Hat die Kölner Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft ein Antisemitismusproblem?

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Foto: haGalil

Ein Kampfredner, der als Sprecher der Kölner Bildungsgewerkschaft auftritt, versichert vollständige Solidarität mit dem „palästinensischen Volk“

Auf dem Kölner Neumarkt hatten sich am 8.2. ca. 150 Palästinenser und deren linksradikales Umfeld zu einer Kundgebung vorgeblich für die Freilassung eines palästinensischen Chefarztes eingefunden. Die Stimmung war, wie bereits bei den zahllosen vorhergehenden „pro palästinensischen“ Kundgebungen seit dem Hamas-Pogrom vom 7.10.2023, routiniert drohend, was die antizionistischen Kampfparolen betrifft. Ihnen gegenüber standen ca. 100 Menschen aus dem „pro israelischen“ Spektrum, darunter viele mit Israelfahnen. Auch die streitschlichtende Polizei war stark vertreten und handelte angemessen. Zu konkreten Zwischenfällen kam es, bis auf die obligatorischen Beschimpfungen der israelsolidarischen Menschen, nicht.

Es war eine der wohl über 100 vorgeblich „pro palästinensischen“ Kundgebungen, die seit dem Pogrom der Hamas vom 7.10.2023 auch in Köln die Straße zu dominieren versuchen. Sie sind offenkundig stolz auf das Pogrom der ihnen nahestehenden völkischen Terrororganisation Hamas und inszenieren sich als Opfer. In diesem Opfergestus ähneln sie, psychologisch betrachtet übrigens dem Wutbürger- und AfD-Milieu. Nichts Neues unter der Sonne…

Aufgerufen zu dieser Kundgebung vom 8.2. hatten mehrere einschlägige Gruppen, die, wie CityofHopeCologne schreibt, dem Spektrum der militanten Israelfeinde nahestünden wie etwa die sog. „Palästinasolidarität Köln“: Auch die anderen aufrufenden Gruppen wie Mera25 und die „Palästinensische Gemeinde Köln“, so CityOfHope in ihren Stellungnahmen, würden Positionen vertreten, „die den Terror der Hamas als „Widerstand“ bezeichnen und die Vernichtung Israels fordern“. Auch in diesem Aufruf wird Israel eines „Genozids“ beschuldigt. 

Der Kölner Bethlehemverein als Demoaufrufer

Mitunterzeichner dieses Demonstrationsaufrufes ist jedoch auch, und dies sollte eigentlich verwundern, ausgerechnet der umstrittene städtische Bethlehem Verein. Dieser existiert seit 1996 und soll eigentlich auf kommunaler Ebene einen „Beitrag zur Stabilisierung und Förderung des Friedensprozesses in Nahost“ leisten, so die städtische Selbstdefinition. Dass vom städtischen Bethlehemverein seit dem Hamas-Pogrom fortdauernd antiisraelische Kundgebungen mit teils mehr als fragwürdigen Kooperationspartnern durchgeführt werden, mit Nähe zu hiesigen antisemitischen, vorgeblich palästinensischen „Kampfgruppen“, die den demokratischen Rechtsstaat Israel fortdauernd dämonisieren, das sollte man durchaus als höchst problematisch bezeichnen dürfen.

Die Kölner DIG unter ihrem rührigen, besonnenen Vorsitzenden Dr. Hannes Platz hat ihre Kritik hieran mehrfach formuliert. In solchen vulgär „antizionistischen“, Israel fortgesetzt dämonisierenden Kundgebungen eine städtische „Förderung von Friedensprozessen“, so die städtische Selbstdefinition, sehen zu wollen, dazu gehört schon eine erhebliche Form von Realitätsverleugnung.

Dass auch bei dieser aktuellen Kundgebung vom 8.2. Personen aus dem Umfeld der verbotenen Terrororganisation Samidoun aufgetreten sind – in der gut organisierten Kölner „Paliszene“ kennt man sich durchaus bestens – müsste eigentlich Empörung auslösen. Szenekenner und Institutionen wie RIAS, wissen dies durchaus und verfügen über entsprechende Belege. Vergleichbares ideologisches Agieren lässt sich von dem stillen Städtepartnerschaftsverein Köln – Tel Aviv gewiss nicht sagen. Ein beunruhigendes Ungleichgewicht.

Um den Bethlehemverein gibt es, spätestens seitdem der bestens vernetzte Sozialdemokrat und Theologe mit schwerst „antizionistischem“ Drall Albrecht Schröter, unterstützt etwa durch den ehemaligen Gesamtschullehrer und ehemaliges Kölner Linken-Stadtratsmitglied Michael Kellner, die moderate bisherige Bethlehem-Vorsitzende Claudia Burger gestürzt hat, heftigen Streit. Die Zweifel an dem Modell der triangulären Städtepartnerschaften sind für Viele kaum noch auszuräumen (vgl. Magazin der DIG 02/2020).

