Rechte(s) von A-Z

0
58

Folge 12: M bis Mussolini, Benito

Von Christian Niemeyer

Dieses Lexikon gibt Informationen in kompakter Form sowie weitergehende Literaturhinweise, basierend auf Forschungsliteratur sowie allgemein zugänglichen Nachschlagewerke, zumeist in Printversionen. Internetquellen, etwas das Belltower-Lexikon sowie Wikipedia, wurden konsultiert. Ersteres ist aber zu unspezifisch und im Übrigen schlecht aufgebaut und unvollständig. Letzteres ist zu spezifisch, mitunter unzuverlässig. Das Handbuch Rechtsradikalismus (2002) von Thomas Grumke & Bernd Wagner setzte in beiden Hinsichten neue Maßstäbe. Es hat nur einen Nachteil: es ist zu alt, im Vergleich zum im Folgenden dargebotenen Material (Redaktionsschluss: Juli 2021), das ab jetzt auf hagalil.com in mehreren Folgen erscheinen wird und dem Online-Anhang meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte (2021) entnommen wurde. Am Ende eines jedes Eintrags finden sich in eckigen Klammern in Fettdruck die Seitenzahlen, auf denen die jeweilige Person oder Sache in der Printversion erwähnt wird. Damit gewinnt dieses Lexikon den Charakter eines Sach- und Personenregisters im Blick auf jene Printversion. Literaturhinweise finden sich in jenem kostenlos auf der Homepage des Verlags Beltz Juventa (Weinheim) als Download verfügbaren Online-Material.

 

