Israel hat nach dem starken Rückgang der Infektionszahlen große Schritte in Richtung Normalisierung gemacht. Jetzt steigen die Infektionszahlen wieder, vor allem in den Schulen …
Israel war in der Eindämmung von Corona sehr erfolgreich. Strikte Maßnahmen wie Ausgangssperren, Einreiseverbot von Ausländern, Quarantäne-Anordnungen und Handy-Ortung von Kontakten der Infizierten haben dafür gesorgt, dass die täglichen Neuinfektionen auf unter 50 gesunken sind. Die berechtigte Sorge vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, die Arbeitslosenquote war bereits auf 27% gestiegen, führte dazu, dass auch die Lockerungen drastisch ausfielen. Mittlerweile ist fast wieder „Normalzustand“, die Kindergärten und Schulen haben geöffnet, die Parks und Strände ebenfalls. Restaurants und Bars haben ihren Betrieb wieder aufgenommen und Kulturveranstaltungen sollen Mitte des Monats folgen. Selbstverständlich gelten Abstands- und Hygienevorschriften, zudem herrscht Maskenpflicht, nicht nur im Innenbereich. So diszipliniert die Israelis anfangs waren, so sehr pfeifen sie allerdings vielerorts jetzt auf die Vorschriften.
Zum Problem wird das derzeit vor allem in den Schulen. Nachdem zunächst die Kindergärten und die Grundschulen bis zur dritten Klasse zum Unterricht in die Schulen zurückgekehrt sind, wird nun seit zwei Wochen wieder komplett unterrichtet. Ohne Rotation und Teilung der Klassen, dafür mit Schutzmaske und Desinfektionsmittel. In der Praxis funktioniert das, Überraschung!, weniger gut. Bis zu 40 Kinder und Jugendliche in einem Klassenraum, dazu der beginnende israelische Sommer machen die Maskenpflicht zur Qual. Nachdem das Land von einer außergewöhnlich langen und ausgeprägten Hitzewelle heimgesucht wurde, hatte das Gesundheitsministerium die Maskenpflicht für einige Tage ausgesetzt. Die Rechnung kommt offensichtlich jetzt, denn seit Freitag steigen die Zahlen der Neuinfektionen, der Großteil der Infizierten hat sich in der Schule angesteckt.
Allein am Gymnasia Rechavia in Jerusalem wurden bisher 206 Fälle nachgewiesen, Schüler, Lehrer, aber auch Verwandte und andere Kontaktpersonen. Insgesamt sind momentan 31 Schulen betroffen, darunter in Hadera, Aschdod und Beersheva, knapp 10.000 Schüler sind derzeit in häuslicher Quarantäne. Die Mittel- und Oberstufe hat noch gut zwei Wochen bis zu den Sommerferien, die Grundschulen haben noch bis 13. Juli Unterricht.
Von einer Herdenimmunität ist Israel noch weit entfernt. Eine Untersuchung des Gesundheitsministeriums kommt zu dem Schluss, dass nur etwa zwei bis drei Prozent der Israelis eine Ansteckung hinter sich haben. Dazu wurden Blutproben auf Antikörper untersucht. Es heißt also ausharren und abwägen. Viele Eltern haben sich bereits dazu entschlossen, ihre Kinder nicht weiter in den Unterricht zu schicken. Empfehlungen, Unterricht wieder in sog. „Kapseln“ von bis zu 15 Kindern und per Internet abzuhalten, wurden bisher nicht aufgegriffen.
Die Zahl der Infizierten liegt derzeit knapp über 2000. In Israel starben bisher 285 Menschen an den Folgen der Corona Infektion.
Bild oben: Das Gymnasia Rechavia in Jerusalem, (c) Tamar Hayardeni, Wikicommons