Irgendetwas ist in Ungarn nicht in Ordnung

30
103

Im der Fidesz nahe stehenden Wochenblatt Magyar Demokrata schlug Ádám Pozsonyi  Ende Oktober 2009 vor, in die öffentlichen Büchereien zu gehen und dort die Bücher von verhassten linksliberalen Schriftstellern wie György Konrád, Péter Nádas und Péter Esterházy„ zu stehlen und zu vernichten”…

Von Karl Pfeifer

Solche „Ideen“ fallen in Ungarn auf fruchtbaren Boden.*

Wie die deutschsprachige, sich mit Ungarn auseinandersetzende Website Pusztaranger berichtet, eröffnete am 2. Juni der bekannte Schriftsteller Péter Esterházy am Erlauer Esterházyplatz die 82. Buchwoche. Wegen der Drohung von rechtsextremistischen Internetseiten, die zum Protest gegen Esterházy aufgerufen haben, musste dieser von Bodyguards und Zivilpolizisten begleitet werden. Einige dieser “Patrioten” hielten ein Poster hoch: “Wir brauchen keinen Kulturdreck.” Außerdem verteilten sie Flugblätter, in denen mit „magyarenfeindlichen“ Zitaten aus Esterházys Werken „bewiesen“ wird, dass er „unwürdig“ sei, diese Veranstaltung zu eröffnen und es gab auch antisemitische Zwischenrufe gegen den nichtjüdischen Schriftsteller. Kein Wunder wurde doch in der Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob der bekannte Schriftsteller „Halbjude” oder „Volljude” sei.

Irgendetwas ist hier nicht in Ordnung

Unter diesem Titel erschien im Budai Sófár (2011 Juni) folgender Artikel:

„Es ist leicht, die miteinander schreienden Autofahrer nicht zu bemerken – wie im Verkehrsstau bei geöffnetem Fenster –, wenn nach einem Hupen als Antwort kruder Antisemitismus kommt.

Es ist leicht, nicht zu bemerken beim Bezahlen im Geschäft dessen Stammkunde ich bin, wie hinter meinem Rücken mich jemand leise antisemitisch beschimpft.

Es ist leicht, als namhafter Arzt zu erfahren, wie Kollegen miteinander flüstern und die kodierten antisemitischen Spitzen am Arbeitsplatz Tag für Tag von sich geben.

Es ist leicht als junger Mensch in ein Vergnügungslokal zu gehen, wo man nicht bedient wird, weil Deine Hautfarbe ein wenig dunkler ist als andere (auch wenn sie noch gar nicht wissen, dass Du auch Jude bist).

Es ist leicht während eines Spazierganges mit dem Hund, auf heraussprudelnden Antisemitismus aufmerksam  zu werden, als Teil eines Dialogs eines distinguierten, nicht wie eine Extremistin ausschauenden Mädchens und eines Burschen, als Teil eines einfachen, gewöhnlichen Gesprächs.

Und was nicht leicht ist, und weswegen ich doch denke, dass die Lage nicht ganz wolkenlos ist und es Antisemitismus gibt:

Eine Budapester Synagoge. Während der Pessachwoche. Das Telefon läutet.

Hallo!

– Guten Tag wünsche ich!

Wir möchten vom Rabbiner Schweinefleisch kaufen.

Das Gespräch wird unterbrochen. Sicher ein Spaßvogel, ein Mensch der über viel Freizeit verfügt (obwohl wir solche spontan nicht treffen). In letzter Zeit kommen viele solche Anrufe…

Egal. Er hat von irgendwo die Telefonnummer der Synagoge bekommen. Die Angelegenheit ist abgeschlossen!

Aber vielleicht ist es nicht egal.

Exodus, das Fest der Freiheit, Pessach, der zweite Sederabend (das letzte Abendmahl), Gottesdienst. Während des Gebets versuchen drei Skinheads über den Zaun zu klettern. Der junge Sicherheitsmann ist am Platz, er bringt die Burschen davon ab hereinzukommen.

Sie sagen:
Wir suchen den Rabbiner, weil wir von ihm Schweinefleisch kaufen wollen…

Wir töten den Rabbiner!

Ende des Gesprächs (wenn man es überhaupt so nennen kann).