Maaßen, Hans-Georg (*1962), aus Mönchengladbach. M. (CDU), bis November 2018 (seit August 2012) Präsident des Bundesverfassungsschutzes (BfV), dann, nach einigem Zögern der Kanzlerin, entlassen wg. seiner Verharmlosung von ihm als solche in Abrede gestellter „Hetzjagden“ rechtextremer Demonstranten auf Ausländer in Chemnitz, die in der Gründung der Revolution Chemnitz ihren Höhepunkt fand. Danach avancierte M., Mitglied der Werteunion, zum Idol des rechten Randes der (ostdeutschen) CDU. Auffällig geworden ist M. mit weiteren Bagatellisierungen. So fiel ihm zum Fememord an seinem Parteikollegen Walter Lübcke der in die Nähe der Billigung führende Satz ein, „dass er diese Tat im Herbst 2015 ‚nachvollziehbarer‘ gefunden hätte.“ (Sp. 35/24.8.2019: 28) Im August 2019 gab M. der Jungen Freiheit ein Interview und damit ein Zeichen, wie nahe er den Kreisen gerückt ist, die zu beobachten ihm eigentlich, wäre er noch immer BfV-Präsident, obläge. Dies zeigt auch sein 2020er Interview mit Markus Gärtner, Autor bei Kopp sowie bei – vom Verfassungsschutz als „erwiesen extremistisch“ ausgewissen – PI-News. (vgl. SP Nr. 20/15.5.2021: 32) M. entwickelt sich also für die CDU zu einem Problem analog jenem, das die SPD seit Jahren mit Thilo Sarrazin hat, wie schon die Parteiaustritte nach M.s Wahl zum CDU-MdB-Kandidaten 2021 in Thüringen zeigen. Zuletzt auffällig geworden ist M. wg. seiner von der Klimaaktivistin Luisa Neubauer bei Anne Will (am 9. Mai 2021) skandalisierten Übernahme der Vokabel „Globalist“ (etwa am 10. Januar 2021 per Tweet) aus antisemitischen Verschwörungstheorien sowie der Bagatellisierung des Ersten als auch Zweiten Weltkrieges auf eigentümlich frei mittels der Formulierung: „Wir heben es schon zweimal versucht, die Welt zu retten, und es  ist jedes Mal schiefgegangen.“ Insbesondere den Zweiten Weltkrieg inklusive Auschwitz als Versuch der Rettung der Welt zu deuten, ist Antisemitismus pur nach Art von Alexander Gaulands Rede vom Dritten Reich als Vogelschiss. Die Überlegung selbst ist undurchdacht, soweit sie die auf den Klimawandel bezügliche Politik der Grünen mittels eines Vergleichs meint kritisieren zu können, der absurd ist. Kurios bzw. wahlstrategisch bedingt wirkt auch M’s Erklärung nach der Wahl von Max Otte (am 29. Mai 2021) zum Bundesvorsitzenden der Werteunion, er wolle seine Mitgliedschaft ruhen lassen. Anfang Juni machte der Thüringer Verfassungsschutz-Präsident Stephan Kramer in kaum verhüllter Kritik am Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein – der Neubauer im Mai 2021 in der Neuen Osnabrücker Zeitung wg. unbelegter Vorwürfe kritisiert hatte, statt sich seinerseits um Belege zu bemühen, – auf einen Text Maaßens (Co-Autor: Johannes Eisleben) vom Februar 2021 aufmerksam, der tatsächlich allerdings schon am 11. September 2020 (ein bei Verschwörungstheoretikern wichtiges Datum!) im englischen Original (auf telospress.com) erschien (also Klein und anderen längst hätte bekannt sein können). M. kritisiert hier zusammen mit einem Co-Autoren ganz im Stil eines Udo Ulfkotte oder Thilo Sarrazin, dass die Migration „die autochthone Gesellschaft mit Kriminalität und einer Überforderung der Sozialsysteme [bedrohen]“ und diese Tendenzen „von einer neuen politischen Ideologie orchestriert [werden], die Pluralismus und Demokratie grundsätzlich in Frage stellt.“ Zu verzeichnen sei beispielsweise „eine politische Säuberung der Sprache, die Abschaffung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in Schulen, Universitäten und Medien sowie eine aggressive Propaganda, die zu ‚Klimaschutz‘, ‚internationale Solidarität‘ und zu noch mehr Migration aufruft.“ Als diesen Tendenzen zuarbeitende „Feinde unserer Gesellschaftsordnung“ werden im Folgenden in der Manier des völkischen Antiintellektualismus u.a. „Geisteswissenschaftler, Journalisten, Berufspolitiker, EU- und UN-Bürokraten“ benannt, die „eine tiefe Verachtung für normale, regional verwurzelte Menschen sowie für deren Traditionen und Lebensstile“ verbinde. Insbesondere der Zusatz, dieser Übergang vollziehe sich „weitgehend im verborgenen (sic!)“, erfordere also, gegenwirkend, eine Art Aufstand der Durchblicker, also eines „Erwachens der Eliten und ihres Willens, für unsere freie Gesellschaft zu kämpfen“ (Maaßen / Eisleben 2020/21), öffnet die Argumentation in Richtung Verschwörungstheorie, also etwas für den sich im Jana-aus-Kassel-Syndroms aussprechenden Wahns AfD-naher Bürger (s. Prolog Nr. 4), deutscher Widerstand à la Sophie Scholl sei das Gebot der Stunde, wie schon von Michael Mannheimer (2018) behauptet und auch von Alexandra Motschmann (Die Basis) in einem Gedicht illustriert. (SP Nr. 23/5.6.2021: 29) Kurz: Was Maaßen / Eisleben im September 2020 / Februar 2021 vortrugen, ist ein kaum verhüllter Aufruf mitten im sachsen-anhaltinischen Vorwahlkampf 2021, die Bundesregierung unter der Corona-Diktatorin Angela Merkel zu stürzen – und dies von einem CDU-Mitglied. Starker Tobak also – allerdings nur für den, der derlei liest. Armin Laschet gehört offenbar nicht dazu, und der Erfolg der CDU bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt im Juni 2021 scheint ihm recht zu geben. Insofern zumal jene unter den AfD-nahen CDU-Wähler*innen, denen beim Anblick des Oliver Kirchner das Hasenfüßige in die Quere kommt, schließlich doch die CDU wählten in der Hoffnung, dort wendeten Leute à la Maaßen die Sache zum Besseren, nämlich in Richtung AfD. Wie gut dieses Bessere wirklich ist, wurde einen Tag nach der Wahl bekannt: M. verkürzte auf Twitter Annalena Charlotte Alma Baerbocks Namen zu A-C-A-B – u. imitierte mit dieser Anspielung auf den Antifa-Spruch „All Cops are Bastards!“ die Techniken von Hetzern wie Kirchner (etwa ad Anne Frank = „die Ofenfrische“),  die kritisch zu beobachten ihm noch vor einigen Jahren als BfV-Präsident oblag, wohlwissend, dass ihm Laschert derlei Spaas – angeblich habe er anspielen wollen auf Baerbocks Forderung, die Sicherheitsbehörden auf rechtsextremes Gedankengut prüfen zu lassen – unmittelbar nach dem Wahlsieg nicht ankreiden werde. Einverstanden, nur: Will das Wahlvolk eigentlich einen Hetzer, heiße er nun Kirchner oder Maaßen, sei er in der AfD oder der CDU, an den Schalthebeln der Macht? Eine spannende Frage, wie mir scheint. [90, 99, 106, 250, 398, 675, 683 f., 699]

