Unsicheres Gelände

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Die Linke greift zu den Waffen: Am Sonntag hat die Regierung mit elf zu fünf Stimmen die Unterstützung zweier Gesetzesentwürfe beschlossen, die die Finanzierung israelischer Menschenrechts-NGOs durch ausländische Regierungen begrenzen sollen…

Von der Redaktion der Jerusalem Post

Der Vorsitzende von „Peace Now“ Yariv Oppenheimer erklärte dazu, „die israelische Demokratie wurde an rechte Extremisten übergeben“. Die Vorsitzende der Arbeitspartei Shelly Yahimovitch hat Ministerpräsident Binyamin Netanyahu dringend aufgefordert, „seine Augen zu öffnen und so zu handeln, wie Menachem Begin es getan hat, als er den Rechtsstaat über alles andere gestellt hat und der Zerstörung der israelischen demokratischen Institutionen nicht Vorschub geleistet hat“.

Es stimmt, die Vorschläge sind problematisch. Der eine, eingebracht von Ophir Akunis (Likud) würde den Betrag, den eine ausländische Regierung, eine durch eine Regierung finanzierte Stiftung oder eine Gruppe von Regierungen wie die EU an eine als „politisch“ eingestufte NGO spenden darf, auf 20.000 Shekel (ca. 4.000 Euro) im Jahr begrenzen.

Der andere, eingebracht von Fania Kirschenbaum (Israel Beiteinu) würde bisher für NGOs geltende Steuererleichterungen annullieren und so die Steuern auf Spenden ausländischer Regierungen auf 45% anwachsen lassen.

Obwohl die Gesetzesinitiative von Kirschenbaum, im Gegensatz zu der von Akunis, die „politischen“ NGOs nicht herauspickt, wird sie doch als Angriff auf linke Organisationen gesehen, die häufig durch ausländische Regierungen oder regierungsnahe Organisationen finanziert werden. Rechte NGOs dagegen erhalten in der Regel ihre Gelder von ausländischen Privatpersonen oder privaten Organisationen.

Tatsächlich scheint der Gesetzesvorschlag, der sich noch in einem frühen Stadium befindet und wahrscheinlich noch überarbeitet werden wird, bevor über ihn in der Knesset abgestimmt wird, auf unverfrorene Weise ideologisch und darauf ausgerichtet, nur eine politische Strömung zu bestrafen. Dennoch ist es immer noch zu früh, unsere Demokratie als „bankrott“, „zerstört“ oder sonstwie besonders gefährdet zu brandmarken.

Diese beiden Gesetzesinitiativen und andere umstrittene Vorschläge werden alle in lebendigen, offenen und öffentlichen Debatten diskutiert und von Legislativorganen eingebracht, die in freien demokratischen Wahlen ins Amt gewählt wurden. Und auch wenn die Gesetze so verabschiedet werden, wie sie sind, was sehr unwahrscheinlich ist, werden die NGOs weiterhin tätig sein können – auch wenn ihre Finanzierung sich sehr viel problematischer gestalten wird.

Kritiker der Vorschläge, die schnell mit Erklärungen zum Scheitern unseres demokratischen Systems bei der Hand sind, zeigen überraschend wenig Verständnis für die populistischen Kräfte, die eine Begrenzung der Finanzierung von offen gegen israelische Institutionen und Politik agierenden NGOs fordern. Über Jahrzehnte haben NGOs die Offenheit der israelischen Gesellschaft missbraucht und ihren Status als Menschenrechtskontrolleure ausgenutzt, um eine entschieden antiisraelische Agenda voranzutreiben.

Doch der Wendepunkt war der Goldstone-Report. Der von einem UN-Komitee unter Vorsitz des südafrikanischen Richters Richard Goldstone veröffentlichte Bericht stützte sich auf unbestätigte, später von Goldstone selbst zurückgenommene Behauptungen, die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) hätten während der Militäroperation „Cast Lead“ absichtlich Zivilisten angegriffen. „Cast Lead“ war die Invasion im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen im Dezember 2008 und Januar 2009, die den Raketenbeschuss gegen israelischen Zivilisten hatte beenden sollen.

