Kronprinz Rupprecht von Bayern: Wie rassistisch darf ein „Nazigegner“ sein?

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Wikipedia nennt ihn einen „Nazigegner“ und schließt sich damit der Einschätzung der meisten, auch der namhaften, modernen, heimischen Historiker an. Zugleich sind von ihm, vom Kronprinzen Rupprecht von Bayern, nicht wenige schriftliche Zeugnisse überliefert, in denen er fremde Völker, ethnische und religiöse Minderheiten sowie soziale Gruppen in ähnlicher Weise mit Schmähungen überhäuft und herabwürdigt wie die einschlägigen Rasseideologen und Propagandisten des Dritten Reiches. Der Beitrag untersucht die Schattenseiten einer zur Ikone seiner Heimat Bayern stilisierten Persönlichkeit, deren unbefleckten Ruf weiterhin zu bewahren, größeren Kreisen der bayerischen Öffentlichkeit ganz offensichtlich ein Anliegen ist…

Von S. Wiguläus Dräxelmayr

Als Rupprecht in der bayerischen Landeshauptstadt München das Licht der Welt erblickte, man schrieb das Jahr 1869, regierte König Ludwig II. das noch überwiegend agrarisch strukturierte und besonders in seinen südlichen und östlichen Teilen flächendeckend katholische Bayern. Rupprechts Vater war Prinz Ludwig, der ab 1913 als König Ludwig III. Bayerns letzter Monarch werden sollte.

Ohne abgeschlossenes Studium, Rupprecht hatte lediglich zwei Jahre über sehr unterschiedliche Vorlesungen, quasi quer durch alle Fakultäten hindurch, „gehört“, besuchte er die Kriegsakademie und wurde daran anschließend, wie das für Söhne aus den obersten Kreisen üblich war, rasch befördert. Seine militärische Karriere und seine besondere Stellung am Hofe, er wurde von seinem Großvater, dem Prinzregenten Luitpold, sehr geschätzt und mit Extrazuwendungen bedacht, erlaubten es ihm zahlreiche kleinere und mehrere ausgedehnte Reisen zu unternehmen, die er Jahre später publizistisch in „Reiserinnerungen“ betitelten, illustrierten Bänden verarbeitete.

Im Ersten Weltkrieg an der Spitze der 6. Armee stehend, nahm Rupprecht an vielfältigen Schlachten teil und stieg zum Generalfeldmarschall bzw. später zum Oberbefehlshaber der nach ihm benannten Heeresgruppe auf. Manche seiner zahlreichen Biografen stimmen darin überein ihn als den fähigsten der Oberbefehlshaber aus fürstlichen Häusern zu bezeichnen. Zu Beginn des Krieges, ebenso wie sein Vater, König Ludwig III., noch für eine maximale Expansion Deutschlands auf Kosten besiegter Feindnationen eintretend, mäßigte er später, in Erkenntnis der beschränkten Möglichkeiten der eigenen Heere gegenüber überlegenen Gegnern, seine Haltung.

Bereits vor Beendigung der Feindseligkeiten von Briten und Franzosen diverser Kriegsverbrechen bezichtigt, sah sich Rupprecht ab 1919 mit massiven Anklagen konfrontiert. Da das vorgesehene Tribunal gegen deutsche Kriegsverbrecher aus diversen Gründen jedoch nicht realisiert werden konnte und die einzelnen Fälle an deutsche Gerichte zur Aburteilung weitergereicht wurden, kam es nie zu einer offiziellen Anklageerhebung gegen den bayerischen Kronprinzen.

In Bayern war im November 1918 die Monarchie für abgeschafft erklärt und die Republik ausgerufen worden. Trotz gewisser Schnittmengen zwischen den bayerischen Monarchisten und den seit ihrer Gründung 1919/1920 in München aufstrebenden Nationalsozialisten, kam es zu keiner längerfristigen Zusammenarbeit zwischen beiden Lagern. Zwar gehörten der SA-Chef und „Maschinengewehrkönig von Bayern“ Ernst Röhm, ebenso wie der „frühe Mentor Hitlers“ und Publizist Dietrich Eckart oder der Nazisteigbügelhalter und Polizeipräsident von München Pöhner sowie weitere spätere Nationalsozialisten zum engeren Vertrauten- oder Freundeskreis des Kronprinzen, doch hat dieser allem Anschein nach den künftigen Führer der Deutschen nur ein einziges Mal, im Jahre 1922, getroffen. Es setzten jedenfalls noch auf lange Jahre hin sich im Aufwind fühlende Nationalsozialisten und im Rückgang ihrer Popularität begriffene Monarchisten auf die Unterstützung durch die jeweils andere Seite.

Noch 1930 war Rupprecht davon überzeugt, dass „in der nationalsocialistischen Bewegung … anfangs zweifellos ein guter Kern (steckte), doch ist ihr Programm unklar und zum Teil völlig utopisch“ ((Zitiert nach Weiß, S. 252f; dort weiter: „Zeitweilig war Rupprecht der Auffassung, man könne die Nationalsozialisten im Kampf gegen das ‚bolschewistisch durchseuchte Berlin‘ einsetzen, sie bedürften nur richtiger Führung. Zum Jahresbeginn 1931 wäre er sogar zur Aufnahme einiger Nationalsozialisten in die Staatsregierung bereit gewesen… Ihre ‚Mannschaften‘ hielt er für eine wertvolle Truppe, die nur der richtigen Führung bedürften.“)); der vor allem in Bayern nur zu offensichtliche Antisemitismus von NSDAP und SA, der ab 1920, nach Veröffentlichung des Parteiprogrammes allgemein bekannt war, und sich danach regelmäßig in Anschlägen und Übergriffen auf Juden zunehmend gewalttätig manifestierte, muss dem in Herrenhäusern und Schlössern dahinlebenden Kronprinzen völlig entgangen sein, oder aber, wofür durchaus Hinweise vorliegen, er hatte nichts gegen Judenfeindlichkeit einzuwenden, solange sich diese in „überschaubarem Rahmen hielt“, wie er es wahrscheinlich ausgedrückt hätte. Spätere, nicht sehr lautstarke Einwände Rupprechts gegen Judenverfolgungen legten eine solche, sozusagen pragmatische, Haltung des bayerischen Dynasten durchaus nahe.

Eine Woche nachdem Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte, Anfang Februar 1933, fragte der Rupprecht-Biograf Otto Kolshorn, ein langjähriger Vertrauter des Kronprinzen, diesen, ob er Hitler empfangen würde. Der Chef des Hauses Wittelsbach machte keine grundsätzlichen  Einwände geltend. ((Weiß, S. 266.)) Glaubte Rupprecht demnach immer noch an eine mögliche Koexistenz von Führer und König in Bayern?

Je mehr sich die neuen Machthaber im Staat etablierten, desto weniger waren sie auf eine Unterstützung durch den Kronprinzen angewiesen, dementsprechend verschlechterte sich kontinuierlich das gegenseitige Verhältnis.

Anstatt sich nun dem Wunsch seiner Frau Antonia von Luxemburg zu fügen und ebenso wie der Kronprinz der Habsburger, Otto, ins US-amerikanische Exil überzuwechseln, solange dies noch möglich war, verharrte Rupprecht in seinem Wahn, er könne die Nationalsozialisten aussitzen und würde dann, nach vermeintlich bald abzusehendem Zusammenbruch von deren Macht, von seinen Untertanen als deren Erlöser und König gerufen werden.