 

Maaz, Hans-Joachim (*1943), aus Niedereinsiedel/Böhmen. Psychiater aus Halle, Bestsellerautor m. Neigung zum Covidiotentum (s. Prolog Nr. 5) sowie Tendenz zur Kranksprechung der AfD-Gegner (s. Prolog Nr. 12), bei der Neuen Rechten des Weiteren beliebt wg. seiner Definition der Willkommenskultur als „Neurose“ (Lichtmesz/Sommerfeld 32019: 43) sowie der durch sie ermöglichten Lesart der Flüchtlingshilfe als durch Wohlstands- wie Schuldkomplexe bedingtes helfenden Handeln nach Art eines Helfersyndroms. [42-45, 47 f., 51, 60, 77, 105 f., 116 f., 125, 147, 633, 706, 711]

 

Machiavelli, Niccolò (1469-1527), aus Florenz/It. Philosoph und Politiker, Begründer des Machiavellismus als eine alleine durch den Zweck geheiligte Weise der Lebens- und Staatsführung, wie sie in Diktaturen gängig ist und in den USA nach nine/eleven zunehmend Platz griff bis hin zum Trumpismus genannten Machiavellismus à la Donald Trump. (s. Prolog Nr. 13) [131, 732]

 

Magnitski, Sergej (1972-2009). Russ. Wirtschaftsprüfer, ermittelte wg. Korruption gegen Beamte im russ. Innenministerium, starb in Untersuchungshaft in Moskau, posthum 2013 wg. Steuerhinterziehung schuldig gesprochen, im Mai 2019 verurteilte der Europäische Gerichtshof Russland zu einer Strafzahlung, weil der Prozess gegen M. unfair war und seine med. Versorgung unzureichend. (s. Prolog Nr. 10; Unger 2010) [90]

 

Maier, Jens (*1962), aus Bremen. Richter, AfDMdB seit 2017, zum Flügel um Björn Höcke gehörend und in Konkurrenz mit Michael Klonovsky stehend. [107, 113]

 

Maik G. Nach dem Auftritt dieses seiner auffälligen Kopfbedeckung wegen auch „Hutbürger“ Genannten am 16. August 2018 vor einer Fernsehkamera („Sie haben mich ins Gesicht gefilmt! Das dürfen sie nicht! Sie begehen eine Straftat!“) Symbol für die fast hysterischen Umtriebe ob der angeblichen Lügenpresse durch medial in einer rechtspopulistisch geprägten Parallelwelt aufwachsende Bürger mit ostdeutscher, bildungsferner Vita, deren Beschäftigung bei Sicherheitsbehörden (in diesem Fall beim LKA) Rätsel aufgibt. (s. Glosse Nr. 10) [684, 729]

 

Malloth, Anton (1912-2002), aus Innsbruck. SS-Mann im Gestapo-Gefängnis „Kleine Festung Theresienstadt“, 1948 Todesurteil in CSSR in Abwesenheit, lebte unbehelligt in Meran, 1988 in die BRD abgeschoben, gesucht vom Enkel eines Opfers, gejagt von Simon Wiesenthal, gedeckt von der Stillen Hilfe um Gudrun Burwitz (s. Essay Nr. 18), geschützt von einem Oberstaatsanwalt unter Deckung von Wolfgang Clement (SPD), 2001 zu lebenslänglich verurteilt nach Auftauchen eines Zeugen in Sachen einer anderen Mordsache von 1943. (vgl. Schröm/Röpke 2002: 184 ff.; Klee 2003: 388) [446]

 

