Auszeichnung für Jawne

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Ansprache und Dankesrede zur Verleihung des Rheinlandtalers an Frau Dr. Ursula Reuter und Herrn Adrian Stellmacher…

Ansprache von Herrn Prof. Dr. Jürgen Wilhelm,
Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland,
zur Verleihung des Rheinlandtalers an Frau Dr. Ursula Reuter und Herrn Adrian Stellmacher
am 10. September 2013 in Köln

Sehr geehrte(r)

Frau Spizig, (Bürgermeisterin der Stadt Köln)
Herr Dr. Trier,

Frau Karabaic,

Kolleginnen und Kollegen aus der Landschaftsversammlung Rheinland und dem Rat der Stadt Köln,

ganz besonders unsere beiden Laureaten Frau Dr. Reuter und Herrn Stellmacher,
verehrte Gäste,

im Namen des Landschaftsverbandes Rheinland begrüße ich Sie herzlich zur heutigen Rheinlandtalerverleihung.

Mit dem Rheinlandtaler zeichnet der Landschaftsverband Rheinland Persönlichkeiten aus, die sich für die Kultur des Rheinlands ehrenamtlich eingesetzt haben.

Heute zeichnen wir Frau Dr. Reuter und Herrn Stellmacher stellvertretend für den Lern- und Gedenkort Jawne mit dem Rheinlandtaler aus.

Der Lern- und Gedenkort Jawne ist ein Platz, der an das Schicksal jüdischer Kinder und Jugendlicher während der NS-Zeit erinnert, der aufklärt und den Kindern ein Denkmal setzt.

Sehr geehrte Frau Dr. Reuter,
sehr geehrter Herr Stellmacher,

Sie und Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben dafür gesorgt, dass dieser historische Ort, an dem einst die Jawne, ein „privates jüdisches Reform-Realgymnasium mit Realschule für Knaben und Mädchen“, stand, zu einem Ort des aktiven und forschenden Lernens geworden ist.

Er befindet sich unweit von hier in der Kölner Altstadt am Erich-Klibansky-Platz, der nach dem letzten Direktor der Jawne benannt ist, und auf dem sich auch die Kindergedenkstätte Löwenbrunnen befindet.

Sie setzen sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche mehr über das jüdische Alltags- und Familienleben, über jüdische Feste, den Unterricht in der Jawne und das Spielen auf dem Schulhof erfahren können.

Durch Sie hören sie aber auch von Flucht und Emigration, von Kindertransporten in das rettende Ausland und vom Ende der Jawne mit den Deportationen vieler Kinder und Lehrer in die Vernichtungslager.

Und so führen Sie die Arbeit weiter, die einst von dem Kölner Ehepaar Dieter und Irene Corbach begonnen wurde. 1990 konzipierten beide eine erste Ausstellung: „Die Jawne zu Köln“.

Es geht auf das unermüdliche Engagement von Frau Corbach zurück, dass die Ausstellung seit 2003 in einem Galerieraum der Allianz Real Estate Germany am Ort der ehemaligen Jawne gezeigt werden konnte. Als Irene Corbach im Jahr 2005 verstarb, stellte sich die Frage, wie ihr Lebenswerk weitergeführt werden könnte.

Und schließlich wurde der Arbeitskreis des Lern- und Gedenkorts Jawne ins Leben gerufen. Dass er sich zunächst als Projektgruppe dem Verein EL-DE-Haus anschließen konnte, gab der Initiative Beständigkeit und organisatorischen Rückhalt.

Schon Anfang 2007 konnte im Lern- und Gedenkort Jawne die von Dr. Cordula Lissner konzipierte neue Dauerausstellung Die Kinder vom Schulhof nebenan. Zur Geschichte der Jawne 1919 bis 1942präsentiert werden.

Neben den zahlreichen Projekten, die ich heute gar nicht alle aufführen kann, führt der Lern- und Gedenkort gemeinsam mit befreundeten Institutionen wie der Synagogen-Gemeinde und der katholischen und evangelischen Kirche jedes Jahr am 27. Januar einen Gedenktag für die deportierten und ermordeten Kinder durch.

Sie beide, Frau Reuter, und Sie, Herr Stellmacher, sind langjährige und aktive Mitglieder des Arbeitskreises Lern- und Gedenkort Jawne. Darüber hinaus gehören Sie zu den Gründungsmitgliedern des Fördervereins, der am 13. Januar 2013 ins Leben gerufen wurde.