Als schließlich die Lage für ihn in Bayern tatsächlich bedrohlich wurde, das NS-Regime sah in ihm nämlich inzwischen einen Unsicherheitsfaktor, ging er 1940 mit seiner Familie nach Italien. Dort erfreuten sich die hohen Flüchtlinge der Gunst des Papstes Pius XII., der Solidarität des italienischen Königshauses sowie der tatkräftigen Hilfe weiterer italienischer Freunde. Während es Rupprecht 1943, nach der Kapitulation des Landes und nach erfolgter Besetzung durch Deutsche, gelang den Häschern der Gestapo zu entgehen, wurden seine Angehörigen arretiert und als Vorzugshäftlinge in deutsche KZs eingeliefert. ((Als Vorzugshäftlinge mussten sie weder hungern noch wurden sie zu Zwangsarbeiten herangezogen; sie genossen die Sympathie und Zuwendungen mehrerer ihrer Bewacher sowie der Bevölkerung außerhalb der Lager. Ein Vergleich mit dem Lagerdasein etwa jüdischer Häftlinge wäre vollkommen unzulässig. In zahlreichen bayerisch-patriotischen Publikationen, teils noch bis in die Gegenwart, wurde just dieser Gesichtspunkt jedoch grundsätzlich ignoriert, um die Wittelsbacher am Opferstatus teilhaben und um den Mythos vom guten Königreich Bayern weiterleben lassen zu können.))

Nach Kriegsende reorganisierten sich in Bayern alte und einige neue Monarchisten und als dann der Kronprinz aus dem Exil heimkam, rückte eine Restauration des Königreichs Bayern für viele Bürger in scheinbar greifbare Nähe. Jedoch, und dafür trug Rupprecht ein Gutteil Verantwortung, machten sich die Monarchisten bei den US-amerikanischen Besatzungsbehörden unbeliebt. Unüberlegt oder ungeschickt formulierte Eingaben und Memoranden aus der königlichen Feder sorgten für Missverständnisse und Irritationen, so dass Rupprecht auch von den Amerikanern zeitweise als Störfaktor angesehen wurde. Zudem erkannten immer mehr Bayern, dass die Ära der Monarchie abgelaufen war, dass man alte Zeiten nicht beliebig wiederbeleben kann und dass das Wohl der Bürger am besten bei einer modernen, starken, „christlichen“ (und vor allem – sozialen) Partei aufgehoben war.

Sie werden ihm nicht leicht gefallen sein, seine letzten Jahre in Bayern, ohne eine bedeutendere Rolle im öffentlichen Leben spielen zu können und von seiner Familie so gut wie verlassen. Seine Frau Antonia, 31 Jahre jünger als er, hat ihre bayerische Heimat nach der Befreiung aus dem KZ nie wieder betreten; sie ging ganz allmählich am Alkohol zugrunde. Bevor sie 1954 starb, hatte sie noch verfügt, in Rom bestattet zu werden. Nicht mal begraben werden wollte sie in dem Lande, das für sie zum Inbegriff für Intoleranz und Heuchelei geworden war. Rupprecht überlebte sie um ein Jahr und erhielt ein Staatsbegräbnis, an dem mehrere Zehntausende Bayern teilnahmen.

Wenige Jahre später beauftragten Getreue einen prominenten ehemaligen NS-Künstler, dessen Monumente bis in die Gegenwart ungeniert bayerische Stadtlandschaften zieren und der wohl den zweifelhaften Rekord in der Herstellung  von Hitlerköpfen hält (über zwei Dutzend), ein schön-repräsentatives Rupprecht-Denkmal zu schaffen. Es wurde schließlich ein Brunnen mit einer nackten Frauenstatue als Bekrönung oben drauf. Selbstverständlich gab es um die dann mit lautstarkem Bayernpomp begangene Einweihung einen Skandal, in den Kirchenobere beider Konfessionen peinlich verwickelt waren, aber das ist man ja gewöhnt, man lebt schließlich in Bayern.

Der Standort des Kronprinzendenkmals war mit Bedacht gewählt worden: Gegenüber der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, zentrumsnah, in der bayerischen Landeshauptstadt München. Schließlich war der Geehrte doch ein „reichgebildeter und weltoffener“ ((Auf diese Weise verherrlichte Rupprecht ein lange Jahre über als angesehen und zuverlässig geltendes biografisches Nachschlagewerk, das „Biographische Wörterbuch zur deutschen Geschichte“ von 1973-1975, zu dessen Herausgebern der berühmt-berüchtigte Karl Bosl gezählt hatte.)) Mensch gewesen.

Anhand einer Reihe aussagekräftiger Passagen zu ausgewählten Themen aus den Veröffentlichungen des Kronprinzen Rupprecht sowie aus Biografien, die Tagebuchauszüge oder ähnliches Material enthalten, soll versucht werden das Weltbild dieses „heimlichen Königs Bayerns“ ((So lautete eine lange Zeit über vielfach gepflegte Bezeichnung für Rupprecht.)), zu rekonstruieren. Gewiss wird man erst nach Veröffentlichung sämtlicher Privataufzeichnungen endgültig über den Kronprinzen urteilen können, jedoch erlauben die hier versammelten Zitate und Belege bereits einen ausreichend repräsentativen Eindruck, um eine vorläufige Einschätzung vorzunehmen.

„Neger“, „Schwarze“

„Vom armenischen Viertel (in Smyrna, heute: Izmir) wandte ich mich nach dem jüdischen, und von dort erstieg ich den Pagoshügel… In der Nähe ein Negerdorf. Es sind besonders häßliche Neger, die es bewohnen, Leute mit dünnen Beinen und langen, schlapp herabhängenden Armen. Besonders häßlich die Frauen, bei denen der Mangel eines Kinns noch stärker in Erscheinung tritt wie bei den Männern und im Verein mit der schlecht entwickelten Stirne sie affenähnlich erscheinen läßt.“ (Orient, S. 146)

(In Konstantinopel, heute: Istanbul) „Der nächste Patient, der hereinkam, um vom Schech Heilung zu erlangen, war zweifellos leidend, ein alter asthmatischer Neger, offenbar ein Obereunuch. Zwei jüngere in Gehröcke mit Stehkrägen, sogenannte Stambulinen, gekleidete Neger, spindeldürre, häßliche Gesellen, griffen ihm unter die Arme und ließen den unbehilflichen Fettklotz auf einer Matte nieder. Dort hockte er, einer Kröte vergleichbar, keuchend und schnaubend, unsäglich lächerlich in seinem wattierten Schlafrock aus weißrot kariertem Matratzenstoff, bis der Schech ihm über die Schultern und die Beine strich, ihn dann umwenden ließ und mühsam balancierend seine feiste Sitzfläche erstieg, eine Prozedur, für die der Eunuche sich grunzend bedankte.“ (Orient, S. 178)

(Konstantinopel) „Die schwarzen Eunuchen kommen meist von Ägypten, und man behauptet, daß unter anderen die koptischen Mönche an den Natronseen sich mit diesem schandbaren Handel befassen. In der Jugend klapperdürr, werden Eunuchen im Alter unförmliche Fettklumpen. Ihre bartlosen Gesichter sind faltig, die Nasen ermangeln der Spitze, die Zähne stehen vor, und das Kinn ist verkümmert. Bei unverhältnismäßig kurzem Rumpfe lange schlottrige Arme und Beine.“ (Orient, S. 184f)

„Der Lehrplan der Militärschule (von Konstantinopel) krankt an allzuviel Theorie. Was nützt zum Beispiel das schönste Kartenzeichnen, wenn es nicht im Gelände gelehrt wird, und was ein Chemieunterricht ohne Experimente? Physik trug ein Neger vor, der erste Schwarze, den ich auf einem Lehrstuhl erblickte.“ (Orient, S. 224)