Manuscriptum. Verlagsbuchhandlung, geleitet, seit 2008, von Thomas Hoof, mit konservativen, teils neu-rechten Programm, wie insbesondere an der Edition Sonderwege erkennbar, aber auch an der „Vierteljahrschrift für Konsensstörung TUMULT“ (Schudoma 2018a: 143), in deren Werkreihe, ediert von Frank Böckelmann, nach dessen Zeugnis „bestechende, empirisch fundierte Lageanalysen“ (Esders 2020: U 2) erscheinen. Böckelmann zeichnet auch für das gleichfalls bei M. erschienene, als Gesprächsprotokoll dargebotene Björn-Höcke-Porträt Nie zweimal in denselben Fluss (2018) verantwortlich, dessen zentrale Botschaft wir vorzustellen Gelegenheit nahmen. (s. Prolog Nr. 12) Und schließlich erscheinen bei M. die sehr erfolgreichen, inzwischen in sechs Bänden vorliegenden Acta diurna des Michael Klonovsky – extrem erfolgreich, aber auch, wie gesehen (s. Prolog Nr. 11), äußerst demagogisch. [158]

 

Matussek, Matthias (*1954), aus Münster/W. Journalist, früher beim Spiegel, danach bei der Welt, wo er im November 2015 als Kolumnist entlassen wurde. Inzwischen bei der Neuen Rechten gelandet mit mehrheitlich peinlichen Auftritten (s. Glosse Nr. 5) und Texten bei Deutschland-Kurier, Cato und Tumult. [263 f., 699]

 

Maunz, Theodor (1901-1993), aus Dachau. Jurist. NSDAP u. SA 1933. Prof. in Freiburg (ab 1935), vergleichbar mit Carl Schmitt bemühte er sich um juristische Legitimität für das NS-System, nach 1945 GG-Kommentar, bayerischer Kultusminister 1957 bis 1964. Rücktritt nach Kritik von Hildegard Hamm-Brücher (FDP). Nach seinem Tod wurde M.s Beratung von Gerhard Frey in den 1960er Jahren sowie seine Autorschaft vieler Beiträge für dessen National-Zeitung bekannt. (vgl. Klee 2003: 395 f.) (s. Essay Nr. 13.3.5) [161]

 

McVeigh, Timothy (1968-2001), aus Lockport, New York. Rechtsorientierter Verschwörungstheoretiker. Verantwortlich für das Oklahoma-Bombing v. 19. April 1995 mit 168 Toten und über 800 Verletzten. 1997 zum Tode verurteilt, am 11. Juni 2001 mit Giftspritze hingerichtet. [130]

 

Meißnerformel. Die auf dem legendären Stiftungsfest der Freideutschen Jugend (= Jugendbewegung) am Hohen Meißner im Oktober 1913 verabschiedete, wohl eine Formulierung Paul Natorps aufgreifende (vgl. Niemeyer 2013: 181; s. Essay Nr. 23) M. und die in ihr zum Ausdruck gebrachte Absicht der (freideutschen) Jugend, ihr Leben „aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit“ zu gestalten, hat es schwer gehabt, sich in Konkurrenz zu konträren Strömungen, etwa dem Antisemitismus, als regulative Idee der Jugendbewegung zu behaupten, etwa über den Ersten Weltkrieg hinweg oder gar bis in die NS-Zeit hinein, in welcher die Jugendbewegung das ihr Eigene verlor und mit maßgeblichen Strömungen und den völkischen Ideen schon der Vorkriegsjugend entsprechend, letztlich in der Hitlerjugend aufging. Nach 1945 fungierte die M. vor allem als theoriepolitische Formel, eingesetzt von Jugendbewegungsfunktonären, die den kosmopolitischen Charakter ihrer Bewegung beglaubigen wollten, gegen die Fakten. Ein wichtiges Instrument war dabei die systematische Verfälschung der Quellen sowie die Zurechtschneidung der Lebensläufe, etwa mittels der Kindt-Edition. Bemerkenswert, auch wegen ihrer Hilflosigkeit, ist die neu-rechte Lesart der M., vorgetragen 2014 von Gerald Franz im Staatspolitischen Handbuch des IfS. Die M. sei nach wie vor der Beachtung wert, lautet die Hauptbotschaft hier, dies zumal in Gestalt der Auslegung von Fritz-Martin Schulz, rechtsradikaler Bundesleiter des Nerother Wandervogels – aus der sich allerdings nicht mehr entnehmen lässt als der Hinweis, die M. stünde für ein „Glaubensbekenntnis, abgesichert durch die Erfahrung von Generationen“, das „keiner Interpretation“ bedürfe und „gelebt werden [muß].“ (SH 4: 93) Viel ist mit derlei Doxa nicht gewonnen. Immerhin: Gesetzt, die M. und der in ihr angestimmte Dreiklang „aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit“ komme nach wie vor in Betracht – dann, so will mir scheinen, sind auch alle Winkelzüge untersagt, die landläufig als Erfolgskriterien neu-rechter Politik zu gelten haben, insonderheit die seit Donald Trump zu neuer Wertschätzung gelangten Fake News im Interesse – um nur dies zu nennen – der „Wiedergeburt deutscher Art“ à la Paul de Lagarde. Dass Gerald Franz, der schon zum Thema Kreta 1941 mit haltlosem Unsinn hervortrat (s. Essay Nr. 13.3.2), dies nicht erkennt, soll nicht unser Problem sein. Sehr wohl aber die M., steht sie doch für so etwas wie ‚grün-versifftes‘ Teufelszeug avant la lettre, wie alt-rechte Ideologen schon immer wussten – und neue-rechte offenbar vergessen haben. [195-197, 231, 289, 354-356, 370, 472, 489, 491, 505, 563, 588, 611 f., 629 f., 743]