Das ist alles? Ein herausragender Fall? Möglich, sogar sicher, aber das ist nicht eine aus ihrem Kopf herausgesprungene, plötzlich entschiedene witzige Tat. Das ist etwas anderes. Leicht zu bemerken? Nun…

Wir sollten es bemerken und nicht abwinken! Irgendetwas ist hier nicht in Ordnung. Man muss nicht alarmiert sein, aber es kann so nicht weitergehen…“

Dieser Artikel des Budapester Rabbiners Tamás Verö sollte auch uns zu denken geben. Der geschilderte Vorfall ereignete sich in der Synagoge Thököly út in der Pessachwoche 2011.

 

* Ádám Pozsonyi: Auf zum Kampf!

(Magyar Demokrata [Ungarischer Demokrat]. Nr. 43. 2009., p. 40.)

“Die Errichtung einer Kulturpolizei hätte ich schon seit langem betrieben, jedoch leider, weder ich noch meine Anhänger kamen in Positionen, in denen einer solchen praktischen Empfehlung Geltung verschafft werden konnte.

Sagen wir es offen: Das geistige Leben Ungarns steht schon seit langen Zeiten unter fremdem Einfluss, aber in einem solchen Ausmaß wurde der noch übrig gebliebene ungarische Gedanke aus der öffentlichen Gesinnung
weder in den dunkelsten Jahren des XX. Jahrhundert nicht ausgejätet, wie dies in unseren Tagen geschieht. Da unsere politische und geistige Elite aus Fremden besteht, müssen wir – wie unsere heldenhaften Vorfahren während der Kämpfe gegen die Türken, oder zur Zeit der Landeszerstückelung von Trianon – handeln.

Bilden wir kleine Hauskommandos. In Gruppen von drei–vier Personen kämmen wir die Bibliotheken durch und entwenden wir, vernichten wir die Geschwürherde der linksliberalen Vaterlandsverräter und ihre Geschmacklosigkeiten. Falls das Herausschmuggeln der Bücher nicht möglich ist, zerreißen wir die Blätter, bekritzeln sie, machen wir den Sudele dieser begünstigten Niemanden, den unsere verräterischen Medien auf allen Ebenen propagieren, für weitere geistige Vergiftung unbrauchbar.

Unterschätzen wir diese Aufgabe nicht. Das Schicksal der Welt wird auf geistiger Ebene entschieden, und es ist nicht egal, durch was die Seele unserer Jugend vergiftet wird. Was kann sie der nächsten Generationen noch weitergeben.

„Spiró ist Schorf, Konrád Fluch, wegen Nádas muss ich gleich Kotzen!” Dies sei die Marschmusik der aufzustellenden kleinen Freikorps, die in einen heldenhaften, heiligen Kampf für die Reinigung des ungarischen geistigen Lebens, in die Schlacht ziehen. Wir sollen keine moralischen Hemmungen haben. Diese Leute sind Mörder, ihre Gifte sind aus unserem Organismus auszurotten. Wenn es schon die „ungarische” Regierung, der „ungarische” Schriftstellerverband, der Verband der „ungarischen” Buchhändler dies nicht tun. Nebenbei gesagt: auch sie schalten uns aus, nur haben sie einen wesentlich mächtigeren Hintergrund, handeln wesentlich gemeiner, und sie
verheimlichen dies gar nicht.

Das Ziel ist, dass wenn ein ungarischer Mensch einen Esterházy-Band erblickt, soll er aus seinem Schlaf geweckt in Richtung des Mülleimers blicken, und mit noch halb geöffneten Augen, eventuell das Gähnen unterdrückend, eine Wurfbewegung machen.

Auf in die Schlacht meine Freunde, zum Kampf, auf zum heiligen Krieg!”

30 Kommentare

  1. „Das Pogrom in der Vojvodina galt nicht den Juden, sondern dem Aufspüren von Partisankämpfern. Diese liefen etwas unkontrolliert ab, und forderten ca. 3300 Todesopfer. Darunter waren jedoch nur 740 Juden. Der Einsatz galt nicht den Juden an sich“
    Jetzt veröffentlicht Hagalil bereits revisionistische nationalistische ungarische Propaganda. Die Ermordung von mehr als 1000 Juden in der Vojvodina wird geleugnet bzw verniedlicht „Nur 740″ Juden wurden ermordet.
    Ich habe mit diesem“Hans“ nichts zu diskutieren. Er hat keinerlei Ahnung von ungarischer Geschichte aber eine offensichtlich geschichtsfälschende Agenda.
    Dass Hagalil offensichtliche Geschichtsfälschung toleriert ist ein Skandal. Und ich behalte mir vor, bei Gelegenheit darüber zu schreiben.
     
