Bier ist der Wein dieses Landes

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Stitzenkanne mit Braustern, 1880 Abbildung: Jüdisches Museum München

Jüdische Braugeschichten – Eine Ausstellung im Jüdischen Museum München…

Stitzenkanne mit Braustern, 1880  Abbildung: Jüdisches Museum München
Stitzenkanne mit Braustern, 1880
Abbildung: Jüdisches Museum München

Hopfen, Wasser, Hefe und Malz; das sind die vier Zutaten, mit denen in Bayern traditionell Bier gebraut wird. Das in die Liste des immateriellen Kulturerbe Bayerns aufgenommene Bayerische Reinheitsgebot feiert 2016 seinen 500. Geburtstag. Das Jüdische Museum München nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, erstmals in einer Ausstellung Geschichte und Gegenwart des Biers in der jüdischen Tradition und Kultur zu beleuchten.

Im Alten Ägypten wurde Bier zum Volksgetränk und dort lernten es auch die Israeliten kennen. Für sie stellte sich die Frage, ob Bier koscher sein muss und ob es wie Wein für rituelle Handlungen verwendet werden darf. Wenn Bier statt Wein das Hauptgetränk ist, dann, so legt der Talmud fest, „ist das Bier der Wein dieses Landes“ und darf verwendet werden.

Der Frage, was der Brauerstern und seine oberpfälzische Ausprägung, der „Zoigl“, mit dem Davidstern zu tun haben, widmet sich ein weiterer Bereich der Ausstellung. Anschaulich wird auch die Geschichte des Hopfenhandels erzählt, der in Süddeutschland über lange Zeit von jüdischen Händlern maßgeblich geprägt war. Außerdem wird nachgewiesen, dass das „Bierkrugveredelungsgewerbe“, also die Bemalung von Krügen sowie die Herstellung und Montage der Zinndeckel, ein maßgeblich von jüdischen Münchnern entwickeltes und betriebenes Gewerbe war.

Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden die jüdischen Brauherren in München und Umgebung. Die freiherrliche Familie von Hirsch errichtete 1836 in Planegg „auf der grünen Wiese“ eine der ersten modernen, industriell ausgestatteten Brauereien Bayerns, die in den knapp 100 Jahren ihres Bestehens zum Vorbild anderer moderner Brauanlagen wurde. In München gründete 1895 der aus einer kleinen Landjudengemeinde in Mittelfranken stammende Josef Schülein die Unionsbrauerei Schülein & Cie, die rasch zur zweitgrößten Brauerei Münchens wurde. Er und sein Sohn Hermann fusionierten sie 1921 mit der Löwenbräu AG. Während sich Josef Schülein in die Schlossbrauerei Kaltenberg zurückzog, wurde Löwenbräu unter Hermann Schülein als Generaldirektor zur bedeutendsten exportorientierten Brauerei Münchens. Nach seinem von den Nationalsozialisten erzwungenen Rücktritt emigrierte er in die USA, wo er die Liebmann Brewery in New York mit ihrer Biermarke „Rheingold“ zu einer der größten Brauereien der USA machte. Seine innovativen Werbemethoden wie die jährliche Wahl der „Miss Rheingold“ oder der Werbeeinsatz von Stars wie Louis Armstrong, Nat King Cole, Marlene Dietrich, Ella Fitzgerald oder John Wayne gelten in den USA noch heute im Bereich der Markenbildung und -pflege als vorbildhaft.
Abschließend widmet sich die Ausstellung der Bierkultur im heutigen Israel, die zum einen stark von der deutschen Brautradition und deutschen Bierstilen geprägt ist und andererseits durch eine junge und vielfältige Craft-Beer-Szene überrascht.

Neben einem umfassenden Rahmenprogramm, das Ausflüge, Bierverkostungen und vieles mehr beinhaltet, wird es während der Laufzeit der Ausstellung eine Besonderheit geben: Die öffentlichen Rundgänge und Kuratorenführungen durch „Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten“ werden durch eine Verkostung eines eigens für die Ausstellung gebrauten Biers abgerundet. Der Herzl Beer Workshop aus Jerusalem und die Münchner CREW Republic haben sich zusammengetan und erstmals ein gemeinsames bayerisch-israelisches Bier entwickelt, das im Museumscafé und im Rahmen von Ausstellungsrundgängen vorgestellt wird und verkostet werden kann. In speziellen Craft-Beer-Gläsern ausgeschenkt, sollen die Besucherinnen und Besucher einen Eindruck der geschmacklichen Vielfalt, die innerhalb des Bayerischen Reinheitsgebots möglich ist, erhalten.

Eröffnung: 12.04.2016, 19 Uhr
Laufzeit: 13.04.2016―08.01.2017

Abbildung oben: Reklamemarke Unionsbräu München, um 1910, Jüdisches Museum München

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Katalog zur Ausstellung
Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten.
Herausgegeben von Lilian Harlander und Bernhard Purin mit Beiträgen von Eli Freedman (Philadelphia), Doug Greener (Jerusalem), Lilian Harlander (München), Anne Munding (München), Bernhard Purin (München), Conrad Seidl (Wien) und Matthias Trum (Bamberg).
Volk Verlag, München 2016, 256 Seiten, 29,90 Euro
ISBN: 978-3-86222-211-7 | Deutsche Ausgabe mit englischen Abstracts

Eine Ausstellung des Jüdischen Museums München
Kurator: Bernhard Purin in Zusammenarbeit mit Lilian Harlander