Die neuen Fernsehtipps

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Vom 16. bis 30. April 2022

Sa., 16. Apr · 04:10-04:55 · WDR
Der Jesuswanderweg

Es gibt kaum ein spannenderes Land als Israel – und kaum jemanden, der unsere Kultur mehr geprägt hat als Jesus. Was war dieser Jesus eigentlich für ein Mensch? Und was findet man heute noch, wenn man sich auf Spurensuche macht in dem Land, in dem er gelebt und gewirkt hat? Wie war das Leben damals, in einer Zeit, in der es weder Autos, Handys noch GPS gab? Jesus und seine Nachfolger Tage, Monate lang zu Fuß unterwegs waren? Dennis Wilms pilgert los, im Kopf und zu Fuß, auf einem Wanderweg quer durch Galiläa nach Nazareth, zum See Genezareth und auf den Berg Arbel. Wie war das Leben damals, in einer Zeit, in der es weder Autos, Handys noch GPS gab? Jesus und seine Nachfolger waren Tage, Monate lang zu Fuß unterwegs. Dennis beginnt in Nazareth, dem Ort, an dem Jesus aufgewachsen ist. Er geht an historische Orte, macht Selbstversuche, fragt nach. Humorvoll, tiefsinnig und informativ. Trifft Menschen mit spannenden Geschichten, Pilger, jüdische Familien, arabische Freunde und will herausfinden, wie jeder einzelne über Jesus und seine Wunder denkt und was diesen Fleck Erde so besonders macht. Die Landschaft? Die Menschen? Die biblischen Orte? Die bewegte Geschichte? Dennis Wilms ist unterwegs. Im Kopf und zu Fuß. Und nimmt den Zuschauer mit. 65 Kilometer, über matschige Wege, durch wunderschöne Landschaften mit fantastischen Aussichten aber auch auf steinigen Feldwegen mit Blasen an den Füßen.

Sa., 16. Apr · 05:25-06:25 · HR
Planet Wissen: Gerettet und gestrandet – Jüdische Displaced Person nach 1945 in Bayern

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stranden vor allem in der amerikanischen Besatzungszone in Süddeutschland Hunderttausende Überlebende des Holocaust, der Shoá. Einerseits die Jüdinnen und Juden, die Deportation und Massenmord im Untergrund, in Verstecken oder in den Konzentrationslagern überlebten, andererseits immer mehr Jüdinnen und Juden aus Osteuropa und der Sowjetunion, die vor allem ab 1946 von dort vor erneuten Pogromen fliehen. Vor allem in München und in Bayern entstehen in kürzester Zeit zahlreiche jüdische DP-Camps, selbstverwaltete Lager mit Kultur- und Sportangeboten, Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und militärischem Trainingsorten. Denn die meisten jüdischen DPs haben vorerst ein Ziel: die Ausreise in den neu zu gründen und militärisch abzusichernden Staat Israel. PLANET WISSEN zu einem fast vergessenen Kapitel in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Gäste im Studio: • Dr, Evita Wiecki, Historikerin, Ludwig-Maximilians-Universität München • Jim Tobias, Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts

So., 17. Apr · 22:20-23:15 · arte
Kirk Douglas, der Unzähmbare

50 Jahre Filmkarriere in weniger als einer Stunde widerzuspiegeln, ist eine große Herausforderung. Kirk Douglas (1916-2020) spielte in mehr als 90 Filmen mit und war einer der letzten Stars des Goldenen Zeitalters von Hollywood. Er gehörte zu den wandlungsfähigsten Darstellern im Filmgeschäft: vom raubeinigen Westernheld über zerbrechliche Figuren bis hin zum unermüdlichen Kämpfer. Und doch war ihm eine Karriere als Schauspieler nicht unbedingt vorherbestimmt: Als Sohn jüdischer Emigranten wuchs Douglas in einem New Yorker Armenviertel auf und wurde schon im frühen Alter mit Antisemitismus konfrontiert. Doch mit seinem außergewöhnlichen Talent, viel Ehrgeiz und etwas Glück konnte der Junge aus bettelarmen Verhältnissen zur Filmlegende aufsteigen. Tatsächlich war es die nicht minder bekannte Lauren Bacall, eine ehemalige Studienfreundin, die ihm zu seiner ersten Filmrolle verhalf. Ihre Freundschaft hielt nicht zuletzt, weil die bereits etablierte Schauspielerin den noch damaligen Broadway-Darsteller Kirk Douglas dem Produzenten Hal Wallis empfahl. So ließ Douglas die Theaterbretter hinter sich und ging nach Hollywood, um seinen ersten Film „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ zu drehen. Der große Durchbruch gelang Kirk mit der Rolle des rücksichtslosen Boxers in „Zwischen Frauen und Seilen“. In den folgenden Jahren arbeitete das Ausnahmetalent mit großen Regisseuren wie Billy Wilder, Howard Hawks, Otto Preminger und Elia Kazan. Die Dokumentation begibt sich auf die Reise zu den wichtigsten Stationen der langen Karriere von Kirk Douglas. Dabei streift sie sämtliche Meilensteine der Geschichte Hollywoods.

Mo., 18. Apr · 20:15-21:45 · One
Das Geheimnis der Freiheit

Wer kennt Berthold Beitz? In kaum einer Biografie spiegelt sich die Ambivalenz deutscher Nachkriegsgeschichte deutlicher als in der von Berthold Beitz. Wie kann jemand, der im Nationalsozialismus unzähligen Juden das Leben gerettet hat, in der Bundesrepublik mit den Tätern von damals kooperieren und sie sogar verteidigen? Für Golo Mann ein Rätsel voller Widersprüche, dem er auf den Grund gehen will.

Mo., 18. Apr · 20:15-22:25 · ProSieben
Jojo Rabbit

Ende des Zweiten Weltkriegs ist der 10-jährige Jojo ein glühender Nazi, sein imaginärer Freund ist kein anderer als Adolf Hitler. Doch besonders mutig ist er nicht, was ihm den Spitznamen „Rabbit“ einbringt. Sein Vater ist an der Front, seine Mutter aber hält nicht viel von Jojos Begeisterung. Eines Tages entdeckt Jojo, dass seine Mutter die junge Jüdin Elsa auf dem Speicher versteckt hält.

Mo., 18. Apr · 23:15-00:50 · NDR
Monsieur Claude 2

In Sachen multikultureller Offenheit macht Claude Verneuil (Christian Clavier) und seiner Frau Marie (Chantal Lauby) so schnell keiner etwas vor: Ihre vier ebenso bezaubernden wie eigenwilligen Töchter haben Einwanderer aus vier verschiedenen Kulturkreisen geheiratet! Um die Angehörigen ihrer Schwiegersöhne kennenzulernen, unternimmt das wohlsituierte Ehepaar Verneuil eine kleine Weltreise. Von den Strapazen können sich Claude und Marie in ihrem geliebten Provinzstädtchen Chinon jedoch nur kurz erholen, denn ihre Töchter haben die nächste Überraschung parat: Alle vier beabsichtigen, ihren Männern zuliebe auszuwandern, die sich in Frankreich wegen ihrer Herkunft diskriminiert fühlen. Ségolène (Émilie Caen) und Chao (Frédéric Chau) zieht es nach China, Isabelle (Frédérique Bel) und Rachid (Medi Sadoun) nach Algerien und Odile (Julia Piaton) und David (Ary Abittan) nach Israel. Sogar Charles (Noom Diawara) und die hochschwangere Laure (Élodie Fontan) möchten nichts wie weg – allerdings nicht zur Elfenbeinkünste, sondern nach Indien, wo der unterbeschäftigte Schauspieler auf eine Bollywood-Karriere hofft. Dass sich ihre geliebte Großfamilie in alle Winde zerstreuen soll, nehmen Claude und Marie jedoch nicht kampflos hin. Um ihre Schwiegersöhne mit ihrem geliebten Frankreich zu versöhnen, ist ihnen jedes Mittel recht. Schon bald erkennen die vier verbitterten Herren ihre bislang ungeliebte Heimat nicht wieder. Mit rund vier Millionen Kinobesuchern landete die französische Culture-Clash-Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ im Jahr 2014 einen sensationellen Kinoerfolg in Deutschland. „Monsieur Claude 2“ schreibt die unterhaltsame Geschichte des leidgeprüften Familienvaters fort, dessen Töchter ihn mit ihrer multikulturellen Partnerwahl auf eine Probe stellen. Regisseur Philippe de Chauveron nahm die weitverbreitete Kritik von Einwanderern, in Frankreich in vielen Lebensbereichen benachteiligt zu werden, als Ausgangspunkt für die amüsante Geschichte. In Zentrum stehen Christian Clavier und Chantal Lauby als wohlsituiertes Ehepaar, die ihren Schwiegersöhnen ihre geliebte „Grande Nation“ im besten Licht präsentieren müssen.