 

Mengele, Josef (1911-1979), aus Günzburg. Lagerarzt in Auschwitz-Birkenau (Mai 1943-Januar 1945), mit grausamen Menschenversuchen, etwa im Bereich der Zwillingsforschung. Lebte nach 1945 lange Jahre unbehelligt in Argentinien, danach Flucht über Paraguay („Nueva Germania“, Siedlung des Ehepaars Förster), sowie Brasilien. (vgl. Marwell 2021) [316, 444, 454 f., 663]

 

Meuthen, Jörg (*1961), aus Essen. Politiker, Wirtschaftswissenschaftler. Bundessprecher der AfD. [75, 87, 648, 712 f.]

 

Meyer, Hubert (1913-2012), aus Berlin. Obersturmbannführer (1944) der Waffen-SS, wie Karl Vogt Zugführer in der Leibstandarte SS Adolf Hitler, Mitbegründer u. Bundessprecher (von 1969 bis zur Auflösung 1992) der HIAG (vgl. Westemeier 2014: 618; s. Essay Nr. 13) [429 f.]

 

Meyer, Kurt (1910-1961), „Panzermeyer“, aus Jerxheim. 1934, wie Karl Vogt und Hubert Meyer, Zugführer in der Leibstandarte SS Adolf Hitler, verantwortlich, nebst Joachim Peiper, für Kriegsverbrechen 1943 in Charkow (vgl. Westemeier 2014: 246 f.), 1944 Standartenführer, Kommandeur des SS-Panzergrenadier-Regiments 22 in der Division „Hitlerjugend“, im Sept. 1944 Gefangennahme in Belgien, 1945 Todesurteil durch kanad. Kriegsgericht wg. Tötung kand. Kriegsgefangener, begnadigt zu lebenslänglich, 1954 entlassen, 1959 Bundessprecher der HIAG (vgl. Klee 2003: 408; Eberle / Uhl 2005: 592; s. Essay Nr. 13.3.5)

 

MH17. Kürzel für Malaysia-Airlines Flug 17, der am 17. Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur über der Ukraine abgeschossen wurde. Alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Als ursächliche gilt ein – wohl versehentlicher – Abschuss durch russisches Militär, dass damals zwecks Absicherung der völkerrechtswidrigen russ. Annexion der Krim in der Ostukraine stand. Putin bestritt trotz klarer (Foto-)Beweise jegliche Verantwortung seiner Truppen und verweigerte jede Entschuldigung oder gar Wiedergutmachung (vgl. Snyder 2018: 188 ff.), bis auf den heutigen Tag.

