Partei-Analyse:
Shas - Das "Zünglein an der Waage"
Die religiöse Shas-Partei hat bei der
Wahl in Israel 12 Sitze gewonnen und ist in der Regierungskoalition. Ein
Blick auf die Partei und ihren geistigen Führer.
Von Benjamin Unger
12 Sitze in der Knesset (dem israelischen Parlament)
gewann die religiöse Shas-Partei bei der letzten Wahl in Israel. Sie konnte
sich dadurch einen Platz in der Regierungskoalition von Ministerpräsidenten
Ehud Olmert (Kadima-Partei) sichern. Ein sehr gutes Ergebnis für die
"sephardischen Thorawächter" (Akronym: Shas).
Thorawächter? Hier kommt man von der westlichen
Perspektive betrachtet leicht zu dem Schluss, dass eine politische
Vertretung drauf und dran ist, den demokratischen Staat Israel in eine
Theokratie (Gottesstaat) zu verwandeln. Aus demokratisch geprägter Sicht,
wähnt man im "Kulturkampf" zwischen weltlich-säkularen und religiösen
Kräften in Israel meist die Gefahr von einem religiös-fundamentalistischem
Land. Jedoch sollte man auf der anderen Seite auch die orthodoxe Betrachtung
mit einbeziehen, die durch "linksorientierte Medien und Justiz" die
Traditionen und moralischen Werte des Judentums gefährdet sieht.
Doch man sollte die Kirche – oder in diesem Kontext: die
Synagoge – im Dorf lassen. Natürlich strebt die Partei gewisse Leistungen
für ihr religiöses Klientel an und wirkte somit vor einigen Jahren zum
Beispiel auch auf ein Verbot der Ausstrahlung von Porno-Filmen im Fernsehen
hin. Auch lässt sich die Partei, die keine feste Meinungen zu staatlichen
Sicherheitsfragen hat und somit als in alle Richtungen offen
Koalitionspartei oft das "Zünglein an der Waage" spielt, eine
Regierungsbeteiligung mit erheblichen finanziellen Zuwendungen an ihre
eigenen sozialen Einrichtungen und ihr religiöses Schulsystem bezahlen.
Dennoch sollte man zu einer ausgewogenen politischen
Analyse der Shas kommen. Die Shas-Partei hat ihre 12 Sitze nämlich auch
dadurch gewonnen, dass sie auf eine aktive Sozialpolitik setzt – in Israel,
einem Land dessen soziale Schere mittlerweile wesentlich deutlicher ist, als
in vielen anderen westlichen Ländern. Zum Einen hat Shas ein exzellentes
Bildungs- und Sozialsystem aufgebaut und bietet so neben dem staatlichen
Bildungszweig religiöse Schulen, die sich viel mit dem Judentum befassen,
aber durch eine ganztägige Betreuung, preiswerte Schulspeisung und geringe
Schulgebühren auch für säkulare Familien interessant sind. Desweiteren
unterstützt die Partei Steuerinitiativen, von denen schwache und mittlere
Schichten profitieren.
Der spirituelle Führer der Partei, Rabbi Ovadiah Yoseph,
sorgt in den israelischen Medien durch polemische Äußerungen und Angriffe
häufig für Aufruhr. Vor einigen Jahren sagte er beispielsweise: "Diejenigen,
die während es Holocaust umkamen, müssen für Sünden aus früheren Leben
büßen." Neben solchen Ausfällen, gibt es aber eine Reihe von Aussagen, die
für Kontroversen sorgen, bei näherer Analyse aber zu relativieren sind. So
befasste sich Zion Zohar vom Institut für Nahost-Studien an der Florida
Universität mit der Person Rabbi Yoseph und erkannte in seinen schriftlichen
Weisungen durchaus moderate und flexible Positionen. So erwies sich das
Shas-Oberhaupt gar nicht als Frauenfeind oder als antimodern, sondern als
ein Verfechter der Gleichbehandlung von Frauen und moderner Technologie.
Viele der kritischen Medienberichte resultierten aus
Nicht-Beachtung seiner religiösen Ausdrucksweise und einem Urteil nach
westlichen Standards. Zudem ist bemerkenswert, dass Zohar zu dem Schluss
kam, dass jeder - nach westlichem Standard - politisch unkorrekten Aussage
von Rabbi Yoseph eine politisch korrekte folgte. Auch wenn es der
Shas-Partei der Demokratie gegenüber meist an klaren Bekenntnissen fehlt,
darf man nicht die Kurzsichtigkeit walten lassen, sie als Gegner ebenjener
zu beschreiben. In ihrem Wahlprogramm fordert sie zwar einen israelischen
Staat mit jüdischem Charakter, aber explizit nicht auf Basis der Halacha
(der jüdischen religiösen Gesetzeslehre). Auch das Justizsystem wird von
Shas akzeptiert, selbst wenn einige der Rechtsauslegungen des Obersten
Gerichtshofes in Israel nicht nach dem Geschmack der Partei sind.
Die Shas-Partei ist und bleibt natürlich eine religiöse
Partei. Gewisse konservative Positionen und Aussprüche - auf ihrem Kampf für
jüdische Tradition beruhend - sind sicher diskussionswürdig und stehen einer
demokratischen Partei nicht immer gut. Jedoch sollte man gerade aus diesem
Grund nicht in ähnliche Muster verfallen und die Partei in die
fundamentalistische Ecke drängen. Vielmehr erfordert der Blick auf Rabbi
Yoseph und seine Partei eine differenzierte Sicht.
Der Aufstieg der
Schas-Partei in Israel:
"Die
alte Herrlichkeit wiederherstellen"
Obwohl die ShaS-Partei in kurzer
Zeit zur drittstärksten Partei in Israel aufgestiegen ist, gibt es bisher
keine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Parteigeschichte in
deutscher Sprache. Diesen Mangel möchte Felix Gregor Neugart mit einer
Arbeit beheben, die auf empirischen Forschungen für seine Diplomarbeit an
der Freien Universität Münster beruht...
Wieder einmal - Yemach Shmo veZikhro!
Raw Yosef
verflucht Israels Erziehungsminister Sarid
Raw Owadjah Yosef, ehemals sefardischer
Oberrabbiner und Haupt der fundamentalistischen SchaS-Partei hat zum Ausgang
des Schabath in der Bucharischen Synagoge in Jerusalem den israelischen
Erziehungsminister Josi Sarid (MeReZ) verflucht.
Boker tow - Iran!
Überraschende
Ausbrüche von Homophobie
Obwohl der Staat Israel heute weltweit zu den
Vorreitern in Sachen Gerechtigkeit und Gleichstellung für Schwule und Lesben
zählt, kam es in den letzten Tagen mehrfach zu Beleidigungen, Hetzreden und
Übergriffen. Abgeordnete der sefardisch-fundamentalistischen Shas-Partei
versuchten in der Kneseth Redebeiträge liberaler Politiker zur
schwul-lesbischen Gleichberechtigung niederzubrüllen... |