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Zum Schawuoth-Fest:
Die neuen Gerim
Von Ilan Hameiri,
Israel
Nachrichten
Die drei Aspekte des Schawuoth-Festes
schließen die Lesung der Ruth-Rolle zur Unterstreichung der weltweiten
Botschaft der an diesem Festtag verkündeten Torah ein. Die Lehrer des
Judentums erachten darum diesen Tag auch als Fest der Gerim, wobei sie als
Gerim, oder genauer Gerej-Zedek, zum Judentum übergetretene Konvertiten
verstehen. Dieser Begriff hat aber einen Bedeutungswandel durchlaufen, so
dass ein Unterschied zwischen dem Ger der Torah und dem Ger der Halacha
entstand. Darum wurde dieses Wort hier in seiner hebräischen Form belassen.
Der Wortwurzel nach könnte der Ger kein "Fremdling" sein (der zum
Beispiel in 1.Kön.8:41 "Nochri" genannt wird), sondern eher ein "Einwohner"
oder besser "Gastsasse", wie Martin Buber übersetzt, jedoch nicht an jeder
Bibelstelle - und dies hat seine Gründe.
Der Ger der Torah
Dem Patriarchen Abraham wurde angekündigt, dass seine Nachkommen als
"Gerim" in Ägypten leben werden (1.Mos.15:13), obwohl sie gewiss nicht die
geringste Absicht hatten, dort zur Religion der Ägypter überzutreten.
Abraham nennt sich selbst "Gast und Ger" (dort 23:4) und auch bei seinem,
aber nicht seines Sohnes Jitzchak zeitweiligen Verweilen in Gerar taucht
diese Wurzel "ger" auf (dort 20:1 gegenüber 26:6). Mosche nannte seinen Sohn
Gerschom, weil er "dort Ger" gewesen war "Gast in einem fremden Land"
(2.Mos.2:26).
Wer ist also ein "Ger", den zu lieben laut den Worten der Rabbinen in der
Torah 36-mal als Gebot eingeschärft wird? Dass das Verbot, sein Recht
zu beugen, ihn zu bedrängen oder zu quälen zusammen mit dem Schutzrecht der
Witwen und Waisen erwähnt wird (zum Beispiel 5.Mos.27:19 oder Jer.7:5),
könnte andeuten, er müsse ebenfalls ein Mitglied des jüdischen Volkes sein.
Dem Ger soll "Brot und Kleid" gegeben werden (5.Mos.18), von vielen Rabbinen
als "Torah und Gebetsmantel" verstanden, doch schon im nächsten Vers heißt
es wiederum (wie auch in 2.Mos.22:20) "denn Gerim wart ihr im Lande
Ägypten". "Gerim sind wir ja vor dir, Beisassen wie alle unsere Väter"
(1.Chron.29:15), jedoch auch im Lande verbliebene Nachkommen fremder Völker,
die zur Zeit des Königs Salomo zu Knechten wurden, (Chron.30:25) gelten als
Gerim (dort 8:7-8).
Raschi erachtet Mosche als Ger, weil er außerhalb seines Heimatlandes
wohnhaft war, aber auch die Fremden, die zusammen mit den Söhnen Israels aus
Ägypten auszogen (2 Mos 12:38), nennt er Gerim. "Ein Ger ist, wer aus einem
anderen Lande kam", erklärt er.
Keiner der in allen Büchern der Bibel erwähnten Konvertiten wird "Ger"
genannt, sogar Ruth nicht (Ruth 2:10). Für sie als Frau galt nicht das
Verbot der Aufnahme von Ammonitern und Moabitern in das Judentum (5.Mos.23:4
und Neh.13:1). Sie wurde sogar Stammmutter des Königs David und ließ
Bethlehem zur Geburtsstadt des Herrschers über Israel werden (Mich.5:1).
Dieses Aufnahmeverbot wurde auch später nicht mehr eingehalten: "Der Name
seiner (Rechabams) Mutter: Naama die Ammoniterin" (1.Kön 14:21). Achior, ein
Ammoniter, wurde in das Judentum aufgenommen (Judith 14:10), obwohl er die
Juden als Abkommen der Kaldäer erachtete, die als Monotheisten aus
Mesopotamien ausgetrieben wurden (dort 5:6-9 und in anderen außerbiblischen
Schriften).
