Ein eigentümliches Wahlergebnis

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Der große Verlierer und zugleich Sieger dieser Wahl in Israel ist Premierminister Benjamin Netanjahu. Gleiches kann man über die Mitte-Links-Parteien sagen, die sich einerseits intern zerfleischten, andererseits aber hofften, Netanjahu „stürzen“ oder wenigstens „blockieren“ zu können…

Kommentar  von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 22. Januar 2013

Gemäß den ersten Hochrechnung mit geringen aber dennoch bedeutsamen Abweichungen sieht es so aus, als ob Netanjahu der nächste Regierungschef sein werde. Doch wird seine Koalition wird anders aussehen, als die bisherige. Sollte der Überraschungssieger Jair Lapid mit seinen 19 Mandaten als neue und zugleich zweitgrößte Partei der absolut notwendige Partner Netanjahus werden, müsste sich Netanjahu voraussichtlich von der frommen Schasspartei trennen. Denn Schass und Lapid sind wie Feuer und Wasser und dürften kaum am gleichen Kabinettstisch sitzen können.

Typisch für die israelische Parteiengeschichte ist das völlig Verschwinden der bisher größten Partei Israels, größer noch als die Likudpartei: Kadima. Die hat nicht mal die Sperrklausel von nur 2 Prozent überwunden. Das gleich Schicksal widerfuhr der Schinui (Wandel) Partei von Jair Lapids Vater Tommy Lapid vor drei Jahren. 2003 gewann sie noch 15 Mandate und 2009 war sie schon wieder untergegangen.

Eine große Überraschung wiederum bot Zipi Livni. Die ehemalige Außenministerin unter Ehud Olmert hatte bei den Wahlen 2009 zwar die Kadima-Partei zu ihrem größten Erfolg jemals geführt, scheiterte dann aber bei den Koalitionsverhandlungen. So musste sie das Szepter an Netanjahu abgeben Unter ihrem Vorsitz verlor die Kadimapartei jegliche Sympathien und ging jetzt unter. Die gleiche Livni hat sich in letzter Minute vor den Wahlen entschieden, doch wieder in die Politik zurückzukehren. Sie gründete eine Partei mit dem bedeutsamen Namen „Bewegung“, giftete gegen die Mitstreiter im „gemäßigten“ Lager und erlangte dennoch sieben Mandate.

Vorläufig kann man das Wahlergebnis eigentlich nur als unvorhergesehen und mehr als zweideutig interpretieren, wobei es bis zum endgültigen Wahlergebnis noch einige entscheidende Verschiebungen geben kann.

Und danach beginnt der eigentlich bedeutsame Part israelischer Parlamentswahlen, nämlich aus einem Sammelsurium weltanschaulich sehr widersprüchlicher Parteien eine regierungsfähige Mehrheit im Parlament zu basteln.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com