielt bzw. vor dem Hintergrund zielgruppenspezifischer Konzeptionen Haupt- oder BerufsschülerInnen ansprachen. Auch dieses Ergebnis spiegelt die bekannte Problematik wider, dass politische Bildung hauptsächlich den Personenkreis erreicht, der sozialisationsbedingt ohnehin ein Interesse an ihr zeigt.
Auf Grund der bisher vorliegenden Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem
Maßnahmenprogramm und der notwendigen gesellschaftspolitischen Wahrnehmung,
dass die Ausbreitung von antidemokratischen Tendenzen, die Zunahme von
Rassismus und intoleranten Verhaltensweisen einhergehend mit einer hohen
Gewaltbereitschaft nach wie vor eine enorme Herausforderung für die Demokratie
bedeuten, ist weiterhin auf allen gesellschaftlichen Ebenen eine gemeinsame und
entschlossene Gegenwehr im Sinne demokratischen Handelns unabdingbar.
Die Auswertung des Programms „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und
Gewalt“ zeigte neben der in vielen Bereichen gelungenen Umsetzung der
Förderschwerpunkte auch Defizite der politischen Bildung auf. Dies betrifft vor
allem
die Entwicklung von Projekten zur Arbeit mit auffälligen, rechtsorientierten
und/oder
gewaltbereiten männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen (hier ist
insbesondere die Jungenarbeit gefordert), Projekte mit der Zielgruppe
„HauptschülerInnen“ bzw. der Zielgruppe „BerufsschülerInnen“.
Auch im Bereich der Projekte mit interkulturellen Arbeitsansätzen sind große konzeptionelle Unsicherheiten deutlich geworden. Darüber hinaus offenbarte die Auswertung des Programms eine sehr unterschiedliche Auffassung und Umsetzung von Beteiligungsprozessen (Partizipation) in den einzelnen Projekten. Eine weitere Forderung aus der Auswertung des Programms an ein Folgeprogramm ist die Förderung von (interdisziplinären) Netzwerken und Kooperationen zur Bearbeitung der aufgetretenen Fragestellungen.
Die Bundesregierung hat daher beschlossen, im Rahmen des Aktionsprogramms „Jugend für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ den Programmteil „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ ab 2002 unter dem neuen Namen „Entimon – gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ fortzuführen und weiterzuentwickeln. Dafür stehen im Jahr 2002 Mittel in Höhe von 10 Mio. € zur Verfügung.
Aufgabe des Programms ist auch 2002 die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung
von Demokratie und Toleranz sowie die Prävention und Bekämpfung von
Rechtsextremismus und Gewalt. Einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung dieser
Aufgabe, soll wie auch 2001, die politische Bildung leisten.
Für 2002 werden drei zentrale Förderschwerpunkte zur praktischen Umsetzung
dieses Programmteils benannt:
• Lokale Netzwerke: Projekte mit einer Konzeption zur Vernetzung verschiedener
Akteure der Jugendbildung und Jugendhilfe auf lokaler Ebene zur wirkungsvollen
und nachhaltigen Auseinandersetzung mit sozialer und kultureller Ausgrenzung.
• Interkulturelles Lernen: Projekte, die sich um die Förderung und Unterstützung
des interkulturellen Dialogs sowie der „Toleranz der Religionen“ im Kontext von
Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Stigmatisierung bemühen.
3 „Entimon“ für altgriechisch „Respekt“, „Würde“.
• Politische Bildungsarbeit: Projekte mit Konzeptionen, die im Kontext rechtsextremer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Herausforderungen die Entwicklung von zeitgemäßen und praxisorientierten pädagogischen Arbeitshilfen umsetzen. Der Schwerpunkt liegt hier auf einer geschlechterbewussten Bildungsarbeit mit dem Augenmerk auf der Zielgruppe der HauptschülerInnen bzw. der BerufsschülerInnen und den rechtsorientierten und/oder gefährdeten männlichen Jugendlichen. Es werden inbesondere Projekte gefördert, die diese Arbeitshilfen in direkter Partizipation und Kooperation mit Projekten der Sozialarbeit entwickeln; dass heißt auch hier sind interdisziplinäre Netzwerke eingefordert. Darüber hinaus sind der Bereich der Qualifizierung von Multiplikatoren und Multiplikatorinnen und der Bereich der medienpädagogischen Arbeit Inhalt dieses Schwerpunktes.