„In den Gärten des lateinischen und des russischen Klosters gedeihen Bananen und Palmen; die Einheimischen aber verstehen sich nicht auf die Anlage von Gärten und betreiben nur in bescheidenem Umfange den Feldbau. Es ist eine verkommene, bettelhafte Gesellschaft, die vor etwa zehn Jahren sich hier ansiedelte, ein Gemisch von Beduinen und Negern. Nirgends in Syrien sah ich derart erbärmliche Hütten.“ (Orient, S. 326)

„Im abessinischen Kloster (von Jerusalem) wohnen Mönche und Nonnen in idyllischer Traulichkeit Pforte an Pforte. Sie klagten, daß sie bittere Not litten, denn in diesem Jahre seien die Unterstützungen des Negus Menelik ausgeblieben. Ich verstand diesen Wink und spendete eine kleine Gabe, da die Schwarzen in der Tat so eingeschrumpft aussahen wie gedörrte Zwetschgen.“ (Orient, S. 336)

„Trotz meines Mahnens, daß an der anderen Seite des Schiffes sich Haifische befänden, ließen die Damen nicht nach Kupfermünzen ins Wasser zu schleudern… Die Gleichgültigkeit der Schwarzen (hier: Somalis) den Haien gegenüber ist erstaunlich und nur aus der Indolenz dieser Leute zu erklären.“ (Indien, S. 2)

„Auf der Heimfahrt hielten wir abermals in Aden an. Kaum waren die Anker niedergegangen, umringten unser Schiff die Barken der Somalis, die mit affenartiger Geschwindigkeit aufenterten, um geflochtene Körbe, Muscheln, Korallen und Kudugehörne zum Kauf anzubieten.“ (Indien, S. 9)

„Nachricht, daß in Arras 1000 Mann schwarzer Truppen sein sollen.“ (Kriegstagebucheintrag für den 21. September 1914, Bd. I, S. 135)

„… von der 4. Bayerischen Brigade wissen wir, daß sie am Nachmittag den Angriff einer Senegalnegerdivision abschlug. Beim ersten Vorgehen hielt man diese Neger ihrer gelben Khakiuniformen wegen für Engländer. Sie griffen unter lautem Geschrei in dichten Massen an, erlitten hierbei schwere Verluste und flüchteten dann in vollster Auflösung. Zu Pferde vorsprengende Offiziere versuchten umsonst, sie aufzuhalten und wieder vorzutreiben. Die gefangenen Neger sollen vor Kälte und Angst an allen Gliedern geschlottert haben.“ (Kriegstagebucheintrag für den 22. September 1914, Bd. I, S. 141)

„Die englischen Soldaten schlagen sich sehr tapfer, sie sind gefährliche Gegner, haben aber schon große Verluste erlitten und verstehen es nicht, uns anzugreifen. Schamlos ist, wieviele schwarze und braune Hilfsvölker gegen uns vorgehetzt werden. Nun, die Kälte wird unter ihnen schon etwas aufräumen. Erst gestern wurden 75 halberfrorene Inder nebst zwei englischen Offizieren aufgegriffen.“ (Aus einem Brief Rupprechts von Bayern vom 24. November 1916 an einen Bekannten, einem Brief, der mit Einwilligung des Kronprinzen von dessen Biografen Sendtner auszugsweise veröffentlicht wurde; Sendtner S. 314)

Afrikanische bzw. dunkelhäutige Frauen hatten ganz augenscheinlich auch bei den weiblichen Mitgliedern des bayerischen Königshauses keine Aussichten auf besondere Sympathien. So offenbarte Hadumod Bußmann erst kürzlich in ihrer Biografie zu der, ebenfalls weitgereisten, Tante von Rupprecht, Prinzessin Therese von Bayern (1850-1925), in bisher unveröffentlichten Aufzeichnungen dieser Wittelsbacherin ganz ähnliche Aversionen gegenüber „Negerinnen“. Therese war demnach der Ansicht, dass man „unter den Männern, ein meist muskulöser, kräftiger und großer Menschenschlag, ganz annehmbare, fast schöne Gesichter findet“, jedoch – „gehören die Negerweiber zu dem Häßlichsten, was die Natur in dieser Hinsicht hervorgebracht hat, namentlich wenn das Alter anfängt, Falten über die schwarzen Wangen zu legen und die immensen Lippen sich blauer und blauer färben.“ Biografin Bußmann macht es sich übrigens zu leicht, wohl aufgrund einer Überidentifikation mit der von ihr Beschriebenen, wenn sie kommentiert: „Therese ist Kind ihrer Zeit, wenn sie die besuchten Länder mit gängigen Vorurteilen und unter dem Aspekt einer möglichen Kolonisierung betrachtet.“ Wer Menschen derart entwertet und diskriminiert wie Tante und Neffe Wittelsbach, der gehört mit voller Berechtigung in die Reihe jener gestellt, die als die Vorläufer oder sogar Wegbereiter der Nationalsozialisten anzusehen sind und als nichts weniger. Denn, wie das Leben immer wieder zeigt, Übergänge pflegen häufig fließend zu sein. (Bußmann, S. 90)

Hindus, Hinduismus

„Durch unsagbar schmutzige Gassen uns windend, die durch abgeschmackte Götzenbilder und Verkaufsbuden mit Devotionalien noch mehr beengt waren, gelangten wir zum Heiligtum des Schiwa. Regungslos gleich Götzenbildern kauerten in den Nischen des dunklen Vorraums rastende Pilger. Um so bewegter war das Treiben im Hofe, unbeschreiblich der Lärm und Gestank.“ (Indien, S. 83)

„Halbbetäubt eilte ich dem Ausgange zu, stets besorgt nicht mit einer Ladung übelriechenden Wassers bedacht zu werden, mit dem die zuströmenden Pilger aus Messinggefäßen die Götterbilder und Torbögen besprengten. Ich betrat nun den Bischewara-Tempel, der dem Schiwa in seiner Eigenschaft als Retter der Welt geweiht ist. Der Gott vollbrachte die rettende Tat, indem er das im Ozean angesammelte Gift ausschlürfte, was bekanntlich zur Folge hatte, daß er am Halse blau anlief. Um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, infolge der im Tempel angesammelten giftigen Dünste, rettete ich mich schleunigst auf seine Altane und blickte von dort auf das wahnwitzige Treiben. Ich sah, wie Weiber sich der rotangestrichenen Figur eines Stieres näherten, um von deren Kehrseite die rote Farbe abzukratzen und damit ihre Stirne zu beschmieren. Wenige Schritte führten mich zu dem Brunnen der Erkenntnis. Als ich jedoch dessen mepitischen Geruch einatmete, dürstete mich nicht nach weiterer Erkenntnis und so floh ich angewidert ins Freie.