Di., 19. Apr · 06:15-07:10 · arte
Simone Signoret – Filmstar mit Charakter

Sie war mehr als nur ein schönes Gesicht auf der Kinoleinwand, sie war ein Stück Frankreich: Simone Signoret. Unter dem Namen Simone Kaminker wurde die Tochter einer Französin und eines Polen jüdischer Herkunft am 25. März 1921 in Wiesbaden geboren. Ihr Plan, in Paris Jura zu studieren, scheiterte an den Kriegswirren. Nach Bürotätigkeiten begann sie ihre Karriere als Komparsin – bis zu ihrem Durchbruch 1950 mit Max Ophüls‘ Film „Der Reigen“. Rund 50 Filme realisierte sie in 40 Jahren, darunter die „Die Teuflischen“, „Die Katze“ oder „Goldhelm“. Ein wesentlicher Grund ihres Erfolgs war, dass Signoret sich den Luxus leistete, nur die Rollen zu spielen, die ihr wirklich zusagten. „Ich will tun, was mir gefällt. Und alles lassen, was mich langweilt und anödet. Aber das gilt nicht nur für die Karriere, das gilt für das ganze Leben“, sagte sie. Als ein Höhepunkt ihrer Karriere gilt der Film „Der Weg nach oben“, für den sie den Oscar erhielt, den Darstellerpreis von Cannes sowie den Preis der deutschen Filmkritik. Entschlossen verweigerte sie sich dem Hochglanzimage der Filmwelt. Noch in den 70er Jahren spielte sie in zahlreichen Filmen, unter denen vor allem „Madame Rosa“ hervorragt. Darin spielt sie eine alternde ehemalige Prostituierte, die in einem schäbigen Pariser Mietshaus verlassene Kinder von anderen Dirnen betreut. Kaum eine andere Darstellerin bekannte sich so zum Älterwerden wie sie. Im französischen Kino stand sie für eine bestimmte authentische Art, Frauen zu filmen. Sie hat nie versucht, die Spuren vergehender Schönheit zu konservieren. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Yves Montand gehörte Signoret lange zu den kommunistischen Linksintellektuellen und dem Kreis um den Philosophen Jean-Paul Sartre und sympathisierte eine Zeitlang mit der KP. „Im Film wie in der Wirklichkeit stand sie als Kämpferin gegen die Verletzung der Menschenrechte unter allen Regimen stets an der Spitze“, würdigte der ehemalige französische Kulturminister Jack Lang Signorets politisches Engagement. Wegen ihrer herzlich-rauen Art wurde Signoret auch die „Löwin“ genannt. Ein Beiname, den ihr wohl ihre Kämpfernatur eingebracht hatte. Nie waren ihre Rollen gekünstelt, sie spielte immer sich selbst: „Eines Tages habe ich zwischen liebreizend und interessant gewählt und mich für interessant entschieden“, sagte sie.

Mi., 20. Apr · 00:00-01:25 · NDR
Das Geheimarchiv im Warschauer Ghetto

Es ist eine der bemerkenswertesten und bislang unerzählten Geschichten des Holocaust: Die Geschichte des jungen couragierten Historikers Emanuel Ringelblum, der im Warschauer Ghetto ein Untergrundarchiv initiierte und leitete, in dem Tagebücher und Fotos, NS-Verordnungen und jiddische Poesie gesammelt und vergraben wurden, um der Nachwelt ein authentisches Zeugnis zu geben – vom Leben im Ghetto und den Verbrechen der NS-Besatzer. Der Film von Roberta Grossman ist eine internationale Koproduktion und entstand unter Beteiligung des NDR in Zusammenarbeit mit ARTE. „Wer schreibt unsere Geschichte? Wie können wir sicherstellen, dass unsere Erlebnisse, unsere Traditionen, unser Leid durch unsere eigenen Zeugnisse und nicht nur aus der menschenverachtenden Perspektive der Nazis überliefert werden?“ Getrieben von diesen Fragen und Motiven haben der junge couragierte Historiker Emanuel Ringelblum und seine rund 60 Mitstreiter während des Zweiten Weltkriegs über Jahre hinweg ein Geheimarchiv im Warschauer Ghetto betrieben und gefüllt. Unter dem Tarnnamen „Oneg Shabbat“ („Freude am Sabbat“) sammelten und vergruben die Mitglieder der geheimen Vereinigung Fotos, Tagebücher, NS-Verordnungen und jiddische Poesie, um der Nachwelt ein authentisches Zeugnis vom Leben im Ghetto und den Verbrechen der NS-Besatzer zu geben. Nur drei von Ringelblums Mitstreitern überlebten den Holocaust, darunter Rachel Auerbach, aus deren Perspektive die Dokumentation erzählt wird. Dank ihrer Hilfe und Beharrlichkeit konnte nach Ende des Krieges in mehreren Suchaktionen ein Großteil der Archivalien aus den Trümmern geborgen werden. Seit 1999 ist das Ghettoarchiv Weltdokumentenerbe der UNESCO. Der Film von Roberta Grossman schildert die Entstehungsgeschichte des Untergrundarchivs, über die Räumung des Ghettos bis zum Auffinden der vergrabenen Dokumente nach dem Krieg. Mit aufwendigen Spielszenen, zeithistorischen Aufnahmen, renommierten internationalen Experten und vielfältigen Auszügen aus den überlieferten Tagebüchern werden das alltägliche Leiden im Ghetto, der Hunger, die Verzweiflung und die leidenschaftliche gemeinsame Arbeit an einer eigenen, jüdischen Überlieferung veranschaulicht.

Mi., 20. Apr · 01:25-02:10 · NDR
Ringen um Erinnerung

Was ist wichtiger: ein Mahnmal zur Erinnerung an den Holocaust oder ein Ort aktiven jüdischen Lebens? Das ist, überspitzt, die Frage, vor der die Jüdische Gemeinde in Hamburg und die Stadt Hamburg derzeit stehen. Denn die Gemeinde hat Großes vor: Sie will die Bornplatzsynagoge wieder aufbauen, jene riesige Synagoge aus dem Kaiserreich, die die Nationalsozialisten 1938 in der Reichspogromnacht zerstörten. Das Ziel: einen sichtbaren Ort schaffen, mitten in Hamburg, dort, wo vor der Auslöschung jüdischen Lebens ein ganzes Viertel von der Gemeinde und eben jener 40 Meter hohen Synagogenkuppel geprägt war. Hier war das Zentrum jüdischen Lebens in der Stadt, und hierhin will die Jüdische Gemeinde wieder zurückkehren. Vor anderthalb Jahren sammelte die Initiative „Wiederaufbau Bornplatzsynagoge“ mehr als 100.000 Unterschriften für dieses Projekt von Menschen in ganz Deutschland. Unterstützung kommt auch aus der Politik. Die Hamburgische Bürgerschaft stimmte den Plänen einstimmig zu und der Deutsche Bundestag bewilligte bereits 65 Millionen Euro für den Wiederaufbau. Doch es gibt auch scharfe Kritik, denn der Platz, auf dem die alte Synagoge stand, ist seit fast 40 Jahren auch ein Mahnmal. Im Boden liegt ein großes Mosaik, das das Deckengewölbe der zerstörten Synagoge nachzeichnet. Die Pläne sehen vor, dass dieses Mahnmal weichen muss oder zumindest zum Teil überbaut wird. Kritikerinnen und Kritiker sowie Historikerinnen und Historiker, oft selbst jüdisch, werfen deshalb der Jüdischen Gemeinde und der Hamburger Politik Geschichtsvergessenheit vor. Der Historiker Moshe Zimmermann, dessen Eltern aus Hamburg fliehen mussten, spricht gar von einer „Ohrfeige für die früheren jüdischen Mitbürger“. Eine Wunde müsse schmerzen, der leere Platz an die Gräuel der Nationalsozialisten erinnern. Die Jüdische Gemeinde ihrerseits sieht in dem Mahnmal eher einen Platzhalter – eben für die neue alte Synagoge. Ihr Gemeindevorstand, Philipp Stricharz, meint: „Wer aber jetzt sagt, das Bodenmosaik ist praktisch ein Heiligtum, das unantastbar ist, hat es völlig missverstanden.“ Natürlich wolle man an den Holocaust, an die Shoah, erinnern, doch dafür benötige man keinen leeren Platz, sondern Leben und Austausch. Und das soll im Neubau der Synagoge stattfinden. Ein Treffpunkt für die Hamburgerinnen und Hamburger, Juden und Nichtjuden, ein Platz des Kennenlernens und des Austauschs. Und auch Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin der Stadt, ist sich sicher: „Das heißt ja nicht, dass damit Geschichte oder die Schreckenstaten der Nazizeit in irgendeiner Weise relativiert oder verharmlost werden, sondern es entsteht dort wieder etwas, was schon mal dort war und zerstört wurde von den Nazis. Und das ist für mich von der Symbolik, aber auch dann vom faktischen Tun, der konsequente Schritt, um auch zu zeigen, wir sind hier und ihr kriegt uns nicht klein!“ Wie also Umgehen mit den großen Plänen? Was soll mit dem Mahnmal passieren? Kann, darf, muss es weichen, um jüdische Zukunft zu sichern? Und – wer ist zuständig für Mahnung und Erinnerung?