Zur Begutachtung der Projektförderanträge wurde ein Programmbeirat eingerichtet, der sich aus Vertretern und Vertreterinnen von Wissenschaft, Politik und Jugendhilfe zusammensetzt.
Vor dem genannten Hintergrund hat das mit der wissenschaftlichen Begleitung von „Entimon“ beauftragte Deutsche Jugendinstitut folgende Aufgaben in das Zentrum der wissenschaftlichen Begleitung gestellt:
• Einrichtung und Fortschreibung einer Übersicht aller Projekte und Aktivitäten
des
Programms „Entimon – gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ im
Rahmen des Aktionsprogramms.
• Projektbesuche und fachliche Analyse von ausgewählten Projekten hinsichtlich
ihrer Voraussetzungen, konzeptionellen und methodischen Grundlagen,
erreichten Zielgruppen, entwickelten Netzwerke und ihren Ergebnissen sowie
Erfahrungen.
• Beratung und Begleitung der Sitzungen des Programmbeirates sowie der
Abschlusstagung des Programmbeirates.
• Vorbereitung, Organisation, Durchführung und Dokumentation von Fachtagungen
bzw. Fachseminaren zu programmspezifischen Fragestellungen4.
• Kooperation mit der wissenschaftlichen Begleitung des Programmteils „CIVITAS“
im Aktionsprogramm.
• Erstellung von Berichten über Ergebnisse und Erkenntnisse der
Programmumsetzung
für den Deutschen Bundestag und das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
• Inhaltliche Unterstützung der „entimon“-Servicestelle der gsub bei der
Gestaltung
der Programm-Homepage5.
• Nachhaltigkeit 2001: Was ist aus den Projekten im Rahmen des Programmteils
„Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ geworden? Hierzu führt
das DJI eine stichprobenartige Fragebogenumfrage unter den in 2001
geförderten Projekten durch.
Jugendschutz Net
Träger des Projekts ist die Zentralstelle der
Länder für Jugendschutz in Mediendiensten,
Jugendschutz Net. Aufgabe von Jugendschutz Net ist es, Jugendschutz in
dem komplexen Umfeld „Neue Medien“ praktikabel zu machen und
jugendschutzrelevante
Inhalte im Internet und anderen Mediendiensten aufzuspüren, gegebenenfalls
das nach dem Mediendienste-Staatsvertrag zuständige Land zu informieren
sowie die entsprechenden Anbieter zu bewegen, die jeweiligen Inhalte zu
ändern oder aus dem Internet bzw. anderen Mediendiensten herauszunehmen.
Neben der Dokumentation rechtsextremer und/oder jugendgefährdender Inhalte, der
Prüfung technischer Möglichkeiten der Verhinderung jugendgefährdender Schriften
im Internet und der intensiven Diskussion mit Providern bezüglich deren
Mitwirkungspflichten
beim Jugendschutz verfolgt Jugendschutz Net einen weiteren Strang
in der Auseinandersetzung mit jugendgefährdenden Inhalten im Netz:
Das Modellprojekt setzt auf die Auseinandersetzung mit Jugendlichen, auf die
Förderung
von Medienkompetenz und die Qualifizierung von MultiplikatorInnen im Umgang
mit dem Internet.
In Verbindung mit der Planung und Durchführung
des Projekts „Rechtsextremismus
im Internet“ im Rahmen des Programms „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus
und Gewalt“ hat Jugendschutz Net Kontakte zu den Landeszentralen der politischen
Bildung, zum Jugendamt Frankfurt/Main sowie den damit verbundenen
Jugendeinrichtungen
geknüpft. Auf verschiedenen Treffen wurde die Arbeit von medienpädagogischen
Projekten mit Jugendlichen vorgestellt und erste gemeinsame
Veranstaltungen geplant. Ein weiterer Baustein des Projekts beschäftigt sich mit
der
Entwicklung von Arbeitshilfen zum Thema; bereits entwickelt wurde die CD
„Rechtsextremismus im Internet – Recherchen, Analysen, pädagogische Modelle zur
Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus“ für MultiplikatorInnen und
pädagogische Fachkräfte der schulischen und außerschulischen politischen
Bildungsarbeit.