Sehr geehrte Frau Reuter,

als Judaistin und Historikerin stellen Sie dem Arbeitskreis Ihr profundes Wissen über die jüdische Geschichte Kölns und des Rheinlandes zur Verfügung. Ein Thema, für das Sie sich seit langer Zeit intensiv und mit ganzem Herzen engagieren, zu dem Sie forschen und publizieren.

Lassen Sie mich an dieser Stelle nur Ihr Kartenwerk mit Beiheft „Jüdische Gemeinde im Rheinland vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts“ und Ihre Beiträge zu jüdischen Persönlichkeiten für das Internetportal „Rheinische Geschichte“ des Landschaftsverbandes Rheinlandes nennen.

Sie wurden zur Vorsitzenden des Fördervereins gewählt und vertreten zudem den Arbeitskreis seit 2008 als Sprecherin. Bereits im Jahr 2009 waren Sie sehr gefordert. Denn die Arbeit des Lern- und Gedenkortes Jawne geriet plötzlich in Gefahr. Die Allianz-Gruppe als Eigentümerin des Galerieraumes verlangte nun die volle ortsübliche Miete für den bisher im stillen Sponsoring überlassenen Raum. Die Summe, die damals zur Debatte stand, hätte der ehrenamtliche Arbeitskreis niemals aufbringen können. Mit Hilfe vieler in der Sache Engagierter und dem WDR begann nun eine Rettungskampagne, die von Menschen aus aller Welt engagiert mitgetragen wurde. Und das mit Erfolg, wie wir sehen können.

Auch Sie, sehr geehrter Herr Stellmacher, sind stets mit großem Einsatz und hohem Zeitaufwand engagiert.

Und Sie bringen Ihre langjährigen Erfahrungen in der historisch-politischen Bildungsarbeit in den Arbeitskreis ein. Es sind vor allem persönliche Erfahrungen, die Sie geprägt haben: Viele Jahre lang haben Sie ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bei ihren Besuchen in Köln begleitet.

Sie haben grenzüberschreitende Projekte für Schulen zum Thema Zwangsarbeit betreut und für verschiedene Gedenkstätten pädagogisches Material entwickelt.

So etwa auch zu dem Kinderbuch „Die wundersame Rettung der kleinen Tamar 1944. Ein jüdisches Mädchen überlebt den Holocaust in Osteuropa.“

Für dieses Kinderbuch konnte die Autorin Tamar Dreifuss, die als kleines Mädchen die Schoa in ihrer Heimatstadt Wilna überlebt hatte, Sie und Cordula Lissner gewinnen. Durch die Fragen ihrer Enkelkinder entwickelte Tamar Dreifuss den Wunsch die Geschichte ihrer wundersamen Rettung in einem Kinderbuch zu erzählen.

In intensiven Arbeitswochen mit einer interessierten Schulklasse aus der Gemeinschaftsgrundschule Mülheimer Freiheit nahm das Projekt „Kinderbuch“ unter der pädagogischen Leitung von Herrn Stellmacher Gestalt an. Die Schüler beschäftigen sich eingehend mit den Buchentwürfen und entwickelten es weiter. Das Buch wird inzwischen als Unterrichtsmaterial für die 3.-6. Klasse verwendet. Die Schülerinnen und Schüler werden so – ohne zu überfordern – früh an das Thema Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg herangeführt.

Dem pädagogischen Geschick von Herrn Stellmacher ist es zu verdanken, dass dieses Buch derart zielgruppengerecht entstehen konnte, und in lebhaften Unterrichtsstunden die Geschichte von Tamar Dreifuss nun erlebbar ist.

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen  Sie mich noch einen Blick auf die aktuellen Projekte werfen. Finanzielle Förderung durch verschiedene Institutionen ermöglicht es dem Lern- und Gedenkort, auch Aktivitäten zu planen, die über die jüdische Geschichte in Köln hinausreichen. Ein kleines Team erforschte im Jahr 2009 die Geschichte der so genannten „Kindertransporte“, mit denen zwischen Dezember 1938 und dem Kriegsausbruch 1939 rund 10.000 jüdische Kinder und Jugendliche nach Großbritannien gerettet wurden.

Die Ergebnisse der in Großbritannien durchgeführten Interviews mit früheren Kindern aus Köln und anderen Orten Nordrhein-Westfalens wurden schließlich auf einer Website präsentiert.

