
Die Universitäten sind zur Gefahrenzone für jüdische Studierende geworden. Viele trauen sich nicht mehr in die Uni, viele verstecken ihr „Jüdisch-Sein“, um in der Masse unterzugehen oder zumindest, um von der Masse nicht angegriffen zu werden. All das ist mir bewusst und ich gehe aktiv auf Mahnwachen gegen Antisemitismus, verfolge die jeweiligen „Pro-Pali-Camps“ und poste, was und so oft ich kann. Allerdings habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht, wie es für jüdische Lehrende ist. Bis ich mein Blockseminar, das ich einmal pro Semester an der Uni Osnabrück halte, anbieten sollte.
Von Julia Goldberg
Je näher der Termin im Juni kam, desto öfter beschlich mich ein diffuses Gefühl, das ich nicht in Worte fassen konnte. Bis mir auf einmal klar wurde, dass ich Bedenken habe, nach Osnabrück zu fahren. Mir wurde plötzlich klar, dass ich keine Ahnung habe, wie dort die Lage ist, ob ich an einem Camp vorbei muss, um in die Uni zu kommen, ob der Schlossgarten voll ist von Parolen-schreienden Menschen, die ich passieren muss.
Unabhängig davon, dass ich meinen Davidstern offen trage, meine gelbe Schleife gut sichtbar platziert ist und meine Bring-Them-Home- Kette von weitem reflektiert, habe ich nun auch einen so jüdischen Namen, dass jedem und jeder alle Zweifel ob meines jüdisch Seins verfliegen.
Ich merkte wirklich, dass ich große Befürchtungen hatte, was mich erwartet. Dass ich fahre, war klar, dass ich mich allem stellen werde, ebenfalls.
Aber alleine die Tatsache, dass ich solche Gedanken und solche Gefühle habe, macht mich traurig, verwirrt und entsetzt mich. Seit 2006 habe ich diesen Lehrauftrag und freue mich jedes Mal meinen Workshop zu halten.
Und zum ersten Mal bange ich um meine Sicherheit, bin misstrauisch, weiß nicht, was auf mich zukommt.
Ich rief letztendlich das Büro der Präsidentin an, schilderte der Sekretärin mein Problem, die es weitertrug. Ihr Rückruf erfolgte schnell und sie versicherte mir, dass an der Uni alles ruhig ist und ich nichts zu befürchten habe. Wie schön!
Doch wäre die Antwort eine andere gewesen: Was wäre die Konsequenz? Hätte ich Schutz bekommen? Wie hätte der ausgesehen? Hätte ich in Köln bleiben müssen? Was wäre das für ein Zeichen?
Ich vermute, ich bin nicht die einzige jüdische Lehrende in Deutschland im Jahre 2024, die diese Bedenken, Ängste, Befürchtungen hat.
Auch hier müssen die Unis Vorkehrungen treffen, um jüdischen Dozenten zu schützen. Und es muss auch eine ganz klare Aussage getroffen werden für uns. Nur dann kann ich bedenkenlos weiter Inhalte vermitteln und mich sicher fühlen.