http://fesportal.fes.de/pls/portal30/docs/FOLDER/BUERGERGESELLSCHAFT/044-Buergernetzwerke.pdf
Roland Roth: Bürgernetzwerke gegen Rechts
Thesen, Perspektiven und Empfehlungen
1. Dass der „Aufstand der Anständigen“ vom Sommer 2000 – neben vielen durchaus problematischen repressiven Strategien – zu einer Fülle von zivilgesellschaftlich orientierten Programmen mit beachtlichem Mittelaufwand geführt hat, ist zunächst positiv zu bewerten. Der Anerkennungseffekt, der von solchen programmgestützten Thematisierungen ausgeht, war bis in „die Provinz“ zu spüren. Kaum ein Bürgermeister oder ein(e) Schulleiter(in) konnte sich dem Thema entziehen. Mit einem allmählichen Auslaufen der Programme ist die Gefahr verbunden, dass die alten Mechanismen der Verdrängung und Verleugnung wieder greifen oder sich gar die Illusion breit macht, als habe man mit den abgeschlossenen Programmen erfolgreich Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ausgetrocknet. Der Anerkennungseffekt ist zudem weitgehend unabhängig von der Qualität und der Wirksamkeit der Maßnahmen.
2. Die zivilgesellschaftliche Orientierung der Programme, d.h., dass Rechtsextremismus eher als Problem der politischen Kultur und nicht auf der Ebene des abweichenden Verhaltens in einer bestimmten Lebensphase („gewaltbereite Jugendliche“) betrachtet wird, stellt eine programmatische Weiterentwicklung dar, die Anschluss zur wissenschaftlichen Debatte hält. Sie bricht mit der Täterfixierung früherer Programme, indem sie auf die Stärkung demokratischer Gegenkräfte setzt und sich zudem den Opfern und potentiellen Opfern rechtsextremer Gewalt zuwendet. Gleichzeitig werden „Sonderleistungen für Problemjugendliche“ (Scherr 2002: 7) vermieden, die falsche Signale aussenden.
3. An der Formulierung der Programme und ihrer Umsetzung waren bzw. sind zum Teil zivilgesellschaftliche und für das Themenfeld besonders ausgewiesene Initiativen und Stiftungen beteiligt, die für eine praxisnahe Themen- und Methodenvielfalt gesorgt haben. Es ist den beteiligten Ministerien durchaus gelungen, zivilgesellschaftliche Akteure einzubinden und deren Infrastruktur und Kompetenzen zu nutzen. Sie sind vermutlich die eigentlichen Garanten dafür, dass von den Mitteln vernünftiger Gebrauch gemacht wurde und wird.
4. Positiv ist auch die große Fülle von zusätzlichen Initiativen, Projekten und Maßnahmen, die durch die Bundesprogramme in diesem gesellschaftlichen Problembereich ermöglicht worden sind bzw. noch werden. Sie sind regional breit gestreut und erreichen zahlreiche lokale Initiativen und kleine Träger (Klingelhöfer/Brüggemann 2002: 2f.). Auch wenn die Nachhaltigkeit der Programme im Sinne einer bedarfsorientierten Weiterförderung nicht gesichert ist, dürften einige dieser Ansätze das Ende der Bundesförderung überleben, kommunal unterstützt und/oder ehrenamtlich weitergeführt werden und die demokratische politische Kultur bereichern.
5. Trotzdem gibt es zahlreiche Anhaltspunkte, dass die Programme der Bundesregierung eher in den Bereich der Symbolpolitik gehören, zumindest so zu enden drohen. Zunächst ist undurchschaubar, in welchem Umfang zusätzliche Mittel für dieses Aufgabenfeld eingesetzt werden. „Insider vermuten, dass in den neuen Bundesländern bis zu 2/3 der allgemeinen Jugendarbeit über thematisch spezifizierte Sonderprogramme gefördert wird“ (Möller 2002a: 88). Nicht erst die akute Finanzklemme von Ländern und Gemeinden hat dazu geführt, dass die Regelförderung bei freiwilligen Leistungen (z.B. in der offenen Jugendarbeit) reduziert wurde. Diese Ausfälle können durch Aktionsprogramme selbst nicht kompensiert werden. Viele der Maßnahmen könnten sich als kurzes Strohfeuer erweisen. Dies hat bereits mit ihrem Charakter als Sonder- und Aktionsprogramme zu tun, die überwiegend nicht auf Dauer angelegt sind, sondern möglichst viel Aktionismus auslösen. Ein enger Zeithorizont verlangt schnelle Erfolge, zumindest Vorzeigbares; darum aktuell die Begeisterung für „best practice“, für gute Beispiele. Diese zeitliche Orientierung steht jedoch in einem krassen Gegensatz zu den Erfordernissen von zivilgesellschaftlichen Interventionen, die auf Nachhaltigkeit angewiesen sind:
– Politische Kultur kann nur längerfristig und behutsam verändert werden.
