Rechte(s) von A-Z

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Rechte(s) von A-Z

Folge 2: B bis Burwitz, Gudrun

Von Christian Niemeyer

Dieses Lexikon gibt Informationen in kompakter Form sowie weitergehende Literaturhinweise, basierend auf Forschungsliteratur sowie allgemein zugänglichen Nachschlagewerke, zumeist in Printversionen. Internetquellen, etwas das Belltower-Lexikon sowie Wikipedia, wurden konsultiert. Ersteres ist aber zu unspezifisch und im Übrigen schlecht aufgebaut und unvollständig. Letzteres ist zu spezifisch, mitunter unzuverlässig. Das Handbuch Rechtsradikalismus (2002) von Thomas Grumke & Bernd Wagner setzte in beiden Hinsichten neue Maßstäbe. Es hat nur einen Nachteil: es ist zu alt, im Vergleich zum im Folgenden dargebotenen Material (Redaktionsschluss: Juli 2021), das ab jetzt auf hagalil.com in mehreren Folgen erscheinen wird und dem Online-Anhang meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte (2021) entnommen wurde. Am Ende eines jedes Eintrags finden sich in eckigen Klammern in Fettdruck die Seitenzahlen, auf denen die jeweilige Person oder Sache in der Printversion erwähnt wird. Damit gewinnt dieses Lexikon den Charakter eines Sach- und Personenregisters im Blick auf jene Printversion. Literaturhinweise finden sich in jenem kostenlos auf der Homepage des Verlags Beltz Juventa (Weinheim) als Download verfügbaren Online-Material.

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B., Lars, 44-jähriger Rettungssanitäter, der am 7. November 2020 in Kassel einen wehrlos auf der Krankenliege befindlichen syrischen Flüchtling einen brutalen Schlag mit der Folge eines doppelten Jochbeinbruchs verpasste, ohne dass die anwesenden Polizisten eingriffen. Auch im Polizeibericht zwei Tage später wird der Vorfall nicht erwähnt, nachträglich mit abwegigen Erläuterungen bagatellisiert und erst im März 2021 bekannt. (s. Prolog Nr. 20)

 

Bachmann, Josef Erwin (1944-1970), aus Reichenbach im Vogtland. Rudi-Dutschke-Attentäter (11. April 1968, mit d. Folge einer Epilepsie), Hitler-Verehrer, verhetzt durch die Bild-Zeitung, Leser der National-Zeitung, Verbindungen ins rechtsextreme Milieu, Schießübungen mit einem NPD-Mann in Peine (Spiegel online v. 5.12.2009), Suizid nach Kontakt mit Dutschke, der ihm verzieh. (vgl. Dutschke 2003: 122) [502]

 

Bachmann, Kurt (1902-1987). NSDAP-Mitglied seit 1925 (mit kurzer Unterbrechung 1927), nach 1945 zweiter Sprecher (nach Alwiß Rosenberg) des Freundeskreises der Artamanen. (vgl. Breuer/Schmidt 2010: 329) [594, 596]

 

Bachmann, Lutz (*1973), aus Dresden. Koch, zusammen mit Siegfried Däbritz Initiator von PEGIDA, mehrfach vorbestraft, u.a. wg. Körperverletzung und Volksverhetzung, Letztere zuletzt zur Anzeige gebracht im Oktober 2019 nach einer PEGIDA-Rede, bei welcher B. forderte, Linke, Grüne und Gewerkschafter als Parasiten und Volksfeinde in einen Graben zu schicken und diesen zuzuschütten. (SZ.de v. 9. Oktober 2019, 13:06.) Im April 2020 stellte B., der im September 2018 in Chemnitz den Schulterschluss mit AfD-Größen gesucht hatte (s. Prolog Nr. 11), einen AfD-Aufnahmeantrag. [35, 99, 648]

 

Backe, Herbert (1896-1947), aus Bakumi / Russ. Kaiserreich. Im Ersten Weltkrieg Zivilgefangener in Russland (vgl. Dornheim 2021: 149), Vorgesetzter von Karl Vogt. Landwirtschaftsstudium, 1923 NSDAP, 1931 Bauernführer, 1933 SS sowie Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, ab Mai 1942 als Nachfolger Richard Walther Darré Leiter des Landwirtschaftsministeriums, am 1. April 1944 Reichsernährungsminister (Wistrich 1983: 17; Eberle/Uhl 2005: 523), verantwortlich für das Aushungern Leningrads als Rest einer Kriegsplanung, die darauf ging, dass „ein siegreiches deutsches Kolonialregime die unterworfenen Slawen durch Aushungerung loswerden“ (Snyder 2015: 213) will. B.s (jämmerlicher) Tod entsprach diesem Leben: Getröstet dadurch, „im Testament des Führers […] Bestätigung als Minister erlebt zu haben“ (zit. n. Lehmann 21999: 210) – so sein eigenes Testament vom 31. Januar 1946 –, erhängte sich B. im April 1947 im Nürnberger Kriegsverbrechergefängnis aus Angst vor einer Auslieferung an die Sowjetunion. [624 f.]