Mi., 20. Apr · 02:10-03:45 · NDR
Ein Ort, den ich verlassen mußte… Jüdisches Leben am Grindel – Jüdischer Alltag

Die beiden Filme von Renate Zilligen von 1987 dokumentieren das religiöse, soziale und familiäre Leben im ehemaligen jüdischen Grindelviertel in Hamburg. Der Ort war Mittelpunkt des orthodox-religiösen Lebens von knapp 20.000 Menschen. Im Zentrum die Synagoge am Bornplatz, die Talmud-Tora-Schule am Grindelhof und der Gebetsort in der „Klaus“ in der Rutschbahn. Während des Pogroms gegen jüdische Einrichtungen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 und auch Tage danach wurde die Synagoge beschädigt. 1939 wurde die jüdische Gemeinde gezwungen, das Grundstück unter Wert an die Stadt Hamburg zu verkaufen. Die Stadt ließ das Gebäude zwischen Juni 1939 und Januar 1940 abtragen. Die Kosten dafür musste die jüdische Gemeinde übernehmen. Renate Zilligen versucht in ihrem Zweiteiler das jüdische Alltagsleben am Grindel in Interviews mit Zeitzeugen wie Lucille Eichengreen, Max Brimer, Hannah Glücksmann, M. Gillis-Carlebach, Adolf Woltermann und mit alten Fotos, Filmen und Briefen zu rekonstruieren. Ein wichtiges filmisches Dokument, was hiermit zur Wiederaufführung kommt.

Mi., 20. Apr · 14:15-16:10 · arte
Ein Dorf wehrt sich

1945: Nach und nach werden Deutschland und Österreich von den Nazis befreit. Doch in Altaussee im Salzkammergut ist ihre Herrschaft noch nicht zu Ende. Hier haben sich Nazigrößen wie Ernst Kaltenbruner, Chef der Gestapo, in der Nähe des alten Salzbergwerks verschanzt. In dessen Stollen lagern Kunstschätze, die in ganz Europa für das geplante Führermuseum in Linz geraubt wurden. Der Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber, ordnet die Sprengung an, damit die Meisterwerke nicht in die Hände der Alliierten fallen. Doch bei den Bergleuten beginnt sich Widerstand zu regen. Aber im Gegensatz zu seinem Freund Franz, der mit seiner Frau Elsa die Deserteure und Partisanen in den Bergen heimlich versorgt, versucht der eigenbrötlerische Sepp, sich möglichst aus allem rauszuhalten. Erst als sein Freund von der Gestapo erschossen wird und wie ein Hund verscharrt werden soll, kommt er aus der Reserve … Zusammen mit den Bewohnern des kleinen Dorfs stellt er sich gegen den Befehl des Gauleiters und versucht die Sprengung des Bergs in letzter Minute zu verhindern, um die Mine als ihre Existenzgrundlage zu sichern. Dabei begibt sich die Dorfgemeinschaft in große Gefahr, denn auf Widerstand steht immer noch die Todesstrafe …

Mi., 20. Apr · 22:00-23:30 · NDR
Nazijäger – Reise in die Finsternis

1945 und 1946 fahren die Männer der britischen „War Crimes Investigation Unit“ auf der Jagd nach Naziverbrechern durch Norddeutschland. Einer von ihnen ist Captain Anton Walter Freud. Im Team lernt er Hanns Alexander kennen. Der Sohn eines Berliner Arztes ist wie er vor den Nazis nach England geflohen. Sie spüren Mörder auf, die auf den Fahndungslisten der Alliierten stehen: Killer in Nadelstreifen, brutale SS-Schergen und erbarmungslose Ärzte, die medizinische Experimente selbst an Kindern durchführten. Wesentliche Grundlagen des Doku-Dramas sind die Protokolle der Verhöre, die Freud und Alexander damals durchgeführt haben.

Mi., 20. Apr · 22:15-22:45 · RBB
Heimat gesucht! Israelis in Berlin

Vielen Israelis macht es ihr Land nicht leicht: Hin- und hergerissen zwischen ihrer Kultur und dem andauernden Konflikt samt Begleiterscheinungen, suchen sie ihr Glück in der Fremde. Auch in Berlin. Doch finden sie es hier? Welche Rolle spielt die Geschichte? Und was macht das Leben in der Diaspora mit ihrer Identität? Der Film begleitet ein gewerbetreibendes Ehepaar, das seit zehn Jahren hier lebt, eine Stadtführerin, die inzwischen 34 Jahre in Berlin zu Hause ist und ein schwules Literaten-Paar, das gerade ankommt. So verschieden sie sind, eines eint sie: die Suche nach Heimat. Mehr als acht Millionen Juden leben über den Globus verstreut in der Diaspora. Etwa so viele wie im heutigen Israel. Auch aus dem Gelobten Land selbst zieht es viele in die Fremde. Ihnen ist ihr kleines Land keine einfache Heimat: Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu ihrer Kultur und dem andauernden Nahostkonflikt mit seinen Begleiterscheinungen, suchen sie ihr Glück woanders. Auch in Berlin. Doch finden sie es hier? Welche Rolle spielt die Geschichte? Und was macht die Fremde mit ihrer Identität? Bekommt das Jüdische hier vielleicht eine andere Bedeutung? Der Film begleitet Israelis, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten, aus ganz unterschiedlichen Gründen nach Berlin gekommen sind: Ein gewerbetreibendes Ehepaar, eine Stadtführerin und zwei Literaten, die neu in der Stadt sind. Bei allen Unterschieden, eines eint sie: die Suche nach einem friedlichen und toleranten Ort zum Leben. Shahar und Noam sind vor zehn Jahren nach Berlin gezogen. Ohne deutschen Pass und finanzielle Unterstützung haben sie ein kleines Label für nachhaltige (upcycling) Leder- und Mode-Accessoires etabliert. Sie entwerfen ihre Produkte selbst und verkaufen sie auf Kunstgewerbe- und Weihnachtsmärkten in verschiedenen deutschen Städten. Vor zwei Jahren kam eine kleine Berlinerin zur Welt, was ihr Leben ziemlich auf den Kopf gestellt hat. Nirit und der 22-jährige Joel sind Mutter und Sohn. Sie kam 1987 nach Berlin, lange bevor Berlin unter Israelis „populär“ wurde. Nachdem sie Deutsch gelernt und studiert hatte, zog sie (zunächst mit ihrem deutschen Mann) zwei Söhne groß. Seit Jahren ist sie vielleicht die versierteste Stadtführerin für jüdische Themen. Darüber hinaus recherchiert sie für einen Dokumentarfilm zum Judentum in der DDR. Joel studiert Philosophie und versteht sich, obwohl auch israelischer Staatsbürger, als jüdischer Deutscher. Neben seinem Studium arbeitet er im Bundestag als hebräisch-sprachiger Besucherbetreuer. Dory und Moshe sind Autoren und unter interessierten Israelis durchaus bekannt. Während sich Dory als Übersetzer und Dichter betätigt, schreibt Moshe Romane. Vor gut anderthalb Jahren kam das schwule Paar aus Tel Aviv nach Berlin. Davor lebten sie in Paris. Während Moshe an einem Roman arbeitet, der in Berlin spielt, forscht Dory u.a. nach seiner aus Berlin stammenden Familie. Er hat Anfragen an Archive gestellt und eine Grabstätte auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee entdeckt.