– Besonders die Beziehungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen verlangt
Verlässlichkeit
und personelle Kontinuität.
– Dies gilt auch für Interventionen in örtliche Lebenszusammenhänge. Lokale
Netzwerke leben vom kontinuierlichen Engagement und benötigen nach allen
Erfahrungen längere Anschubphasen, um sich zu festigen.
– Die Förderung von zivilgesellschaftlichen Ansätzen stellt hohe Ansprüche an
die
Qualifikationen von MitarbeiterInnen, vor allem an ihre Teamfähigkeit, ihre
Reflexions- und Lernbereitschaft. Gerade das nötige lokale Wissen und Vertrauen
kann nur längerfristig erworben werden und ist stark an Personen gebunden.
Dies setzt dauerhaftere Arbeitsperspektiven und Anstellungsverhältnisse
und angemessene Bezahlung voraus. Angesichts der oft neuen Aufgaben
kann das nötige Handlungswissen in größerem Umfang erst in den Arbeitsprozessen
selbst erworben werden. Unterstützende Qualifizierungs- und
Weiterbildungsangebote
sind dabei unabdingbar.
– Schließlich ist nicht mit schnellen Erfolgen zu rechnen. Wir verzeichnen nicht nur einen anhaltenden Aufschwung rechtsextremer Orientierungen und Praxisformen. Alle ernstzunehmenden Beobachter sind sich auch darin einig, dass wir es mit einem anhaltenden Problem zu tun haben, dessen Gelegenheitsstrukturen gerade in den neuen Bundesländern auch in Zukunft günstig sein werden (anhaltendes West/Ost-Gefälle, EU-Osterweiterung, Abwanderung, Arbeitsmarktmisere etc.).
Immerhin hat sich die Bundesregierung entschlossen, wesentliche Teile des
Aktionsprogramms
weiterzuführen. Dennoch droht die geplante allmähliche Reduzierung der
Zuwendungen
für die Projekte und die Erhöhung des Eigenanteils gerade dort zu einem
Projekte-Sterben zu führen, wo sie am meisten gebraucht werden, weil es an den
nötigen
öffentlichen Mitteln zur Gegenfinanzierung fehlt und zivilgesellschaftliche
Akteure
zu schwach sind, um die entstandenen Lücken zu füllen-.
6. Im Unterschied zum vollmundigen Bekenntnis zu Evaluation und
Wirkungskontrolle,
der im umfänglichen Bericht der Bundesregierung zu den Maßnahmen zu lesen ist
(s.
das diese Studie einleitende Zitat), hegen nicht nur wissenschaftliche
Beobachter den
Verdacht, „die Randlage der Evaluation innerhalb dieser Programme sei ein Beleg
dafür, dass ein wirkliches Evaluationsinteresse auf Seiten der Politik gar nicht
bestehe,
weil man sich im Grunde mit Symbolik zufrieden gebe“ (Möller 2002: 98).
Auf die Erfahrungen mit der Evaluation des AgAG-Programms wurde konzeptionell
ebenso wenig zurückgegriffen wie auf die reichen Evaluationserfahrungen mit
ähnlich
gerichteten Programmelementen (Toleranzerziehung, Anti-Gewalt-Programme,
interkulturelle
Projekte etc.) in den USA (vgl. Wagner u.a. 2002). Ein „Evaluierungsvakuum“
(Pingel/Rieker 2002: 1) führe dazu, dass einzelne Projekte ohne nachvollziehbare
Standards
als „good“ oder „best practice“ ausgewiesen werden. Immer dann, wenn ansatzweise
versucht worden ist, Projekte und Maßnahmen eingehender zu analysieren, wurden
massive Probleme sichtbar. So wurden Zielgruppen nicht erreicht, Maßnahmen
erzeugten
unerwünschte oder gegenteilige Effekte, oder es fehlte an
Partizipationsmöglichkeiten
für die Zielgruppen.
