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Offener Brief:
Zur Antisemitischen Gewalt in Kreuzberg-Friedrichshain

An:
die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Frau Cornelia Reinauer, die Bezirksstadträtin für Jugend, Familie und Sport, Frau Sigrid Klebba sowie den Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, Herrn Riza Baran.

Von:
Thomas Uwer, Publizist und Mitarbeiter der entwicklungspolitischen Organisation WADI e.V.
Thorsten Burkhardt, Musiker
Ralf Schroeder, Geschäftsführer Intelligent Data Systems GmbH
Justus Wertmüller, Redaktion Bahamas
Jörg Rensmann, Projekt Archiv e.V.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Frau Bezirksstadträtin,
sehr geehrter Herr Vorsteher,

Antisemitismus ist in der deutschen Gesellschaft weit davon entfernt, ein historisches Problem zu sein.

In Deutschland, wie auch in anderen europäischen Ländern, konnte man in den vergangenen Jahren beobachten, wie sich ein neuer radikaler Antisemitismus formiert, in dessen Zentrum der sogenannte "Antizionismus" steht. Die offene Feindschaft gegenüber dem Staat Israel bricht sich vielerorts Bahn in Angriffen gegen Juden und jüdische Einrichtungen. Mit Besorgnis reagieren wir darum auch auf Entwicklungen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Erst vor wenigen Tagen ist in Kreuzberg ein junger Litauer, der aufgrund seiner Kopfbedeckung als Jude identifiziert wurde, zusammengeschlagen worden, so daß das Opfer ambulant behandelt werden mußte. Nach Polizeiangaben erklärte der 19jährige Täter, er sei Palästinenser und Juden müsse man ermorden. Wiederholte Ausschreitungen dieser Art in Friedrichshain-Kreuzberg stellen die Vorstellungen eines multikulturellen Stadtbezirkes, der einem friedlichen und toleranten Zusammenleben der "verschiedenen Gleichen" verpflichtet ist, zunehmend in Frage. Wir denken, daß dies Gründe und Ursachen hat, denen aus Politik und Gesellschaft entgegengewirkt werden muß. In diesem Sinne wollen wir Sie auf einen konkreten Mißstand in der vom Stadt und Bezirk finanzierten und zu verantwortenden Jugendarbeit in aller Deutlichkeit hinweisen. Wir bitten Sie, unsere Beobachtungen und Einschätzungen zu prüfen und dafür Sorge zu tragen, daß die offene Jugendarbeit nicht zum Deckmantel für Gruppierungen wird, die einen offenen und radikalen Haß gegen Israel und die Juden fördern.

Der Jugendladen der T.E.K.

In Kreuzberg besteht seit über dreißig Jahren ein eingetragener Verein namens Till-Eulenspiegel-Kette (T.E.K.), der vorwiegend der Kinder- und Jugendarbeit verpflichtet ist. Zu den Einrichtungen dieses freien Trägers der Jugendhilfe gehört der halboffene Jugendladen in der Oranienstraße 36. Für diesen finanziert die öffentliche Hand neben den Räumlichkeiten auch 1 ? Planstellen für Erzieher. Zielsetzung dieses Projektes ist nach Aussage des Trägers die Förderung von "Integration, Gewaltprävention und Konfliktbewältigung". Nach unserer Einschätzung kommt der Verein diesen wichtigen und unterstützenswerten Zielen nur unzureichend nach.

Antisemitische Propaganda

Die Räumlichkeiten in der Oranienstraße 36 werden regelmäßig von einer organisierten Gruppe Jugendlicher frequentiert, die einen offenen Antisemitismus propagieren. Diese treten öffentlich mit neonazistischen Symbolen wie dem der "Antizionistischen Aktion" (siehe unten) auf und propagieren den Kampf gegen Israel sowie gegen Andersdenkende, die sie gemeinhin unter dem Label "Zionisten" subsumieren. Diese Gruppe ist wiederholt durch Gewalttaten sowie die unverhohlene Drohung, "ihren" Kiez "mit allen Mitteln" "zionistenfrei" zu halten, in Erscheinung getreten. Uns ist bekannt, daß das pädagogische Konzept des Jugendladens der T.E.K. auf dem Prinzip weitgehender Selbstverwaltung der den Laden nutzenden Jugendgruppen basiert. Wir teilen dieses Programm im Grundsatz, fragen uns aber, wo die Grenzen der Selbstverwaltung liegen und die Pflicht staatlich bestallter Jugendarbeiter beginnt, als Pädagogen gegen Bandenbildung, offenen Antisemitismus und damit einhergehende Gewalttätigkeit einzuschreiten. Wir können uns nicht vorstellen, daß den Mitarbeitern der T.E.K. entgangen ist, wer da unter anderem ihre Räumlichkeiten nutzt; uns will der Verdacht nicht loslassen, daß einige der T.E.K.- Verantwortlichen dieses Treiben dulden.