Mi., 20. Apr · 22:45-23:30 · RBB
Wir sind jüdische Deutsche – Erbe und Identität seit 1945

„Es war wie ein eigenes Ghetto, in dem wir alle jiddisch miteinander sprachen und unter uns waren“, erinnern sich die Brüder Fiszel und Simon Ajnwojner, wenn sie von ihrer Kindheit im Frankfurter Ostend erzählen. Dort fand die Familie, die zuvor im DP-Lager Föhrenwald in Bayern untergebracht war, ein neues Zuhause. Jüdisches Leben in der Nachkriegszeit: Das war geprägt durch Familien, die im Holocaust unermessliche Einschnitte und Verluste erlitten hatten. Von Eltern, deren Ängste und deren Schweigen auch die nächste Generation prägten. So erinnert sich Dieter Graumann: Als er in die Schule kommt, nehmen ihn die Eltern beiseite: „David, ab heute heißt du Dieter.“ Sie haben das KZ überlebt und wollen nicht, dass ihr Sohn schon an seinem Namen als Jude erkennbar ist. Denn auch im Nachkriegsdeutschland ist der Antisemitismus noch präsent. Heute begegnen wir jungen Jüdinnen und Juden, für die das Nachkriegsdeutschland lange her ist. Sie sehen sich ganz selbstverständlich zugehörig zu Deutschland mit seiner multikulturellen Gesellschaft. Wie etwa James und David Ardinast, die mehrere Restaurants mit internationaler Küche in Frankfurt am Main betreiben. Der Film schlägt den Bogen von den kleinen, überwiegend orthodoxen Nachkriegsgemeinden bis heute: Über die Beschränkungen jüdischen Lebens in der DDR, die Zuwanderung der sogenannten Kontingentflüchtlinge ab 1990 und die Neuentwicklung des liberalen Judentums, das an deutsche Traditionen vor der Shoa anknüpft. In Frankfurt, Leipzig und Berlin begegnet die Filmemacherin Andrea Roth Männern und Frauen, die eines eint: Sie legen Wert darauf, nicht als Opfer gesehen zu werden. Sie sind Handelnde, geprägt von ihren Familiengeschichten, aber selbstbewusst und sehr unterschiedlich.

Mi., 20. Apr · 23:30-00:50 · NDR
Wir sind alle deutsche Juden

„Ich bin Jude. Was bedeutet das?“, fragt sich Daniel Cohn-Bendit in diesem begegnungsreichen Film. Er bricht auf nach Israel und beginnt eine persönliche Suche nach seinem eigenen Judentum. Die Menschen und Orte, denen er auf seiner Reise begegnet, könnten unterschiedlicher kaum sein, und doch kreist die Diskussion immer um die zentrale Frage dieses Films: Was ist „Jüdische Identität“? Auf seiner Reise wird er – immer wieder von Neuem – auf sein Verhältnis zum eigenen Judentum zurückgeworfen und gezwungen, es zu überprüfen. Cohn-Bendit diskutiert mit liberalen und ultrafrommen Juden, mit einer Siedlerin in der Westbank, einem Palästinenser in Ost-Jerusalem und sogar mit einem besatzungskritischen Ex-Geheimdienstchef, der zugibt: Wäre er ein Palästinenser, würde er zu den Waffen greifen.

Do., 21. Apr · 00:50-02:20 · NDR
Die Kinder von Blankenese

Tamar, Josef, Bracha und Wolfgang haben die Verfolgung, die Lager überlebt. Mai 1945. Wo ihre Eltern sind, wissen die Kinder nicht. Im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen wohnen sie nun neben englischen Soldaten und gebrochenen KZ-Insassen. In der Villa der jüdischen Familie Warburg in Hamburg-Blankenese finden sie Unterschlupf. Von der Hölle ins Paradies. Der Antisemitismus im Nachkriegsdeutschland holt Kinder und Erzieher ein – Anfeindungen im Zoo, Missachtungen im örtlichen Krankenhaus. Die Kinder warten ungeduldig auf die große Reise in die neue Heimat Palästina.

Do., 21. Apr · 02:20-03:20 · NDR
Eine Familie unterm Hakenkreuz

Hunderte Briefe, über neun Stunden privates Filmmaterial und unzählige Fotos dokumentieren diese außergewöhnliche Familiengeschichte. Der Doktorand Helmut und die Medizinstudentin Erna lernen sich 1929 kennen, beide schauen voller Zuversicht in die Zukunft. Dann erfährt Erna, dass ihre Mutter Jüdin sei. Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Regierung übernommen haben, wird das Leben für das Ehepaar und ihre drei Kinder immer schwerer. Es ist Liebe auf den ersten Blick, als sich der Doktorand Helmut und die Medizinstudentin Erna 1929 kennenlernen. Beide schauen zuversichtlich in die Zukunft. Dann erfährt Erna in der heraufziehenden Nazizeit von einem Familiengeheimnis: Ihre Mutter sei Jüdin. Erna ist sich sicher, dass sich Helmut von ihr trennen wird. Doch ihr Verlobter steht zu ihr. Die beiden heiraten und bekommen drei Söhne. Nach und nach wird das Leben im nationalsozialistischen Deutschland für die Familie immer schwerer. Erna gilt als Mensch zweiter Klasse, nach den sogenannten Rassegesetzen ist sie Halbjüdin und darf nicht mehr studieren. Helmut bekommt als Arzt keine Zulassung für Kassenpatienten. Das Ehepaar sieht nur noch eine Chance: Durch seine Bewährung als tapferer Soldat will Helmut die sogenannte Sippenschande tilgen. Der Führer und Reichskanzler kann durch seine Unterschrift Helmuts Familie angesichts seines tapferen Einsatzes im Krieg für „deutschblütig“ erklären. Helmut nimmt als Feldarzt am Krieg teil. Erna bleibt mit den drei Söhnen im Münsterland und muss dort den rassistischen Alltag und die Bedrohung von Gesundheit und Leben durch die Nationalsozialisten und ihre autoritätshörigen Helfer allein bestehen. Von der Wehrmacht wird Helmut für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Er fällt an der Front. Doch das scheinbar Unmögliche, die Rettung seiner Familie, gelingt ihm posthum. Erna wird nach seinem Tod tatsächlich für „deutschblütig“ erklärt und entkommt den Deportationen. Sie überlebt mit ihren drei Kindern den Nationalsozialismus. Helmut und Erna waren beide sehr begabt, beide konnten gut schreiben; er war ein leidenschaftlicher Fotograf und Filmemacher. Er hielt die ersten Schritte seiner Kinder und das anfangs glückliche Leben als Arzt genauso in Filmen, Fotos und Briefen fest wie später das Grauen an der Front. Die Geschichte von Erna und Helmut zeigt eine sehr nahe, neue Perspektive auf das Leben im NS-Staat, sie bewegt, sie reißt mit und konfrontiert die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Gewissensfrage: Wie hätte ich mich verhalten?

