Über 60 Jahre danach :
Belzec – eine Gedenkstätte für die Opfer der Shoah

Dort wo früher ein Grashügel war mit einem verloren Denkmal, wurde jetzt eine Gedenkstätte erbaut – Belzec, eine Gedenkstätte, die an eine der gigantischsten Vernichtungsaktionen der Deutschen während des 2. Weltkrieges, an die Ermordung von Hunderttausenden von Juden und Jüdinnen, einigen Tausend Sinti und Roma und einigen nichtjüdischen Polinnen/-en erinnert. ...

Tanja Kinzel - tacheles reden

Belzec ist eine der größten Gedenkstätten, die in Polen während der letzten 30 Jahre erbaut wurden, betont Robert Kuwalek, der Direktor der neuen Gedenkstätte. Das Vernichtungslager Belzec, nahe dem gleichnamigen Ort im südöstlichen Teil des Distrikt Lublin, an der Eisenbahn Linie Lublin-Lemberg gelegen, war das erste Vernichtungslager, das von den Deutschen in dieser Gegend errichtet wurde. Es war eines jener Lager, die Hannah Arendt mit dem Namen Todesfabriken bezeichnet hat, ein Lager, das  ausschließlich der industriell organisierten Massenvernichtung, vornehmlich der jüdischen Bevölkerung, diente. In Belzec wurden innerhalb von neun Monaten von Mitte März bis November 1942 etwa 500 000 Menschen vergast. Rudolf Reeder, einer der zwei Überlebenden des Lagers, erinnert sich daran, dass in der Zeit, in der er in Belzec war, von August 1942 bis November 1942, täglich drei Transporte ankamen mit Jüdinnen und Juden aus Lemberg, aus Krakau, aus Zamosc und anderen Städten und Dörfern der Umgebung.

Belzec – Vernichtungslager der „Aktion Reinhard“

Belzec war das erste Vernichtungslager, das im Rahmen der „Aktion Reinhard“ in Betrieb genommen wurde. „Aktion Reinhard“ war der Codename für die Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen im Distrikt Lublin, benannt nach dem SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, dem Koordinator der „Endlösung der Judenfrage“, der im Mai 1942 in der Nähe von Prag von tschechischen WiderstandskämpferInnen ermordet wurde. Der „Einsatz Reinhard“, umfasste die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka und das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek. Von März 1942 bis November 1943 wurden in diesen Lagern über 2 Millionen Menschen gemordet. Verantwortlicher für die „Aktion Reinhard“ im Generalgouvernement war Odilo Globocnik, früherer Gauleiter Wiens, der 1939 von Himmler als SS- und Polizeiführer für den Distrikt Lublin ausgewählt wurde. In der Stadt Lublin befand sich das Hauptquartier der Verantwortlichen der „Aktion Reinhard“. Neben der Koordinierung der Ermordung der jüdischen Bevölkerung, also der Durchführung der „Endlösung der Judenfrage“, gehörte der Raub des jüdischen Eigentums zu ihren Anliegen. In ehemaligen Flugzeughallen mussten ZwangsarbeiterInnen die Habe der erst ins Ghetto gesperrten und dann ermordeten jüdischen Bevölkerung sortieren, bevor sie nach Deutschland verschickt wurde.

Belzec war maßgeblich für die Vernichtung der Juden und Jüdinnen aus Galizien, dem Gebiet zwischen Lemberg, Krakau und Lublin, sowie für die deportierte jüdische Bevölkerung aus Österreich, Deutschland und der Tscheslowakei errichtet worden. Auch Roma und Sinti sowie einige nichtjüdische Polen aus der umliegenden Gegend, die Juden und Jüdinnen versteckt hatten, wurden dort vergast. Die Ermordung von Menschen mittels Gas war bereits im „T4“ Euthanasie Programm in Deutschland „erprobt“ worden. Seit August 1941 wurden unter dem Decknamen T4 psychisch und physisch kranke Kinder und Erwachsene in als Duschkammern getarnten Gaskammern in verschiedenen Tötungszentren mittels Kohlenmonoxid Gas umgebracht. Das T4 Programm wurde im August 1941 offiziell gestoppt (auch wenn das Morden weiterging), ab Herbst desselben Jahres wurden nach und nach 100 T4 Mitarbeiter nach Lublin geschickt, um dort die Vernichtungslager der Aktion Reinhardt aufzubauen und zu betreiben. Die T4 Männer Christian Wirth, Franz Stangl und Irmfried Eberl wurden die ersten Kommandanten von Belzec, Sobibor und Treblinka, Wirth wurde später Inspekteur der „Aktion Reinhard-Lager“, Gottlieb Hering Kommandant von Belzec.