Nach allem was ich am heutigen Tage geschaut, begriff ich die Verachtung, mit der die Mohammedaner auf die Hindús herabblicken und den heiligen Ingrimm, mit dem sie einst deren Tempel zerstörten. Die Hindú-Religion ist schon seit Jahrhunderten entartet und zu einem niederen Götzendienst geworden.“ (Indien, S. 84)

Wesentlich objektiver berichtet ein herangezogenes zeitgenössisches Nachschlagewerk: Hindu sei der Name, der den indischen Völkern von Westasiaten wie Persern und Arabern verliehen worden sei; Hindu habe die Nebenbedeutung „schwarzer Mensch“; etymologisch stamme die Bezeichnung Hindu von Sindhu, dem alten Namen des Flusses Indus ab; in Indien selbst verstünde man unter Hindu einen Anhänger des Brahmanismus, dem im Jahre 1901 mehr als 200 Millionen Menschen, das entsprach damals einem Prozentsatz von über 70, angehörten. (Meyer, 1906)

Ganz entsprechend der Eintrag „Brahmanismus“, der eine Weltreligion im Wandel beschreibt, der auf die außergewöhnliche Bedeutung der Seelenwanderung eingeht und der die besonderen Formen von Reinigungen, Sühnen, Bußen und geistlichen Strafen sachlich erläutert. Und weiter – der „Brahmanismus der Gegenwart stellt sich uns daher als eine unbestimmte Zahl von sektierenden Parteien dar, die an eine Vielheit von Göttern, männliche wie weibliche, gütige wie Schaden bringende, glauben und in ihren täglichen, mit peinlicher Genauigkeit ausgeführten Zeremonien wie öffentlichen Feierlichkeiten <…> sich als ein zusammengehörendes Ganze zeigen. Man verehrt Dorfgottheiten; man verehrt die ‚göttlichen‘ Mütter; man verehrt Seelen und böse Geister und treibt sie aus; man verehrt Heilige, lebend und tot, nützliche Tiere wie Kühe, schädliche wie die Schlangen; man verehrt Himmelskörper, Bäume, Felsen, Fetische.“ (Meyer, 1904)

„Bettler“, „Büßer“, „Krüppel“, „Narren“, „Zwerge“, „Idioten“, „Aussätzige“, „Wahnsinnige“, „Blinde“, „Bresthafte“, „Geistesgestörte“, „Yoghis“, „Kretinöse“, „Schwachsinnige“, „Verrückte“

(In Nordwestindien) „Abschreckend sind auch die meisten Büßer. Splitternackt, mit Asche bestrichen oder mit grellen Farben am Körper bemalt, lagern sie stumpfsinnig auf den Treppen. Einige von ihnen haben zwischen den Altären oder den Buden der Händler sich primitive Hütten errichtet. Nur die wenigsten erteilen Unterricht, die meisten leben wie die umherlungernden Krüppel und Aussätzigen von Spenden der Pilger. Unvergeßlich bleibt mir ein Büßer, der mit weitausgebreiteten Armen regungslos auf einem Beine stand und das andere in Kniehöhe darüber gekreuzt hatte, eine Stellung, in der bloß ein Geistesgestörter zu verharren vermag.“ (Indien, S. 80)

(In Nepal) „Mich überfiel nun eine Rotte der widerwärtigsten und aufdringlichsten Krüppel, doppelt widerwärtig in ihrer nackten Mißgestalt, unter ihnen ein Monstrum, mit einem unförmlichen Grätenbuckel. Wie ein Schatten folgte mir das Scheusal, auf Schritt und Tritt, ein unersättlicher Bettler. Am liebsten hätte ich ihn niedergeschlagen.“ (Indien, S. 83)

(Allahabad) „Es mangelte nicht an Bettlern, Krüppeln und Büßern. Die wunderlichste Gestalt war ein Mann, der sein Haar in einem verfilzten Knoten trug und durch Monate, wo nicht jahrelanges Hochbinden seines rechten Armes bewirkt hatte, daß dieser unbeweglich zum Himmel starrte. Die Muskeln waren geschwunden und die Fingernägel gleich gekrümmten Krallen um die geballte Faust gewachsen, während der Daumennagel über die verknöcherten Finger sich bog. In niederen von Kürbislaub umrankten Strohhütten hausten Yoghis gemeinschaftlich mit heiligen Kühen.“ (Indien, S. 86f)

(Im Pandschab) „Zwischen diesen Gebäuden drängte sich eine Menge von Akals, kahlgeschorenen Yoghis, nackten Bettlern, Krüppeln, Bresthaften und Idioten. Die uns begleitenden Schikpolizisten bahnten uns durch das Gedränge den Weg und hatten Mühe, zwei Wahnsinnige zu beschwichtigen, welche uns mit ihren Keulen bedrohten. (Indien, S. 188)

(Auf Java, am Hofe des Prinzen Schusuhunan) „Besonderer Gunst schien sich eine abschreckend häßliche Zwergin zu erfreuen, die den kleinen dicken Shusuhunan auf Schritt und Tritt trippelnd begleitete.“ (Ostasien, S. 92)

(In Singapur) „Es kostete uns einige Mühe, uns durch eine Schar zudringlicher Bettler den Weg zum Tempeleingange zu bahnen… (Ostasien S. 106)

(In Kanton, China) „Es war gerade Festtag, und eine dichte Menschenmenge drängte sich hinein, schwätzend, lachend und rauchend. Ein entsetzlicher Bettelunfug verleidete uns den Aufenthalt derart, daß wir nach kürzester Besichtigung wieder abzogen, straßenweit von schmutzigen alten Weibern und noch schmutzigeren Jungen verfolgt, die uns die Bettelkörbe und ungewaschenen Hände bis dicht vor die Nase streckten.“ (Ostasien, S. 139)

„Die Altstadt von Shang-hai ist durch Wall und Graben von der Neustadt geschieden. In den engen und unsauberen Gassen begegnet man greulichen Schmutzgestalten, und es ist Vorsicht geboten, um nicht mit Aussätzigen in Berührung zu kommen. Einer dem die Augäpfel aus den Höhlen herniederhingen und dessen Gesicht eine eitrige Fläche war, wird mir stets in Erinnerung bleiben.“ (Ostasien, S. 154)

(Peking) „Weitaus das störendste Hemmnis sind die zahllosen Bettler, schmutzige und aufdringliche Gesellen, die fast alle durch Arbeit ihren Unterhalt sich verdienen könnten. Allein wozu? Ihr Vater war schon ein Bettler, desgleichen der Großvater, und so sind auch sie wohlbestallte Mitglieder der Bettlerzunft.“ (Ostasien, S. 274)

„An allen Ecken und vor den Pforten der Moscheen (von Smyrna/Izmir) Bettler in Mengen, Blinde und Krüppel.“ (Orient, S. 138)

„Die erste Gestalt (bei der Besichtigung des Gefängnisses von Smyrna), die mir auffiel, war ein unter dem Torbogen liegender Narr, der in eine Zwangsjacke geschnallt laut lachend am Boden sich wälzte. Er sollte, so hieß es, demnächst nach der Irrenanstalt überführt werden.“ (Orient, S. 141)

„Die kleine Garnison (von Baalbek im Libanon) war nach dem Haurân zum Kampf gegen die Drusen abberufen und durch Redîftruppen ersetzt worden, deren Mannschaften in zerlumpten Uniformen uns anbettelten. Ich konnte es den armen Teufeln nicht verargen, erhielten sie doch seit langem keine Löhnung mehr und als einzige Nahrung drei kleine Brötchen im Tage. Vom Beispiel der Soldaten angesteckt, verfolgte uns eine Schar schmutziger Bettelkinder durch die übelriechenden Straßen.“ (Orient, S. 270)

Als „Bresthafte“ bezeichnete man in Süddeutschland und Österreich lange Zeit über geistig oder körperlich behinderte Menschen, jedoch auch Gebrechliche, Kränkliche oder Alte. Obwohl der Ausdruck durchaus auch abwertend verstanden wurde, verwendete man ihn noch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jh. in Gesetzestexten oder amtlichen Formulierungen. Dem Vernehmen nach befindet sich das Wort in gewissen Kreisen weiterhin in Gebrauch. Als Synonyme für bresthaft gelten: gebrechlich, altersschwach, krank, schwächlich, senil, klapprig, kraftlos, matt, pflegebedürftig, tapperig, tatterig, alt, abgelebt, abgezehrt, klapperig, schwach, elend.