     

  2. Nichts und niemand beschreibt größere Aktivitäten der ungarischen Gendarmen. Dies ist eine reine Behauptung. Bereits 1942 wurden die Rumänen wegen ihrer Eifrigkeit bei der Hilfe zur Ermordung der Juden von den deutschen gelobt. Dies war scheinbar ein psychologischer Ermunterungstrick der Deutschen.

    Zu Antwort 1:
    Nachdem die deutsche Waffen-SS in Kamenets-Podolsk das Massaker verübte, wurden keine Auslieferungen mehr vorgenommen. Gegen den Willen der deutschen Behörden, und auf Druck der öffentlichen ungarischen Meinung wurden weitere Auslieferungen komplett unterlassen.

    Das Pogrom in der Vojvodina galt nicht den Juden, sondern dem Aufspüren von Partisankämpfern. Diese liefen etwas unkontrolliert ab, und forderten ca. 3300 Todesopfer. Darunter waren jedoch nur 740 Juden. Der Einsatz galt nicht den Juden an sich.

    Zu Antwort 2: Dies kann nicht stimmen, sonst hätte Horthy bereits bereits 1941 mit der Judenverfolgung beginnen müssen. Das hätte auch seine Position gefestigt.

    Zu Antwort 3: Ja, genau, er MUSSTE diese Nazi-Offiziere auf diese Posten bringen bzw. belassen, nachdem Hitler über Eichmann ihm auf die Finger schaute, und ihm die Pfeilkreuzler im Nacken sassen. Wenn er nur aus der Einsicht gehandelt hätte, dass Hitler sowieso den Krieg verlöre, bliebe unklar, warum er es vorher in den Jahren bis 1944 nicht tat, als Hitler zu gewinnen schien?

    Fazit: Horthy´s  antisemitischen Aktivitäten sind ihm durchaus vorzuwerfen, nicht jedoch die Judenmorde. Wenn man den gesamten Verlauf beobachtet, dann wird klar, dass Horthy niemals mit dem Tod der Juden liebäugelte; ganz im Gegenteil!

  3. Ich habe nicht so viel Zeit wie Sie „Hans“ Daher bitte ich Sie nur um die Beantwortung von zwei Fragen:
    1) wo habe ich Ungarn eine Kollektivschuld vorgeworfen
    2) Ihre Quellen
    Ich beantworte Ihre ersten drei Fragen gerne. Die letzten zwei haben nichts zu tun mit der Diskussion.
     
    1. Warum kam es bis 1944 unter dem Machtbereich Horthys weder zur praktischen Anwendung von Judenprogromen noch zu irgendwelchen Gräueltaten?
    K.P.: Wie kann die Auslieferung von 18.000 Juden (darunter 2000 ungarische Staatsbürger) an die Waffen SS in Kamenets-Podolsk qualifiziert werden?
    Wie kann der im Januar 1942 durch ungarisches Militär, Gendarmerie und Polizei begangene Pogrom in der Vojvodina (nicht nur in Novisad) nicht Gräuel genannt werden?
    Wie kann man die Tatsache, dass jüdische Männer zum „Arbeitsdienst“ mit gelben Armband einberufen wurden und nach dem Beginn des ungarischen Krieges gegen die Sowjetunion über die Minenfelder in der Ukraine gejagt wurden, nennen. Ich habe jetzt keine Zeit und Lust ganze Kapitel aus Brahams Buch über den ungarischen Holocaust zu übersetzen.
    2. Warum musste Horthy quasi Putschartig die Deportationen verhindern, ?
    K.P.Weil er den Antisemitismus zur Staatsdoktrin machte, in der Politik hochgeschaukelt hat mit drei Judengesetzen 1938 – 1941 und mit zahllosen antijüdischen Verordnungen und weil er sich vorzugsweise damals mit Antisemiten umgeben hat. Und weil die Beraubung der Juden für viele sehr gewinnbringend war..
    3. Warum mussten die Soldaten des Oberst Koszorús heimlich vom Land rekrutiert werden?
    K.P. Weil Horthy eine Menge Offiziere auf die Posten liess, die vom Nationalszozialismus infiziert waren.
    Horthy ist nicht plötzlich Humanist geworden, sondern er sah, dass diejenigen, mit denen er sich verbündet hat, die deutschen Nazi also, den Krieg verlieren.
    Ãœber diese Geschichtsverdrehungen des „Hans“ hat schon Prof. Braham einen guten Artikel geschrieben, der im Internet abrufbar ist:

    The Assault On Historical Memory: Hungarian Nationalists And The Holocaust
    by Randolph L. Braham

    http://findarticles.com/p/articles/mi_7063/is_4_33/ai_n28758746/
     

  4. Bravo, Herr Pfeifer,
    leider bestätigt es sich weiterhin, dass Sie ohne unberechtigte und falsche Vorwürfe nicht Weiterkommen. Sie lesen ja nicht einmal meine Postings, denn anders lassen sich Ihre Aussagen nicht erklären.

    Ich habe eben NICHT mit der Geschichte nach dem 15.Oktober 1944 geantwortet, sondern Horthys Weg in Kürze von 1941 bis 1945 beschrieben. Hierbei erwähnte ich durchaus die Eifrigkeit der neu konstruierten Regierung. Diese Unwahrheit Ihrerseits verleitet Sie zu dem Satz: „Das zeigt doch, dass Sie nicht fähig oder nicht willens sind eine ehrliche Diskussion durchzuführen.“ Dieser Satz geht retour!

    Unsere Diskussion handelte von der Schuld Horthy´s. Sie waren es, der damit anfing. Jetzt wollen Sie ablenken, und auf eine Kollektivschuld der Ungarn hin plädieren. Wir haben aber Horthy´s Rolle noch nicht ausdiskutiert. Die generelle Schuldfrage sprengt hier den Rahmen. Natürlich waren diese Deportationen eine große Schande für alle Beteiligten. Die Ungarn schämen sich auch dafür. Begnügen wir uns aber erst einmal mit Horthy. Das ist kompliziert genug.

    Es waren nicht nur 20 deutsche Soldaten im Land, sondern zigtausende. Das wurde von ungarischer Seite her auch bemängelt. (Wo sind denn hier Ihre Quellenangaben?). Es waren 120.000 ungarische Sopldaten an der Front! Zitat aus einem Brief von Miklós Horthy an Hitler am 6.Juni.1944: „Wir müssen uns ängstigen, dass unsere Truppen an der Front erfahren, dass in ihrem eigenen Land viele tausend deutsche Truppen ein sorgenfreies, gemütliches Leben leben, während unsere dem Tod ins Auge sehen.“ {Quelle:  HORTHY Miklós: Titkos iratai [Geheime Schriften von Miklós Horthy]. [Hg.] Miklós. Szinai – László Szűcs. Budapest 1962 }

    Was wollen Sie eigentlich von mir hören?

    Dass die Deportationen die größte Schande der ungarischen Geschichte waren?
    Ja, das waren sie wirklich. Schlimm, schrecklich, unverzeihlich.

    Die Eifrigkeit mit der die ungarischen Behörden ihren Beitrag zum Massenmord leisteten, der sogar die Nazi überraschte?
    Schlimm, schrecklich, unverzeihlich.! Es war aber auch eine von den deutschen vorselektierte Regierung. Demgegenüber steht z.B. der öffentliche Unmut der ungarischen Bevölkerung 1941 über die Auslieferung der Juden, sowie die aktiven lebensrettenden Maßnahmen Horthy´s und vieler Ungarn vor und nach dieser Zeit. Wer diese Aspekte nicht mitberücksichtigt, der will keine objektive Aufarbeitung.

    Natürlich habe ich mir all diese historischen Fakten nicht aus den Fingern gesogen, und tatsächlich habe ich mir jetzt auch vorgenommen, die Quellen hierfür zusammenzutragen, Sie können aber auch nachlesen wo Sie wollen, es sind allgemein bekannte Tatsachen.

    Zu Ihren letzten Fragen finden Sie Antworten in meinem letzten Posting. Ich habe Horthy´s Memoiren nicht gelesen, daher weiß ich nicht alles. Es ist jedoch Fakt, dass während Horthy´s Staatsbesuch in Deutschland, am 19.März 1944, deutsche Truppen das Land besetzten und ihn vor vollendete Tatsachen stellten. In seinen Memoiren beschreibt er dies angeblich so, dass man ihm scheinbar die Pistole an die Brust gesetzt hatte. Bei seiner Rückkehr bat der Ministerpräsident (Miklos Kallay) Horthy, seine Ämter zu behalten, da andernfalls die Pfeilkreuzler unverzüglich an die Macht kommen würden, und sich dies für die Juden Ungarns als Katastrophe auswirken würde. Im Falle der militärischen Widersetzung hätten neben den deutschen Truppen auch die Truppen Rumäniens, der Slowakei und Kroatiens zur Verfügung gestanden. Es ging um Schadensminimierung.