Das Vernichtungslager Belzec

Im November 1941 wurde nahe dem Ort Belzec mit den Bauarbeiten für das Vernichtungslager begonnen, Ende Februar 1942 waren sie abgeschlossen. Das Lager wurde ca. 400 m von Bahnhof Belzec entfernt, an einem Nebengleis errichtet. SS-Obersturmführer Christian Wirth traf kurz nach Beginn der Bauarbeiten im Dezember 1941 in Belzec ein. Zusammen mit anderen „Spezialisten“ des T4 Euthanasie Programms „experimentierten“ sie in den folgenden Monaten mit der Tötung durch Abgase, die von Dieselmotoren erzeugt wurden und mittels eines Schlauches in das Innere der Gaskammern geleitet wurden. Technische Probleme führten dazu, dass der Todeskampf der Eingeschlossenen anfangs oft Stunden dauerte. Da die Kapazitäten der Gaskammern, einfache Holzbaracken, in denen die Menschen mit den Abgasen von Panzermotoren ermordet wurden, von Anfang an nicht ausreichten, wurden bald Erweiterungen der Anlage durchgeführt.

Das Lager bestand aus einer 265 x 275 Meter großen Fläche, die in zwei Bereiche unterteilt war. Der eine Teil enthielt Verwaltungsgebäude, die Gebäude für die Wachmänner, Unterkunftsbaracken für die ukrainischen Freiwilligen, die nach dem Ausbildungslager in Trawniki „Trawnikimänner“ genannt wurden, eine Eisenbahnrampe, das Gleis, das in das Lager führte und die „Entkleidungsbaracken“, in denen sich die Ankommenden ausziehen mussten. In dem anderen Teil befanden sich die Gaskammern, die Leichengruben und die Unterkunftsbaracken für dort zwangsarbeitenden Juden und Jüdinnen. Die „Entkleidungsbaracke“ im ersten Teil des Lagers war mit der Gaskammer im zweiten Teil  durch eine 2m breite durch Stacheldraht gesicherte „Schleuse“ verbunden – für die Gefangenen der letzte Weg. Für die Bewachung des Lagers waren 30 SS-Männer zuständig, zudem ungefähr 120 „Trawnikimänner“ - mehr Täter waren für die Mordaktionen nicht nötig. Für die jüdische Bevölkerung und die Roma und Sinti, die in Belzec ankamen gab es keinen Ausweg mehr.

Das Dorf Belzec war von Anfang an mit dem Lager verbunden. DorfbewohnerInnen (mussten) an den Aufbauarbeiten des Lagers und dem Bau der Gaskammern mithelfen und wurden für spätere Ausbesserungsarbeiten beauftragt. Die SS-Männer und die ukrainischen Freiwilligen lebten im Dorf, gingen dort einkaufen und abends in die Kneipen. Viele der DorbewohnerInnen hatten also unmittelbar mit dem Lager zu tun, als ArbeiterInnen und im Alltagsleben.

Der Bericht eines Überlebenden

„Ihr gehts jetzt baden, nachher werdet ihr zur Arbeit geschickt”, das waren die Worte mit denen SS-Scharführer Fritz Irrman die ankommenden Menschen, die mit Transporten aus den Dörfern der Umgebung, aus den Durchgangsghettos oder aus anderen Ländern in Belzec ankamen, versuchte in Sicherheit zu wiegen, bevor er sie in die Gaskammern schickte. Die Leute waren glücklich, sie applaudierten. „Ich erinnere mich dass diese Worte tagein tagaus für gewöhnlich drei mal täglich wiederholt wurden, während der vier Monate, die ich hier war. Es war ein Moment der Hoffnung und Täuschung. Für einen Moment atmeten die Leute erleichtert auf“, erinnert sich Rudolf Reeder in seinem nach der Befreiung abgegebenen Zeugnis. „Es war total still. Die ganze Menge bewegte sich schweigend, die Männer geradeaus durch den Hof auf ein Gebäude zu, auf welchem in großen Buchstaben `Bade und Inhalationsräume` geschrieben stand. Die Frauen wurden 20 Meter weiter zu großen Baracken dreißig auf fünfzehn Meter geschickt. Den Frauen und Mädchen wurden die Haare in diesen Baracken geschoren. Sie traten ein ohne zu wissen, warum sie dorthin geführt wurden. Die Ruhe und das Schweigen dauerten noch einen Moment an.

