Heute Abend beginnt Jom haSikaron, an dem der gefallenen Angehörigen der Sicherheitskräfte, der Terroropfer und der Versehrten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) gedacht wird. Der Gedenktag beginnt mit einem Sirenenton und einer Schweigeminute um acht Uhr abends. Morgen werden um elf Uhr vormittags bei Sirenenton zwei Schweigeminuten abgehalten, während denen das ganze Land zum Stillstand kommt. Im Anschluss daran finden auf den Militärfriedhöfen in ganz Israel Gedenkzeremonien statt, die zentrale Zeremonie auf dem Herzl-Berg.
Die Zählung der Toten beginnt mit dem Jahr 1860. Dies ist das Jahr, das den Beginn der Siedlung von Juden außerhalb der historischen Stadtmauern Jerusalems markiert. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Gefallenen und Opfer von Terrorakten auf 25.420 gestiegen.
Es ist der zweite Gedenktag nach dem 7. Oktober. Noch immer sind 59 israelische Geiseln in Gaza gefangen. 24 von ihnen sind offensichtlich am Leben, die bereits gefallenen können weiter nicht angemessen beerdigt werden. Heute Mittag, am Vorabend von Jom haSikaron, gaben die Familien verstorbener Geiseln eine Erklärung ab. Darin betonten sie die Dringlichkeit, dass alle Geiseln zurückkehren und die Gefahr des endgültigen Verschwindens von Geiseln, deren Leichen noch nicht zur Beerdigung übergeben wurden.
Zuvor hatte das Gesundheitsteam des Forums der Familien der Entführten und Vermissten einen Expertenbericht veröffentlicht, der vor dem Risiko warnt, dass die 35 verstorbenen Geiseln unauffindbar werden könnten, sodass ihre Ortung oder Übergabe unmöglich wird.
Der Bericht beschreibt zwei wesentliche Risikodimensionen. Zum einen ist der Ort, an dem die verstorbenen Geiseln in Gaza aufbewahrt werden, nur wenigen Personen bekannt. Die Möglichkeit, zuverlässige Informationen zu erhalten, die eine Bergung der Leichen ermöglicht, wird durch den anhaltenden Krieg gefährdet. Daneben gefährden die Umweltbedingungen, extreme Hitze, Überschwemmungen, Gebäudeeinstürze und mehr, die Identifizierung und die Möglichkeit, die Todesumstände ermitteln zu können. Der Bericht warnt eindringlich, dass der Lauf der Zeit Beweise erodieren, Erkenntnisse vernichten und die Chancen auf Bergung erheblich verringern wird.
Bar Goddard, die Tochter von Meny Goddard, der aus dem Kibbutz Beeri entführte wurde, sagte, dass der Bericht sehr beunruhigend sei. „Nach allem, was wir an diesem Tag und seitdem durchgemacht haben, kann es nicht sein, dass auch der Leichnam meines Vaters von der Bildfläche verschwindet und uns eine so grundlegende Mizwa, die Toten zu begraben, nicht gewährt wird. Meinen Vater an dem Ort zu begraben, den er so sehr liebte. Wir verdienen mehr. Wir verdienen es, in einem Land zu leben, in dem die Menschen an erster Stelle stehen. Vor Positionen und Jobs. Vor politischen Absprachen und Auseinandersetzungen. Vor allem! Die lebenden Geiseln und die Verstorbenen müssen an erster Stelle stehen. Sie alle sind Menschen. Jede der 59 ‚Geiseln‘ ist eine ganze Welt, die erst vollständig sein wird, wenn alle nach Hause zurückkehren.“

Auch Ilan Weiss wurde aus Beeri entführt und offenbar noch am 7. Oktober ermordet, wie die Familie später erfuhr. Seine Frau Shiri und Tochter Meital wurden ebenfalls entführt und kamen im November 2023 frei. Ilans Leiche wird weiter in Gaza festgehalten. „Ein Grab ist kein Privileg – es ist eine notwendige Voraussetzung für unsere Fähigkeit, mit der Heilung zu beginnen“, sagte seine Tochter Meirav heute. Das mögliche Verschwinden der verstorbenen Geiseln würde die Grundwerte, auf denen der Staat aufgebaut wurde, beschädigen, so Meirav Weiss, „gegenseitige Verantwortung und Solidarität“.
Meirav Daniel, die Mutter von Oz Daniel, ein 19jähriger Soldat, der im Kampf gegen Hamas-Terroristen fiel, sagte: „Uns wurde nicht die Möglichkeit gewährt, Oz zur ewigen Ruhe zu führen. Eine Beerdigung ist keine Option. Sie ist die Pflicht einer Gesellschaft, die das Leben schätzt. Es gibt einen ungeschriebenen Bund zwischen dem Staat und seinen Söhnen und Töchtern – sie geben ihr Leben für ihn, und er verpflichtet sich, sie nach Hause zu bringen. Lebendig – und wenn sie gefallen sind – dann zu einer würdigen Ruhe. Wir dürfen nicht den Fehler machen zu glauben, die Verstorbenen hätten noch Zeit. Sie können jeden Moment verschwinden. Den Geiseln läuft die Zeit davon – das gilt für die lebenden ebenso wie für die verstorbenen.“