Die fehlerhaften Ergebnisse, zu denen das Komitee kam und die dem moralischen Standing Israels in der Welt irreparablen Schaden zugefügt haben, basierten auf Informationen, die es von NGOs bekommen hatte, die jetzt von den umstrittenen Gesetzesvorschlägen betroffen sind.

Doch auch wenn wir für die Motive von Kirschenbaum und Akunis Verständnis haben, so ist die Begrenzung der Finanzierung von NGOs doch nicht die Antwort. Linke NGOs spielen eine wichtige Rolle dabei, die hohen moralischen Standards von ZAHAL und anderen Institutionen zu bewahren. Wenn man ideologische Kriterien einsetzt, um festzulegen, welche NGOs berechtigt sind, Spenden oder Steuererleichterungen zu erhalten und welche nicht, ist das eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, und man bewegt sich auf sehr unsicherem Terrain, das zu politisch motivierten Hexenjagten führen könnte.

Eine vom Koalitionsvorsitzenden des Likud, Zeev Elkin, eingebrachte Gesetzesinitiative wurde bereits im Februar verabschiedet und hat die Vorschläge von Akunis und Kirschenbaum überflüssig gemacht. Das gemeinsam mit dem „NGO Monitor“ ausgearbeitete Gesetz legt fest, dass alle NGOs, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, Quartalsberichte zu ihren Geldern aus Regierungsquellen vorlegen müssen. Wer das nicht tut, wird mit einer Strafe von annähernd 30.000 Shekel (ca. 5.000 Euro) belegt.

Die Transparenz, die durch dieses neue Gesetz erreicht wurde, hat beispielsweise laut dem „NGO-Monitor“ gezeigt, dass europäische Regierungen mehr Gelder an linke in Israel tätige NGOs geben (zwischen 75 Millionen und 100 Millionen US-Dollar im Jahr) als sie insgesamt an Non-Profit-Organisationen im Bereich der Menschenrechte in anderen Ländern im Nahen Osten geben.

Wir hoffen, dass die Europäer anfangen werden, zu realisieren, dass ihr Geld nicht in Israel, der einzigen echten Demokratie in der Region, am besten angelegt wäre sondern in Ländern wie Syrien, dem Jemen, Ägypten und anderen Orten, wo Menschenrechte systematisch mit Füßen getreten werden.

Jerusalem Post, 14.11.11, Newsletter der Botschaft des Staates Israel

4 Kommentare

  1. Addib, U made my day!

    Dein skurriles Demokratie – Unverständnis strapaziert echt die Lachmuskulatur. Damit du eventuell kapierst, was für einen unfreiwilligen Joke du hier in guter Absicht losgelassen hast, extra für dich ein klein wenig Nachhilfeunterricht in Sachen Politik: 

    In allen Demokratien ist die Opposition „Anti-Regierung“, das ist wirklich so in jeder Demokratie, glaube es mir. Wenn Gruppen und Einzelpersonen im In- und Ausland und auch Regierungen – sowieso per se ausländisch, was wohl sonst – diese Opposition, die, solange eben nicht selber regierend, mit allen mit ihr konform Gehenden automatisch NGO ist/sind, unterstützen, sollte „Kein europäisches Land“ sowas „hinnehmen“?

    Oder träumst du von Diktaturen? Auf die trifft zu, was du postulierst. Haben wir hier aber nicht und wollen sie auch nie wieder außer ein paar Faschismus-NostalgikerInnen. Dazu rechne ich dich nicht :- )
     

  2. Kein europäisches Land würde es hinnehmen, dass Anti-Regierungs NGOs mit Millionen durch ausländische Regierungen unterstüzt werden.

    Unsinn – NGOs können Spenden annehmen von wem sie wollen, sie müssen sich nur selbst an Gesetze halten, so wie alle anderen auch.

    Dass Sie MenschenrechtsOrganisationen, finanziert zum Teil durch die EU, als Feinde der israelischen Regierung bezeichnen spricht eben Bände – in China, Russland oder Syrien dürften sie auch nicht willkommen sein. Die Ukraine hat ihre Finanzierung auch erschwert. Willkommen im Club.