Später sah ich, dass nur wenige Minuten danach, wenn ihnen Holzstühle gegeben wurden und diese in den Baracken aufgestellt wurden, wenn sie den Befehl bekamen sich hinzusetzen und acht jüdische Friseure, Roboter, still wie ein Grab, anfingen, ihnen die Haare mit einer Haarschneidemaschine bis auf die Kopfhaut abzurasieren, dass sie in diesem Moment die Erkenntnis der ganzen Wahrheit traf und keine von ihnen und keiner der Männer auf dem Weg zu den Gaskammern konnte noch Zweifel haben. Alle von ihnen, mit Ausnahme einiger weniger Männer, die als notwendige Arbeiter ausselektiert worden waren, alle von ihnen – jung und alt, Frauen und Kinder – alle von ihnen gingen einem sicheren Tod entgegen.“ (Rudolf Reeder: Belzec, Krakòw, 1999, S. 120/121)

Rudolf Reeder arbeitete in dem Sonderkommando jüdischer Häftlinge, die die Aufgabe hatten, die Kleidung und Wertgegenstände der Ermordeten zu sortieren, sowie die Leichen aus den Gaskammern in die Massengräber zu transportieren und dort zu verscharren. Die von der SS für die Sonderkommandos ausgewählten jüdischen Häftlinge wurden regelmäßig „ausgewechselt“, d.h. die Häftlinge wurden ermordet und durch neue Menschen „ersetzt“. Während Reeder dort arbeitete, lebte kein einziger von den Häftlingen, die das Lager aufgebaut hatten, mehr. Der aus Lemberg stammende Rudolf Reeder konnte bei einer Reise, auf der er SS-Männer in seine Heimatstadt begleiten sollte, fliehen und überlebte den Krieg in einem Versteck. Sein Zeugnis ist der einzige Zeugenbericht aus Belzec.

Die Verwischung der Spuren dem Vergessen entreißen

Ab November 1942 wurden die Transporte nach Belzec und die Ermordung in den Gaskammern eingestellt. Einige Monate später kamen die SS-Männer zurück, die Massengräber wurden geöffnet und die Leichen der Opfer verbrannt. Die jüdischen Arbeitshäftlinge brachte die SS zur Ermordung nach Sobibor und verließ am 8. Mai 1943 das Lager. Zuvor hatte die Deutschen die Gebäude zerstört, die Erde umgepflügt, Bäume gepflanzt und einen Bauernhof auf dem Gelände errichtet, um die Spuren ihres Verbrechens zu verwischen – nichts sollte auf das Geschehene hinweisen… - und das blieb auch lange Jahre so: „Bis 1963 gab es nichts hier“, beschreibt der Historiker und Direktor Robert Kuwalek die Situation nach 1945. Nichts erinnerte an dieses gigantische Verbrechen, keine Gedenkplakette, kein Mahnmal. 1963 wurde ein erstes Mahnmal erbaut, Dutzende riesiger Urnen aus Beton wurden auf dem Gelände aufgestellt und ein großes rechteckiges Monument mit Treppenstufen errichtet. „Aber es war ein altes Mahnmal ohne Informationen darüber, was hier geschah, wer hier ermordet wurde, die Anzahl der Opfer, usw.“, sagt Kuwalek. Das Vernichtungslager geriet in Vergessenheit, der Ort wurde vernachlässigt. „Erst Ende der 80er Jahre begannen die Verwandten der Opfer offen darüber zu sprechen, dass es notwendig sei, eine neue Gedenkstätte hier zu errichten, die ein angemessenes Gedenken ermögliche“, erzählt er.