 

Baeumler, Alfred (1887-1968), aus Neustadt/Sudeten. B., Philosoph, wurde unmittelbar nach der ‚Machtergreifung‘ von seinem Lehrstuhl an der Technischen Hochschule (1929) an den Gremien vorbei zum Leiter eines neu eingerichteten Instituts für politische Pädagogik an der Berliner Universität ernannt. Seine Antrittsvorlesung am 10. Mai 1933 gab den letzten geistigen Impuls für die am Abend des gleichen Tages stattfindende spektakuläre Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz. 1934 übernahm B. zusätzlich die Leitung des ‚Amtes Wissenschaft‘ im ‚Amt Rosenberg‘ (vgl. Piecha 1998: 134). Noch vor 1933 hatte B. die Dokumentation Nietzsche in seinen Briefen und Berichten der Zeitgenossen vorgelegt, vor allem aber – bei Reclam – eine zweibändige Nietzscheausgabe mit dem Titel Nietzsches Philosophie in Selbstzeugnissen, die zumal nach 1933 auch als Schulausgabe genutzt und insofern ausgesprochen wirkmächtig wurde. Dies war insofern fatal, als sie die nicht in B.s ‚System‘ passenden Schriften Nietzsches aus der mittleren Periode schlicht ignorierte. Diese Art der Editionspolitik, die B. noch durch seine auf den Nachlass bezogene, bei Nazis überaus beliebte zweibändige Edition Die Unschuld des Werdens (1931) forcierte, verstärkte den aus nationalsozialistischer Perspektive erwünschten Eindruck, der ‚wahre‘ Nietzsche verberge sich im Spätwerk, konkret: in der „Philosophie des Willens zur Macht.“ (B. 1931: 80 f.) B. war es denn auch, der 1930 als Bd. 78 von Kröners Taschenausgabe Elisabeth Förster-Nietzsches kanonische Fassung von Der Wille zur Macht (WM) neu herausgab und in einem neuen Nachwort ganz selbstverständlich als „das philosophische Hauptwerk“ (B. 1930: 699) anpries. (vgl. Harten/Neirich/Schwerendt 2006: 343 f.) [211, 229-233, 258, 279, 291, 473, 475, 545, 749]

 

Bahro, Rudolf (1935-1997), aus Swieradów-Zdrój/Pl. DDR-Dissident, der wg. seines im Westen erschienenen Buches Die Alternative (1977) zu acht Jahren Zuchthaus wg. Geheimnisverrat verurteilt wurde. Nach Massenprotesten kam B. 1979 frei, ging in den Westen, war zeitweise im Bundesvorstand der Grünen, wurde als Ökofaschist populär – und gilt seit 2012, jedenfalls aus Perspektive seines Ziehsohns Erik Lehnert, als ‚Vordenker‘ der Neuen Rechten. [145, 397, 658]

 

Balliet, Stephan (*1992), aus Eilsleben. Attentäter von Halle, wo er am 9. Oktober 2019, ausgerechnet an Jom Kippur, dem höchsten jüd. Feiertrag, schwerbewaffnet die mit 51 Personen besetzte Synagoge stürmen und ein Massaker anrichten wollte, allerdings an der stabilen Eingangstür scheiterte und aus Frust nach Art eines Amokläufers zwei zufällig seinen Weg kreuzende Menschen erschoss. B., der als Idol Brendon Tarrant, den Attentäter von Christchurch/Neuseeland mit 51 Toten, angab, hatte sich zuvor in rechten Foren ‚informiert‘, insbesondere über (antisemitische) Verschwörungstheorien (SP Nr. 42/12.10.2019; SP Nr. 44/26.10.2019: 33) Ende 2020 wurde B., der selbst im Gerichtssaal seinem Antisemitismus Ausdruck gab und Reue nicht zeigte, zu lebenslänglich verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt, so dass eine vorzeitige Haftentlassung ausgeschlossen ist. Der Fall selbst wirft vielfache Fragen auf im Blick auf das Versagen der (lokalen) Sicherheitsbehörden. Anzunehmen ist, dass B., der 14 Jahre bei seiner von ihrem Mann getrennten Mutter, einer Grundschullehrerin, lebte, von ihr in Sachen Antisemitismus keinen Widerspruch erfuhr, ihre Neigung übernahm, Dritte am eigenen Ungemach schuldig zu sprechen. (vgl. Schwarz 2020; Steinke 2020: 31 ff.) [75, 539]

 

Barbie, Klaus (1913-1991), aus Godesberg. SS 1935, Judenreferent in Den Haag 1940, Gestapochef von Lyon ab Nov. 1942, gen. „Henker von Lyon“, 1947 Agent beim Army Counterintelligence Corps (CIC), 1951 unter dem Namen Klaus Altmann in Bolivien, entlarvt von Beate und Serge Klarsfeld (s. Essay Nr. 13), Auslieferung nach Frankreich 1983, zu lebenslänglicher Haft verurteilt 1987. (vgl. Klee 2003: 26) [438, 442 f.]