Die neonazistische "Antizionistische Aktion"

In den 80er Jahren erklärte der damals führende westdeutsche Neonazi-Führer, der 1991 verstorbene Michael Kühnen, den "Kampf gegen den Zionismus" zum Hauptanliegen seiner Kameradschaft. Damit war die Propagierung des Hasses gegen das "jüdische Finanzkapital", den Staat Israel und die USA, aber auch die in Deutschland lebenden Juden gemeint. Kühnen bemühte sich jahrelang um ein breites Bündnis aus neonazistischen aber auch anderen Antisemiten. Dieses trat bis tief in die 90er Jahre hinein als "Antizionistische Aktion" in Erscheinung. Noch heute ist dieses Logo bei der NPD und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen auf Transparenten und Flugblättern zu finden.

Die Kreuzberger "Antizionistische Aktion"

Spätestens seit dem Frühjahr 2004 treten junge Männer, die sich regelmäßig als Jugendgruppe im Jugendladen der T.E.K. zusammenfinden, unter dem Namen "Antizionistische Aktion" sowie in T-Shirts mit gleichlautendem Schriftzug und den Farben der palästinensischen Autonomiegebiete auf. Zudem finden sich bei den Mitgliedern dieser Gruppe auch T-Shirts mit dem Bild "Großpalästinas" in den Grenzen des ehemals britischen Mandatsgebietes von 1948, gänzlich in den Farben der Autonomiebehörden, ohne jede Spur von einem jüdischen Staat. Für ihre Überzeugungen stehen die genannten jungen Männer rücksichtslos ein.
Dies war so auf dem Kreuzberger Karneval der Kulturen am 31. Mai 2004, als zwei Kritiker dieser "tradierten" antisemitischen Symbolik aus dem Zug heraus von mehr als 15 Leuten - zumeist regelmäßige T.E.K.-Besucher - angegriffen und erheblich verletzt wurden. Dem einen brachten sie mit Fußtritten gegen den Kopf eine Gehirnerschütterung bei, dem anderen wurde ein Springmesser in die Hüfte gestochen. Die Ermittlungen wegen des Vorwurfs der schweren Körperverletzung dauern z. Z. noch an.
Am 21. August traten die gleichen Männer auf dem jährlichen Straßenfest der T.E.K. ganz offiziell mit ihren T-Shirts in Erscheinung. Einer von ihnen versah Tresendienst im Jugendladen, ein anderer betreute direkt vor dem Jugendladen einen Info-Stand, der mit Flugblättern einer "Volks-widerstandbewegung der Welt" aufwartete. Eines rief zur Unterstützung für die stalinistischen nepalesischen "Revolutionäre" auf, im anderen fanden sich haßerfüllte Vernichtungsphantasien gegen Israel. Die Besucher des Straßenfestes hatten u. a. die Gelegenheit, den Jugendladen der T.E.K. zu besuchen. Im hinteren Ladenbereich im Korridor zum Gruppenraum findet sich eine riesiges Wandbild, das die Fahne der palästinensischen Autonomiegebiete, darstellt. Diese, vorsichtig ausgedrückt, einseitige Haltung zum Nahost-Konflikt, zeugt von einer offen antiisraelischen Stimmung im Jugendladen.
Die für dieses Treiben tonangebenden Männer sind ein Kreis von Jugendlichen aus dem Umfeld einer gewalttätigen maoistischen Partei, die unter den Namen "Revolutionäre Kommunisten" (RK), "Revolutionäre Internationale Kommunisten" (RIM) und "Volkswiderstandsbewegung der Welt" auftritt. Im Internet gibt diese Partei Einblick in ihre gespenstische und paranoide Welt des Kampfes "der Völker" gegen "Imperialisten" und "Zionisten", womit die USA und Israel gemeint sind. Die Nähe der beschriebenen Jugendgruppe im Jugendladen zu dieser Partei wird dadurch unterstrichen, dass ihre Mitglieder immer wieder Propagandaprodukte der RK verteilen und ihre Losungen übernehmen.

"Mumia-Solidarität"

Doch nicht als RK oder "Volkswiderstandsbewegung der Welt" treten diese Männer im Jugendladen der T.E.K auf, sondern unter dem scheinbar harmlosen und korrekten Titel "Mumia-Solidaritätsgruppe". Dahinter verbirgt sich ein bundesweit organisiertes, gänzlich von der RK vereinnahmtes Bündnis, das sich für die Haftentlassung des in den USA wegen Mordes verurteilten Mumia Abu Jamal einsetzt.
Ziel ist unter anderem die Gründung sogenannter "Schülergruppen für Mumia" und entsprechende auf Jugendliche fokussierte Aktionen. In diesen Gruppen werden u. a. Schriften Jamals gelesen, die entweder in rassistischem Tonfall die Höherwertigkeit der "Schwarzen" propagieren (womit alle gemeint sind, die eine irgendwie "dunklere Hautfarbe" als "weiße" Europäer und Nordamerikaner haben), oder die zur weltweiten Unterstützung der sogenannten Intifada gegen Israel aufrufen.