Kurz nach der Freischaltung der Website wurde dieses Projekt auch im Kulturhaus der Landsynagoge Rödingen vorgestellt. Die Landsynagoge hat der Landschaftsverband Rheinland vor dem Verfall gerettet. Die aufopfernde und kluge Arbeit von Monika Grübel ermöglicht fantastische Angebote für alle die am jüdischen Leben im Rheinland interessiert sind.

Aber zurück zu Jawne: Dem Thema Kindertransport wird sich nun eine große Ausstellung widmen.

Sie erzählt erstmals auch das Schicksal der Kinder, die im Oktober 1938 in der so genannten „Polenaktion“ in die polnische Grenzstadt Bentschen (Zbaszyn) abgeschoben wurden. Der Landschaftsverband Rheinland hat auch dieses Projekt unterstützt. Wir werden die Ausstellung hier im Landeshaus am 16. Oktober 2013 eröffnen.

Ein weiteres multimediales Projekt entwickelt Wolfgang Richter unter dem Titel „Leftovers“, das Filminterviews mit früheren Jawne-Schülern in New York und Israel präsentiert.

Frau Dr. Reuter, Herr Stellmacher, aber auch liebe Mitglieder des Arbeitskreises,

es ist Ihnen ein wichtiges Anliegen, dass die Geschichte der Jawne, der Schülerinnen und Schüler und ihrer Lehrerinnen und Lehrer nicht in Vergessenheit gerät und dass heutige Generationen mehr über diese Zeit erfahren.

Mit Ihrem Engagement geben Sie diesen Kindern ein Gesicht und sorgen dafür, dass ihr Andenken erhalten bleibt. Sie investieren eine Menge Zeit und viel Energie in das Schreiben von Anträgen, in den ehrenamtlichen Betrieb des Lernortes, in das Beantworten von Anfragen und in vieles mehr.  Aber zu Ihren wichtigsten und sicherlich auch schönsten Aufgaben gehört der Kontakt zu den früheren Jawne-Schülerinnen und Schülern.

Die Besuche im Lernort Jawne, oft mit Kindern und Enkelkindern, sind eine große Bereicherung und verbinden das kleine Museum mit der ganzen Welt. Und gerade die ehemaligen Schülerinnen und Schüler nehmen regen Anteil an Ihrer Arbeit. So bin ich mir sicher, dass auch die 103-jährige Feo Kahn, die als junge Frau in der Jawne unterrichtete, und ihre Schülerin Lore Robinson in London sich mit Ihnen sehr über die heutige Ehrung freut.

Für Ihr unermüdliches Engagement sind Sie bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Heute kommt nun mit dem Rheinlandtaler eine weitere Ehrung hinzu, mit dem wir Ihr Engagement ausdrücklich würdigen möchten. Ich freue mich, dass ich Ihnen, Frau Dr. Reuter und Herr Stellmacher, nun den Rheinlandtaler überreichen darf.

 

Ursula Reuter/Adrian Stellmacher, Lern-und Gedenkort Jawne
Dankesrede Rheinlandtaler, 10.9.2013

Sehr geehrter Herr Prof. Wilhelm

Sehr geehrte Bürgermeisterin Frau Spizig,

sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Freundinnen.

Für die Verleihung des Rheinlandtalers möchten wir uns ganz herzlich bei Ihnen, Herr Prof. Wilhelm und bei dem Landschaftsverband Rheinland, bedanken. Ebenso herzlichen Dank für Ihre freundlichen Grußworte, Herr Prof. Wilhelm und Frau Spizig. Wir freuen uns sehr über diese Ehrung und wir nehmen sie sehr gerne entgegen – stellvertretend für den Arbeitskreis des Lern- und Gedenkorts Jawne.

Der Arbeitskreis, es wurde schon angesprochen, ist eine Gruppe von Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Berufe, Herkunft und Sprachen, die sich nach ihren Interessen und Möglichkeiten in die Arbeit im Lern- und Gedenkort Jawne einbringen. Teilweise tun sie dies schon seit über einem Jahrzehnt. Wir sehen unsere besondere Stärke in der Pluralität des Arbeitskreises – in den vielfältigen biographischen Erfahrungen, Kenntnissen und Interessen, die die Aktiven in ihr Engagement einbringen. Das mag manchmal nicht ganz leicht zu koordinieren sein, aber gerade daraus entsteht die besondere Atmosphäre, die den Lern- und Gedenkort Jawne und seine Angebote auszeichnet.