Die erste Idee kam von Miles Lerman, einem der Gründer des Holocaust Museums in Washington, der seine gesamte Familie in Belzec verloren hat. Er habe als erster begonnen, für die Erinnerung zu kämpfen und das Geld für die Gedenkstätte zu aquirieren. 1993 wurde dann eine Vereinbarung zwischen dem polnischen Staat, dem Holocaust Museum in Washington und dem AJC (American Jewish Comittee) darüber getroffen, ein neues Mahnmal zu erbauen. Die ersten Arbeiten waren der Wettbewerb über die Gestaltung der Gedenkstätte und die archäologischen Forschungen auf dem Gebiet. „Diese Untersuchungen waren notwendig, nicht nur um die Grundrisse der Baracken und Gebäude zu finden, sondern insbesondere um die Massengräber zu lokalisieren. Nach drei Jahren archäologischer Forschungen von 1997 – 2000 hatten die Archäologen 33 Massengräber gefunden.“ Erst dann konnten die ersten Arbeiten zur Errichtung der Gedenkstätte beginnen. „Das ging dann recht schnell“, berichtet Kuwalek, innerhalb von zwei Jahren ist die gesamte Gedenkstätte einschließlich des Museums fertig gestellt gewesen. Am 3. Juli dieses Jahres wurde sie von einer großen Presseresonanz begleitet feierlich eingeweiht.

Das Mahnmal

Das Zentrum der Gedenkstätte bildet der mit Schlacksteinen bedeckte Hügel, der Assoziationen an ein Massengrab weckt. Das einzige Grün auf dem Gelände sind einige alte Bäume aus der Zeit des Vernichtungslagers, die am Rand stehen und bewusst erhalten wurden – die Zeugen der Vernichtung. In den Hügel hinein führt ein mit Pflastersteinen gedeckter Pfad, der zu einem Ort des Gedenkens führt: “Earth do not cover my blood; Let there be no resting place for my outcry.” (Job 16,18) steht dort auf Polnisch, Englisch und Hebräisch auf einer großen Wand geschrieben. Gegenüber sind die Vornamen der Ermordeten in den Stein gemeißelt.  Das gesamte Areal ist von den Namen der Orte, aus denen die Menschen in das Vernichtungslager deportiert wurden gerahmt. Eine symbolische Rampe erinnert an die Deportationen.

„Generelles Ziel der Gedenkstätte ist es an die Opfer zu erinnern“, betont Robert Kuwalek, „nicht an das Gelände, nicht an die Gaskammern, nicht an die Baracken, sondern an die Opfer, an die 500 000, die hier innerhalb von neun Monaten ermordet wurden und derer adäquat gedacht werden sollte. Und deshalb sind die Massengräber auf dem Gelände der Gedenkstätte durch eine dunklere Farbe der Steine kenntlich und deshalb die Namen der Gemeinden und deshalb die Vornamen der Leute, die hierher deportiert wurden. Da es keine Transportlisten aus den polnischen Gemeinden gab, wir aber auch etwas Persönliches darstellen wollten, haben wir die Dokumentation aus den jeweiligen Archiven der Gemeinden genutzt und da wir nicht wussten, ob die jeweiligen Familien auch wirklich deportiert wurden, haben wir uns entschlossen, dass es besser ist die Vornamen zu benutzen. Von den deutschen, tschechischen und österreichischen Transporten, gab es zwar Listen, aber wir haben dennoch nur die Vornamen verwendet.“

Der Gedenkweg in den Hügel hinein sei der einzige Weg zwischen den Gräbern gewesen, den man habe ausbauen können, weil nur dort keine Massengräber gewesen seien; es war die frühere Schleuse, der Weg zu den Gaskammern. „Die Idee dieses Weges war folgende:“, erklärt Kuwalek, “Wenn Du diesen Weg hinein gehst, fühlst Du sehr viel mehr, dann bist Du allein mit der Geschichte und Du kannst eine Ahnung davon bekommen, wie allein die Menschen waren, die hierher deportiert worden sind.“ Und auch die Pflastersteine des Gedenkweges sind ein Symbol: „Die Steine sind ein Symbol für die Marktflecken in den kleinen Dörfern, den Shtetlech, aus denen die Menschen deportiert wurden.“