 

Bartels, Adolf (1862-1945), aus Wesselburen. B., antisemitischer Literarturhistoriker und Schriftsteller, bekannt durch seine Geschichte der deutschen Literatur, die zwischen 1901 und 1943 neunzehn Auflagen erlebte. B. wurde 1926 von Hitler in Weimar aufgesucht und mit den höchsten Ehrungen – u.a. 1942 mit der Ehrenmitgliedschaft in der NSDAP – bedacht. (vgl. Loewy 1966; 301 f.; Rösner 1996: 874). [261, 271, 327, 566, 568, 577, 580]

 

Basisdemokratische Partei Deutschlands = dieBasis. AfD-nahe, Putin-freundliche, von Querdenkern im Juli 2020 gegründete Partei m. aktuell angeblich 20.000 Mitgliedern, zumeist zwischen 40 und 65 Jahren, auffällig viele „Heilpraktikerinnen und Alternativmediziner“ (SP Nr. 23/5.6.2021: 26) Die Programmformeln Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz klingen friedlich, was Hetze à la Thorsten Reichert (Vors. Rheinland-Pfalz) über „ein ‚kriminelles und korruptes Dreckspack‘, dessen ‚Helfershelfer‘ vor ‚Bürgergerichte‘ gehören“, nicht ausschließt, auch nicht Parolen wie: „Nürnberger Prozesse 2.0“, zu sehen auf einer Wahlkampfversammlung Ende Mai 2021 in Magdeburg. (ebd.) Derlei  ist ernstgemeint und eine Art Dauerthema: Die Bundesregierung ist ihrer Corona-Politik wg. so schuldig wie seinerzeit die Naziverbrecher. Die Mitglieder variieren diesen Grundakkord, Annika Terworth beispielsweise, Nr. 2 der Landesliste Rheinland-Pfalz, mittels einer Variante auf den 2020 von der AfD Salzgitter ins Spiel gebrachten Spruch „Impfung macht frei!“ (s. Prolog Nr. 5), Alexandra Motschmann, ‚Schwarmbeauftragte‘ in Bayern, mittels eines Gedichts auf Sophie Scholl (ebd.: 29) der heimlichen Heldin aller neu-rechten Widerstandsideologen seit „Jana-aus-Kassel“. (s. Prolog Nr. 4)

 

Baudet, Thierry (*1983), aus Heemstede/NL. Politiker, der AfD nahestehender Verschwörungstheoretiker. Von der Neuen Rechten gefeiertes Buch Oikophobie (2013), das auf niedrigem Niveau ein Wiedererstarken des Nationalismus anstrebt. (s. Prolog Nr. 9) [74, 77 f.]

 

Bauer, Fritz (1903-1968), aus Stuttgart. Aus liberaler jüdischer Familie. Jurist, SPD 1920. Am 23. März 1933 festgenommen unter dem Verdacht, einen Generalstreik vorbereitet zu haben, KZ Heuberg und KZ Oberer Kuhberg, Ende 1933 entlassen. Emigration nach Dänemark 1936. April 1940 Entzug der Aufenthaltsbewilligung, drei Monate Internierung, Scheinehe im Juni 1943, Flucht nach Schweden, gründet mit Willy Brandt und anderen die Sozialistische Tribüne, 1949 Rückkehr nach Deutschland. 1956 auf Initiative von MP Georg-August Zinn (SPD) hess. Generalstaatsanwalt (bis zu seinem Tod), 1957 Hinweise, Adolf Eichmann lebe in Argentinien, Höhepunkt waren die Frankfurter Auschwitzprozesse (1963-1968), 1. Juli 1968 tot in der Badewanne gefunden, Mord nicht ausgeschlossen, jedenfalls wenn man, anders als B.s bedeutender Biograph Ronen Steinke (2015), die ODESSA-Spur beachtet. (s. Essay Nr. 13.4) [441 f., 453, 569]

 

Baumann, Hans (1914-1988), aus Amberg/Oberpfalz. Lyriker, Dramatiker, Kinderbuchautor. Volksschullehrer. 1934 Reichsjugendführung. HJ-Poet („Es zittern die morschen Knochen“ [1932]), das vor allem durch die Textzeile „Wir werden weitermarschieren, wenn alles in Scherben fällt“ (mit unklarer Fortsetzung) instrumentalisierbar war „für eine bewusst auf Steigerung des Wertgefühls der Jugend – gegen die ‚verkalkten‘ Eltern – setzenden Strategie, der zugleich eine bellizistische Pointe innewohnte.“ (Niemeyer 2013: 173) Nach 1945 einige Preise, 1959 Rücknahme des Gerhard-Hauptmann-Preises, nachdem seine Autorschaft bekannt geworden war. (vgl. Loewy 1966: 303 f.) [119, 225, 369]

 

