Erinnerungszeichen für Chaim Both, Marjem Both und Malwine Porsche / Erinnerungszeichen für Dr. Fritz Zieglwallner in München
Am Wochenende jährt sich die sogenannte „Kristallnacht“ zum 86. Mal. In dieser Nacht des 9. November 1938 wurde der Münchner Kaufmann Chaim Both von einem SA-Mann in seiner Wohnung erschossen. Für ihn, seine Ehefrau Marjem Both und Malwine Porsche werden am Sonntag, 10. November, Erinnerungszeichen gesetzt. Die Gedenkveranstaltung findet um 11 Uhr im Kulturzentrum Luise statt. Teilnehmen werden Stadträtin Anne Hübner in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München und Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Es sprechen Angehörige der Familie Both/Kammer.
Am Montag, 11. November, wird anlässlich seines Todestages ein Erinnerungszeichen für Dr. Fritz Zieglwallner (1883 – 1937) gesetzt. Die Gedenkveranstaltung findet um 11 Uhr im Maximiliansaal der Regierung von Oberbayern statt. Sprechen wird Zieglwallners Enkelsohn, der Münchner Augenarzt Prof. Dr. Thomas Neuhann.
Chaim Both kam 1876 in Grina zur Welt, Marjem Both 1880 in Jaroslaw, beide Orte liegen im heutigen Polen. Im Jahr 1908 wurde ihr Sohn Max geboren, im Jahr darauf Tochter Fanny. Seit 1909 lebte die jüdische Familie in der Lindwurmstraße 185, wo Chaim Both einen Kleinhandel für Herren- und Knabenmodeartikel führte. 1930 kaufte er das Gebäude. Am Abend des 9. November 1938 drangen mehrere SA-Männer in das Haus ein. Der SA-Mann Hans Schenk erschoss Chaim Both aus nächster Nähe. Max Both wurde verhaftet. Die Waren aus dem zerstörten Geschäft eignete sich ein Konkurrent weit unter Wert an. Nach der Zwangsenteignung mussten Marjem und Max Both ihre Wohnung räumen. Max Both wanderte 1939 nach England aus, seine Schwester war im Jahr zuvor in die USA emigriert. Marjem Both wurde von der Gestapo am 20. November 1941 nach Kaunas deportiert, wo sie am 25. November 1941 erschossen wurde.
Malwine Porsche, 1878 im damaligen Ungarn geboren, war mit der Familie Both verschwägert. Sie arbeitete in München als Schneiderin und betrieb ein Zigarrengeschäft. Ihr Ehemann, der Kunstmaler Professor Otto Maria Porsche starb 1931. Malwine Porsche wurde am 13. Juli 1942 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die SS die 64-Jährige ermordete.
Dr. Fritz Zieglwallner kam 1883 in München zur Welt. Seine Mutter stammte aus einer jüdischen Familie und konvertierte vor ihrer Heirat zum Christentum. Zieglwallner studierte in München Medizin und ließ sich als Kassenarzt in der Seitzstraße nieder. Die Praxis behielt er auch, als er 1919 zum medizinischen Direktor des Bezirkskrankenhauses in Pasing berufen wurde. In der NS-Zeit galt er wegen der jüdischen Herkunft seiner Mutter als „Mischling 1. Grades“. 1937 erhielt er von der Kassenärztlichen Vereinigung den Bescheid, dass seine Kassenzulassung „zum Ruhen gebracht“ werde. Zur gleichen Zeit zeigten ihn Beschäftigte des Krankenhauses an, weil er die Übertragung einer Hitler-Rede während der Dienstzeit nicht zugelassen habe. Zieglwallner reiste am 11. November 1937 nach Berlin, um Einspruch gegen das Ruhen der Kassenzulassung einzulegen, doch der Zulassungsausschuss lehnte den Widerspruch ab. Auf dem Heimweg brach er beim Besteigen des Zuges tot zusammen. Er hatte keine Vorerkrankungen, sein Tod wurde offensichtlich durch den Schock ausgelöst, vor dem Nichts zu stehen.
Programm am Sonntag, 10. November 2024
11.00 Uhr
Gedenkveranstaltung
Kulturzentrum LUISE, Ruppertstraße 5
Ca. 12.45 Uhr
Anbringung der Erinnerungszeichen für Marjem und Chaim Both
am ehemaligen Wohnsitz mit Geschäft in der Lindwurmstraße 185
Ca. 13.30 Uhr
Anbringung der Erinnerungszeichen für Malwine Porsche
am ehemaligen Wohnsitz in der Akademiestraße 19
Programm am Montag, 11. November 2024
11.00 Uhr
Gedenkveranstaltung
Regierung von Oberbayern, Maximilianstraße 39, Maximiliansaal (6.OG)
Ca. 12.00 Uhr
Anbringung des Erinnerungszeichens
am ehemaligen Wohnort, heute Karl-Scharnagl-Ring gegenüber der Bürkleinstraße
Zu den Erinnerungszeichen: Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild.
Weitere Informationen: www.erinnerungszeichen.de