Hinweise auf „Bresthafte“ in der eigenen Familie Rupprechts finden sich sowohl bei Biograf Sendtner als auch in den Erinnerungen von Rupprechts ältester Tochter Irmingard von Bayern:

„Der erste Gedanke des Prinzen war es, Marie Gabriele (seine erste Frau) wieder nach dem Süden zu bringen. Schon am 28. Juni (1912) fragte er bei Hildebrand (einem ihm nahestehenden Bekannten) an, welchen Ort er empfehlen würde. Forte dei Marmi komme diesmal nicht in Frage – wegen der traurigen Erinnerung an den Tod des Haushofmeisters. Nach Pianore zur Tante Parma wollte sie nicht – wegen der großen Geselligkeit und wegen der deprimierenden Eindrücke im Umgang mit den kretinösen Kindern <einige der 24 Kinder des Herzogs, damals schon zwischen 30 und 40 Jahre alt, waren schwachsinnig>…“ (Sendtner, S. 169)

Im Kapitel „Merkwürdige Menschen“ ihrer „Jugend-Erinnerungen“ schreibt Bayernprinzessin Irmingard: „Ein Vetter, ein älterer Herr schien er mir, war Antonius Coburg. Seine Mutter Mathilde war eine jüngere Schwester unseres Vaters: sie hatte den etwas verrückten alten Herzog von Coburg geheiratet und ihre Kinder schlugen dem verrückten Vater nach… Antonius war unangenehm für uns und erschreckend. Er bellte, wenn er sprach, hatte ein großes herabhängendes Kinn, das auf der Brust aufsaß, strähnige dunkle Haare und eine krumme Haltung mit leichtem Buckel. Wir flüchteten bei seiner Ankunft. Er brauchte immer Geld und machte krumme Geschäfte mit noch krummeren Freunden… Antonius wurde manchmal gewalttätig, wenn er verärgert war.“ (Irmingard, S.169f)

Türken

„Erstaunlich ist die zähe Lebenskraft des türkischen Volkes in seiner Bedrängnis, zumal wenn man bedenkt, daß schon vor dem Weltkriege die Türken Jahre hindurch im Kampfe standen. Wohl weiß ich, daß ein weniger zivilisiertes Volk dank der Anspruchslosigkeit seiner Bevölkerung widerstandsfähiger ist wie eines mit überstark entwickelter Industrie; nichtsdestoweniger ist dem Opfermute und dem mannhaften Stolze der Türken die vollste Anerkennung zu zollen.“ (Orient, S. XI)

„Das Gasthaus, in welchem wir abstiegen, war einfach aber sauber, die Abendkost auf türkische Weise bereitet. Als Vorspeise wurde Topfen aufgetischt; es folgte eine Reissuppe mit gesottenem Hammelfleisch und Bohnen, ein gesottenes Huhn, eine gebratene Hammelkeule mit Knoblauchgemüsen und zum Schluß eine Speise aus süßem Butterteig, die trotz ihrer Unverdaulichkeit von den Türken, die starke Esser sind, schüsselweise vertilgt wird.“ (Orient, S. 68)

„Am Vorderdeck unseres Dampfers lagerte ein türkischer Harêm. Der Bequemlichkeit halber hatten sich die Frauen entschleiert. Schön war keine zu nennen, hatten sie doch die Gesichter mit weißer Schminke bedeckt und die Augen mit Spießglanz schwarz untermalt. Die untätige Lebensweise, die fetthaltige Nahrung und der viele Genuß von Süßigkeiten bewirken, daß die Türkinnen schon in jungen Jahren stark in die Breite gehen.“ (Orient, S. 82)

„Bildhübsche Leute findet man unter den anatolischen Türken. Eigentümlich ist allen Türken eine gewisse Ausdruckslosigkeit der Gesichter, die zuweilen von maskenartiger Starrheit (ist), doch kann von einem ausgeprägten türkischen Typus nicht gesprochen werden, da die Türken mit den von ihnen unterworfenen, an Zahl sie übertreffenden Völkern allzusehr sich vermischten. Sehr gefällig ist die Tracht der anatolischen Männer…“ (Orient, S. 139)

„Ein allzu langer Aufenthalt in der Türkei birgt freilich für jeden Europäer die Gefahr der Ansteckung durch das türkische Phlegma; ein solcher von mehreren Jahren hingegen ist eine hohe Schule der Geduld, die uns raschen und nervösen Leuten des Westens so mangelt.“ (Orient, S. 162)

„Um das Wesen des Sultans (Abd ul Hamid) richtig zu beurteilen, darf man nicht übersehen, unter welchen Verhältnissen er aufwuchs: von der Außenwelt völlig abgeschlossen, in steter Angst vor der Tyrannei seines Onkels, der ihn wie einen Gefangenen behandelte… Manche seiner Charakterzüge sind durchaus untürkisch und vielleicht von seiner armenischen Mutter ererbt. Er ist weich von Gemüt, von geringer Energie, überaus fleißig und von einer relativ erstaunlichen Bildung, äußerst verschlagen und darauf bedacht, Reichtümer zu sammeln… Krankhaft gesteigerter Tätigkeit folgt völlige Erschlaffung. Abd ul Hamid ist nicht nur ein Neurastheniker, sondern auch ein ausgesprochener Hypochonder, der aus Sorge um seine Gesundheit sich die einfachsten Genüsse versagt. Nicht leicht lässt sich ein traurigeres Dasein denken als das seine… Ich sah einmal in Venedig in der Galerie Layard ein Porträt Mohammeds II., des Eroberers…, und sofort erinnerte ich mich dieses Bildes, als ich Abd ul Hamid gegenüberstand. Er hat die gleiche scharfgebogene Habichtsnase wie sein Ahnherr…“ (Orient, S. 199ff, 203 f)

„Abends lernte ich Enver Pascha kennen, der mit elf türkischen und deutschen Offizieren die Westfront bereiste. Er ist erst 36 Jahre alt, ein schöner Mann mit regelmäßigen, aber etwas starren Gesichtszügen, einer Eigentümlichkeit richtiger Vollbluttürken. Er machte den Eindruck eines ebenso selbstbewußten wie rücksichtslos energischen Mannes, einer kalten Natur, die vor keinem Mittel zurückschreckt.“ (Kriegstagebucheintrag für den 22. März 1917, Bd. II, S. 122)

Homosexuelle

„Sagt einer, er sei unverheiratet, findet der griechische Landmann hiefür eine zynisch-naive Erklärung, die das Fortbestehen antiker Unsitten erkennen läßt“ (Orient, S. 95)

„Manches, was früher dem Fremden den Aufenthalt in Neapel verekelte, ist nun beseitigt; vor allem wurde der Erpresser- und Verbrecherzunft der Camorra der Garaus bereitet und dem unflätigen Gebaren der Zuhälter und Lustknaben.“ (Aus einem Reisebericht Rupprechts von 1937; Sendtner, S. 567)

Rupprecht-Biograf Weiß hält in einer Passage zum Verhältnis des Wittelsbachers zum SA-Chefs Ernst Röhm, eines devoten Unterstützers des Kronprinzen, fest: „Rupprecht anerkannte die monarchistische Einstellung des ehemaligen bayerischen Offiziers, doch missbilligte er seine in der Presse bekannt gewordenen päderastischen Neigungen scharf.“ (Weiß, S. 253)