Bavendamm, Dirk (*1938), aus Dresden. Schwiegervater (seit 1996) des Militärhistorikers Sönke Neitzel. B. ist Historiker u. war Journalist, etwa bei der Süddeutschen Zeitung (1972-1977). Geschichtsrevisionist, etwa 1993 mit einem Buch über Roosevelt, in dem er Hitler von der Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg zu entlasten suchte. Hinwendung zum Rechtsradikalismus, etwa in Gestalt seiner Tätigkeit für die GfP und seine 2012 vom Neonazi Fred Duswald aufgegriffene und 2017 von Erik Lehnert verfochtenen These von 2010, die Kriegsverbrecherprozesse stünden für US-Siegerjustiz. (vgl. Maegerle 2019; s. Essay Nr. 13.4) Folgerichtig: B.s bei Druffel & Vowinckel erschienenes Buch Amerikas Griff nach der Weltmacht (2018) mit einem Vorwort von Stefan Scheil (AfD). [143, 421, 452. 457]

 

Behrendt, Uwe (1952-1981), aus Pößneck/Thüringen. 1973 Fluchtversuch aus der DDR, wg. Republikflucht zu 20 Monaten verurteilt und 1974 freigekauft. Durch seine Burschenschaft und den rechtsextremen Hochschulring Tübinger Studenten im Dezember 1976 Kontakt zu Karl-Heinz Hoffmann, Leiter der Wehrsportgrupp Hoffmann (WSG). Bald dessen Vize und Mann für Spezialaufträge, etwa die Ermordung eines Aussteigers betreffend (entfiel wg. Abwesenheit desselben). Nach der Kritik des Rabbiners Shlomo Lewin an einer von der WSG in Nürnberg im Sommer 1977 organisierten Veranstaltung von Holocaustleugnern bedrohte Hoffmann den Rabbiner und diffamierte ihn im März 1979 in seiner Zeitschrift Kommando. Nach Gundolf Köhlers Oktoberfestattentat fand man bei einer Wohnungsdurchsuchung bei Hoffmann eine Zeitschrift von 1977 mit einer Reportage über die WSG und den Rabbiner als Gegenspieler Hoffmanns – und drei Monate später war es endlich so weit: B., der sich zwischenzeitlich in WSG-Belangen im Libanon aufgehalten hatte und nun bei Hoffmann im WSG-Hauptquartier Schloss Ermreuth wohnte, verließ am 19. Dezember 1980 das Schloss und erschoss im 14 Kilometer entfernten Erlangen den ihm öffnenden Rabbiner und dessen Frau mit einer Maschinenpistole, zunächst jeweils drei Schüsse auf den Rumpf und dann jeweils einen Kopfschuss. Der erste Fememord in Deutschland seit den 1920er und vor den 2020er Jahren, Letzteres in Anspielung auf den Mord an Walter Lübcke, dessen Mörder Stephan Ernst der Name Hoffmann kein Noname war. B. hingegen, der nach dem Besuch seiner Mutter in der DDR in den Libanon zu Hoffmann gereist war, folterte dort offenbar erst noch einen bei einer Übung versagenden Kameraden zu Tode, flog dann, eines weiteren Mordes wegen, noch einmal nach Europa – und jagte sich offenbar am 5. September 1981 in einem PLO-Lager eine Kugel durch den Kopf. (vgl. Steinke 2020: 7 ff.; Chaussy 32020) (s. Essay Nr. 13.5) [160 f., 300, 448]

 

Berndt, Hans-Christoph (*1956), aus Bernau. Zahnarzt, AfD-MdL Brandenburg, seit Oktober 2020 Fraktionsvorsitzender, gründete 2015 den rechtsextremistischen Verein Zukunft Heimat. Nach Eigenangabe „Corona-Ketzer“. (s. Prolog Nr. 9) [79]

 

Bernfeld, Siegfried (1892-1953), aus Wien. Jude, Marxist, Sozialpädagoge und Psychoanalytiker (Freud-Schüler und -Biograph) (vgl. Niemeyer 32010: 192 ff.), mit wichtigen Impulsen im Bereich sozialpädagogischen Verstehens (s. Essay Nr. 1), aus der linken Szene der Vorkriegsjugendbewegung um Gustav Wyneken und Walter Benjamin stammend, deswegen in der Erinnerungspolitik à la Werner Kindt nicht wohlgelitten. (s. Essay Nr. 8) [185, 195, 294, 491, 566]

 

Bernhardi, Dietrich (1883-1982). Schriftsteller, Lehrer, Archivar, 1912/13 in der Schriftleitung von Theodor FritschHammer, Bekanntschaft mit Willibald Hentschel, Artamane, Deutsche Bauernhochschule Dresden, NSDAP 1932, Kreisschulungsleiter in Altenburg 1937. Entnazifizierungskommission lehnt 1948 leitende Tätigkeiten für B. ab. Zahlreiche Aufsätze für völkische Blätter zwischen 1920 und 1937, auch eine Neubearbeitung von Ludwig Wilsers (1850-1923; Angaben in M/W: 394) Das Hakenkreuz nach Ursprung, Vorkommen und Bedeutung (1932). (vgl. Breuer/Schmidt 2010: 312 f.) [151]

 