Übertritt zum Judentum
Die Torah legt keinerlei Aufnahmeverfahren fest. Jithro trat mit der
Darbringung eines Opfers zum Judentum über (2.Mos.18:12), Ruth erklärte nur:
"Dein Volk ist mein Volk und dein G'tt ist mein G'tt" (Ruth 1:16).
Der Talmudtraktat Jewamoth erläutert die Grundsätze einer Aufnahme in das
Judentum. Die Bedingung schwankt zwischen der milderen Auffassung Hillels
(Anerkennung von Torah und Talmud als gleichwertig genügt) und der
strengeren Auffassung Schamais bis zum Ausspruch von Rabbi Chelbo: "Schwer
sind Gerim für Israel wie ein Aussatz" (dort 47b) oder sogar "Unheil nach
Unheil kommt über jene, die Gerim aufnehmen" (dort 109b). Im Schulchan Aruch
(Jore Dea 168) werden die Aufnahmebedingungen kodifiziert: 1) Beschneidung,
2) Prüfung der aufrichtigen Absicht, 3) Aufnahme durch drei "Rechtsbefugte"
(die auch Laien sein können, aber in Israel befugte orthodoxe
Rabbinatsrichter sein müssen), 4 bis 12) Erläuterungen hierzu.
Bis zur großen Einwanderungswelle nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
wurden in Israel rund 20.000 Antragsteller in das Judentum aufgenommen. Die
Verfahrensrichtlinien für alle Rabbinatsgerichtsbeschlüße wurden im Jahre
1960 festgelegt. Abschnitt 25 bezieht sich auf das Übertrittsverfahren. In
Paragraph 186 heißt es: "Das Gericht urteilt über den Antrag erst zwölf
Monate nach seiner Einreichung". Bis dahin muss der Antragsteller als
Tourist im Lande leben. Der Paragraph 187 fordert vom Antragsteller,
mindestens drei Monate lang die Grundsätze des Judentums zu lernen und eine
Bestätigung hierüber "von einem weisen Lehrer" vorzulegen. Hierfür muss er
hunderte Dollar an einen Rabbiner zahlen, weil die Unterweisung durch einen
volontierenden Helfer niemals anerkannt wurde.
Es sind Fälle einer bevorzugten Aufnahme nach Zahlung eines höheren
Honorars bekannt. Die zur schnelleren Aufnahme der nicht als Jude
anerkannten Einwanderer aus GUS-Ländern gebildeten Sonderrabbinatsgerichte
schlossen laut Angabe des Religionsministeriums jährlich rund 1000 Verfahren
ab.
Verwirrung der Begriffe
Laut dem Rückkehrgesetz in der berichtigten Fassung vom Jahr 1970 gilt
als Jude, wer von einer jüdischen Mutter geboren wurde oder zum Judentum
konvertiert ist (und keiner anderen Religion angehört). Falls nur der Vater
ein Jude war, wurden die Antragsteller in ihrem Herkunftsland als Jude
erachtet, gelten in Israel aber erst nach ihrer Aufnahme durch ein
Rabbinatsgericht als Jude.
Als Kinder oder Enkel eines Juden konnten sie ins Land einwandern und
müssen, wenn sie einer gewissen Altersstufe angehören, Militärdienst
ableisten. Innenminister Awraham Poraz hat zehn solchen "Nichtjuden" die
israelische Staatsbürgerschaft zuerkannt. "Sie geben dem Staat mehr als
Juden, die nicht beim Militär dienen", erklärt er.
Die Religiösen. die prompt gegen diesen Beschluss protestierten,
vergessen den Bedeutungswechsel des Ger-Begriffes. Das Rückkehrgesetz hat
nicht definiert, wer ein Israeli ist, sonder wer als Jude gilt. Rund 20
Prozent der derzeitigen Einwohner Israels sind muslimische oder christliche
Araber, die im Sinn der Torah als "Gerej-Toschaw" gelten könnten, jedoch
keine Juden sind. Laut dem Staatsbürgerschaftsgesetz von 1952 kann der
Innenminister sogar einem im Lande investierenden Ausländer die israelische
Staatsbürgerschaft verleihen! Ob ein formelles Aufnahmeverfahren einen dem
Staat Israel dienenden Juden schaffen kann, steht also hier in Frage.
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