In Gedenken an Shlomo Lewin und Frida Poeschke
19.12.2023 um 17.30 Uhr am Lorlebergplatz in Erlangen
Vor dreiundvierzig Jahren, am 19. Dezember 1980, wurden Shlomo Lewin und Frida Poeschke in Erlangen Opfer eines antisemitischen Mordanschlags. Der Täter Uwe Behrendt war Burschenschafter und Mitglied der neonazistischen Wehrsportgruppe Hoffmann. In der Mehrheitsgesellschaft blieb ein öffentlicher Aufschrei aus und die Ermittlungsbehörden haben ein antisemitisches Tatmotiv lange Zeit nicht in Betracht gezogen. Normalität in Deutschland im Jahr 1980.
Deutsche Normalität heute ist auch, dass sich nach dem Massaker der Hamas am 7.10.2023 keine Welle der Solidarität, sondern ein antisemitisches Lauffeuer aus allen Seiten der Gesellschaft entfacht hat. Am 7. Oktober starben mehr Jüdinnen und Juden als an jedem anderen Tag seit der Shoah. Bereits kurz nach dem Massaker wurde weltweit der antisemitische Terror offen als islamistischer Jihad, als „Befreiungskampf“, „Widerstand“ oder als Akt der „Dekolonisierung“ begrüßt. In Deutschland sind in diesem Zuge die antisemitischen Straf- und Gewalttaten sprunghaft angestiegen, sodass sich seit dem 7. Oktober die Gefahrenlage für Jüdinnen und Juden massiv verschärft hat. Antisemitische Parolen, körperliche Übergriffe, Markierungen an Häusern in denen angeblich Jüdinnen und Juden wohnen und Angriffe auf Synagogen und Gedenkstätten sind Teil der deutschen Normalität. Gleichzeitig wird dieses Klima von vielen, unter anderem führenden deutschen Politiker*innen, zum Anlass genommen, den eigenen Antisemitismus abzuspalten und mit dem Narrativ des “importierten Antisemitismus” rassistische Ideologie und Politik bis hin zu Abschiebungen zu legitimieren. Das ist bestenfalls selektive Antisemitismusbekämpfung, bleibt aber als solche zweifelhaft wenn man gleichzeitig beste Geschäftsbeziehungen zu den Regierungen in Katar, dem Iran oder der Türkei unterhält und deutsche Antisemit*innen mehrheitlich ignoriert.
Diese antisemitischen und rassistischen Zustände sind nicht alternativlos. Wir wollen ihnen deshalb am 19.12.2023 entschieden entgegentreten. Zusammen wollen wir Shlomo Lewin und Frida Poeschke ein würdiges Gedenken schaffen und darüber auch unsere Solidarität mit allen Jüdinnen und Juden auf die Straße tragen, die antisemitischer Gewalt ausgesetzt sind.
Kommt zahlreich und schließt euch dem Gedenken und der Demonstration an!
Gegen das Vergessen. Gegen den antisemitischen Normalzustand.
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Ein Mord in einem Jahr voller Terror
Vor 40 Jahren erschoss ein Nazi in Erlangen den Rabbiner Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frida Poeschke. Es gilt als der erste antisemitische Mord eines Rechtsextremen in der Bundesrepublik Deutschland. Früher im selben Jahr hatte bereits das Oktoberfestattentat stattgefunden, der größte rechtsextreme Anschlag in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ein vergessener rechtsterroristischer Doppelmord
Vor 40 Jahren fielen der ehemalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Nürnbergs und seine Lebensgefährtin einem Anschlag zum Opfer