Berthold, Rudolf (1893-1920), aus Maroldsweisach. Kampfflieger, Pour le mérite, Freikorpskämpfer, Teilnehmer am Kapp-Putsch. In der NS-Propaganda gezielt aufgearbeitet als Heroismus-Ikone (vgl. Wulf 1969: 370), ebenso, unter dem Einfluss Ernst von Salomons, im Rahmen der insoweit NS-nahen Propaganda AfD-naher Wissenschaftler wie Nils Wegner. (s. Essay Nr. 13.3.3) [362, 407-420, 660]

 

Beta, Ottomar (1845-1913), aus Berlin, eigentl. Bettziech (von B. auch als Pseudonym genutzt), Schriftsteller, Anhänger des Antisemitismus, völkischer Vordenker aus dem Kreis um Theodor Fritsch, 1905 Mitglied im Eufrat (Älterenrat) des Alt-Wandervogel (vgl. Mogge 2009: 100). B.s Antisemitismus ist im engen Zusammenhang der sozialen Frage zu sehen, so machte er die Juden verantwortlich für Bodenwucher und daraus resultierende Verschuldung, aber auch, als Teil seines Antiurbanismus, für die durch Landflucht verstärkte prekäre Wohnungssituation in den Großstädten und das daraus resultierende Erstarken der Sozialdemokratie. (vgl. Hufenreuter 2009: 76) (s. Essay Nr. 9) [267]

 

Bewer, Max (1861-1921), aus Düsseldorf. Schriftsteller, Anhänger des Antisemitismus, völkischer Vordenker aus dem Kreis um seinen Freund Theodor Fritsch, dem er in seiner Radikalität nicht nachstand, ließ sich nach einer Fehde mit dem dänisch-jüdischen Nietzscheentdecker Georg Brandes in Dresden nieder, wo er einen Verlag gründete und der Antisemitischen Volkspartei (ab 1893 Deutsche Reformpartei) zugehörte, zusammen u.a. mit Heinrich Pudor, Hermann Ahlwardt und Julius Langbehn. (s. Essay Nr. 9) Mit seinem Werk Der deutsche Christus (1907) trug er bei zum völkischen Projekt der „Germanisierung des Christentums“ (Lächle 2001; Bergmann 2009) und gewann auch dadurch einige Bedeutung für die völkischen Kreise der Jugendbewegung, ebenso wie durch seine bellizistische Haltung im Ersten Weltkrieg. Armin Mohler – und mit ihm Karlheinz Weißmann – verbucht B. unter der Rubrik „Spintisierer am Rande“ (der ‚Konservativen Revolution‘), die „nicht übergangen werden [dürften].“ (M/W: 216) [302-304, 308 f.]

 

Blüher, Hans (1888-1955), aus Freiburg/Schlesien. Schriftsteller, Antisemit, Antifeminist, Sexualtheoretiker, Wandervogelliterat, konservativ-revolutionärer und männerbündischer Ideologe. (vgl. Niemeyer 2019a: 268 ff.; s. Essay Nr. 16.3) [139, 225, 319, 490, 503, 571, 574-576, 586, 587, 599]

 

Boelcke, Oswald (1891-1916), aus Giebichenstein. Kampfflieger und Begründer der Jagdfliegerei, vierzig Luftsiege, Pour le mérite. In der NS-Propaganda verglichen mit der Neu-Rechts-Ikone Rudolf Berthold (vgl. Wulf 1969: 370), der mit ihm zusammen ausgebildet wurde. (vgl. Gengler 1934: 66; s. Essay Nr. 13.3.3) [416]

 

Böhnhardt, Uwe (1977-2011), aus Jena. NSU-Mörder (vgl. Jüttner 2013: 67 ff.; Quent 2016: 295 ff.) [130]

 

Böhme, Herbert (1907-1971), aus Frankfurt/O. SA-Obersturmführer, Reichsschrifttumskammer, 1940 Lehrstuhl Reichsuniversität Posen, NS-Dichter, 1960 Mitglied GfP. (vgl. Dudek/Jaschke 1984, Bd. I: 46; Klee 2007: 58 f.; s. Essay Nr. 13.3.5) [261, 452]

 

Boger, Willi (1906-1977), aus Zuffenhausen. Artamanenbewegung, NSDAP u. SA 1929, 1930 Wechsel zur SS, arbeitslos, 1933 zur Polizei, 1939 Grenzpolizeikommissariat Ostrolenka, dort bald „Henker von Ostrolenka“ genannt. Im Mai 1940 nach Hohensalza versetzt. Verurteilt wg. Beihilfe zur Abtreibung infolge des Verdeckens einer außerehelichen Beziehung, 1942 Versetzung nach Auschwitz, dort bald „Bestie von A.“ wg. willkürlicher Erschießungen sowie Folter mittels selbsterfundener „B.-Schaukel“, von ihm zynisch „Sprechmaschine“ genannt. Bewachte noch im April 1945 einen „Todesmarsch“. Versteckte sich, wurde am 19. Juni 1945 entdeckt, floh im November 1946 bei einem Auslieferungstransport nach Polen, arbeitete bis Mitte 1949 unerkannt, überstand schadlos ein Entnazifizierungsverfahren, wurde im März 1958 von einem Auschwitz-Überlebenden beschuldigt, im Mai angezeigt und erst nach einer Beschwerde des Internationalen Auschwitz-Komitees im Oktober an seinem Arbeitsplatz verhaftet. Die Ermittlungen zogen sich bis 1963 hin, dann übernahm Fritz Bauer die Sache im Rahmen des Frankfurter Ausschwitz-Prozesses. B. verhöhnte die Zuschauer und zeigte den Hitler-Gruß, eine Zeugin sagte aus, B. habe im November 1944 einem Vier- bis Fünfjährigen mit einem Apfel in der Hand an den Füßen gepackt und mit dem Kopf an die Wand geworfen, den Apfel später gegessen und der Zeugin mittels eine Dritten befohlen, „das an der Wand“ abzuwischen. B., der sich zu keinem der Punkte schuldig bekannte, wurde zu lebenslänglich plus 15 Jahre Zuchthaus verurteilt.