Do., 21. Apr · 03:20-04:20 · NDR Hamburg
Geboren in Auschwitz

1944 brachte eine junge Jüdin in Auschwitz ein Baby zur Welt. Das Kind wurde Angela genannt und wog nur ein Kilo. Die Mutter versteckte Angela fünf Wochen lang – bis zur Befreiung des Todeslagers. Angela erbte nicht nur das Trauma der Schoah von ihrer Mutter, sondern gab es an ihre eigene Tochter Kati weiter. Kati suchte ihren Seelenfrieden in der ultraorthodoxen Religion. Sie tut heute alles, um das Trauma nicht an ihre Kinder weiterzugeben. Angela und Kati setzen sich in diesem Film mit der Vergangenheit auseinander, um dieses transgenerationale Trauma zu heilen und zu beenden und sich für immer von Auschwitz zu befreien. „Geboren in Auschwitz“ ist die Geschichte des einzigen jüdischen Kindes, das seine Geburt im Vernichtungslager Auschwitz überlebt hat. Eine außergewöhnliche filmische Reise der zweiten und dritten Generation, die das transgenerationale Trauma heilen und beenden will, um sich von Auschwitz zu befreien. Im Mai 1944 kam eine junge Jüdin nach Auschwitz, im zweiten Monat schwanger. Sie wurde von Dr. Mengele für medizinische Experimente ausgewählt. Ihr Baby Angela wurde unter schwierigsten Umständen geboren, wog nur ein Kilogramm und musste fünf Wochen lang bis zur Befreiung des Todeslagers versteckt werden. Der Dokumentarfilm erzählt die außergewöhnliche Lebensgeschichte dreier Frauen und zeigt, wie Angela die Traumata der Schoah von ihrer Mutter geerbt hat und an ihre Tochter Kati weitergab, weil sie versuchte, sie zum Überleben zu erziehen. Kati, die sich dem ultraorthodoxen Judentum zuwandte und als Krebsforscherin in Montréal arbeitet, tut alles, um dieses transgenerationale Trauma zu heilen und zu beenden, um es nicht an ihre eigenen Kinder weiterzugeben. Der Film untersucht diese Traumata und sucht nach Möglichkeiten der Heilung in einer Eltern-Kind-Beziehung.

Do., 21. Apr · 22:55-00:25 · 3sat
Über Leben in Demmin

Im Frühjahr 1945, wenige Tage vor Kriegsende, nehmen sich in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern Hunderte Einwohner das Leben. Heute vereinnahmen Neonazis das tragische Ereignis für sich. Der Film erzählt von Depression, Gruppenzwang, Fremdenfeindlichkeit, falscher Trauer und dem politischen Missbrauch von Gefühlen – aber auch vom Überleben, vom Willen, sich gegen Hass und Fanatismus zu stellen und dem Wunsch, das Vergangene aufzuarbeiten. Im Frühjahr 1945, wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ereignet sich in Demmin eine unfassbare Tragödie: Hunderte Einwohner nehmen sich das Leben. Sie schneiden sich die Pulsadern auf, vergiften oder erschießen sich. Eltern töten erst ihre Kinder und dann sich selbst, ganze Familien gehen mit Steinen beschwert ins Wasser. Bis zum Ende der DDR wird über die genauen Umstände des beispiellosen Massensuizids geschwiegen. 8. Mai in Deutschland, der Jahrestag der Befreiung vom Faschismus: Demmin, eine kleine Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, erwacht. Doch es wird nicht gefeiert. Stattdessen nehmen sieben Hundertschaften Polizei Position ein. Neonazis formieren sich. Mit einem alljährlichen „Trauermarsch“ versuchen sie, die noch immer bestehende Leerstelle zu besetzen und für ihre Zwecke zu missbrauchen. Die Bewohner von Demmin sind im Umgang mit den Ereignissen tief gespalten. Regisseur Martin Farkas begibt sich in dem Dokumentarfilm „Über Leben in Demmin“ auf eine Reise in eine lang verdrängte Vergangenheit. Er trifft auf Bewohner, die das Drama als Kinder erlebt haben und zum ersten Mal davon erzählen, und auf ihre Nachkommen, die jungen Demminer. Sein Film zeigt eine Stadt, die mit ihrer Geschichte alleingelassen ist, und spürt den Folgen des Traumas für die Menschen bis heute nach.

Do., 21. Apr · 23:00-23:45 · HR
Der „Schwulenparagraf“ – Geschichte einer Verfolgung

Man nannte sie „die 175er“. Verhaftet wurden diese Männer schon mal direkt beim Liebesspiel, nicht selten am Arbeitsplatz, oder die Polizei holte sie von zu Hause ab. Ein paar Stunden später saßen sie oft schon in Haft, die Kündigung vom Arbeitgeber ließ meist nicht lange auf sich warten. Ihr begangenes Verbrechen: einvernehmlicher Sex unter erwachsenen Männern. Damit verstießen sie gegen den Paragrafen 175. „Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts“ begangen werde, sei mit Gefängnis zu bestrafen. So stand es zur Einführung des Paragrafen 1871 im Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches. Die Nazis verschärften ihn, erhöhten die Strafen. Viele landeten im Konzentrationslager. Frei aber waren sie auch nach dem Krieg nicht. Die junge Bundesrepublik übernahm den Paragrafen 175 in seiner verschärften Form eins zu eins von den Nazis. Wer das KZ überlebt hatte, musste damit rechnen, erneut ins Gefängnis gesteckt zu werden, um die Reststrafe abzusitzen. Selbst das Bundesverfassungsgericht bestätigte 1957, dass der Paragraf 175 mit dem Grundgesetz im Einklang stehe: Männer, die mit Männern Sex hatten, wurden in der Bundesrepublik weiter verfolgt. Nach Schätzungen des Justizministeriums wurde gegen 100.000 Männer ermittelt, 64.000 hat man verurteilt. Der Paragraf hat Leben zerstört, Existenzen vernichtet. In diesem Film berichten Zeitzeugen davon – wie der 80-jährige Hermann Landschreiber aus Gelnhausen, den die Polizei 1966 vom Postamt abgeführt hat, weil die Mutter seines Ex-Freundes ihn angeschwärzt hatte. Oder Günter Werner, der im katholischen Franken mit einem amerikanischen Soldaten in flagranti erwischt wurde und deshalb im Jugendarrest landete. Sie alle sprechen über ihre Verhaftung, den Knast, ihre Angst, erwischt zu werden oder erpressbar zu sein, aber auch über ihren Wunsch, trotzdem ein selbstbewusstes schwules Lebens zu führen. Sie lassen verstehen, wie lang und beschwerlich der Weg war von der damals verbotenen Sexualität und Heimlichkeit bis hin zur Schwulenehe heute. Wie sieht jemand wie Klaus Beer diese Entwicklung? Sechs Männer hat er als Richter wegen Verstoßes gegen Paragraf 175 verurteilt. Er setzt sich offen mit seiner beruflichen Vergangenheit auseinander. Wie dachte er damals, wie denkt er heute über diese Urteile? Der Film führt auch in die ehemalige DDR, wo der Paragraf viel früher außer Kraft gesetzt und schon 1988 endgültig abgeschafft wurde. Lebten Männer liebende Männer oder lesbische Frauen in der DDR also angstfrei, weil ihr Sex nicht mehr strafbar war? Wann kamen sie trotzdem ins Visier der Staatsmacht? Wolfgang Schmidt war Leiter der Auswertungs- und Kontrollgruppe in der Hauptabteilung XX des Ministeriums für Staatssicherheit. Er gibt offen Auskunft, warum man sich dort mit den Schwulen- und Lesbengruppen beschäftigte. Die lesbische Aktivistin Karin Dauenheimer wurde Anfang der 80er Jahre observiert. Für den Film öffnet sie ihre Stasi-Akte. Frauen, die Frauen liebten, fielen nicht unter den Paragrafen 175, ihnen drohte also auch im Westen keine Strafverfolgung. Hatten sie deshalb wirklich ein sorgenfreieres Leben? Auch darauf findet der Film Antworten. Filmautor Marco Giacopuzzi geht mit großer Sensibilität auf seine Zeitzeugen zu. Sein Film zeigt eindrucksvoll, wie ein menschenverachtender Paragraf und brutale Diskriminierung das Leben unschuldiger Männer und auch Frauen zerstörte und warum es so lange dauerte, bis Paragraf 175 aus der bundesdeutschen Rechtsprechung endlich verschwand. Erst 2017 beschloss die Bundesrepublik ein Gesetz zur Rehabilitierung aller Opfer des Paragrafen. Doch nur wenige trauten sich, einen Antrag zu stellen, und die meisten waren ohnehin verstorben.