„Zuweilen drängt sich sogar der Eindruck auf, dass ein größeres Interesse an der
publikumswirksamen
Initiierung von Programmen in öffentlich debattierten Themenfeldern
besteht, die wissenschaftliche Evaluation der Wirksamkeit solcher Maßnahmen aber
ak-
Roland Roth: Bürgernetzwerke gegen Rechts
8
tiv vermieden wird: Die als menschenfreundlich daherkommende PR-Aktion könnte
sich nämlich als unwirksam erweisen“ (Wagner u.a. 2002: 101).
7. Unverkennbar sind einige konzeptionelle Schwächen und Fallstricke der
Programme.
– Der Schwerpunkt politische Bildung führt unter der Hand die zentrale
Zielgruppe
junge Menschen wieder ein, obwohl sie schon biografisch bedingt den geringsten
Anteil an der gegenwärtigen Verfassung der lokalen Zivilgesellschaft
haben. Autoritäre und fremdenfeindliche Einstellungen werden in Familien,
Kindergärten
und Schulen erworben und weitergegeben. Der Anteil älterer Menschen,
die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben, ist beachtlich. In
Opfergruppen
wird immer wieder berichtet, dass die alltäglichen Beschimpfungen und
Anpöbeleien
durch „normale“ Ältere weit bedrängender erlebt werden als die schon durch
ihr Äußeres kalkulierbaren Jugendszenen. Wie man Eltern, Erwachsene und ältere
Menschen in Bürgernetzwerke gegen Rechts einbeziehen will, bleibt konzeptionell
weitgehend unbelichtet. Auch im Engagement gegen unzivile Tendenzen
sollte „lebenslanges Lernen“ angesagt sein. Immerhin wissen wir, dass etwa ein
Drittel
der engagierten älteren Menschen sich erst nach dem 50. Lebensjahr zum ersten
Mal engagiert hat. Gemessen am Leitbild Bürgergesellschaft ist die Fixierung
auf die Zielgruppe Jugendliche konzeptionell nicht zu rechtfertigen und
diskriminierend,
weil andere Altersgruppen lediglich als Moderatoren und Professionelle
auftauchen, aber nicht als „Problemgruppe“, die ebenfalls in Sachen Toleranz
und Zivilcourage Nachholbedarf hat.
– Institutionelle Bedingungen bleiben (von den Demokratienentwicklungskonzepten
in Schulen einmal abgesehen) weitgehend ausgespart. Dies ist umso bedauerlicher,
weil Demokratiefähigkeit und Toleranz nicht nur individuelle Dispositionen sind,
sondern in Institutionen erworben und praktiziert werden – oder eben auch nicht.
Aus
der Opferperspektive wissen wir um diskriminierende institutionelle Praktiken in
Ausländerbehörden, Asyleinrichtungen, aber auch in Kommunalverwaltungen, Schulen
und Kindergärten. Für diese institutionelle Fremdenfeindlichkeit gibt es in
den vorliegenden Programmen keine Aufmerksamkeit. Gleichwohl ist in einigen
vorschulischen und schulischen Projekten der Schwerpunkt auf
Demokratieentwicklung,
auf Öffnung zum Gemeinwesen gelegt.
– So sehr die Überwindung der Fixierung auf die Zielgruppe „gewaltbereite
Jugendliche“
zu begrüßen ist, so problematisch ist deren fast vollständige Vernachlässigung
in den gegenwärtigen Programmen. Dies ist umso überraschender,
Thesen, Perspektiven und Empfehlungen
weil die breite Auseinandersetzung mit den AgAG-Erfahrungen die professionellen
Standards für die Arbeit mit dieser Zielgruppe gefestigt hat. Wir wissen heute
genauer,
unter welchen Bedingungen Ansätze „akzeptierender Arbeit“ sinnvoll sind.