     Gemäß Artikel 71 der Charta der Vereinten Nationen können Nichtregierungsorganisationen Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen erlangen, wenn sie die in der ECOSOC-Resolution 1996/31 festgelegten Kriterien erfüllen. Nichtstaatliche Organisationen, die weltweit aktiv sind, werden als Inernationale Nichtregierungsorganisationen bezeichnet.

  3. Schwer verdaulich – hier passt nichts wirklich zusammen:

    Doch der Wendepunkt war der Goldstone-Report. Der von einem UN-Komitee unter Vorsitz des südafrikanischen Richters Richard Goldstone veröffentlichte Bericht stützte sich auf unbestätigte, später von Goldstone selbst zurückgenommene Behauptungen, die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) hätten während der Militäroperation “Cast Lead” absichtlich Zivilisten angegriffen. “Cast Lead” war die Invasion im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen im Dezember 2008 und Januar 2009, die den Raketenbeschuss gegen israelischen Zivilisten hatte beenden sollen.
    Goldstone hat zwar auf eine sehr kryptische Art und Weise die Wertung seines Berichts gemildert, ohne allzu konkret zu werden – die ‚Behauptungen‘ des Berichts von NGOs wurde damit aber keineswegs zurückgenommen und es handelt sich auch nicht um Behauptungen, sondern um umfangreiches vielfältig geprüftes Material, gestützt auf Video, Foto- Dokumente, Aussagen auch israelischer Militärs etc. Untersuchungen vor Ort etc., wer will kann sich ein Bild davon machen, er ist ja veröffentlicht.
     
    Alleine seine Wertung wäre eine andere gewesen, wenn die israelische Regierung sich schon früher geäußert hätte, worum sie ja auch gebeten worden war – das hatte er gesagt und dazu muss man wissen, ohne so recht zu begreifen, was denn nun so neu war..
     
    Goldstone ging durch die Hälle nach der Veröffentlichung des Berichts. Er selber gläubiger bis dahin allseits respektierter Jude…:

    Die israelische Presse suchte am Montag nach einer Erklärung. Die Zeitung „Yedioth Ahronoth“ berichtete unter Berufung auf Vertraute des Juristen, Goldstone und seine Frau seien „durch die Hölle gegangen„, seit der Südafrikaner 2009 seinen Bericht für die Uno über den Krieg angefertigt hatte. Er habe einen nahezu einhelligen Boykott der jüdischen Gemeinde erlebt und sehr darunter gelitten.
    Das Paar habe gleich mehrfach seine Telefonnummern und E-Mail-Adressen ändern müssen, zitiert die Zeitung Alon Liel, einen israelischen Freund der beiden. Im vergangenen Jahr habe sich Goldstone sogar gezwungen gesehen, seine Teilnahme an der Bar Mitzwa seines Enkelsohnes in Israel aus Sicherheitsbedenken abzusagen. „Er war ein gebrochener Mann“, so Liel über seinen Freund. Diese persönlichen Erfahrungen hätten sicher dazu beigetragen, seine Israel-kritische Position zum Gaza-Krieg zu korrigieren, heißt es im „Yedioth Ahronoth“ weiter.


    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,754958,00.html

    Goldstone hat den Druck durch die jüdischen Gemeinden, welche bis dahin seine Heimat waren nicht mehr ertragen – deshalb ist er schließlich zu Kreuze gekrochen und sagte, was dieselben hören wollten – wenn etwas ganz sicher nicht auf einer freien und unabhängigen, objektiven Grundlage zur Meinungsfindung beruht – dann dieser reichlich kryptische und eher substanzlose, weil wenig konkrete Widerruf (anders als der Bericht, an dem ist nichts kryptisch), den seine Kollegen, es war ja ein Gremium und keineswegs Goldstone alleine, der den Bericht verfasste – keineswegs teilen und die sich von seinem ‚Widerruf‘ natürlich distanzierten.