 

Boogaloo Bois. Rechtsradikale Miliz in den USA, polizei- und regierungsfeindlich, Erkennungszeichen Hawaihemden, mehrere Mitglieder dieser Gruppe wurden im Oktober 2020 angeklagt, die Entführung der demokratischen Gouverneurin von Michigan geplant zu haben. (SP Nr. 4/23.1.2021) [129]

 

Bormann, Martin (1900-1945), aus Wegeleben b. Halberstadt, Gatte der Nachgenannten, Trauzeugen waren 1929 Hitler und Rudolf Heß. 1924 mit Rudolf Höß ein Jahr Haft wg. Beteiligung an einem Fememord. 1927 NSDAP, 1928 Oberste SA-Führung, 1933 NSDAP-Reichsleiter, seit Ende 1942 de facto Stellvertreter Hitlers. Nach langer Suche, auch durch Simon Wiesenthal (1967: 276 ff.), wurde erst 1972 sein Leichnam in Berlin entdeckt, Befund: 2.5.1945 Suizid. Betreuung der Hinterbliebenen durch „Stille Hilfe“. (vgl. Klee 2003: 65; Eberle/Uhl 2005: 530; Steinacher 2008: 175 ff.; s. Essay Nr. 13.3.4) [144]

 

Bormann, Gerda, geb. Buch (1909-1946), aus Konstanz. Kindergärtnerin, Gattin (1929) des Vorgenannten. Ihr Vater Walter Buch war 1927 oberster Parteirichter der NSDAP und befreundet mit Rudolf Walther Darré, sie, NSDAP 1928, Antisemitin, zehnfache Mutter, billigte Nebenfrauen ihres Gatten nach dem von ihr entwickelten Konzept der „Volksnotehe“, erlag auf der Flucht, betreut von einem Priester der Alois-Hudal-Richtung, einer Krebserkrankung. (vgl. Sigmund 2000: 7 ff.; Eberle/Uhl 2005: 539 f.) [144. 440]

 

Brandt, Karl (1904-1948), aus Mühlhausen/Elsass. Mediziner, NSDAP 1932, apl. Prof. 1940, Hitlers Leibarzt, beauftragt mit der Aktion T4, ein Beispiel ist die Tötung des Syphilitikers und NS-Gauleiters Carl Röver (vgl. Harms 2020; s. Essay Nr. 12.2), Initiator von Menschenversuchen in KZ’s, Entlassung als Leibarzt Hitlers wg. Konflikten um die Behandlung, am 16.4.1945 auf Befehl Hitlers von der Gestapo verhaftet, da er Frau und Kind aus Berlin gebracht hatte, am 17.4. von einem Standgericht unter Goebbels zum Tode verurteilt, am 3.5. auf Intervention von Albert Speer freigelassen (vgl. Beddies 2018: 71), am 23.5. gemeinsam mit der Regierung Dönitz verhaftet, 1947 im Nürnberger Ärzteprozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. (vgl. Eberle/Uhl 2005: 531; Schmidt 2009) [382 f.]

 

Brandner, Stephan (*1966), aus Herten. Jurist, AfD, 2014 bis 2017 MdL Thüringen seit Oktober 2017 MdB, im November 2019 Absetzung als Ausschussvorsitzender Justiz et al., Vorwürfe wg. Hitler-Witzen u. Anzeige wg. Beleidigung bei einem Gedenkstättenbesuch (s. Prolog Nr. 9), seit Dez. 2019 2. Bundessprecher der AfD. Las Merkels Reaktion auf die Wahl eines FDP-Politikers zum Ministerpräsidenten Thüringens im Februar 2020 als „Putsch der notorischen Verfassungsbrecherin.“ (zit. n. Belltower [Erika Balzer], 7. Januar 2021) Löste im August 2020 im ICE als Maskenverweigerer einen Einsatz der Bundespolizei aus. [74, 80, 648]

 