Kinder und Jugendliche suchen in rechten Jugendcliquen jene Anerkennung,
Sicherheit
und Geborgenheit, die ihnen an anderen Orten nicht zuteil wird. Es kommt
darauf an, auch für sie zivile und demokratische Alternativen zu ermöglichen.
– Kaum erreicht wurden in den Maßnahmen der ersten Programmphase Haupt-
und Realschüler. Dies war als Nebenfolge von vorwiegend auf politische Bildung
setzenden Programmen auch zu erwarten. In den meisten empirischen Studien wird
diese Gruppe aber als besonders anfällig für Fremdenfeindlichkeit und
Rechtsextremismus
hervorgehoben. Umso mehr verwundert, dass hier nicht konzeptionell
gegengesteuert
wurde. Ob entsprechende Veränderungen in den aktuellen Programmen
greifen, bleibt abzuwarten.
– Pädagogik ist eine bescheidene Profession und stark von Lernkontexten
abhängig.
Hier liegt eine zentrale Paradoxie pädagogischer Interventionsstrategien, denn
sie
„reichen nicht nur nicht an die wesentlichen Problemursachen heran, sondern
stehen
zudem vor der Schwierigkeit, gegen kollektive Ängste, Vorurteile und Feindbilder
anzugehen, die auch im demokratischen politischen Diskurs immer wieder Rückhalt
finden“ (Scherr 2002: 6), wie z.B. die Debatten über Einwanderung, Asylrecht
oder
doppelte Staatsbürgerschaft verdeutlichen. Auch in der „politischen Mitte“ gibt
es
keinen Konsens über das Leitbild einer kulturell pluralisierten
Einwanderungsgesellschaft.
– Der Bericht der Bundesregierung spricht zwar von einer „mehrdimensionalen
Handlungsstrategie“,
die „präventive und repressive Elemente“ verbinde (2002: 13), das
nicht nur theoretische Spannungsverhältnis von zivilgesellschaftlichem
Konfliktaustrag
und repressiver Eindämmung (NPD-Verbotsantrag, Organisationsverbote,
polizeiliche Präventionsstrategien etc.) bleibt jedoch unreflektiert.
– In den Programmen fehlen Hinweise auf angemessene Formen und
ethisch-professionelle
Standards, die den Rahmen der legitimen Interventionen in die lokale
Zivilgesellschaft bzw. politische Kultur abstecken oder zumindest diskutierbar
machen. Ein Beispiel: Sollten MitarbeiterInnen eher „neutral“ beratende
Funktionen
in lokalen Konflikten übernehmen oder selbst als Initiatoren eines „Bündnisses
gegen Rechts“ auftreten? Ist Letzteres überhaupt legitim, wenn das Projekt z.B.
ein halbes Jahr läuft und das Team den Ort dann verlässt? Die lokalen
Widerstände
gegen als „von außen“ kommend erlebte Interventionen sind jedenfalls erheblich.
– Wer die bewilligten Maßnahmen durchgeht,
stößt auf Bildungsangebote, die unter
den beschriebenen Bedingungen wenig Aussicht auf nachhaltige Wirkung haben.
So wichtig Informationen über den historischen Faschismus oder Gedenkstätten-
Besuche sind, sie greifen doch häufig ins Leere, weil sie dem „modernen“ und
normalisierten Rechtsextremismus nicht gerecht werden (vgl. Brodkorb/Schmidt
2002).
– Besondere Schwierigkeiten haben alle Versuche, interkulturelle Projekte und
Orientierungen zu stärken. Von wenigen Städten abgesehen, gibt es in den neuen
Bundesländern bei unter zwei Prozent Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung
häufig
keine anderen Kulturen im Alltag. Pädagogisch organisierte Begegnungen mit
Asylbewerbern aus Sammelunterkünften sind dafür kein Ersatz, wenn gelungenes
interkulturelles Lernen u.a. voraussetzt, dass man sich auf einer
gleichberechtigten
Ebene begegnet. Wie kann unter diesen Umständen Fremdenfeindlichkeit abgebaut
werden? Das Gros der interkulturellen Projekte läuft jedenfalls Gefahr,
Stereotypen
eher zu verstärken als sie abzubauen.