Unser ältestes und ganz besonders geschätztes Mitglied ist der heute anwesende Henry Gruen, der 1923 als Heinz Grünebaum in Köln geboren wurde und seit kurzem auch wieder in seiner Geburtsstadt lebt. Henry Gruen steht uns seit langem mit seinen Erinnerungen und mit Rat und Tat zu Seite – mit zuweilen kritischen, aber immer anregenden Anmerkungen.

Zu unseren Aktivitäten in den letzten Jahren hat Herr Prof. Wilhelm schon einiges gesagt. Visuelle Eindrücke von Besuchen, pädagogischen Workshops und Gedenkveranstaltungen bieten auch die Tafeln, die wir mitgebracht haben. Eines möchte ich aber noch ergänzen: 2008 und erneut in diesem Jahr konnten wir im Lern- und Gedenkort die mit der Unterstützung von Henry Gruen entstandene Ausstellung „Die Brauns und die Grünebaums“ zeigen. Sie erzählt anhand der Lebensgeschichten der Familien von Henry Gruen und seinem Schulfreund Walter Braun (der leider vor wenigen Monaten in Israel verstorben ist) die Geschichte der städtischen Jüdischen Volksschule Lützowstraße.

Aktuell freuen wir uns sehr, dass zwei Projekte, die im Rahmen des Lern- und Gedenkorts Jawne entstanden sind, kurz vor ihrer Präsentation stehen – Herr Prof. Wilhelm hat auch dies schon kurz erwähnt. Zum einen ist dies die sehr eindrückliche Online-Präsentation lebensgeschichtlicher Interviews unter dem Titel Leftovers unseres Kollegen Wolfgang Richter. Zum anderen die Ausstellung KINDER ABREISEN 17 UHR 13. Erinnerungen an Polenaktion und Kindertransporte 1938/39. Diese wird vom 17. Oktober bis 24. November 2013 hier im LVR-Landeshaus des Landschaftsverbands Rheinland gezeigt werden.

Den Anlass, diese Ausstellung in diesem Herbst zu zeigen, bieten zwei historische Ereignisse, die vor 75 Jahren stattfanden und die in engem Zusammenhang mit dem Novemberpogrom am 9./10. November 1938 standen: zum einen die sog. Polenaktion, die überfallartige Abschiebung von jüdischen Menschen polnischer Staatsangehörigkeit aus NS-Deutschland, und zum anderen der Kindertransport.

Im Oktober 1938 wurden 17.000 jüdische Menschen polnischer Staatsangehörigkeit, darunter viele Kinder und Jugendliche, aus NS-Deutschland in ein Niemandsland an der polnischen Grenze abgeschoben. Die Deportationen aus dem Rheinland gingen in die polnische Grenzstadt Bentschen (Zbaszyn) und waren mit viel Leid, aber auch mit Hilfe und Unterstützung verbunden. Unter den Abgeschobenen war auch die Familie Grynspzan aus Hannover, deren 17jähriger Sohn Herszel in einer verzweifelten Protestaktion in Paris in der deutschen Botschaft auf den Legationssekretär Ernst vom Rath schoss. Dessen Tod am 9. November 1938 diente den Nationalsozialisten zur Inszenierung des reichsweit koordinierten Pogroms gegen jüdische Menschen, ihre Wohnungen und Geschäfte, gegen Synagogen und jüdische Institutionen – darunter auch jüdische Schulen wie die Jawne. Diese wurde am Morgen des 10. November zwar nicht in Brand gesteckt, aber verwüstet und geplündert.

Der Pogrom vom 9. und 10. November 1938 rüttelte, zumindest für kurze Zeit, die Weltöffentlichkeit auf und machte sie auf die Bedrohung der Juden in Deutschland aufmerksam. Großbritannien erklärte sich in den folgenden Wochen bereit, unbegleitete Kinder aus Deutschland aufzunehmen. Mit dem so genannten Kindertransport wurden insgesamt etwa 10.000 Kinder und Jugendliche, darunter Hunderte aus dem heutigen Nordrhein-Westfalen, nach Großbritannien gerettet. Unter diesen befanden sich etwa 130 Jawne-Schülerinnen und -Schüler, die auf Initiative von Direktor Erich Klibansky in eigenen „Jawne-Transporten“ nach England ausreisen konnten.