Fr., 22. Apr · 12:10-12:50 · 3sat
Ich bin Jüdin – Die junge Generation

Was bedeutet es heute, als junge Frau in Deutschland jüdisch zu sein? Wie schwer wiegt die Tradition des Judentums, und welche Rolle spielt der Glaube? Der Film begleitet die Bloggerin Linda, die angehende Grundschullehrerin Rina und Helene, die sich gerade zur Rabbinerin ausbilden lässt. Drei Frauen, drei unterschiedliche Modelle, den jüdischen Glauben und die Tradition zu leben. Alle eint der Wunsch, besser verstanden zu werden, doch alle eint auch die Befürchtung, dass die gesellschaftlichen Anfeindungen eher zu- als abnehmen und es noch dauern wird, bis jüdische Menschen in Deutschland unbeschwert ihr Jüdisch-sein zeigen können.
© ZDF und WDR/lona media – Linda ist eine progressive Jüdin – den Traditionen zugewandt, aber immer mit einem kritischen Blick.

Sa., 23. Apr · 10:15-10:55 · arte
Geschichte schreiben: Die Klagemauer, Entstehung eines heiligen Ortes

Himmelspforte, Nabel der Welt, Quelle allen Lebens und Ursprung der Schöpfung – diese Begriffe prägten die imaginäre und bildliche Darstellung des Jerusalemer Tempels. Nach der biblischen Legende wurde er von König Salomo erbaut, um die Bundeslade und die Gesetzestafeln sicher zu verwahren. Die Klagemauer ist ein Rest der westlichen Umfassungsmauer des Tempels. Zur religiösen Stätte des Judentums wurde sie erst nach dem Sechstagekrieg – insbesondere mit der Schaffung eines offenen Zugangs zur Mauer durch den Abriss des Maghrebinerviertels in der Jerusalemer Altstadt. Auf den ersten Blick hat das Bauwerk nur eine Bedeutung: Es steht für die Abwesenheit eines anderen Bauwerks. Die Abwesenheit des Jerusalemer Tempels. Und doch hat die Mauer mehrere Bedeutungen. Und auch mehrere Namen: In der christlichen Tradition ist es die Klagemauer, an der Juden seit 2.000 Jahren die Zerstörung des Tempels beklagen. Für Juden aus Jerusalem oder der Diaspora ist es schlichtweg die Westmauer. Das heißt, die Mauer, die westlich der einstigen Tempelanlage von Jerusalem stand und bis heute steht. Und für die Muslime ist es Hait al-Buraq, die Al-Buraq-Mauer. Der Name leitet sich vom Namen des geflügelten Reittiers ab, einer Art mythischer Pegasusfigur aus dem Koran, mit dem Mohammed von Mekka bis nach Jerusalem gereist sein soll, um dort die Propheten zu treffen. Es ist also ein Bauwerk mit drei Namen und folglich auch mit drei Geschichten.

Sa., 23. Apr · 11:50-12:05 · Das Erste (ARD)
Jüdische Akzentsendung: Der Polizeirabbiner

Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg 2021 zwei Polizeirabbiner ins Amt genommen. Einer der beiden: der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik. Vertrauens- und Ansprechperson für Polizist:innen soll er sein, Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus bekämpfen. Wie geht er gegen Vorurteile gegen das Judentum an? Was sind seine Ziele? Die Dokumentation von Autor Uri Schneider begleitet ihn bei der Polizei, als Gemeinde-Rabbiner und in seiner Familie mit acht Kindern, die sich auf das Pessachfest vorbereitet. Shneur Trebnik will junge Polizeianwärter:innen in seine Synagoge nach Ulm bringen, die vor zehn Jahren Tatort eines Brandanschlags war. Er will jungen Polizist:innen religiöse Toleranz vermitteln. Trebnik ist Mitglied der Chabad-Gemeinde, eines chassidischen Zweiges des Judentums, die weltweit sozial engagiert arbeitet. Geboren in Tel Aviv war er in New York, Melbourne und Wien, bevor er vor 22 Jahren die jüdische Gemeinde in Ulm übernahm. Israel sei seine Heimat, Ulm sein Zuhause, sagt er.

So., 24. Apr · 19:30-20:00 · ARD-alpha
RESPEKT – Demokratische Grundwerte für alle! Mut und Moral – Was wir von Sophie Scholl lernen können

Die „Weiße Rose“ prangerte ab Juni 1942 die Verbrechen der Nationalsozialisten an und rief zum Widerstand auf. Der innere Kreis der Gruppe bestand aus den Geschwistern Hans und Sophie Scholl, den befreundeten Studenten Alexander Schmorell, Christoph Probst und Willi Graf sowie dem Universitätsprofessor Kurt Huber. Insgesamt 6 Flugblätter verfasste die Widerstandsgruppe, verschickte sie massenhaft per Post in ganz Deutschland und verteilte sie heimlich. Ein Flugblatt gelangte nach England, wurde dort millionenfach vervielfältigt und 1943 von Flugzeugen der Royal Airforce über ganz Deutschland abgeworfen. Ihren Mut bezahlten alle 6 Mitglieder des inneren Kreises der Weißen Rose mit dem Leben: Sie wurden entdeckt und nach Schnellverfahren 1943 hingerichtet. Respekt-Moderatorin Sabine Pusch macht sich auf Spurensuche: Wo in München finden sich noch Erinnerungen an die Widerstandsgruppe – und gibt es auch heute noch Menschen, die sich ähnlich couragiert wie die Geschwister Scholl für Menschenrechte einsetzen, obwohl sie sich damit in Todesgefahr bringen? Beispiele für solchen Mut finden sich weltweit: Die Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan überlebte 2012 ein Attentat schwer verletzt, trotzdem setzt sich bis heute für Kinder- und Frauenrechte ein. Chelsea Manning aus den USA gab 2010 Geheiminformationen über schwerste Menschenrechtsverletzungen durch US-Soldaten während der Kriege in Irak und in Afghanistan sowie im Gefangenenlager Guantanamo an Wikileaks weiter. Wegen Hochverrats drohte ihr die Todesstrafe. 2013 wurde sie zu 35 Jahren Haft verurteilt. Seit ihrer Begnadigung 2019 setzt sich Chelsea Manning weiter für Menschenrechte ein. Aber auch in Deutschland trifft Moderatorin Sabine Pusch Menschen, die sich mutig für die Demokratie engagieren, auch wenn das nicht ungefährlich ist. Trotz Gewaltandrohungen und gewalttätigen Einschüchterungsversuchen setzen sich etwa in Berlin Menschen für die Demokratie und gegen Neonazi-Gruppen ein. Die Respekt-Reportage zeigt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Engagement unter Todesgefahr gegen den Nationalsozialismus und für Menschenrechte damals vor 75 Jahren und heute. „RESPEKT“ will dazu beitragen, Demokratie, Grund- und Menschenrechte nicht nur als abstrakte Begriffe zu verstehen, sondern als Werte des gemeinschaftlichen Lebens. Die Online-Videos und TV-Reportagen überprüfen Vorurteile und Klischees wie Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Homophobie oder Sexismus. Die Presenter Sabine Pusch, Rainer Maria Jilg und der aus Syrien stammende Schauspieler Ramo Ali treffen Menschen, die sich für Weltoffenheit und Toleranz einsetzen. Mit Ironie und in lockerem Ton zeigen sie, wie Grundwerte und Menschenrechte im Alltag gelebt werden können – und warum wir alle von einem solidarischen Miteinander profitieren. Umfragen mit Passanten ergänzen den Blick auf das jeweilige Thema. Eine „Zahlen und Fakten“-Rubrik hilft dabei, die unterschiedlichen Standpunkte zu beurteilen und sich eine fundierte Meinung zu bilden.

So., 24. Apr · 20:15-22:30 · RTL2
Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat

Historisches Drama über das Attentat auf Hitler, das am 20. Juli 1944 von Claus Schenk Graf von Stauffenberg geplant und ausgeführt wurde, mit Tom Cruise in der Hauptrolle.