Ein mehrbändiges zeitgenössisches Konversationslexikon bemühte sich um wesentlich mehr Sachlichkeit als der bayerische Kronprinz und es wertet auch nicht pauschal ab: „Die männlichen Homosexualen (sic!), oft fein entwickelte, ästhetisch hoch kultivierte Personen, kommen in allen Gesellschaftskreisen vor; ihre Neigung zum gleichen Geschlecht ist oft eine rein ideale, und viele leben keusch. Sie betonen, daß sie wohl biologisch, aber nicht ethisch als minderwertig  zu betrachten seien. Sie erkennen sich gegenseitig an gewissen Sinnesempfindungen und Bewegungen; sie finden sich zusammen in gewissen Pensionaten, Bädern und halten zuweilen gemeinsame Vergnügungen unter der Maske von Karnevalsscherzen, Damenimitationen, Herrenabenden ec. ab…

Die weiblichen Homosexuellen (sic!) sind wohl kaum seltener als die männlichen. Die Liebesbündnisse dieser Tribaden sind durch eine auffallende Neigung zur Eifersucht und durch den Umstand gekennzeichnet, daß auch im äußerlichen Verkehr der eine Teil mehr die Rolle eines Mannes spielt. In weiblichen Strafanstalten sind derartige Bündnisse nicht selten…“ (Meyer, 1906)

Dalmatien

„Nie hat sich in Dalmatien eine bodenständige Kunst entwickelt, und die Bildwerke, die man in seinen Kirchen gewahrt, hinken im Stile hinter jenen der gegenüberliegenden italienischen Küste der Adria mindestens um 100 Jahre zurück, sind ungefällig und roh.“ (Orient, S. 46)

„Nicht minder primitiv wie die Bereitung des Weines ist die Gewinnung des Öles. Keine einzige Ölraffinerie in ganz Dalmatien, obgleich das raffinierte Olivenöl im Preise zehnmal höher steht als das unraffinierte… Es fehlt in Dalmatien jeglicher Unternehmungsgeist, und die Verhältnisse sind nicht dazu angetan, ihn zu fördern. Die Städte leiden unter den mit großer Erbitterung geführten Parteikämpfen zwischen den Morlaken und den intelligenteren Italienern, die aus ihrer antiösterreichisch-irredentistischen Gesinnung keinen Hehl machen und in steter Opposition zur Regierung stehen.“ (Orient, S. 49)

Das zu Rate gezogene zeitgenössische Lexikon informiert: Dalmatien, ein Königreich und südliches Kronland Österreichs, werde zu 96, 65 % von „Serbokroaten“ und zu 2,61 % von Italienern bewohnt und –  das Land stehe in Sachen Bildung (um 1900) keinesfalls schlecht da; von 100 Schulkindern besuchten immerhin 90 eine Schule; es gebe in Dalmatien 387 Volksschulen, eine Ackerbau- und zwei nautische Schulen, Lehrerbildungsanstalten, Realschulen und Gymnasien; der „mitunter vorzügliche“ Wein sowie das Olivenöl werden als Ausfuhrprodukte, Schifffahrt , Fischerei, und Likörerzeugung als bedeutendere Erwerbs- bzw. Industriezweige genannt, außerdem der Abbau von Braunkohle, Kalk und Marmor erwähnt. Die mittelalterlichen Kunstdenkmäler Dalmatiens, wird hervorgehoben, hätten in Bd. 4 der „Gesammelten kunsthistorischen Schriften“ von 1884 Würdigung erfahren. (Meyer, 1906)

Erwähnenswert erscheint hier noch, als eine ganz offensichtliche Ironie des Schicksals, dass sich Rupprechts ältester Sohn, Erbprinz Albrecht, entgegen dem ausdrücklichen Wunsch seines stets national(istisch) empfindenden Vaters, ausgerechnet eine Gräfin Drašković von Trakostjan, eine Kroatin also, zur Gattin erwählte, was auf Jahre hin Anlass für erhebliche innerfamiliäre Spannungen gab.

„Zigeuner“

„Auf einer Anhöhe über der Tabaksregie hausen Zigeuner in Bretterverschlägen, die nicht besser sind wie Hundehütten.“ (Orient, S. 39)

„Im Talgrunde, dicht vor dem Städtchen, schlugen wir unsere Zelte auf, die wir durch Posten sicherten, weil neben uns sich ein Zigeunerlager befand.“ (Orient, S. 321)

„Kaum minder schwarz unterscheiden sich von diesen die Schasi durch ihr straffes Haupthaar. Sie sind Nomaden und wegen ihrer Diebereien ebenso berüchtigt wie bei uns die Zigeuner.“ (Indien, S. 146)

„Nach fortgesetztem Herumzigeunern von Ort zu Ort bin ich endlich wieder hier für ein paar Tage ansässig geworden…“ (Rupprecht im Mai 1912 in einem Brief an einen Bekannten, auszugsweise abgedruckt bei Sendtner, S.168)

Auch hier lohnt der Blick in die Biografie von Rupprechts Tante, Prinzessin Therese, um festzustellen, dass „Zigeuner“ bereits eine Generation vor dem Kronprinzen zu semantischen Bestandteilen bayerisch-deutscher Redensarten geworden waren. Therese über eine ihrer Expeditionen: „Es war im Ganzen eine rechte Zigeunerexistenz ohne Spur von Bequemlichkeit, aber unsagbar anziehend in ihrer Ursprünglichkeit.“ (Bußmann, S. 172)

Frauen

„Die Gefängnisse hinter dem Gerichtsyamen zu Kanton zeichnen sich durch namenlosen Schmutz aus. Mehrere an den Beinen gefesselte Sträflinge bewohnen je eine der kleinen Zellen… In ähnlichen Zellen sind auch die weiblichen Gefangenen untergebracht, die mir bettelnd entgegentraten. Ich sah unter ihnen scheußliche Hexengestalten.“ (Ostasien, S. 130)

„Im Gegensatz zu den Männern sind die Mandschufrauen ihrer alten Tracht treu geblieben… Beinahe möchte ich glauben, daß sie hübscher sind als die Chinesinnen… Gleichwohl haben sie wegen der hohen Stöckel ihrer klumpfußartigen Filzstiefel einen häßlichen Gang.“ (Ostasien, S. 134f)

(Macao) „Über der Chinesenstadt liegt die Portugiesenstadt… Als ich die nahe Kathedrale betrat, verließen sie in schwarze Spitzenmantillas gehüllte Damen; ‘doch der Mensch begehre nimmer zu schauen, was die Götter verhüllen mit Nacht und Grauen‘, denn die häßlichsten Gesichter blickten unter den Mantillas hervor, den Einschlag chinesischen Blutes deutlich bekundend. Überall, wo sie sich niederließen, vermischten sich die Portugiesen mit der einheimischen Bevölkerung, bis sie in ihr schließlich verschwanden.“ (Ostasien, S. 148)

„Die Japanerin besitzt ein hingebendes Wesen und ist, wie ich öfters beobachten konnte, voll zärtlicher Aufmerksamkeit für ihren Gatten… Als Mutter ist die Japanerin vorzüglich. Sie pflegt ihre Kinder lange zu stillen und hängt mit großer Liebe an ihnen.“ (Ostasien, S. 333f)

„Da ich von Gauklern spreche, sei einer Gruppe von Tänzerinnen gedacht, die ich in einem Bade zu Dehli auftreten sah. Die Mädchen waren weder schlank noch schön und ihre Arme von fast affenartiger Länge.“ (Indien, S. 179f)

„Büßerinnen, häßliche alte Vetteln mit kurzgeschorenen Haaren und Halsketten aus Nußschalen stehen an ihren gewohnten Badeplätzen (am Fluss Ganges) versammelt, doppelt abschreckend in den feuchten Gewändern, welche ihre welken Formen erkennen lassen.“ (Indien, S. 80)