 

Mitgau, Johann Hermann (1895-1980), aus Braunschweig. Wandervogel, NSDAP 1937, NSLB 1934, SA, SS, 1930 Prof. f. Volkskunde Päd. Akademie Frankfurt/O., 1934 Prof. HfL Cottbus, 1939 HfL Frankfurt/O., 1940 HfL Schneidemühl, 1941 am Reichsinstitut f. Bevölkerungswissensch. u. Bevölkerungspolitik München. 1946 Prof. PH Göttingen, Teilhabe an Erinnerungspolitik pro Wandervogel in der Burg Ludwigstein m. der Folge des Unterdrückens seiner NSDAP-Mitgliedschaft. (vgl. Harten/Neirich/Schwerendt 2006: 438; Niemeyer 2013: 207) [151, 169]

 

Moeller van den Bruck, Arthur (1876-1925), aus Solingen. Rechtsnietzscheaner, Ikone der ‚Konservativen Revolution‘ sowie der Neuen Rechten. Prägte den Term ‚Drittes Reich‘. [254, 271, 295, 575]

 

Mohler, Armin (1920-2003), aus Basel. Chronist sowie Erfinder der ‚Konservativen Revolution‘, eng verbunden mit der mehrheitlich völkisch orientierten Jugendbewegung, in den 1970er Jahren Berater und Redenschreiber von Franz-Josef Strauß, danach für Franz Schönhuber, enge Kontakte zur Burg Ludwigstein, über seinen Gesinnungsgenossen und Nachfolger Karlheinz Weißmann Ikone der Neuen Rechten mit deutlich verblassendem Einfluss. [140, 151 f., 166, 171-173, 224, 232-234, 255, 269 f., 287, 296, 299, 319, 399, 416 f., 433, 444, 483, 519, 541, 565, 571 f., 574-576, 602, 611, 613 f., 623, 627, 629, 646]

 

Morell, Theodor (1886-1948), aus Trais-Münzenberg. 1918 Praxis f. Elektrotherapie u. Urologie in Berlin, 1933 NSDAP, Prominentenarzt m. Kudamm-Praxis. 1936 Leibarzt  Hitlers, als solcher massive Pharmakotherapie („Reichsspritzenarzt“) unter Verabreichung selbst hergestellter Rauschdrogen-Cocktails, vor allem Pervitin, ein Medikament, dessen Nebenwirkungen den Verfallsanzeichen Hitlers (ab 1943) korrespondieren. (vgl. Klee 2003: 416; Neumann / Eberle 2005; Eberle 2018)  

 

Motschmann, Alexandra (*1966), aus München, Pseudonym Motschi von Richthofen. Schriftstellerin, Dichterin. Als Querdenkerin 2020 Mitglied und „Schwarmbeauftragte“ der gegen die Corona-Politik der Bundesregierung auftretenden Basisdemokratischen Partei dieBasis. Als solche fordert M. ein Strafgericht gegen die für die Infektionsschutzmaßnahmen verantwortlichen Politiker, das härter ausfallen müsse als jenes nach den NS-Verbrechen. Widerstand sei das Gebot der Stunde, wie schon einmal in Deutschland. Von daher ihr Gedicht auf das durch das Jana-aus-Kassel-Syndrom (s. Prolog Nr. 4) bekannt gewordene neu-rechte Idol Sophie Scholl: „Wir erkennen gerade faschistische Züge / Aufgebaut auf der Corona-Lüge / Ihr seid uns Vorbild für den Widerstand / Mit der Liebe in der Hand.“ (zit. n. SP Nr. 23/5.6-2021: 29) [41]

 

Mügeln. Ort in Sachsen, 2007 in die Schlagzeilen geraten wg. rassistischer Ausschreitungen sowie einer Hetzjagd auf acht Inder, die sich in eine Pizzeria flüchten konnten. Nachträglich bagatellisiert durch den Bürgermeister in einem Interview mit der Jungen Freiheit, auch von Michael Klonovsky im Focus. 2008 wurde ein Augenzeuge, der sich in einer ARD-Doku zu diesem Fall geäußert hatte, auf offener Straße angefallen und verprügelt. (www.spiegel.de/politik/deutschland/sachsen-zeuge-aus-tv-dokuueber-muegeln-verpruegelt-a-581459.html.) [104]

 

Müller, Baal (Künstlername) (*1969), aus Frankfurt/M. Verleger, Schriftsteller, Publizist, schreibt für die Junge Freiheit (1998 bis 2003) und bei Sezession, Referent am IfS, Rezensent bei Amazon, dort u.a. zu Erik Lehnert und Felix Krautkrämer. M.s Rezension einer Tasse zu Alfred Tetzlaff trug ihm eine Rolle in Glosse Nr. 2 ein. [655-659]

