Flensburg: Gemeinde mit viel Herzenswärme

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Die Jüdische Gemeinde Flensburg ist die „nördlichste“ aber bei weitem nicht „kühlste“ Gemeinde Deutschlands. Im Gegenteil, gerade hier ist die familiäre Wärme im Gemeindeleben besonders spürbar: 80 Mitglieder unterstützen sich gegenseitig, lernen, singen, beten zusammen und verbringen einfach gerne Zeit miteinander…

Hier setzt die engagierte Vorsitzende Elena Sokolovsky auf mehr “Jüdischkeit”

Von Irina Leytus

Das Herz der Gemeinde oder besser gesagt die Mutter dieser großen Familie ist Elena Sokolovsky. Pädagogin mit Doktortitel aus Kiew, die vor elf Jahren mit ihrem Ehemann nach Deutschland immigrierte, trauerte ihrer Vergangenheit nicht einen Augenblick nach, sondern engagierte sich von Anfang an für eine glückliche Zukunft in Deutschland. Die von ihr gegründete jüdische Gemeinde hilft vielen Menschen, ihre jüdische Identität zu festigen und ihr Leben interessant zu gestalten. Für Elena selbst ist die Gemeinde purer Lebensinhalt. Und dafür bekommt Elena viel positives Feedback. Dieses selbstloses Engagement wurde nun auch von Amts wegen gewürdigt: Für ihr ehrenamtlichen Aktivitäten wurde sie jüngst mit dem Bronzesiegel der Stadt Flensburg geehrt. Inzwischen gehören zu der kleinen Gemeinde im Norden auch viele nicht-russischsprachige Mitglieder. Sie stammen aus Amerika, Polen und Rumänien. Sie alle hat Sokolovsky mit ihrem Konzept von „mehr Jüdischkeit“ überzeugt. So lauten ihr Motto und ihr Ziel: Die Jüdische Seele wieder erwecken. Und in der Praxis sieht das so aus: Regelmäßig wird gemeinsam Schabbat gefeiert, es gibt Religionsunterricht für alle Altersstufen und einen „Klub der jüdischen Traditionen“, der sich großer Beliebtheit erfreut.

Das Erfolgsrezept von Sokolovsky ist längst aufgegangen: Im vergangenen Jahr hat sich die Gemeinde aus eigener Kraft eine neue Torarolle „organisiert“. Sokolovsky hatte eine gebrauchte Thora in Israel aufgetrieben. Um sie zu „kashern“, sammelte die emsige Gemeindevorsitzende bei Flensburger Bürgern und Freunden der Gemeinde die erforderlichen 6000 Euro. Und noch ein positives Beispiel: Als die Gemeinde entschlossen war, einen eigenen Friedhof zu eröffnen, kam die Stadtverwaltung zur Hilfe, so dass vor sechs Monaten die erste jüdische Beerdigung in Flensburg seit dem Krieg durchgeführt werden konnte. Ähnlich verhält es sich mit der kleinen Gemeindebibliothek, die inzwischen bereits 700 Bücher hat. Den Löwenanteil der jüdischen Literatur hat Adam Sheier, ein langjähriger Freund der Gemeinde, gesponsert. Adam kam vor acht Jahren als Student der Berliner Lauder-Yeshiwa erstmals nach Flensburg. Das Engagement der Gemeindemitglieder und der herzliche Empfang überzeugten den jungen Amerikaner, der inzwischen Rabbiner in Montreal ist, und er reiste fortan regelmäßig mit Freunden, Familie und Geschenken nach Flensburg.
Eine ebenso ungewöhnliche Freundschaft verbindet die Flensburger Gemeinde mit der jüdischen Gemeinde in Kopenhagen. So fand die große Feier zum 60-sten Geburtstag von Israel im vergangenen Jahr im Dänischen Gymnasium „Duborg Skolen“, das von der dänischen Minderheit in Flensburg besucht wird, statt. Außerdem ist die Flensburger Gemeinde sehr gut mit den jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein vernetzt und empfängt sehr gerne Gäste. „Zu uns kommen immer wieder Rabbiner, junge Israelische Freiwillige von der ZWSt oder Musikgruppen, die vom Zentralrat der Juden gefördert werden“, freut sich die Gemeindevorsitzende Elena Sokolovsky, „Wir Flensburger stellen vieles aus eigener Kraft auf die Beine und ziehen andere Menschen in unseren Bahn.“