12
10. Die Programme stellen letztlich einen im Umfang imponierenden, wenn auch
in der Anlage und Durchführung halbherzigen Versuch dar, durch staatliche
Maßnahmen
und Mittel demokratische Kultur und zivilgesellschaftliche Orientierungen
zu stärken. Bislang gibt es wenig Erfahrungen, mit welchen Mitteln und auf
welchen
Wegen soziales Kapital, bürgerschaftliches Engagement und Bürgertugenden
wirklich
gestärkt werden können (Offe 2002). Es sind „persuasive Programme“ (Stöss 2002),
in denen es nicht darum geht, durch Anreize und Sanktionen kurzfristige
Verhaltensänderungen
zu bewirken, sondern grundlegende Einstellungen, Mentalitäten und demokratische
Engagementbereitschaft nachhaltig zu fördern. Gerade weil mit einem solchen
Programmtyp in diesem Handlungsfeld kaum Erfahrungen vorliegen, wäre es so
wichtig,
positive wie negative Erfahrungen prozessbegleitend festzuhalten und bei der
Weiterentwicklung
zu reflektieren.
Halbherzig ist die zivilgesellschaftliche Orientierung, weil es weitgehend
versäumt
wurde, dieser Orientierung über die Projektauflagen und Kooperationsformen
zwischen
den Projekten vor Ort stärkeren Nachdruck zu verleihen (vgl. die Erfahrung
mit dem Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement in Baden-Württemberg, in
der
lokale Vernetzung zur Auflage für die Projektbewilligung gemacht wird – Hummel
2001). Die Erfahrungen zivilgesellschaftlicher Initiativen, Vereine und Projekte
wurden
zwar auf der Ebene der Programmsteuerung durch die Einbindung von großen
überregionalen
Stiftungen und Vereinen (Zentrum für demokratische Kultur – ZDK –
Rechtsextremismus
– Jugendgewalt – Neue Medien; Amadeu-Antonio-Stiftung – Initiativen für
Zivilgesellschaft und Demokratische Kultur), aber nicht konsequent „vor Ort“
aufgegriffen
(vgl. auch den Aktionsansatz in Rheinland-Pfalz).
Dass viele neue Vereine „von oben“, d.h. von den Verantwortlichen und
Zuständigen
im Bund, in den Ländern und den Kommunen gegründet wurden, zeugt von
mangelndem Vertrauen in die bürgerschaftliche Selbstorganisation. Gleichzeitig
Thesen, Perspektiven und Empfehlungen
werden in der Programmdurchführung viele existierende Initiativen und Vereine
in diesem Feld eher an den Rand gedrängt oder nicht berücksichtigt, anstatt sie
dabei zu unterstützen, selbst zum Nukleus für eigensinnige Vernetzungen in der
Bürgergesellschaft zu werden.
14. Schließlich fehlt es den Aktionsprogrammen
gegen Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit an Verknüpfungen mit einer breiteren reformpolitischen
Debatte,
die auf eine Stärkung von Bürgerengagement, auf die Entfaltung von
Bürgergesellschaft
und Bürgerkommunen zielt (vgl. Enquete-Kommission 2002). Viele
der dort entwickelten Konzepte der Engagementförderung (Anerkennung,
Ermöglichung,
Demokratisierung gesellschaftlicher Institutionen, Schaffung von
Gelegenheitsstrukturen
für bürgerschaftliches Engagement, Empowerment von benachteiligten Akteuren
und Gruppen etc.) könnten systematisch für die konzeptionelle Weiterentwicklung
der
Aktionsprogramme genutzt werden. Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus
und Fremdenfeindlichkeit ist ein wichtiger Prüfstein für die Qualität und
Reichweite
bürgerschaftlichen Engagements und die Verfassung einer zukunftsfähigen
Bürgergesellschaft.
Vieles angeschoben, wenig bewirkt? Auf diesen
skeptischen Nenner lassen sich gelegentliche
Zeitungsberichte bringen, die nach den Wirkungen der vielen Projekte und
Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit fragen, die verstärkt
seit dem Sommer 2000 öffentlich gefördert wurden. Dabei werden auch
grundsätzliche
Zweifel an der Wirksamkeit kurzfristiger Aktionsprogramme laut, die schnell in
den
Verdacht von Symbolpolitik geraten. Besteht nicht angesichts der Maßnahmenfülle
und
der eingesetzten öffentlichen Mittel die Gefahr, dass „gegen Rechts“ (ähnlich
dem Modebegriff
„Prävention“, der auch in diesem Kontext die Programmsprache dominiert) als
Förderkriterium zum „passe partout“ wird? Aber selbst wohlmeinende
Beobachterinnen
und Beobachter möchten gerne wissen, was alles ausprobiert wurde, was sich dabei
bewährt
hat und was nicht.