    Wenn Sie Horthy trotzdem für schuldig halten, dann beantworten Sie mir doch bitte folgende Fragen:

    1. Warum kam es bis 1944 unter dem Machtbereich Horthys weder zur praktischen Anwendung von Judenprogromen noch zu irgendwelchen Gräueltaten, obwohl dies in den Nachbarländern wie Rumänien und Serbien seit 1942 Gang und Gebe war? Die Slowakei zahlte sogar 50 Reichsmark an die Deutschen für jeden abtransportierten Juden!

    2. Warum musste Horthy quasi Putschartig die Deportationen verhindern, nachdem sein Ersuchen im königlichen Rat kein Gehör fand?

    3. Warum mussten die Soldaten des Oberst Koszorús heimlich vom Land rekrutiert werden?

    4. Warum wurde Horthy´s Sohn von den Deutschen in das Konzentrationslager nach Dachau entführt, woraufhin Horthy abdankte?

    5. Warum wollte Horthy flüchten?

    6. Warum kam er in Gefangenschaft (Ehrenhaft ?!)

  5. Kleine Datenkorrektur: Hier wurde März mit Mai vertauscht. Der richtige Satz oben sollte heissen:
    „Am 19. März 1944 wurde Ungarn, das bereits aktiv mit dem Gedanken spielte die Seiten zu wechseln, von deutschen Truppen belagert…“
    Versehentlich hatte ich 19. Mai 1944 geschrieben.

  6. „Hans Weber“: „Ich habe keine Zeit für wissenschaftliche Abhandlungen und Quellenangaben,“
    Warum diskutieren Sie dann? Welchen Wert haben Ihre Behauptungen, wenn Sie nicht einmal eine einzige Quelle angeben?
    Und ich bin auch nur eine Einzelperson, habe keine Datenbank zur Verfügung nur meine Bibliothek und öffentliche Bibliotheken, die auch für Sie zugänglich sind.
    Ich schreibe über die Deportation von Hunderttausenden Menschen nach Auschwitz-Birkenau im Frühjahr/Sommer 1944 und Sie antworten mit der Geschichte nach dem 15. Oktober 1944. Das zeigt doch, dass Sie nicht fähig oder nicht willens sind eine ehrliche Diskussion durchzuführen.
    Auf die von mir genannten Fakten, welche die größte Schande der ungarischen Geschichte ist, die Eifrigkeit mit der die ungarischen Behörden ihren Beitrag zum Massenmord leisteten, der sogar die Nazi überraschte, gehen Sie gar nicht ein. Sagt uns das was über die Deportation der Hunderttausenden, wenn einige Monate danach die Pfeilkreuzler Horthy beschimpft, wenn die Deutschen ihn in Ehrenhaft genommen haben. Das steht doch überhaupt nicht zur Diskussion.
     
    Kehren wir also zurück zu Ihrer Geschichtsklitterung. Horthy war machtlos einerseits aber hatte die Macht andererseits. Was sind das nur für logische Widersprüche. Warum hat Horthy die schlimmsten Bluthunde zu Staatssekretären gemacht?

  7. Also es ist schon unerhört was hier „Hans Weber“ treibt. Erklären Sie uns doch wie Eichmann mit seinen 20 Leuten hätte in ein paar Wochen diese hundertausende Menschen nach Auschwitz-Birkenau deportieren können? Die Rote Armee war im Vormarsch und Eichmann rechnete, als er nach Ungarn kam mit großen Schwierigkeiten. Eichmann wurde überrascht von der Bereitschaft der von Horthy ernannten Regierung ihm zu helfen. Man muß nur lesen, was Eichmann während seines Prozesses über Ungarn ausgesagt hat. Da erhielt er jede mögliche Hilfe von László Endre. Nun wußte Horthy genau wen er da zum Staatssekretär des  Inneren ernannte, nämlich einen der schlimmsten ungarischen Antisemiten. In Buenos Aires erinnerte sich Eichmann, dass er am 29. März 1944 zum erstenmal Endre traf und Widerstand erwartete, er erwartete eine Diskussion, doch als er seinen Plan schilderte war Endre sofort Feuer und Flamme und so schwieg Eichmann und probierte nur die verschiedenen Weine aus Tokaj.
    Im Sommer 1942 erkundigt sich der ungarische Militärattache in Berlin ob die Deutschen 100.000 jüdische „Flüchtlinge“ übernehmen würden und bittet eine „endliche Lösung“. Diesmal antwortet Eichmann und meint man sollte mit dieser Aktion warten bis die Ungarn bereit sind diese Aktion für alle ungarischen Juden gelten zu lassen (Wilhelmstraße 1968, 675 u. 694)
    Endre war kein deutsche Lakai sondern ein ungarischer Antisemit, ein von Horthy eingesetzter Bluthund der von Eichmann forderte das Tempo der Deportation zu vervierfachen. Anstatt täglich einen Zug werden vier Züge eingesetzt.
     