International verankerte Kölner Persönlichkeiten wie der SPDler Hans-Jürgen Wischnewski (1922 – 2005) – „Ben Wisch“ – sowie der 1936 geborene Kölner Theologe und langjährige Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Manfred Kock waren ein Garant für die Sinnhaftigkeit von triangulären Städtepartnerschaften. Heute, das belegt auch diese „antizionistische“ Kampfdemo vom 8.2., sind Zweifel an diesem Konzept angebracht.

Immerhin: Am 26.2.2024 wurde der Bethlehem-Vereinsvorsitzende Schröter wegen seiner fortgesetzten Angriffe gegen den demokratischen Staat Israel vom von dem Kölner Journalisten Arnd Henze organisierten kirchlichen „Braunsfelder Forum“ wieder ausgeladen. Ursprünglich hatte Schröter auf der Liste der Diskussionsteilnehmer gestanden. Mit solch ausgewiesenen „Kritikern“ Israels wollte Henze im Namen der Kölner evangelischen Clarenbachgemeinde offenkundig nichts zu tun habe. 

Für große Empörung hatte im Januar 2025 ein Statement des Bethlehemvereins gesorgt, in dem dieser eine Stellungnahme eines Jonathan Cook verbreitete, die eine – so das Bündnis gegen Antisemitismus Köln – „Dämonisierung Israels“ betreibe. Auch die Köln DIG protestierte zeitgleich „mit Empörung“ auf diesen israelfeindlichen Post des Städtepartnerschaftsvereins Köln – Bethlehem, mit dem dieser sogar die „Gefangennahme“ von israelischen Frauen und Kindern rechtfertige, so die Kölner DIG. t-online titelte daraufhin am 5.2.2025 über den Kölner Bethlehemverein: „Verein teilt Hamas-Narrativ – und bekommt Fördergelder“. 

Routinierte Dämonisierung Israels – und ein skandalöser GEW-Redner

Zurück zu der Kundgebung vom 8.2. auf dem Kölner Neumarkt: Nach etwa einer Stunde routinierten Kampfgebrülls und antizionistischer Kampfparolen – es war auch ein geschichtsrevisionistischen Transparenten „Freiheit für die palästinensischen Geiseln“ zu sehen; offenkundig hat Israel das Hamas-Pogrom vom 7.10. selbst betrieben – kam es zu einer skandalträchtigen Rede. Angekündigt wurde ein Redner, der für die Kölner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft spreche. Der Namen wurde nicht genannt, durchaus ungewöhnlich für eine Kundgebung, offenkundig nicht. Zumindest haben wir ihn nicht mitbekommen. Er wird auch im Internet nirgends genannt. Der GEW-Redner stand auch nicht auf den Einladungsflyern zur Palästina-Demo. Stattdessen wurden dort formal eine vorgebliche „Palästina-Koordination Köln“ , eine „Palästinensische Allianz NRW“ und die radikal antizionistische Kleinstgruppierung „Jüdische Stimme“ unter ihrem Vorsitzenden Wieland Hoban als Kundgebungsanmelder genannt. Hoban publiziert ansonsten, wenn er nicht unter dem Titel „jüdisch“ auftritt, in linksradikalen Magazinen wie der jungen welt. 2022 trat er in Basel auf einem „No Zionist Congress“ gemeinsam mit dem Samidoun-Vertreter Mohammed Khatib auf; ihre Diskussion wurde von der radikal antizionistischen Gruppierung „Palästina Antikolonia“ verbreitet. Im Mai dieses Jahres schrieb Hoban in der linksextremen Zeitung »junge Welt«: »Der politische Zionismus beruht auf der Logik des Antisemitismus, nicht der Emanzipation; er ist eine Ideologie der Unterdrückung, die abgeschafft werden muss.«

„Der Genozid der Netanjahu-Regierung darf nicht unterstützt werden“

In dem Einladungspost zu der Demonstration am Neumarkt, an der besagter städtischer Bethlehemverein beteiligt war, wurde der israelischen Regierung sehr direkt ein „Genozid“ unterstellt – und das nach dem Hamas-Pogrom vom 7.10. Als zentrale Botschaft ihrer Kölner Kundgebung war zu lesen: „Die Bundesregierung handelt nicht in unserem Namen. Der Genozid der Netanjahu-Regierung darf nicht unterstützt werden.“ 