Ausblick

Die militanten Übergriffe auf jüdische Menschen und solche, die antisemitische und antizionistische Aggressionen nicht wortlos hinnehmen, sind in Friedrichshain-Kreuzberg weder Ausnahme noch verwunderlich. Aggressiv judenfeindliche Gruppierungen, oft eine beunruhigende Melange aus linksradikalen, islamistischen und neonazistischen Positionen, können offensichtlich auch unter Aufsicht, Duldung und Finanzierung der staatlichen oder staatsnahen Jugendarbeit agieren. Mit Blick auf die Politik der Bundesrepublik Deutschland, die sich der Versöhnung mit den Jüdinnen und Juden sowie der Freundschaft mit dem Staat Israel verpflichtet fühlt, mit Blick auf die demokratischen Tugenden von Liberalismus und Toleranz und mit Blick auf die ehrenwerten Ziele der Jugendarbeit, Integration, Gewaltprävention und Konfliktbewältigung zu befördern, wollten wir Sie in aller Dringlichkeit auf das Problem antisemitischer Aggression und Propaganda im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hinweisen. Wir gehen nicht davon aus, daß Sie bereits in der Vergangenheit von diesem Beispiel Kenntnis hatten - bislang ist das Problem "T.E.K.-Laden als Zentrum organisierter antisemitischer Gewalt" lediglich Gegenstand von Diskussionen in der antifaschistischen Szene gewesen. Wir hoffen, daß Sie nun ausreichend sensibilisiert sind, um sich ein eigenes Bild von den Zuständen in der Oranienstraße 36 machen zu können. Wir gehen fest davon aus, daß auch Sie die Aktivitäten einer gewalttätigen antisemitischen Gruppe in einem öffentlich geförderten Projekt der Jugendarbeit grundsätzlich ablehnen. Jugendarbeit und Pädagogik müssen einer gefährlichen Logik, der zufolge insbesondere in Kreuzberg und Neukölln soziale Konflikte zunehmend als religiöse (Islamisierung) und nationale (sogenannte Palästina-Solidarität) ausgetragen werden, unbedingt und ohne falsche Rücksichtnahmen entgegentreten. So gibt es eine Grenze zwischen der Sorge um einen gerechten Frieden im Nahen Osten und der offen oder verklausuliert formulierten Forderung nach Vernichtung des jüdischen Staates. Diese Grenze wird dort zugunsten antisemitischer Vernichtungsphantasien überschritten, wo neben der Palästina-Symbolik nur noch die Verunglimpfung des jüdischen Staates als "zionistisches Gebilde" und "imperialistischer Siedlerkolonialismus" Platz hat. Gegen eine solche Sicht auf den Konflikt im Nahen Osten, gegen derart unversöhnliche und einseitig israelfeindliche Propaganda muß sich eine demokratische Gesellschaft und ihre Institutionen zur Wehr setzen. Ein Hausverbot für RK-Zusammenhänge und die Beseitigung der antiisraelischen Propaganda (Palästina-Andachtswand im Jugendladen, Graffitis und Fahnen in der Nachbarschaft) wären ein erster Schritt. Ein zweiter Schritt wäre ein offensives pädagogisches Konzept und ausreichende Mittel zur Prävention gegen die in den letzten Jahren bedrohlich angewachsenen antisemitischen Einstellungen unter Kreuzbergs Jugendlichen.

Abschluß

Diesen Text an Sie zu schreiben, ist in mancher Hinsicht ein Wagnis. Mit dem öffentlichen Engagement, dem wir unsere Stimme und unseren Namen geben, begeben wir uns auch in den Konflikt mit einer offen militanten Gruppierung, der bisher nicht Einhalt geboten wurde.

Eines ist uns aber von größerer Wichtigkeit: Antisemitischen Propagandisten und Gewalttätern dürfen nirgendwo Freiräume entstehen. Ein gemeinsames, konsequentes Handeln kann der Entwicklung Einhalt gebieten, daß Teile Berlins zur No-Go-Area für Jüdinnen und Juden werden. Wir sind jederzeit zu Gesprächen und gemeinsamem Handeln bereit. Im Vertrauen auf Ihr Engagement erwarten wir Ihre Antwort.

Thomas Uwer, Publizist und Mitarbeiter der entwicklungspolitischen Organisation WADI e.V.
Thorsten Burkhardt, Musiker
Ralf Schroeder, Geschäftsführer Intelligent Data Systems GmbH
Justus Wertmüller, Redaktion Bahamas
Jörg Rensmann, Projekt Archiv e.V.

Informationen / Kontakt zum offenen Brief
Ralf Schroeder, Critical Society
mobile 0172.9789866
eMail zivilisatorische.restposten@gmx.de

hagalil.com 07-09-2004

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