 

Müller, Mario (*1988), aus Bremen. Führender Vertreter der IB in Deutschland, IB-Gruppierung „Kontrakultur Halle“, seit 2012 vorbestraft wg. gefährlicher Körperverletzung, 2020 verletzt bei der Flüchtlingsbekämpfung vor Ort auf Lesbos, verkehrt im Umfeld des Matthias Matussek. (s. Glosse Nr. 8) [87, 175, 510, 699]

 

Mundlos, Uwe (1973-2011), aus Jena. NSU-Mörder, Suizid (vgl. Jüttner 2013: 67 ff.; Quent 2016: 295 ff.). [130, 395, 649]

 

Munin-Verlag aus Trier, 1958 von Mitgliedern der Waffen-SS-Hilfsorganisation HIAG gegr., verlegte deren Zeitschrift Der Freiwillige, Vereinszweck war, in Zusammenarbeit mit Truppenkameradschaften der Kriegsgeschichte der Waffen-SS zu schreiben, bis zur Auflösung der HIAG 1992 lagen 57 Titel vor (vgl. Wilke 2010: 398), Verlagsinhaber ist seit 2000 der Neonazi Patrick Agte, Verfasser einer Hagiographie Joachim Peipers, der für das 2017 von Erik Lehnert bagatellisierte Malmedy-Massaker verantwortlich ist. (s. Essay Nr. 13.3.5)

 

Murer, Franz (1912-1994), aus St. Lorenzen ob Murau/Österreich-Ungarn. Funktionär der NSDAP, „Schlächter von Wilna“, Vilnius, bis dato „Jerusalem des Nordens“ m. jüd. Bevölkerung von 80.000 Personen, unter M.s Zuständigkeit (bis Juli 1943) sank die Zahl auf 600. M. wurde im März 1948 an die Sowjetunion überstellt, wurde im Okt. zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, 1955 an Österreich übergeben u. hier nicht weiterverfolgt. Nach Intervention von Simon Wiesenthal neuer Prozess, der 1963 m. einem Freispruch endete. 1974 wurde das Verfahren endgültig eingestellt.

 

Mussolini, Benito (1883-1945), aus Dovia di Predappio/It. Ministerpräsident des Königreichs Italien 1922 bis 1943, ab 1925 Diktator eines faschistischen Regimes in seiner Eigenschaft als „Duce“ (= Führer; seit 1921) einer 1919 von ihm mitbegründeten faschistischen Bewegung, die er 1922 auf den „Marsch auf Rom“ gebracht hatte. Etablierung einer Diktatur auf Basis einer auch Ideen Nietzsches („gefährlich leben!“) aufnehmenden faschistischen Ideologie, die in Elisabeth Förster-Nietzsche eine begeisterte Anhängerin fand. 1937 Annäherung an Hitler, im Mai 1939 Militärbündnis. Kriegseintritt an der Seite Hitlers am 10. Juni 1940. Nach Scheitern eines Angriffs auf Griechenland im gleichen Jahr ab Herbst 1942 Krise des Regimes, im Juli 1943 Sturz durch ital. Monarchisten u. oppositionelle Faschisten. Im September durch ein dt. Kommandounternehmen, an dem auch Otto Skorceny beteiligt war, aus ital. Haft befreit (vgl. Kuby 1982: 258 ff.), stand M. bis 1945 an der Spitze eines dt. Marionettenstaates Republica Sociale Italiana. In den letzten Kriegstagen von kommunistischen Partisanen hingerichtet. (vgl. Eberle/Uhl 2005: 595 f.) [230, 245, 413]

 

[Zum Autor: Christian Niemeyer, Prof. (i.R.) für Sozialpädagogik an der TU Dresden. Zum Text: Dieses Lexikon wurde, wie die noch ausstehenden Folgen, wurde dem Online-Material (S. 21-106) meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte. Glossen, Essays, Lexikon (= Bildung nach Auschwitz 1). Mit Online-Materialien. Weinheim Basel 2021 entnommen. Der Wiederabdruck erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlages Beltz Juventa.]

Bild: Hans-Georg Maaßen (2012), (c) Bundesministerium des Innern/Sandy Thieme; Matthias Matussek (2008), Melanie Feuerbacher / CC BY-SA 3.0 de; Jörg Meuthen, Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0