Die Bundesprogramme werden, so sieht es der Koalitionsvertrag vom Oktober 2002
vor, bis zum Ende der Legislaturperiode 2002/06 weitergeführt, wenn auch
degressiv
und unter modifizierten Bedingungen. In den Bundesländern ist die Lage sehr
unterschiedlich.
Einerseits sind nach dem Anschub durch die Bundesprogramme viele Aktivitäten
mit dem Ende der Förderung wieder versiegt, andererseits gehen die Bundesländer
jeweils eigene Wege, setzen ihre Schwerpunkte, entwickeln ein eigenes Profil.
Hinzu
kommen viele lokale Aktivitäten, die zumeist von ehrenamtlich politisch
Engagierten
getragen werden.
Insgesamt hat sich ein unübersichtliches Feld herausgebildet, das wenig von
öffentlichen
Debatten erreicht wird – von gelegentlichen Pauschalabwertungen einmal
abgesehen. Wissenschaftliche Begleitung, Evaluation und Wirkungsanalysen sind
zwar in den Bundesprogrammen vorgesehen, aber insgesamt so randständig, das
von dort kaum Impulse zu erwarten sind.
18
ffK=wìã=mêçÑáä=ÇÉê=
^âíáçåëéêçÖê~ããÉ=ÇÉë=_ìåÇÉë=
Seit dem Sommer 2000 wurden mehrere Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus
aufgelegt:
• das Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt,
• das Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen
Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ mit den Programmteilen
– Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gewalt (2001), ab 2002 unter dem
Namen Entimon – gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus
– Xenos – Leben und Arbeiten in Vielfalt (2001),
– Civitas – initiativ gegen Rechtsextremismus in den Neuen Bundesländern
(2001).
Ihr Gesamtvolumen liegt bei mehr als 200 Millionen Euro, die Zahl der damit
geförderten
Projekte liegt Ende 2002 bei ca. 3.700, die Anzahl der geförderten Einzelnahmen
dürfte über Zehntausend betragen. Die Laufzeit der Programme reicht
gegenwärtig von einem bis zu drei Jahren. Eine EU-Finanzierung von Xenos ist bis
2006 möglich, für Entimon und Civitas ist eine Verstetigung bis zum Ende der
Legislaturperiode
geplant.
Nach der Startphase des Bündnisses für Demokratie und Toleranz ist für alle
Programmteile
eine wissenschaftliche Begleitung vorgesehen. Die Maßnahmeförderung
selbst hat überwiegend erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2001 eingesetzt.
Für eine abschließende
Bewertung der Maßnahmen ist es deshalb noch zu früh. Dies gilt umso
mehr für anspruchsvolle Wirkungsanalysen.
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Allen Programmen ist gemeinsam, dass sie
– auf die Stärkung bzw. Entwicklung demokratischer Kultur setzen,
– ihre Ziele und Schwerpunkte Raum für eine große Projekte- und
Maßnahmenvielfalt
eröffnen,
– politische Bildung als Schwerpunkt ausweisen und
– eine lokale Komponente haben (lokale Öffentlichkeit, Gemeinwesenarbeit,
Vernetzung
lokaler Akteure etc.), wie z.B. lokale Aktionspläne und integrierte lokale
Projekte (Xenos) oder Mobile Beratungsteams (Civitas).
Roland Roth: Bürgernetzwerke gegen Rechts
Damit wird in allen Programmen eher auf eine Stärkung demokratischer
Gegenkulturen
als auf die direkte Auseinandersetzung mit rechtsextremen Strukturen,
Einstellungs- und Verhaltensweisen gesetzt. Darin und mit dem Schwerpunkt
politische
Bildung unterscheiden sich die aktuellen Programme deutlich vom
sozialpädagogisch
geprägten „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ (AgAG,
1992–1996) der Vorgängerregierung.
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Auch in der Galerie der Projekte (entimon) heisst es 2003 nicht einfach Bildung, sondern "Online"-Bildung gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus im Internet"