Anhand von Lebensgeschichten erzählt die Ausstellung KINDER ABREISEN 17 UHR 13 die Geschichte des Kindertransports. Dass auch bereits nach Polen abgeschobene jüdische Kinder in das Rettungsprogramm einbezogen werden konnten, ist dabei ein Aspekt, der in unserer Ausstellung erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird.

Darüber hinaus haben wir KünstlerInnen aus Deutschland, Polen und Israel dazu gewinnen können, ihre künstlerischen Auseinandersetzungen mit der Erinnerung an Polenaktion und Kindertransport zu präsentieren.

Herzlich einladen möchten wir Sie schon heute zu der Eröffnung der Ausstellung am 16. Oktober, die auch hier in diesem Haus stattfinden wird. Wir sind dem Landschaftsverband Rheinland sowie der Landeszentrale für politische Bildung NRW sehr dankbar für ihre Unterstützung, ohne die diese Ausstellung nicht hätte verwirklicht werden können.

Und damit kommen wir zu dem, was wir uns für die Zukunft wünschen:

Wir wünschen uns, dass uns auf Dauer die materielle Grundlage unserer Arbeit – der Galerieraum am Erich-Klibansky-Platz – erhalten bleibt. Viele von Ihnen, die heute hier anwesend sind, haben uns in dieser Hinsicht vor einigen Jahren tatkräftig unterstützt. Aber es bedarf weiterhin auch Ihres Einsatzes, das dies so bleibt.

Wir wünschen uns, dass wir unsere Forschungs- und Vermittlungsarbeit auf dem professionellen Niveau, das inzwischen erreicht worden ist, weiter fortführen können. An Ideen mangelt es dabei nicht: Zum Beispiel ist zur Zeit eine Arbeitsgruppe dabei, eine Ausstellung über den expressionistischen Maler und Jawne-Kunstlehrer Ludwig Meidner vorzubereiten.

Und schließlich wünschen wir uns, dass auch die pädagogischen Angebote kontinuierlich ausgebaut werden können, damit weiterhin viele Schulklassen und Gruppen die Jawne regelmäßig besuchen.

Dies ist einerseits nur durch das fortgesetzte Engagement der Arbeitskreismiglieder und unseres neu gegründeten Fördervereins möglich. Andererseits kann ehrenamtliche Arbeit nur geleistet werden, wenn die strukturellen Voraussetzungen dafür stimmen. Auch wenn wir dankenswerter Weise seit Jahren von einer Reihe von Institutionen kontinuierlich oder projektbezogen Unterstützung erfahren: In dieser Hinsicht sind wir inzwischen an die Grenze unserer Belastbarkeit gelangt. Für die weitere Entwicklung des Lern- und Gedenkorts Jawne benötigen wir angesichts der stetig wachsenden organisatorischen Aufgaben dringend eine Entlastung durch die Schaffung einer kontinuierlich besetzten Stelle. Hier hoffen wir dringend auf Unterstützung – finanziell wie ideell – seitens der Stadt Köln, des Landschaftsverbands Rheinlands oder des Landes NRW.

2010 hat die in London lebende ehemalige Jawneschülerin, unsere gute Freundin Lore Robinson mit uns über die Anstrengung zu erzählen und die Verantwortung zuzuhören, gesprochen – ich zitiere:

„Mein Sohn sagte immer, ich erzähle nicht genug, aber seitdem er das gesagt hat, haben wir viel darüber gesprochen, und ich habe auch alles aufgeschrieben, damit sie wissen, was los war. Die Kinder müssen es wissen. Ich habe auch alle Briefe übersetzt, die Briefe von meinem Vater, als er aus Bergen-Belsen kam, wie er meine Mutter verlor, an Typhus.

Einmal im Jahr mache ich hier, wo wir wohnen, einen Holocaustvortrag, ich gehe auch in Schulen, aber die Leute sagen: Jetzt haben wir schon genug gehört vom Holocaust. (…) Unsere Geschichte ist jetzt schon sehr alt, nicht? Lange her. In Deutschland haben Sie mehr das Gefühl, dass es die Schuld von Deutschland war, nicht? Das ist ja hier anders.“

Über diese Einschätzung könnte man sicher lange diskutieren. Wir verstehen die Worte von Lore Robinson ebenso wie den Rheinlandtaler jedenfalls als Aufforderung, unsere Arbeit für den Lern- und Gedenkort Jawne als Ort des Gedenkens an die Schoa und der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, aber auch als Ort der lebendigen Erinnerung und der Gegenwart fortzusetzen.

Herzlichen Dank.

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