Mo., 25. Apr · 23:15-00:55 · NDR
Die Frau in Gold

Maria Altmann (Helen Mirren) führt ein zufriedenes Leben in Los Angeles. Doch die Erinnerungen an die Vergangenheit haben sie nie losgelassen: Als Tochter der jüdischen Unternehmerfamilie Bloch-Bauer war sie vor dem Zweiten Weltkrieg in Wien zu Hause, bevor sie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste. Viele Jahrzehnte später erfährt die alte Dame, dass sie die rechtmäßige Erbin mehrerer Werke des österreichischen Malers Gustav Klimt ist. Darunter befindet sich Klimts Porträt ihrer geliebten Tante Adele Bloch-Bauer, das zu den bedeutendsten Werken der Wiener Secession zählt. Die Kunstwerke, damals von den Nazis geraubt, sind mittlerweile im Besitz der Republik Österreich. Die „Goldene Adele“ wird dort als österreichische Mona Lisa verehrt – Marias Ansinnen nach Rückgabe des millionenschweren Kunstschatzes stößt dementsprechend auf wenig Begeisterung. Deshalb schätzt sie ihre Forderung zunächst als hoffnungsloses Unterfangen ein. Zögern lässt sie auch ihr Schwur, niemals wieder nach Österreich zurückzukehren. So ist die tatkräftige Unterstützung des unerfahrenen Anwalts Randy Schoenberg (Ryan Reynolds), eines Enkels Arnold Schönbergs, und des Wieners Journalisten Hubertus Czernin (Daniel Brühl) nötig, damit die Erbin nach Wien fliegt und sich mit Entschlossenheit der Herausforderung stellt, einen juristischen Machtkampf um das wertvolle Familienerbe auszutragen. Diese Reise wird Marias Leben abermals verändern. Erinnerungen sind unbezahlbar: Der Film des britischen Regisseurs Simon Curtis basiert auf wahren Ereignissen, die zu einem David-gegen-Goliath-Duell verdichtet werden. Ein Kampf für persönliche Gerechtigkeit, ein Plädoyer gegen das Vergessen und ein historischer Skandal: „Die Frau in Gold“, benannt nach dem weltberühmten Jugendstilgemälde von Gustav Klimt, beschreibt die emotionale Achterbahnfahrt eines mehrere Jahre dauernden Rechtstreits, der bis zum Obersten Gerichtshof der USA führte. Dabei brilliert Oscar-Preisträgerin Helen Mirren als elegante alte Dame mit unbeugsamem Willen. Ihre männlichen Kollegen Ryan Reynolds und Daniel Brühl geben ihr die nötige Rückendeckung.

Di., 26. Apr · 00:20-01:40 · ZDF
Der 90-Minuten-Krieg

Überall auf der Welt gibt es politische Probleme, von denen eigentlich jeder denkt, dass sie endlich mal gelöst werden sollten. So ist es auch in Israel und Palästina. Israelis und Palästinenser sind nach jahrzehntelangen Kämpfen und ständigen Verhandlungen müde, immer wieder ergebnislos auseinanderzugehen. Da kommen die Erzfeinde auf eine unkonventionelle Idee: Ein Fußballspiel soll den Nahostkonflikt endgültig beenden. Der Einsatz ist hoch: Wer verliert, muss das gelobte Wüstenland verlassen. Der Sieger bekommt alles, von Jaffa bis Jerusalem, von Galiläa bis Eilat. Kein Streit mehr, keine Kriege, endlich Ruhe. Klingt einfach, ist es aber natürlich nicht. Denn bevor das Jahrhundertspiel überhaupt steigen kann, müssen schwierige Fragen geklärt werden: Wo soll gespielt werden? Welches Land ist für beide Länder neutral genug, um den Schiedsrichter zu stellen? Müssen die Spieler in Israel und Palästina leben, oder reicht schon die Abstammung? Um die Rahmenbedingungen zu klären, schicken die Regierungen beider Nationen die Chefs ihrer Fußballverbände, Ziad Barguti aus Palästina und den Israeli Ozon, in die Verhandlungen. Die hitzig geführten Debatten entwickeln sich zum absurden Spiegelbild des Konflikts, der seit Jahrzehnten weltweit aufs Neue die Nachrichten beherrscht. Wie im echten Leben ist den Kontrahenten jedes Mittel recht, um den Gegner zu schwächen. Das israelische Militär setzt die palästinensische Mannschaft an Checkpoints in der Westbank fest, schließt die Grenzen und verhindert die Einreise des palästinensischen Superstars Ahmed Hany, der in der Bundesliga für Borussia Mönchengladbach Tore am Fließband schießt. Im Gegenzug verbündet sich Palästina mit dem Iran, lässt sich von Saudi-Arabien mit Sportschuhen ausstatten und schleust Spieler über ein geheimes Tunnelsystem ein. Um ihre Mannschaften auf die existentielle Begegnung angemessen einzustimmen, setzen die Verbandschefs auf Rundreisen zu historischen Hotspots und Orten großer Militärerfolge. Und wenn ein Kicker an einer kulturellen Identitätskrise zu zerbrechen droht, finden sich auch Lösungen. Gewissensbisse plagen auch den deutschen Trainer der Israelis. Nach einem Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte kommt Herr Müller ins Grübeln: Das Schicksal Israels in den Händen eines Deutschen ist vielleicht doch etwas zu viel der Verantwortung. Während die alten Herren am Verhandlungstisch über die Details streiten, läuft in den Medien die Vorberichterstattung auf das sportlich-politische Großereignis auf Hochtouren. Eine neutrale Spielstätte ist auch bald gefunden, und es kommt schließlich zum Showdown im portugiesischen EM-Stadion von Leiria. Die Kneipen sind voll, das Bier fließt in Strömen, die ganze Welt sitzt gebannt vor dem Fernseher.

Di., 26. Apr · 23:15-00:10 · arte
Gras auf Rezept – Medizinisches Cannabis im Kreuzfeuer

Ob als Tabak, Tropfen, Mundspray oder Tabletten: Medizinisches Marihuana ist in unterschiedlichen Formen erhältlich. Das sogenannte Medizinalcannabis sind Cannabisblüten und cannabisähnliche Wirkstoffe, die ein Arzt per Rezept an Patienten verordnet. Produziert unter strengen Wachstums- und Sicherheitsanforderungen, sollen die kränksten Patienten als Erste von dem neuen Medikament profitieren. Immer wieder werden besonders dramatische Heilerfolge durch medizinisches Cannabis in Internet-Communitys und Chat-Foren weiterverbreitet. Gerade Patienten, die alles andere ausprobiert haben, glauben an solche Heilsversprechen. Allerdings fehlen fundierte klinische Studien zur Wirkung. Was brachte Politik und Medizin dazu, ohne wissenschaftliche Belege den weitreichenden Einsatz einer jahrhundertealten Droge zu erlauben? Der Film erzählt die Geschichte von Patienten und Ärzten, die nach der Freigabe von medizinischem Cannabis in Deutschland große Erwartungen hatten: Von einem Tag auf den anderen gab es im März 2017 Cannabis auf Rezept, bezahlt von den Krankenkassen. Dabei ist jedoch problematisch, dass die Wirkung und vor allem die Nebenwirkungen von Cannabis als Medikament nicht ausreichend erforscht sind. Viele Mediziner kritisieren den breiten Einsatz von Cannabis als eine Art von „experimentellem Menschenversuch“ an den Schwächsten, den unheilbar Kranken. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Medikament ohne arzneimittelrechtliche Zulassung eingesetzt wird, ohne Überwachung der Nebenwirkungen, ohne klinische Studien zur nachgewiesenen Wirksamkeit? Und das alles bezahlt von den Krankenkassen? Der Film blickt nicht nur nach Deutschland, sondern auch nach Frankreich und Israel, wo die Situation ganz anders ist: Frankreich ist strenger, hat nun ein erstes landesweites Pilotprojekt zum Einsatz von medizinischem Cannabis gestartet. Israel dagegen setzt medizinisches Cannabis schon länger großflächig mit guten Erfahrungen ein.