    Nicht vergessen darf werden, dass sich an der Ghettoisierung, Beraubung und Deportation der Juden 200000 ungarische Gendarmen, Polizisten und Beamte beteiligten. Eichmann sandte zur Deportation der 150.000 Juden aus der von Ungarn besetzten Karpato-Ukraine (Kárpátalja) acht seiner Leute unter der Führung von Wisliceny und 40 SSler zur Bewachung der Züge.
    Eichmann lobte die ungarische Verwaltung in höchsten Tönen und es gibt zehntausende Dokumente, die belegen, dass diese Ungarn den Lob Eichmanns voll verdient haben.
    Und dafür soll Horthy laut Hans Weber nicht verantwortlich gewesen sein. Er erfindet ein Märchen, den angeblich „machtlosen“ Horthy, der aber genug Macht hat, plötzlich die von ihm ernannten Bluthunde zu entlassen und die Deportation der Budapester Juden zu stoppen. Tatsache ist, und das „vergisst“ „Hans Weber“ zu erwähnen, dass Horthy erst tätig wurde, nachdem nicht nur die Alliierten, sondern auch die neutralen Staaten und der Vatikan protestierte.
    Die Rote Armee marschierte vorwärts und Horthy der nie machtlos war vor dem 15. Oktober 1944 überlegte, wie er und das Land aus dem Bündnis, das er doch früher so befürwortete aussteigen könnte. All das geschah nach der alliierten Landung in der Normandie. Die Amerikaner bombardierten am 2. Juli 1944 Budapest und das dürfte ihn auch beeinflußt haben.
    Horthys Entscheidung im Juli 1944 war wichtig für die Rettung der Budapester Juden. Doch gibt es überwältigende Beweise dafür, dass Horthy wie auch andere führende Persönlichkeiten Ungarns genau Bescheid wussten über die barbarische Behandlung der Juden, einschließlich ihrer Isolation, Enteignung und Deportation.
    Der Deportationsstopp durch Horthy traf zusammen mit der Vereitelung eines Versuches der Pfeilkreuzler, ihn zu entmachten. Die Putschisten unter der Führung von László Baky verlegten am 2. Juli 1944 einige tausend Gendarmen nach Budapest, vorgeblich, um an einer Zeremonie zur Ehrung einer Einheit teilzunehmen.
    Tatsächlich setzten die meisten Juden ihre Hoffnung auf Horthy. Doch dieser hatte auf Schloss Klesheim am 18. März 1944 Hitler getroffen. Dort hatte er der Auslieferung einiger hunderttausender jüdischer „Arbeiter“ für die „Beschäftigung“ im Dritten Reich zugestimmt – eine Vereinbarung die von der von ihm ernannten Regierung erfolgreich für die zügige Einleitung der „Endlösung“ ausgenutzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren Horthy, die obersten Regierungsangehörigen und politischen Führer über die Realitäten von Auschwitz Birkenau informiert.
    (Randolph L. Braham, The Politics of Genocide, The Holocaust in Hungary, 1993 New York, 23. Kapitel, Band 2, Seiten 806-850)
    Im übrigen erhielt Ágnes Heller – die im Januar 2011 mit fünf anderen Philosophen  zur Zielperson einer unerhörten Kampagne der fidesznahen Medien wurde – viele SMS, die sie antisemitisch beflegelten. Einer schrieb ihr: „Wenn Horthy Sie gekannt hätte, dann hätte er sicher nicht diese Züge gestoppt“ Nun dieser Ungar hat sich ähnlich geäußert wie Eichmann. Der Spiegel  veröffentloichte unlängst einen Absatz aus einem Interview den Eichmann in Buenos-Aires gab, in dem er sein Bedauern ausdrückte, dass seine Arbeit unvollendet blieb. (Heller Ágnes, Az Eichmann-pernek nincsen vége, Mozgó Világ, 2011/6)
    Braham schreibt: „Hätte es in Ungarn so viele Retter während der Zeit der deutschen Besetzung gegeben, wie sie nach dem Krieg benannt wurde oder sich selbst gemeldet hatten, dann hätten die meisten der ungarischen Juden den Holocaust überlebt.
    Und wenn ich die moderierten Postings in gewissen fidesznahen Medien lese, dann bekomme ich das Gefühl, dass es eine Anzahl Ungarn gibt die ähnlich denken.
    Ich habe die Quellen angegeben. „Hans Weber“ gibt seine Quellen nicht an.
    Also noch einmal die Aufforderung Ihre Quellen anzugeben.
     