Bräuer, Bruno (1893-1947), aus Willmannsdorf/Schlesien. 1936 Fallschirmtruppe, Generalmajor (im September 1941). Ab 20. Mai 1941 [„Kreta-Tag“] am Unternehmen Merkur auf Kreta beteiligt, wurde wg. der in der Nacht vom 20. zum 21. Mai 1944 durch die von ihm zu verantwortende Umstellung des Judenviertels in Chania und die dadurch ermöglichte „Deportation der kretischen Jüdinnen und Juden“ an Griechenland ausgeliefert und zum Tod durch Erschießen verurteilt. Das Urteil wurde am „symbolträchtigen 20. Mai 1947“ vollstreckt. (Pahl 2021: 37) (s. Essay Nr. 13.3.2) [401, 405, 420]

 

Breivik, Anders (*1979) aus Oslo/N. Rechtsterrorist, 2011 Anschläge in Oslo und auf der Insel Utoya mit 77 Opfern (meist Jugendliche eines Zeltlagers), 2012 zu 21 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Bezog sich auf von Martin Lichtmesz übersetzte Texte des Bloggers Fjordmann (= Peder Are Nostvold) (vgl. Breuer et al. 2015: 116) sowie auf den (verbotenen) S/F-Roman The Turner Diaries des US-Naziführers William Pierce, der auch den Oklahoma-Bomber Timothy McVeigh anregte, ebenso wie den NSU. (vgl. Botsch 2012: 109; s. Prolog Nr. 12) [130]

 

Breuer, Hans (1883-1918), aus Gröbers. Ab 1898 Schüler des Steglitzer Gymnasiums, im Scholarenbuch des Wandervogel vom Februar 1902 als Nr. 2 aufgelistet, interessierte im Vorhergehenden mit den bellizistischen Partien seines Liederbuchs Zupfgeigenhansl (s. Essay Nr. 11) sowie seinem – an die Ideen der Red Pill Women gemahnenden – Hausfrauenideal sowie des hier wie da wirksamen völkischen Antiintellektualismus. [194, 354, 361 f., 501, 747 f.]

 

Bücherverbrennungen. Unter dem vom NS-Studenten Paul Schmidt (nach 1945: Carell) mithilfe von zwölf Thesen näher erläuterten Titel „Aktion wider den deutschen Geist“ wurden am 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz in Berlin sowie in 21 weiteren dt. Universitätsstädten Bücher jüd., marx., pazifistischer Autoren (u.a. Bertolt Brecht, Albert Einstein, Sigmund Freud, Ödön von Horvath, Heinrich, Klaus & Thomas Mann, Karl Marx, Robert Musil, Carl von Ossietzky,  Arthur Schnitzler, Kurt Tucholsky sowie Stefan Zweig) nach entsprechenden Sammlungen aus öffentlichen Bibliotheken durch den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) öffentlich verbrannt. Für geistige Einstimmung hatte Alfred Baeumler gesorgt (auch, zusammen mit Elisabeth Förster-Nietzsche, dafür, dass Nietzsche, der neue Staatsphilosoph, nicht auf der Liste der zu verbrennenden Bücher stand; s. Glosse Nr. 13), indem er am Nachmittag seine Antrittsvorlesung hielt. Dieses Zeichen, unter der Headline Antiintellektualismus stehend, war klar und schockierend für die freie Welt: Deutschland, das Land der Weimarer Klassik, verabschiedete sich mittels eines mittelalterlichen Scheiterhaufens direkt im Zentrum seiner Hauptstadt aus dem Reich der Dichter und Denker und wechselte ins Lager der Richter und Henker. [297, 382, 419, 430, 476, 696] 

 

Bündische Jugend. Unter der b. J. (auch Nachkriegsjugendbewegung) versteht man i.d.R. die nach dem Ersten Weltkrieg anhebende, sich vom Geist der Meißnerformel absetzende, insoweit als ‚uneigentlich‘ zu bezeichnende Jugendbewegung der Jahre 1919-1925, gruppiert um Ausdrücke wie Führer, Schar, Bund, Auslese, Zucht und Form und von Luise Fick (1939: 168) als Vorform der Hitlerjugend gelesen sowie vom neu-rechten Ideologen Götz Kubitschek als „straffe Form des Wandervogels“ (Kubitschek 2021: 1) definiert. [290, 356 f., 366, 384, 464, 470, 497, 503. 576, 581, 583 f., 591, 607, 618, 620, 623, 742-744]

 

Bund Deutsche Jugend (BDJ). Am 23. Juni 1950 in Frankfurt/M. gegründet. Geistig inspiriert vom Arzt und Schriftsteller Paul Lüth (1921-1986), der den Zusammenhang mit der Jugendbewegung betonte und von einem klar „antikommunistischem Feindbild“ (Dudek/Jaschke 1984, Bd. I: 361) ausging. Als Untergruppe wichtig ist der vom US-Geheimdienst CIC initiierte, finanzierte und personell ausgerüstete „Technische Dienst“ unter Leitung von Erhard Peters. Er stand einer rechtsterroristischen Gruppe vor, deren reale Mitgliederstärke auf rund 700 kam, bestehend aus ehemaligen Offizieren der Luftwaffe, des Heeres und der Waffen-SS zwischen 34 und 50 Jahren. Ziel: Bekämpfung einer möglichen Invasion der Roten Armee sowie der KPD als auch der SPD. Zu diesem Zweck wurde eine vorzüglich SPD-Mitglieder verzeichnende „Liquidationsliste“ angelegt. Beim BDJ-Pfingsttreffen 1952, bei dem Kurt Georg Kiesinger sprach, wurde bekannt, dass der BDJ vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen 10.000 DM erhalten hatte. Am 13. September 1952 stürmte die hessische Polizei das Schulungszentrum und entdeckte ein Waffenlager sowie die Liquidationsliste. (vgl. Dudek/Jaschke 1984, Bd. I: 356 ff.; Roth 2016: 27 ff.) [441 f.]