Ein jüngerer Mann hatte eine zentrale Rolle als Redner inne: Er trat mit dem obligatorischen „Palästinatuch“ auf und wurde, umjubelt von der Menge, als Sprecher der Kölner Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW) vorgestellt. Sein Name wurde nicht genannt, aus GEW-Kreisen wurde jedoch bestätigt, wer es war: Der Kölner Lehrer Julian Gürster. Laut Internetangaben gehört er dem erweiterten Vorstand der Kölner GEW an. Für alle Zuschauer wie auch für die Öffentlichkeit war klar, dass Gürster als offizieller Sprecher der Kölner GEW auftrat. Gürster scheint familiär einschlägig „antizionistisch“ geprägt zu sein: Sein Vater, gleichfalls ein GEW-Funktionär, tritt in den sozialen Medien werbend für Wagenknechts Partei auf. Er postete auf FB wenige Stunden später mehrere Fotos ihrer Palästina-Kundgebung.

Sie stünden als GEW-Gewerkschaftler „an der Seite des palästinensischen Volkes“, rief Gürster. Seine Lehrergewerkschaft stehe „hinter den Forderungen dieser Veranstaltung“. Und die Mitglieder seiner international verankerten Kölner Bildungsgewerkschaft hätten beschlossen, „dass wir gegen Waffenlieferungen aus Deutschland nach Israel sind.“ Es folgte in seiner Rede die obligatorischen, taktischen ideologischen Positionen: Sofortiger Waffenstillstand, keine deutschen Waffenlieferungen an Israel etc.

Die grausamen, sadistischen Szenen der Vorführung einzelner israelischer Geiseln in den vergangenen Wochen waren zu diesem Zeitpunkt allgemein bekannt. Deren schwersten, monatelangen Misshandlungen, die Ermordung von etwa 1200 israelischen Bürgern beim Hamas-Pogrom vom 7.10. sollten jedem Lehrer hierzulande bekannt sein. Ein Großteil der Opfer des Hamas-Pogroms waren linke israelische Kibbuzniks, Vertreter der israelischen Linken. Auch dass das Pogrom der Hamas über wohl zwei Jahre lang vorbereitete und minutiöse geoplant worden ist, das ist in den vergangenen Monaten umfassend wissenschaftlich dokumentiert worden. Auch das sollten deutsche GEW-Lehrer zur Kenntnis genommen haben.
Dies alles scheint den Kölner GEW-Vertreter Gürster nicht zu interessieren. Stattdessen findet sich sein Name auf einer Unterschriftensammlung an den DGB, die von der radikalen trotzkistischen Minigruppe ArbeiterInnenMacht verbreitet wird.

Es ist zu hoffen, dass sich die Kölner GEW in eindeutiger Weise zu diesem Vorgang äußert, der von einem Kölner GEW-Funktionär unter ihrem Banner vorgetragen wurde.

Auch die lange, beeindruckende Zusammenarbeit der GEW mit ihren israelischen Kollegen von der Bildungsgewerkschaft Histadrut Hamorim, die durch die regelmäßigen Seminare von deutschen und israelischen GEW-KollegInnen über Jahrzehnte verlebendigt worden ist, wird durch diesen nachfolgend dokumentierten Redebeitrag gefährdet. 

 

Stellungnahme zum Vorfall im Rahmen einer pro-palästinensischen Kundgebung am 8.2.2025

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Köln nimmt hiermit Stellung zum Vorfall im Rahmen einer Kundgebung pro-palästinensischer Organisationen, die am 8.2.2025 in Köln auf dem Neumarkt stattgefunden hat. Auf dieser wurde eines unserer Mitglieder als Redner für die GEW Köln angekündigt und hat sich daraufhin in seinem Redebeitrag auch als solcher geäußert. Das jüdische Online-Magazin haGalil.com wirft daraufhin in einem Artikel vom 17.2. die Frage auf, ob die GEW Köln ein Antisemitismusproblem habe (https://www.hagalil.com/2025/02/gew-koeln/).

Die GEW Köln betont ausdrücklich, dass die Kundgebung vom 8.2. nicht von ihr unterstützt wurde – das betreffende Mitglied hatte einen entsprechenden Antrag an den Geschäftsführenden Vorstand gestellt, der dort negativ beschieden worden war. Ebenso hat das Mitglied seinen Redebeitrag folglich auch nicht im Auftrag und nicht als Sprecher der GEW Köln gehalten, sondern als Privatperson, auch wenn es zum Zeitpunkt der Kundgebung eine GEW-Weste trug.

Wir bedauern diesen Vorfall zutiefst und prüfen im Rahmen unserer Satzung rechtliche Mittel, um künftig derart beschlusswidriges Verhalten zu unterbinden. Insbesondere sichern wir zu, dass jedwede antisemitische Äußerungen in der GEW Köln absolut unerwünscht sind und nicht geduldet werden.