Das Museum

Im Museum der Gedenkstätte befindet sich eine Ausstellung, die ausführlich und auf dem neusten Stand der Technik über die deutsche Politik von 1933 bis 1945, die Wannsee Konferenz, die Geschichte des Vernichtungslagers, die Täter und die Opfer berichtet. Der Eingangsbereich ist den Opfern gewidmet, dokumentiert sind auch persönliche Geschichten, viele Fotos vergegenwärtigen persönliche konkrete Schicksale. Vereilt über den Raum findet man auf Bildschirmen den Bericht einer Überlebenden über die Zeit im Ghetto oder den Versuch Claude Lanzmanns in "Shoah" einen der Täter, Joseph Oberhauser, zum Reden zu bringen. Eine Sammlung von Schlüsseln, die auf dem Gelände gefunden wurden, erinnert an die verlassenen Häuser und Wohnungen. Auf einer Landkarte sind die Orte und Städte des früheren Generalgouverment zu sehen: für jeden Monat des Jahres 1942 blinken all die Dörfer und Städte auf, aus denen die jüdische Bevölkerung nach Blezec deportiert wurde, gegen Ende des Jahres werden es immer weniger, am Ende ist die Karte schwarz.

„Da der historische Ort nicht mehr besteht, da die Gebäude zerstört wurden, war es zunächst sehr wichtig, die genaue Geschichte dieses Ortes, die genaue Geschichte des Vernichtungslagers zu zeigen. Aber wir konnten nicht nur das Vernichtungslager Belzec als Belzec zeigen, es war notwenig zu zeigen, welches vom Beginn des Krieges der Weg hin zur Errichtung des Lagers war, welches die deutsche Politik Juden und Jüdinnen gegenüber war, wie die Idee der Gaskammern zustande kam, wie und auch von wem.... Deshalb war es notwendig die TäterInnen zu zeigen, die Idee, den historischen Ort und alles was damit zusammenhängt, Leben und Tod im Ghetto, die Deportationen und natürlich die Opfer. Die verschiedenen Gruppen der Opfer aus verschiedenen Orten. Aber wir konnten nicht jede Gemeinde zeigen. Deshalb haben wir uns entschieden einige Gemeinden beispielhaft zu beschreiben: die Gemeinde aus Lemberg, die aus Krakau, die religiösen Juden und Jüdinnen - die Chassidim und eine Gemeinde aus Würzburg, über die wir sehr viele Informationen hatten und einige Geschichten dazu erzählen konnten. Aber jedes Foto und jeder Gegenstand in der Ausstellung hat einen Bezug zu dem Vernichtungslager Belzec.“

Resonanz

Seit der Eröffnung der Gedenkstätte, von Juni bis August 2004 waren bereits über 20 000 Besucher dort, erzählt Kuwalek und die meisten von ihnen sind Polen, sie kommen aus dem Dorf Belzec und den umgebenden Ortschaften. „Viele Leute kommen auch, um uns etwas zu erzählen, einige Details, aber natürlich wissen wir genau, dass nicht alle Leute hier positiv der Gedenkstätte gegenüber eingestellt sind, dass einige gegen diesen Ort sind, aber für viele ist es auch ein Ort der adäquaten Erinnerung.“ Der Direktor bedauert, dass es für viele der älteren Leute, für viele der ZeugInnen, immer noch eine große Distanz gebe in die Gedenkstätte zu kommen, aber er hofft, dass sich das mit der Zeit und neuen Kontakten ändert. Außer den Historikern, die aus dem Nachbarort kommen, sind alle, die in der Gedenkstätte arbeiten aus dem Ort Belzec, die Security, die Putzkräfte.... „Es war notwendig, die Leute zu der Gedenkstätte in Bezug zu bringen, ihnen zu zeigen: es ist auch eure Gedenkstätte, ihr seid verantwortlich für diesen Ort. Und wirklich, ich muss sagen, die Leute, die hier arbeiten sind sehr verantwortlich...“.

Aus vielen Ländern kommen interessierte Gruppen in die Gedenkstätte – auffällig sei, dass sehr wenige deutsche Gruppen kommen, berichtet Robert Kuwalek. „Es ist schade“, bedauert er, „dass dieser Ort in Deutschland immer noch nahezu unbekannt ist. Es ist ein vergessener Ort, obwohl es das drittgrößte Vernichtungslager nach Auschwitz-Birkenau und Treblinka war und obwohl so viele deutsche Staatsbürger hier ermordet wurden.... Auschwitz Birkenau ist bekannt in Deutschland, es ist ein Symbol für die Vernichtung und auch Treblinka ist vielen bekannt, aber Belzec oder Sobibor? Es sollte wichtig sein auch für die deutsche Erinnerung….“


 

gs / tacheles-reden.de / 2004-10-28