Die Jüdischen Friedhöfe an der Mosel von Remiremont bis Koblenz
Von Franz Josef Schäfer
Bereits 2002 gaben Uwe F. W. Bauer und Marianne Bühler die erste Auflage von „Steine über dem Fluss“ mit dem Untertitel „Jüdische Friedhöfe an der Mosel“ heraus, die 96 Seiten umfasste. Für die 2. Auflage wurden die Jüdischen Friedhöfe in Grand Est (Lothringen) und im Großherzogtum Luxemburg (Grevenmacher) mit aufgenommen, so dass die gesamte Mosel von der Quelle am Col de Bussang in den Vogesen bis zur Mündung in Koblenz erfasst ist.
Im einleitenden Textteil sind drei Texte von René Richtscheid abgedruckt: „Jüdisches Leben in der Moselregion in der Vormoderne“, „Juden und ihre Geschichte in Lothringen“ und „Jüdisches Leben in Luxemburg“. Die Beiträge von Marianne Bühler aus der ersten Auflage wurden mit leichten Änderungen übernommen: „Juden und ihre Geschichte an der deutschen Mosel“ und „Der jüdische Friedhof“. Die Mitte des Bandes bilden die 2021/2022 aufgenommenen Fotos von Bauer.
Zu den Abbildungen der deutschen Friedhöfe finden sich Informationen von Bauer und Bühler über die Lage, zur Geschichte des jeweiligen Friedhofs und der betreffenden jüdischen Gemeinde. Die Kommentierung des Friedhofs in Neumagen-Dhron stammt von Gerd Mentgen (* 1962), die entsprechenden Kommentare für Luxemburg und Lothringen von Uwe F. W. Bauer, bis 2021 evangelischer Pfarrer in Suhr-Hunzenschwil (Schweiz, Kanton Aargau) und emeritierter Privatdozent für Altes Testament an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel.
René Richtscheid, seit 2007 wissenschaftlich-pädagogischer Mitarbeiter am Emil-Frank-Institut in Wittlich und seit 2011 Vorsitzender der Trierer Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, stellt in seinem Beitrag über das Judentum in der Vormoderne die Anfänge jüdischen Lebens in der Region dar. Eine jüdische Gemeinde in Metz ist im Jahre 888 belegt. Erste schriftliche Nachrichten über die Trierer Gemeinde stammen aus dem Jahre 1066. Archäologische Zeugnisse lassen auf eine weit frühere Anwesenheit von Juden schließen. Zunächst wohnten Juden in Bischofsstädten, Mitte des 12. Jahrhunderts auch in weiteren Residenzstädten, etwa in Koblenz, St. Dié, Luxemburg oder Nancy. Die sich anschließenden Unterkapitel sind überschrieben mit „Pogrome und Wiederansiedlung“, „Ausweisungen und Refugien“ und „Wiederansiedlungen“.
Die katholische Theologin Marianne Bühler, bis 2007 Pädagogische Mitarbeiterin am Emil-Frank-Institut an der Universität Trier und an der Theologischen Fakultät Trier, behandelt in ihrem Beitrag über Juden und ihre Geschichte an der deutschen Mosel das Zusammenleben von Juden und Christen im 18. Jahrhundert, die innere Organisation der Gemeinden, die Emanzipation des Judentums im 19. Jahrhundert und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die Schoa und den Neuanfang. René Richtscheid geht in seinem Beitrag über Juden und ihre Geschichte in Lothringen u.a. auf die kurze Blüte des Landjudentums im 19. Jahrhundert ein. Mit Beginn der NS-Zeit 1933 und dem Anschluss des Saargebietes 1935 an das Deutsche Reich flohen Juden in die Region. Auf die Annexion von Elsass und Nord-Lothringen durch das Deutsche Reich folgte die Schändung von jüdischen Friedhöfen oder gänzliche Verwüstung. Im Oktober 1940 wurden die noch verbliebenen Juden in das Lager Gurs in den Pyrenäen deportiert. Im letzten Transport ins KZ Auschwitz befanden sich ca. 300 jüdische Kinder und Jugendliche aus Lothringen, von denen nur fünf zurückkehrten. Marianne Bühler geht in ihrem Aufsatz zum jüdischen Friedhof mit 12 Anmerkungen eingangs auf die religiöse Tradition ein und behandelt anschließend die Gestaltung der Friedhöfe und der Grabsteine.
Zentrum der Publikation bilden die jüdischen Friedhöfe: Lothringen: Remiremont, Épinal, Nancy, Toul, Pont-à-Mousson, Augny, Metz, Vantoux, Ennery (Ennerchen), Hagondange (Hagendingen), Uckange (Ückingen), Thionville (Diedenhofen), Sierck-les-Bains; Luxemburg: Grevenmacher; Rheinland-Pfalz: Konz, Konz-Könen, Konz-Oberemmel, Trier, Schweich, Fell, Mehring, Leiwen, Trittenheim, Neumagen-Dhron, Osann, Brauneberg, Lieser, Bernkastel-Kues, Zeltingen-Rachtig, Lösnich, Kröv, Enkirch, Bullay, Beilstein, Cochem, Klotten, Lütz, Brodenbach, Kobern-Gondorf, Koblenz. Zu den Gemeinden gibt es ergänzende Literaturhinweise.
Die Autoren möchten in der vor Ort ansässigen Bevölkerung ein Bewusstsein für die Bedeutung der jüdischen Friedhöfe als Teil der eigenen Orts- oder Stadtgeschichte entwickeln, um Schändungen und Zerstörungen jüdischer Friedhöfe zu verhindern. Außerdem soll die Publikation Gästen, die an die Mosel kommen, die Möglichkeit geben, sich mit dem moselländischen Kulturleben auseinanderzusetzen. Das Buch haben sie all den Menschen von der Mosel gewidmet, die in der NS-Zeit ermordet wurden und denen niemand einen Grabstein setzen konnte.
Uwe F. W. Bauer/Marianne Bühler/René Richtscheid: Steine über dem Fluss. Die Jüdischen Friedhöfe an der Mosel von Remiremont bis Koblenz (= Schriften des Emil-Frank-Instituts 6). Trier: Paulinus 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2023, 192 S., 220 Abb., ISBN 978-3-7902-1906-7, 24,90 €.
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