     Der Mann ist für mich eine tragische Figur – er kann einem leid tun.

    Linke NGOs spielen eine wichtige Rolle dabei, die hohen moralischen Standards von ZAHAL und anderen Institutionen zu bewahren.
     
    Die NGOs spielen sicher eine wichtige Rolle aber ich weiß nicht welche hohen moralischen Standards die Zahal haben soll; eine Armee deren Führer es toll finden (Gabi Ashkenazi wollte Burberg sogar befördern), wenn ihre Soldaten auf gefesselte Palästinenser schießen hat überhaupt keine glaubwürdigen  moralischen Standards mehr, das sage ich nicht um dies dem einzelnen Soldaten vorzuwerfen, die können nichts dafür. Aber wenn ein Fisch dergestalt vom Kopf her stinkt, dann ist da gar nichts in Ordnung.

    Gut Burberg kam vor Gericht und es wurde entschieden, dass er ein Jahr keine Kommandeur und 2 Jahre lang nicht bevördert werden dürfe. Zu danken ist der Prozess wohl nur B’Tselem, mit dessen Kameras der Vorgang von einer jungen Palästinenserin gefilmt worden war und der dann anschließend um die Welt ging.
     
    Man war also vor den Augen der Weltöffentlichkeit gezwungen, so etwas wie einen Prozess zu inszenieren und Herr Burberg bekam seine milde Mahnung und muss zwei Jahre auf Beförderung verzichten.
    Die so moralische IDF rächten sich übrigens anschließend am Vater des Mädchens, um wohl klarzustellen, dass man es bereuen werde, Beweise für Misshandlungen ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.
    Jamal Amira wurde kurz nachdem B’Tselem das Video veröffentlicht hatte, welches seine Tochter von dem furchtbaren Beschuss des gefesselten palästinensischen Mannes gefilmt hatte, verhaftet. Er sagt, die Grenzpolizisten hätten sich bei seiner Festnahme zugerufen, „Wir haben Salams Vater.“ Amira, 53, ein Vater von neun Kindern, hat viele israelische Freunde einschließlich eines altgedienten IDF-Reserveoffiziers. Amir wurde in das Ofer-Gefängnis geworfen, was nur als ein Racheakt von Leuten angesehen werden kann, die sich als „Freunde von Omri“ bezeichneten.

    http://www.israel-palaestina.de/Nahostkonflikt-Artikel/Gideon-Levy-Kamera.htm
     
    Das ging dann freilich nicht durch die Weltpresse.
     
    Wir wissen nicht was passiert, wo nicht zufällig eine Kamera von B’Tselem ist, aber sich können wir sein, egal was passiert – wir werden wohl nichts davon erfahren.
     
    Jüngst wurde ja eine Israelin wegen Geheimnisverrats zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt, weil ihre Weitergabe von IDF Dokumenten an Haaretz es ans Tageslicht brachten, dass IDF-Generale sich wissentlich, planmäßig und absichtlich über das Verbot der außergerichtlichen Hinrichtungen hinwegsetzen.
     
    Die Informantin, welche in fast jedem westlichen Rechtsstaat, unter diesen Umständen nichts zu befürchten gehabt hätte sitzt im Gefängnis, während man von keinerlei Folgen für besagte Militärs hört.
     
    Hat es der Oberste israelische Gerichtshof aufgegeben seine Gesetze auch durchzusetzen?
     
    Wir haben also offensichtlich nicht nur eine Armee, deren moralische Standards unterirdisch sind, sondern auch eine Judikative, die offensichtlich mehr oder weniger kapituliert hat.

    Die NGOs sind die Zeugen desselben – und als soclhe – ja sehr wichtig – und deshalb will man sie loswerden – wer braucht schon Zeugen – so ist das.

  4. Kein europäisches Land würde es hinnehmen, dass Anti-Regierungs NGOs mit Millionen durch ausländische Regierungen unterstüzt werden. Warum sollte so etwas in Israel “normal” sein? Es ist Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes durch ein anderes Land. Verstehe nicht, dass darüber überhaupt diskutiert werden kann.

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