Do., 28. Apr · 05:15-05:30 · PHOENIX
Vilnius – Spurensuche im Jerusalem des Nordens

Wenn man wissen will, wie die Sowjetunion auf dem jüdischen Erbe herumgetrampelt hat, muss man mit Amit Belaite auf Spurensuche gehen. Startpunkt ist der Sportpalast. Es ist eine Reise auf der Suche nach der verlorenen Zeit. „Und dein Vater hatte dich gewarnt?“ „Und mein Vater hat mich gewarnt: ‚Tritt nicht auf diese Stufen!‘ Und ich habe mich gefragt: Warum?“ Es gibt eine Generation, deren Wissbegier größer ist als der Schmerz. Und es weht ein neuer Wind durch Vilnius: Jetzt werden die Steine gesammelt – und wieder etwas in Ordnung gebracht. Niemand soll mehr auf jüdischen Grabsteinen herumtreten. Vilnius ist eine Stadt der Denkmäler, und pflegt seine Heroen. Manche werden geehrt wie John Lennon, andere nicht erwähnt, obwohl sie oder ihre Ahnen von hier stammen: Man könnte sich fragen, warum Lennon von den Beatles, der nie hier war, so ein Denkmal kriegt, und andere wie Leonard Cohen und Bob Dylan, deren Wurzeln in Litauen liegen, nicht vorkommen. Der Bürgermeister in seinem Büro, hoch über der Stadt, ist schon einen Schritt weiter. Er versucht ständig, Juden aus aller Welt zu einem Besuch in der alten Heimat zu überreden. Wir fragen: „Halb Hollywood stammt doch von hier. Und ihr früherer Kollege Michael Bloomberg – war er schon hier?“ In allem liegt eine Wehmut und Sehnsucht, etwa wenn Amit durch das frühere Ghetto streift und in die Hinterhöfe schaut. Fast alle litauischen Juden starben, umgebracht von SS-Truppen und einheimischen Helfershelfern: „Ich weiß nicht, wer hier wohnte, vielleicht Deportierte oder Leute, die umgebracht wurden.“ (Amit Belaite) Die Fotos auf der Hauptstraße des früheren Ghettos wurden zwischen den Ruinen gefunden, Szenen einer besseren Zeit: Man sieht glückliche Menschen – und keiner weiß, ob so ein Leben jemals wieder nach Vilnius zurückkehrt. Die einzige Synagoge, die noch in Gebrauch ist: Es reicht auch ein Gotteshaus, für die kleine jüdische Gemeinschaft. Während der Sowjetzeit überlebt es als Lagerhalle für Arzneien: „Vilnius trug den Beinamen Jerusalem des Norden. Wir waren mal 250.000 Juden, fast jeder zweite Bewohner von Vilnius war Jude und wir hatten mehr als 100 Synagogen. Jetzt sind wir noch 2500 Leute in der Gemeinde. Wenn wir uns heute in der Siemens-Arena mit 10.000 Plätzen versammeln, dann sieht sie immer noch leer aus.“ (Simas Levinas, Vorsitzender der jüdischen religiösen Gemeinde Vilnius) Amit hat für sich einen Weg gefunden, ihre Familie zu vergrößern, die so klein geworden ist: Großvater und Großmutter waren die einzigen Familienmitglieder, die den Holocaust überlebten, so dachte sie jedenfalls. Sie blättert im Familienstammbaum. Dorf findet sie auch die Schwester ihres Großvaters, die, wie sie erst jetzt weiß, erst vor einem Jahr gestorben ist.

Do., 28. Apr · 14:30-14:45 · ARD-alpha
RESPEKT kompakt – Verrückte Normalität? Jung und jüdisch in Deutschland

Jüdisches Leben: Dabei denkt RESPEKT-Moderatorin Verena Hampl vor allem an koscheres Essen, an den Schabbat, Synagogen – oder an die weitgehende Vernichtung jüdischen Lebens Holocaust. Bis sie loszieht und junge Jüdinnen und Juden in ihrem oft verrückt normalen Alltag im heutigen Deutschland erlebt. Dazu besucht die Moderatorin etwa ein Sport-Girls-Camp, wo sieKrav Maga ausprobiert – einen modernen Selbstverteidigungssport. Was bedeutet jüdisch sein für die jungen Frauen dort? Was für den Münchner Rabbiner Israel Diskin? Und was für die queere Anna Fuhrmann, die mit der Initiative Keshet dafür kämpft, dass sich jüdische Gemeinden für LGBTQI* öffnen. Oder für Asaf Erlich, der in Israel geboren ist. Dort hat er sich kaum um jüdische Religion und Identität gekümmert. Bis er zum Arbeiten nach Deutschland ging und gefragt wurde, warum er ausgerechnet im Ex-Nazi-Land leben will. Sehr gläubig ist er immer noch nicht, aber jüdische Identität und Geschichte haben hier viel mehr Bedeutung für ihn bekommen. Er persönlich hat zwar keine Angst, erlebt aber, wie wachsender Antisemitismus bei vielen hier geborenen Jüdinnen und Juden ein alltägliches Gefühl der Bedrohung erzeugt. Gegen diese verrückte Normalität von Ausgrenzung und Angst kämpft Anna Fuhrmann auch in dem Projekt Meet a Jew. „Hey du Jude“ ist auf vielen Schulhöfen ein gängiges Schimpfwort – dabei haben viele junge Menschen null Kontakt zu Menschen jüdischen Glaubens. Um das zu ändern und um junge Jüdinnen und Juden sichtbar zu machen, gehen Meet a Jew-Teams an Schulen, in Vereine oder an Unis. Dort erzählen sie von sich, ihrer Religion und ihrem Alltag. Das Ziel: Begegnungen schaffen, Klischees und Vorurteile bekämpfen. „RESPEKT“ will dazu beitragen, Demokratie, Grund- und Menschenrechte nicht nur als abstrakte Begriffe zu verstehen, sondern als Werte des gemeinschaftlichen Lebens. Die Online-Videos und TV-Reportagen überprüfen Vorurteile und Klischees wie Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Homophobie oder Sexismus. Die Presenter Sabine Pusch, Rainer Maria Jilg und der aus Syrien stammende Schauspieler Ramo Ali treffen Menschen, die sich für Weltoffenheit und Toleranz einsetzen. Mit Ironie und in lockerem Ton zeigen sie, wie Grundwerte und Menschenrechte im Alltag gelebt werden können – und warum wir alle von einem solidarischen Miteinander profitieren. Umfragen mit Passanten ergänzen den Blick auf das jeweilige Thema. Eine „Zahlen und Fakten“-Rubrik hilft dabei, die unterschiedlichen Standpunkte zu beurteilen und sich eine fundierte Meinung zu bilden.

Sa., 30. Apr · 18:45-18:50 · MDR
Glaubwürdig: Svetlana Lavochkina

„Geschichten, die das Leben schreibt – das ist für mich das Verrückteste und Spannendste überhaupt. So etwas kann man sich oft gar nicht ausdenken“ – sagt die Schriftstellerin und Sprachkünstlerin Svetlana Lavochkina. Ihr Debütroman „Puschkins Erben“ erschien 2015. Eine Geschichte über eine ukrainisch-jüdische Familie. Darin steckt viel Biografisches. Svetlana ist Jüdin. Sie wuchs in einer Industriestadt in der Ukraine auf. Nach dem Abitur wollte sie Pädagogik und Sprachen studieren. Sechsmal erhielt sie dafür die Ablehnung. Juden wurden in der damaligen Sowjetunion – wenn auch nicht offiziell – diskriminiert. Nach dem Fall der Mauer siedelte Svetlana Lavochkina mit Mann und einem Kind im Bauch nach Deutschland um. Obwohl sie ihr jüdisch sein nicht nach außen kehrt, mag sie es auch nicht verstecken. „Gegen Antisemitismus hilft keine Angst, sondern Kommunikation“, sagt sie. So oft es ihre Zeit erlaubt hält sie deshalb Lesungen. Vor allem um mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. „Sorgen ernst zu nehmen und Empathie zu zeigen, das ist wichtig. Das Problem Rassismus, das geht uns alle an!“ Mit ihren Lesungen will sie Mut machen. Mut auf das Leben und auch auf die Geschichten, die es schreibt.