(In Birma) „Kaum hatten wir die bereitstehende Fähre bestiegen, stürzten sich etliche Mädchen ins Wasser und schwammen gewandt wie die Enten an die Fähre heran, indem sie uns mit Scherzworten begrüßten. Ihr wohlklingendes Lachen und ihre naive Heiterkeit wirkte entzückend. Sie trugen Blumen im blauschwarzen Haare und waren nur mit dem enganliegenden Potzo bekleidet, das ihre schönen Köperformen deutlich erkennen ließ.“ (Indien, S. 261)

„Unter den Mädchen (Birmas), besonders im Süden, trifft man entzückende Erscheinungen und ich stehe nicht an, ihnen den Preis unter allen Schönheiten des ferneren Ostens zuzuerkennen. Ihr munteres und dabei entschlossenes Wesen hat etwas Gewinnendes… Gleich einer Katze säubert und putzt sich die Birmanin den ganzen Tag; dazwischen scherzt und lacht sie, kostet allerlei Näschereien, kaut Betel oder steckt eine jener unförmlichen Zigarren in Brand, die aus einem gerollten Pisangblatt bestehen…“ (Indien, S. 269f, 272f)

(Smyrna/Izmir) „Die Gefängniswärterin, eine dicke alte Türkin, strahlte vor Vergnügen über unseren Besuch und erschöpfte ihre Kräfte in zahllosen Verbeugungen. Anders die Insassinnen der Zellen, die sich bei unserem Anblick sofort in eine Ecke flüchteten und sich Tücher über den Kopf zogen. Eine einzige machte eine Ausnahme. Sie war in lila Samt gekleidet und streckte uns ihre mit silbernen Armbändern geschmückten Hände entgegen, indem sie in theatralischer Weise ihre Unschuld beteuerte und uns anflehte, wir sollten sie retten. Das unstete Funkeln ihrer Augen und ihr ganzes Mienenspiel hatte durchaus nichts Vertrauenserweckendes. Sie war, so hörte ich, wegen Giftmords verurteilt, die Bewohnerin ihrer Nebenzelle aber, ein fettes Scheusal, weil sie ihre Schwiegertochter in einem Brunnen ertränkt hatte.“ (Orient, S. 142)

„Die Beduinen (im Libanon) sind auffallend schlank und von mikrokephaler Kopfbildung, ihre Gesichter von regelmäßigem Schnitt. Die geschmeidige Beweglichkeit ihres Körpers verleiht den Frauen einen eigenartigen Reiz, doch werden sie bald erschreckend dürr und verrunzelt.“ (Orient, S. 300)

„Sehr rege ist das Nachtleben in bestimmten Straßen (Kairos) und stark besucht sind stets die Kaffeehäuser, in denen Tänzerinnen auftreten. Ich sah eine einzige, die hübsch zu nennen war. Die meisten sind nach unseren Begriffen geradezu widerwärtig. Sie strotzen von Fett und mästen sich mit Mehlspeisen und Bier, um die gewünschte Leibesfülle zu erreichen. Der sogenannte Bauchtanz ist unästhetisch und langweilig, er gleicht dem spanischen Flaminko (sic!). Mit vorgestreckten Armen und zurückgebogenem Oberkörper trippelt die Tänzerin auf hohen Stöckelschuhen vor und zurück, indem sie mit dem Unterleib schiebende und drehende Bewegungen vollführt.“ (Orient, S.365)

„Besser imstande gehalten ist das Haus des Schech-el-Sadaad (ebenfalls in Kairo), ein Bau des 17. Jahrhunderts. In seinem Hofe empfing mich unter den Zweigen einer Platane der Schech, der eben seine Nachmittagsandacht beendet hatte… Als wir schieden, eilten die bis dahin verborgenen Damen an die Gitterfenster und bemühten sich, ihre fraglichen Reize blicken zu lassen.“ (Orient, S. 380)

„Von Luxor aus unternahmen wir Ausflüge nach Denderah, Edfu und Abydos… Als wir in Kenneh, der größten Stadt Oberägyptens, eintrafen, die 27 000 Einwohner zählt und berühmt ist wegen der dort gefertigten porösen Wasserkrüge, war es bereits spät in der Nacht. Ein wüstes Geschrei war in den Straßen vernehmlich, veranlaßt durch die Scharen umherstreunender Huren.“ (Orient, S. 412)

 

Nachsatz:

Über die drei Bände „Reiserinnerungen“ des Kronprinzen, aus denen die weitaus meisten der oben wiedergegebenen Zitate stammen, bzw. über die Gründe für deren Zustandekommen vermerkte im Jahre 1954 Biograf Sendtner (S.454f):

„Um so intensiver befaßte sich der Kronprinz mit der Auswertung von Erinnerungen aus seinem reichen Erleben. Die fleißigen und ausführlichen Tagebuchaufzeichnungen boten ihm dazu Unterlagen in Fülle. Er ist allerdings nicht unter die Memoirenschreiber gegangen, und er hat dafür gute Gründe im Vorwort zu einem seiner Reisebücher gegeben. Wohl aber hielt er es für der Mühe wert, seine Erinnerungen an Fahrten in ferne Länder für Buchveröffentlichungen auszuarbeiten. Er wollte damit seinen Landsleuten, namentlich der jüngeren Generation, einen Beitrag zu dem liefern, was nicht nur der Allgemeinbildung, sondern auch der politischen Bildung dienlich ist: zur Kenntnis fremder Länder und Völker. Er wußte um den weitverbreiteten deutschen Mangel an Weltkenntnis. Die Früchte dieser Arbeit in den ersten Nachkriegsjahren bildeten die 1922 fertiggestellten und in den beiden folgenden Jahren herausgekommenen Bücher: ‚Reiseerinnerungen aus Ostasien‘, eine verbesserte Auflage der erstmals 1906 erschienenen Erinnerungen an die Weltreise 1903; ‚Reiseerinnerungen aus Indien‘ <Reise von 1899>; endlich ‚Reiserinnerungen aus dem Südosten Europas und dem Orient‘ <Reisen nach den südslawischen Ländern, nach Griechenland, der Türkei, Syrien, Palästina und Ägypten in der Zeit von 1894 bis 1911>.“

Allerneueste Erkenntnisse (2007) darüber, wie Rupprecht an seine Reisen heranging und welchen Wert seine Werke für die Nachwelt repräsentieren, gibt Biograf Weiß wieder:

„Jede der Exkursionen bereitete er sorgfältig vor, wozu er sich eine Bibliothek aus kunst- und kulturgeschichtlichen wie länderkundlichen Werken aufbaute. So verfügte er bereits vor Antritt der Reise über gründliche Kenntnisse der historischen und künstlerischen Entwicklung wie der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation der besuchten Länder. Für die praktische Seite stützte er sich auf die roten Bände der Baedecker-Reihe…“ (Weiß, S. 75f)

Und weiter:

„Rupprechts Reisen gewannen so den Charakter wissenschaftlicher Exkursionen, zumal er seine Aufzeichnungen und eine Auswahl der Fotografien veröffentlichte. Die Beschreibungen verraten seine umfassenden Interessen, die Kunst und Kunstgeschichte, Literatur, Ethnographie, Rechtsprechung, Militärwesen und Volkswirtschaft sowie die sozialen Verhältnisse der besuchten Länder umspannten. Dabei stützte er sich auf seine eigene Anschauung. Er beobachtete die Menschen, beschrieb ihren Körperbau, ihre Haltung und ihre Trachten. Auch mit den Sprachen und den Religionen setzte er sich kenntnisreich auseinander. …“ (Weiß, S. 76)

Anmerkung:

Textergänzungen in eckigen Klammern <> stammen von Rupprecht v. Bayern, von dessen Biografen bzw. von der Redaktion des Meyer-Lexikon, Erklärungen in runden Klammern () vom Autor dieses Beitrags.

