Israels Botschaft in Kairo geschlossen

0
27

Alle israelischen Diplomaten in Kairo sowie ihre Familienangehörigen sind in der Nacht heimlich evakuiert und nach Israel ausgeflogen worden. Auch der Botschafter hat Ägypten verlassen. „Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind nicht betroffen“, hieß es am Morgen im israelischen Rundfunk…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 10. September 2011

Die Evakuierung geschah allein zum Schutz der Diplomaten, hieß es, als die geheime Aktion in Israel von der Zensur zur Veröffentlichung freigegeben worden war. Israels Außenminister Avigdor Lieberman habe die ganze Nacht im Lageraum seines Ministeriums verbracht. Mitten in der Nacht fanden sich auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak im Lageraum ein, um die Evakuierung persönlich zu überwachen und um eilige Beschlüsse fassen zu können. Netanjahu telefonierte mit dem amerikanischen Präsidenten Barak Obama, der wiederum mit der ägyptischen Regierung sprach und sich dringend aufforderte, Spezialtruppen zum Botschaftsgebäude zu schicken.

Gegen 6 Uhr morgens (Ortszeit) wurde festgestellt, dass sechs israelische Wachmänner noch in der Botschaft im 18. Stock eines Bürohauses festsaßen. Kommandoeinheiten gelangten mit Panzerwagen zur Botschaft und konnten bis zur Botschaftsetage vordringen. Es stellte sich heraus, dass nur noch eine einzige Tür zwischen Demonstranten und den sechs Israelis trennte. Dank Überwachungskameras konnten die israelischen Sicherheitsleute „Blickkontakt“ mit dem Lageraum in Jerusalem halten. Einer der Wachleute sagte zu Netanjahau: „Falls es hier zur Katastrophe kommt, bitte ich darum meine Eltern persönlich zu benachrichten und nicht per Telefon.“ Netanjahu sprach ein Lob aus: „Halte aus. Du bist ein mutiger Junge.“ Wenige Minuten später entdeckten die ägyptischen Spezialtruppen den verschlossenen Raum, in dem sich die Israelis versteckt hielten. In Zivilkleidung und mit verhüllten Gesichtern gelang es, die Israelis an den Demonstranten vorbei zu den bereitstehenden Panzerwagen zu bringen und zum Flughafen zu fahren, wo schon ein kleines israelisches Flugzeug bereit stand, die sechs Sicherheitsleute heim zu fliegen. Zuvor hatte Israel eine Boeing 707 nach Kairo geschickt, um die Diplomaten und deren Angehörige zu evakuieren.

Wie der israelische Rundfunk berichtete sei doch ein Diplomat in Kairo zurückgelassen worden, um mit den Ägyptern direkten Kontakt aufrecht zu erhalten. „Er befindet sich an einem sicheren Ort.“ Ministerpräsident Netanjahu telefonierte am Morgen mit dem ägyptischen Geheimdienstchef, und bedankte sich für den „mutigen und besonnenen Einsatz“ der ägyptischen Spezialtruppen, denen es gelungen war, aus dem von hunderten Demonstranten besetzten Botschaftsgebäude die sechs Wachleute aus Lebensgefahr zu retten.

Zeitweilig wurde im Laufe der Nacht überlegt, die Botschaft nach Scharm A Scheich im Süden der Sinaihalbinsel zu verlegen, doch als sich die Ereignisse in Kairo überstürzten, wurde beschlossen, alle Diplomaten nach Israel auszufliegen.

Demonstranten haben eine vor wenigen Tagen von den ägyptischen Behörden errichtete Schutzmauer zerstört und dann das Gebäude gestürmt. Die ägyptische Polizei verschoss erfolglos Tränengas, während Demonstranten Räume der Botschaft stürmen und „geheime Dokumente“ mit dem israelischen Staatswappen aus den Fenstern warfen. Ebenso wurde erneut die israelische Flagge vom Dach gerissen. Es habe 450 Verletzte gegeben.

In der Nacht griff auch die amerikanische Regierung in das Geschehen ein und forderte von den Ägyptern, die Botschaft und das Eigentum der Diplomaten zu beschützen. Ein israelischer Reporter, die die Ereignisse in Kairo verfolgte, sagte am Morgen, dass die Demonstranten ihr Ziel letztlich erreicht hätten: eine Schließung der Botschaft und eine Vertreibung aller israelischen Diplomaten.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com