Alles nichts

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Wenn man mir vor zwei Monaten gesagt hätte, dass Netanyahu in der Regierung eine Entscheidung zur Erhöhung der Einkommenssteuer durchbringt und außerdem die Unternehmenssteuern und die Besteuerung von Kapitalerträgen erhöhen würde, hätte ich gelacht und erklärt, das sei nicht möglich. Schließlich geht es hier um eine Art Konversion, denn der Glaube Netanyahus war über all die Jahre der an die Steuersenkung, und jetzt tritt er plötzlich für ihre Erhöhung ein…

Von Nehemia Strassler

Doch die Anführer der Proteste lassen sich noch nicht einmal von dieser überraschenden Kehrtwende beeindrucken. Sie haben zwar die Erhöhung der direkten Steuern für Wohlhabende und die Senkung der indirekten Steuern für die Unter- und Mittelschicht gefordert, doch als die Trajtenberg-Kommission dann genau das empfohlen hat, und in dem Moment, wo die Regierung die Empfehlungen auch noch Anfang der Woche umgesetzt hat, sind sie sauer und unzufrieden. „Das ist überhaupt nichts“, erklären sie uns.

Die Wahrheit ist, dass es nichts gibt, was sie zufriedenstellen würde. Sie haben sich in den Protest verliebt und sind trunken von der Macht, die er ihnen verleiht. Die Initiatorin der Proteste, Daphni Leef, wendet sich offen abfällig an Netanyahu und stellt ihm ein Ultimatum: „Bibi, dies ist das letzte Mal, dass ich mich direkt an dich wende“. Danach erklärt sie: „Wir sind riesige Bürger, und alle Ministerpräsidenten, Minister und Regierungssprecher sind nur verängstigte Zwerge“. Wenn das so ist, was interessiert dann schon den Riesen die Veränderung, die der Zwerg einläutet?

2003 hat Netanyahu, damals Finanzminister in der Regierung Sharon, einen Prozess initiiert, der die Senkung der Steuern und Kürzungen im Haushalt beinhaltete und so Marktanreize schaffen sollte. Im Rahmen dieses Prozesses wurde der Grenzsteuersatz bei der Einkommenssteuer von 51% auf die heutigen 45% gesenkt. Die Unternehmenssteuer wurde von 36% auf 24% gesenkt. Diese und andere Schritte haben die Märkte äußerst schnell und effektiv aus ihrer Talfahrt geholt und für ein deutliches Wachstum gesorgt. Im Ergebnis sank die Arbeitslosigkeit von elf auf sechs Prozent – ein eindeutiger Erfolg für die Gesellschaft.

Und jetzt, nach nur 50 Tagen Arbeit der Trajtenberg-Kommission, ist alles umgekehrt. Netanyahu, der noch bis vor zwei Monaten geplant hat, den Grenzsteuersatz bei der Einkommenssteuer stufenweise von 45% auf 39% abzusenken, hebt ihn jetzt auf 48% und verhängt sogar eine „Reichensteuer“ von zusätzlichen zwei Prozent, für alle, die mehr als 83.000 Shekel (ca. 16.400 Euro) im Monat verdient. Für sie steigt die Grenzbesteuerung auf 50%. Auch erhöht Netanyahu die Unternehmenssteuer auf 25%, anstelle, dass er sie stufenweise auf 17% senkt, wie er es noch bis vor zwei Monaten geplant hatte.

Und als sei diese Kehrtwende noch nicht genug, so erhöht Netanyahu auch die Kapitalertragssteuer auf Wertpapierverkäufe an der Börse, Schuldbriefe und Dividende, von 20% auf 25%. Mehrheitseigner zahlen sogar noch mehr: Für sie sind es 30% auf die Dividende, die sie erhalten. Doch für Leef und ihre Freunde bedeutet all das nichts.

Auf der anderen Seite der Gleichung hat die Regierung diese Woche entschieden, eine lange Reihe indirekter Steuern zu senken, um die zentrale Forderung der Protestierenden zu erfüllen: eine Senkung der Lebenshaltungskosten. Es geht um den Verzicht auf die geplante Anhebung der Verbrauchssteuer auf Benzin um 40 Agorot und  Kinderfreibeträge für Männer für jedes Kind unter drei Jahren, was die Einkommen junger berufstätiger Paare verbessern wird. Und die Hauptsache: Eine stufenweise Senkung von Zöllen und Einkaufssteuern auf importierte Waren – um das irrationale in Israel herrschende Preisniveau zu senken.

Die hohen Lebenshaltungskosten waren schließlich der Motor für die gesellschaftlichen Proteste. Es begann im Januar mit den Benzinprotesten und weitete sich dann auf einen Kampf gegen die Wucherpreise beim Hüttenkäse aus. Erst danach griff der Protest auch auf das Thema Wohnen und den Sozialstaat insgesamt über. Daher sollte man die stufenweisen Steuersenkungen auf verschiedene Produkte über vier bis sechs Jahre begrüßen und auch die Senkung der Steuern auf Elektronikartikel.

Man hätte diese Steuern natürlich innerhalb weniger Monate und nicht Jahre abschaffen müssen, auch hätte man die hohen Zölle auf die Einfuhr von Lebensmitteln senken müssen, doch trotzdem handelt es sich um einen Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, der zur Senkung von Preisen führen wird, zur Erhöhung der Kaufkraft in den Haushalten und zu einer größeren Warenvielfalt.
Doch für die Anführer der Proteste ist all dies nur Augenwischerei, nichts eben.

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