Literatur und Internet:

Irmingard von Bayern, Jugend-Erinnerungen 1923-1950, St. Ottilien 2000

Rupprecht von Bayern, Reiseerinnerungen aus Indien, München u. Kempten 1922, („Indien“)

Rupprecht von Bayern, Reiseerinnerungen aus Ostasien, München u. Kempten 1923, („Ostasien“)

Rupprecht von Bayern, Reiseerinnerungen aus dem Südosten Europas und dem Orient, München u. Kempten 1923, („Orient“)

Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte, München 1973-1975

Hadumod Bußmann, Ich habe mich vor nichts im Leben gefürchtet – Die ungewöhnliche Geschichte der Therese Prinzessin von Bayern, München 2011

Eugen von Frauenholz (Hg.), Kronprinz Rupprecht von Bayern – Mein Kriegstagebuch, Band I, II und III; Berlin 1929

„Brahmanismus“ in:  Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Leipzig und Wien 1904

„Dalmatien“ in:  Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Leipzig und Wien 1904

„Hindu“ in:  Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Leipzig und Wien 1906

„Homosexualität“ in:  Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Leipzig und Wien 1906

Jean Louis Schlim, Antonia von Luxemburg, München 2006

Kurt Sendtner, Rupprecht von Wittelsbach – Kronprinz von Bayern, München 1954

Dieter J. Weiß, Kronprinz Rupprecht von Bayern, Regensburg 2007

http://de.wikipedia.org/wiki/Rupprecht_von_Bayern

http://de.wikipedia.org/wiki/Kronprinz-Rupprecht-Brunnen

http://www.badw.de/

http://en.wikipedia.org/wiki/Countess_Maria_Draskovich_of_Trakostjan

 

NB: Der Autor dieses Beitrags dankt einem anonym bleiben wollenden Mitglied einer Nebenlinie der Wittelsbacher für dessen aufschlussreichen Auskünfte.

8 Kommentare

  1. Wie ist es möglich, dass ein, doch wohl angesehener, Historiker, wie Prof. Dr. Dieter J. Weiß, noch im 21. Jh., im Zeitalter des Internet und der globalen Informationsgesellschaft, versuchen kann auf derart plumpe und primitive Weise die Geschichte Bayerns, jenes Landes, dem wir immerhin den Nationalsozialismus verdanken, zu klittern und uns die Wahrheit über den Rassisten und Antisemiten „Kronprinz“ Rupprecht von Bayern vorzuenthalten?

    Wie ist es möglich, dass die Anständigen unter den Bürgern Bayerns und Deutschlands sich nicht dagegen wehren, nicht Einspruch einlegen, nicht protestieren, dass man sie dergestalt zum Hanswursten macht?

    Wie abgestumpft, wie desinteressiert, wie gleichgültig, wie passiv muss eine Gesellschaft sein, die sich so etwas gefallen lässt.

    Armes Deutschland.

  2. Befürwortete Kronprinz Rupprecht von Bayern etwa ebenfalls die Ausrottung von Juden in Deutschland? Oder wie anders sind die Ausführungen des Rezensenten der Rupprecht-Biografie von Dieter J. Weiß zu verstehen?

    .

    Zitat: „…Schlimmer noch: Der Autor scheint in einem weit über historisches Verstehen hinausgehenden Maße die ideologisch-bajuwarischen Verdikte und Sichtweisen seines Helden zu teilen. Er verleiht ihnen damit gleichsam eine überzeitliche Berechtigung. Das Äußerste, was er sich an Kritik abringen kann, sind Relativierungen. Ein Beispiel: Rupprecht schreibt 1923 in einer von ihm selbst verbreiteten Denkschrift wörtlich: ‚Der Antisemitismus ist gegenwärtig aus begreiflichen und nicht ungerechtfertigten Gründen stärker denn je. Die Minimalforderung ist die Ausweisung der Ostjuden, die unbedingt erfolgen muss, denn diese Elemente haben vergiftend gewirkt.'[2] Der Historiker Weiß verzichtet auf eine vollständige Wiedergabe dieser beiden Sätze, und er nennt das, was er zitiert, nicht gefährliche Scharfmacherei einer einflussreichen Autoritätsperson, sondern ‚Ãœberlegungen zum wachsenden Antisemitismus‘, die keine grundsätzliche Erwägung, vielmehr ‚zeitverhaftet‘ gewesen seien. Der ‚Kronprinz‘ habe ‚damit zu Anfang der zwanziger Jahre bis in national-konservative Parteien verbreiteten Ressentiments Ausdruck‘ verliehen (S. 240). Punktum. Kein Wort davon, dass der nicht zuletzt durch Rupprechts Protegierung zu diktatorischen Machtmitteln gekommene bayerische Generalstaatskommissar von Kahr zeitgleich diese Forderung rücksichtslos umgesetzt hat. Und kein weiteres Nachdenken darüber, dass die von Kahr im Oktober 1923 exekutierte Ausweisung von Ostjuden aus Bayern nur das Mindeste war, was sein Königlicher Herr gefordert hatte…“

    http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-3-084

  3. Lach
    Doch,doch,es ist zwar noch nicht endgültig bestätigt,aber er soll sich auf der Theresienwiese mehrmals mit Aussagen wie,“Geh weg da,Saupreiss,preissischer du“,in volksverhetzender Weise geäußert haben.Glaubwürdige Zeugen wollen auch am 1.04. 1929,15.00 am Odeonsplatz ein gotteslästerliches „Himmelherrgottna,Kruzifix“ aus seinem Mund gehört haben.Der Breistaat Fayern hat bereits eine Kommission ihrer Bedarfshistoriker auf die dunklen Schatten der Vergangenheit von Prinz Rupprecht angesetzt,um nötigenfalls eine Neubewertung dieser umstrittenen Persönlichkeit vorzunehmen.Fragen über Fragen und,wann werden die Politkorrekten endlich eine anerkannte Religionsgemeinschaft,eine „Semantische Heilige der Letzten Syntax“-Kirche?

    • Was manche Leute an ihrer Meinung nach geistreichen Kommentaren produzieren, ist schon erstaunlich.

      Vielleicht hilft es, die Bedeutung seiner Hoheit, des Kronprinzen, für die bayerische Seele zu beurteilen mit Hilfe des holländischen Wikipedia. Da steht zu lesen:

      „Ter gelegenheid van Rupprechts vijfentachtigste verjaardag vonden in mei 1954 te München veertien dagen lang feesten plaats, waaraan ook de Beierse regering deelnam. Bij zijn staatsbegrafenis op 2 augustus 1955 werd de lijkstoet gevolgd door 20.000 mensen, terwijl nog 150.000 mensen langs de route stonden.“

      Zu Deutsch: Anlässlich Rupprechts 85stem Geburtstag im Mai 1954 fanden 14 Tage andauernde Festlichkeiten unter Beteiligung der Bayerischen Regierung statt. Bei seinem Staatsbegräbnis am 2.8.1955 folgten dem Leichenzug 20.000 Leute, weitere 150.000 säumten den Weg.

      Im deutschen Wikipedia zu Rupprecht von Bayern gibt es unten unter „Weblinks“ einen Hinweis auf den obigen Beitrag, und in der zugehörigen Diskussion http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Rupprecht_von_Bayern steht zu lesen, „Wikipedia braucht und darf die Geschichte von Rupprecht nicht schönschreiben, wie es gewisse interessierte Kreise tun“.

      Mal gucken, ob diese Kreise erneut versuchen werden, sich genau diese, analog zu Archimedes, nicht stören zu lassen und die Verlinkung gar zu gerne löschen möchten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf : -) .

      http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Rupprecht_von_Bayern

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