 

Bundschuh. Im Oktober 1926 von August Georg Kenstler gegründet, ist dem B. anzulasten, der Artamanenbewegung „die Richtung auf dem Weg zum politischen Rechtsradikalismus noch vor der Machtübernahme Adolf Hitlers“ (Kater 1971: 581) gewiesen zu haben. Folgenreich war vor allem der Rassismus des B.-Mitglieds Hans F. K. Günther, das in der Bauern-Ideologie des B.-Mitglieds Rudolf Walther Darré weiter ausgeschmückt wurde und auch für Heinrich Himmlers SS bestimmend war (ebd.: 627). (vgl. Essay Nr. 21) [580 f., 597, 605 f.]

 

Burg Ludwigstein. Mittelalterliche Jugendburg nahe Witzenhausen, Tagungsstätte. 1913 beim Meißnerfest der Freideutschen Jugend auf dem nahe gelegenen Hohen Meißner mit dort beschlossener Meißnerformel als – damals weitgehend verfallen – ins Bewusstsein gerückt, wurde die B. 1933 zunächst von der Hitlerjugend vereinnahmt. Nach 1945 wurde sie zum Zentrum der neu sich formierenden Jugendbewegung sowie zum Standort des neu gegründeten Archivs der deutschen Jugendbewegung. 1970 wurden Archiv und Burg in eine Stiftung überführt. Schon mit dem ersten Burgwart Walther Jantzen hatten schwer NS-Belastete Einzug gehalten, darunter auch Günther Franz sowie Theodor Schieder als maßgebend Verantwortliche für die von Fälschungen im Blick auf NS-Spuren durchsetzte Quellen-Edition von Werner Kindt. NS-belastet waren neben Jantzen, Franz und Schieder auch Karl Vogt und Hans Wolf als langjährig Verantwortliche für das Jahrbuch des Archivs, die dieses immer wieder auch Gleichgesinnten – etwa Armin Mohler oder Karl Thums – öffneten. Nachdem darauf bezügliche Problematisierungen (s. Essay Nr. 22) auf der B. keinen Widerhall fanden, steht der aktuelle Wiss. Leiter Eckart Conze vor einigen Herausforderungen. [472-474, 600, 611, 624, 630, 743]

 

Burschenschaft Normannia Heidelberg. Seit September 2020 wg. Antisemitismus-Vorfällen (s. Prolog Nr. 10) nur noch als Altherrenverein, die Aktivitas (stud. Mitglieder) wurde aufgelöst. [93]

 

Burte, Hermann (1879-1960), eigentlich Hermann Strübe, aus Maulburg. Autor des völkischen (Jugend-)Romans Wiltfeber (1912), für den er den Kleistpreis erhielt (Ki II: 1039) – ein Attribut, das seriös klingt und nahtlos anschließt an die verharmlosenden Umschreibungen, die in der Jugendbewegungshistoriographie gängig sind. Tatsächlich hat dieser Roman als „Bibel der rechtsgerichteten Wandervögel“ (Laqueur 1962: 56) zu gelten, eine der Romanheldinnen, Magdalena Rinklin, gab die Vorlage ab für die in der Printversion zu besichtigende Fiktion über eine angeblich 2029 gestürzt Kanzlerin. (s. Glosse Nr. 21) B. war auch nach 1945 dem NS treu ergeben. (vgl. Loewy 1966: 309 f.) [151, 579 f., 770 f.]

 

Burwitz, Gudrun (*1929-2018), aus München. Himmler-Tochter, Ikone der Neonazi-Szene um die „Stille Hilfe“, war verheiratet mit einem NPD-Funktionär. (s. Essay Nr. 13.3.5) [437, 446]

 

[Zum Autor: Christian Niemeyer, Prof. (i.R.) für Sozialpädagogik an der TU Dresden. Zum Text: Dieses Lexikon wurde, wie die noch ausstehenden Folgen, wurde dem Online-Material (S. 21-106) meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte. Glossen, Essays, Lexikon (= Bildung nach Auschwitz 1). Mit Online-Materialien. Weinheim Basel 2021 entnommen. Der Wiederabdruck erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlages Beltz Juventa.]

Bild oben: V.l. Thierry Baudet, (c) DWDD / CC BY 3.0; Gudrun (links) mit Mutter Margarete und Vater Heinrich Himmler, (c) Bundesarchiv, Bild 146-1969-056-55 / CC-BY-SA 3.0; Boogaloo Bois, (c) Anthony Crider – https://www.flickr.com / CC BY 2.0