Rabins Ermordung - ad acta:
Das Andenken kann warten
Der Prozess gegen den ehemaligen
Shabak-Agenten Avishai Raviv, der verdächtigt wurde, er habe
Informationen über Yigal Amirs Absicht, Premier Rabin zu töten,
zurückgehalten, endete diese Woche mit Freispruch.
Im Rahmen des Prozesses, berichtete
der Rabin-Mörder Yigal Amir Ende letzten Jahres, der Abgeordnete
Beni
Elon sei in die Pläne eingeweiht gewesen. Diese Aussage,
schon in normalen Zeiten ungeheuerlich, hätte den Wahlkampf
beeinflussen können oder müssen. So der erste Gedanke. Geschehen ist
jedoch nichts. Das Thema wurde
nicht weiter vertieft. Die Frage ob der Mörder nicht einfach
auch ein Lügner sei oder vielleicht doch die Wahrheit sage und Beni
Elon, inzwischen
Minister für Tourismus, in ein Mordkomplott verwickelt,
blieb unbeantwortet. Genau genommen wurde sie gar nicht gestellt.
Stille.
Diese Stille ist nicht neu. Sie
folgte direkt auf den Schock des 4. November 1995. Bis dahin war
jede Rede frei. Hetze, Verächtlichmachung, Verleumdung, Morddrohung.
Nach dem Mord sollte jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden.
David Levy rief panisch zur Ruhe auf. Ein Bürgerkrieg sei unter
allen Umständen zu verhindern. Man dürfe niemanden beschuldigen,
keine Namen nennen. Niemandem die Hetze vorwerfen, keine religiöse
Autorität zur Verantwortung ziehen.
Wer sich nicht an diesen "nationalen
Konsens" halten konnte oder wollte, wurde zum "Spalter der
nationalen Einheit". Die Rechte generierte sich zum Opfer, dem man
nun kollektiv einen Mord in die Schuhe schieben wolle, den doch
niemand gewollt hatte. Viele nahmen es Lea Rabin übel, dass sie es
ablehnte die Beileidbekundungen Benyamin Netanyahus entgegen zu
nehmen. Netanyahus Hetze? - Darüber zu reden sei unfair.
Lea Rabins Warnung, man solle ernst
nehmen was in gewissen Zirkeln gelehrt werde, wurde als Unkenruf
einer verbitterten Witwe zur Seite geschoben. Der mörderische Terror
der Suizidkommandos von Jihad und Hamas erlaubte es jede
tiefergehende Diskussion als intellektuellen Luxus zu
disqualifizieren. In der Zwischenzeit entstand der Ruf nach der
Verurteilung der "Verbrecher von Oslo". Die Linke schwieg, als
schäme sie sich dafür, jemals an einen Friedensprozess geglaubt zu
haben. Eine genaue und öffentliche Analyse des Scheiterns von Oslo
unterblieb. Bis heute liegen keine offiziellen Karten oder
Protokolle zu den Angeboten und Forderungen von Camp David vor.
Genauere Untersuchungen und Analysen
finden sich in akademischen Publikationen oder als Fussnote der
Geschichten. Die Fragen "was wollte Rabin?", "wie weit wäre er
gegangen?", "wieso glaubte er an den Partner Arafath?" und "wie
konnte Lea Rabin Arafath als Familienmitglied bezeichnen?", blieben
unbeantwortet. Wie kommt es, dass die meisten der damals an den
Verhandlungen Beteiligten in Arafath durchaus noch einen Partner
sehen können und trotzdem zum Slogan "Arafath ist kein Partner!"
immer wieder betreten schweigen? Wie großzügig war Baraks Angebot,
und wieso hat es Arafath nicht angenommen, wenn er doch eine
"Salamitaktik" verfolgt und Stück um Stück ganz Israel zerstören
will?
Ein Leitartikel in Jedioth achronoth
thematisiert anlässlich des Raviv-Freispruchs das "Andenken Rabins":
"Der Raviv-Prozess war wohl der
letzte, der im Zusammenhang mit der Ermordung Rabins stattgefunden
hat. Der Kampf um das Andenken Rabins ist jedoch noch nicht vorbei.
Die Ermordung war ein traumatisches Erlebnis, das jedoch in unserem
kurzen kollektiven Gedächtnis untergegangen ist.
Über sieben Jahre sind seit dem Mord vergangen, und die Bücher, die
sich damit befassen, können nicht einmal ein halbes Regal füllen.
Weil es bei uns keine öffentlichen Diskussionen gibt, überlassen wir
komplexe Themen lieber Gerichten und Untersuchungskomitees.
In der israelischen Rechten hat sich kaum jemand
Rechenschaft darüber abgelegt, wie in ihrer Mitte Leute entstehen
konnten, die bereit sind, einen Premier des Staates Israel zu
ermorden. Die Linke hat ihr dabei geholfen, indem sie sich obsessiv
mit der "Hetze" befasste, so als sei Jigal Amir nicht von religiösem
Fanatismus getrieben worden, sondern sei unter dem Einfluss einer
scharfen politischen Diskussion gestanden.
Ein Volk, das kein Bewußtsein und keine Gesprächskultur hat,
versteift sich auf heiße, politische Diskussionen, über die Roadmap
oder den Trennzaun. Früher pflegte man zu sagen, dass Themen wie
Gesellschaft und Identität erst behandelt werden, wenn wir Frieden
haben werden. Es scheint, auch das Andenken Rabins wird auf diesen
Tag warten müssen, der sich immer weiter entfernt".
dg / hagalil.com / 02-04-03
Es gibt eine
Chance für den Frieden - eine grosse Chance!
Jesh Sikuj leSchalom - Sikuj gadol!
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