     
     

  8. Hallo Herr Pfeifer,
    Wenn Sie mir wieder mit irgendwelchen Unterstellungen kommen, werde ich mich nicht mehr melden. Was heißt eigentlich <Mantra der ungarischen “Revisionisten”>? Wir betreiben hier doch auch Revisionismus, oder nicht? Und ich soll mir angeblich eine ungarische Geschichte zusammenhalluzinieren, wie sie nie stattgefunden habe?  Ich fasse es nicht, dass ich hier noch antworte, da ich nicht von einem Möglichen Konsens zwischen Ihnen und mir ausgehe, aber was solls. Also noch einmal, und dann reichts aber langsam:

    Ãœber die Legitimität der damaligen Minister will ich jetzt wirklich nicht mehr streiten, und dass die von den Deutschen selektierten Minister „eifrige Helfer“ waren, ist anzunehmen. Wir sprachen aber nur über Miklós Horthy´s Beteiligung an der Judenverfolgung. Selbst der Historiker Ungváry räumte hier ein: „Ich gebe zu, dass das Selbstbestimmungsrecht Miklós Horthys schrumpfte…“ Nur darum geht es in unserer Diskussion, um Miklós Horthy, sonst nichts.

    2.April 1941: Der Ministerpräsident Graf Pál Teleki verkündete im ungarischen Radio seine Absicht, die Zusammenarbeit mit Hitler-Deutschland zu beenden. Am Morgen des 3. April 1941 wurde er mit einem Kopfschuss und einem konfusen Abschiedsbrief an seinem Schreibtisch aufgefunden.

    Sommer 1941: Horthy schickt 18.000 heimatlose Juden nach Galizien, mit der Angabe, sie später in die Ukraine umzusiedeln. Im August 1941 wurden diese Juden von den SS-Soldaten in Kamenyec-Podolszkij massakriert. Etwa 3000 Überlebenden gelang die Flucht nach Ungarn. Gegen den Willen der deutschen Behörden, und auf Druck der öffentlichen ungarischen Meinung wurden weitere Auslieferungen daraufhin unterlassen.

    Am 19.Mai 1944 wurde Ungarn, das bereits aktiv mit dem Gedanken spielte die Seiten zu wechseln, von deutschen Truppen belagert, nachdem Horthy zu ‚“Verhandlungen“ nach Klessheim beordert, und vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Der Ministerpräsident Miklos Kallay bat Horthy, seine Ämter zu behalten, da andernfalls die Pfeilkreuzler unverzüglich an die Macht kommen würden, und sich dies für die Juden Ungarns als Katastrophe auswirken würde. Für diesen Fall hätten neben den deutschen Truppen auch die Truppen Rumäniens, der Slowakei und Kroatiens zur Verfügung gestanden. Horthy hatte keine Wahl. Kallay´s Nachfolger wurde Sztójay Döme, der den deutschen Besatzern eifrig Folge leistete. Entgegen der Proteste Horthy´s wurde Edmund Veesenmayer an die Spitze des Landes beordert, wobei Horthy seinen offiziell Titel behielt.

    Im Gegensatz zu den Ländern Rumänien, Jugoslawien und der Slowakei (In denen die Deportierungen bereits 1942 begannen), kam es bis 1944 unter dem Machtbereich Horthys weder zur praktischen Anwendung von Judenprogromen noch zu irgendwelchen Gräueltaten. Erst nach der Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen kam es zur jüdischen Ghettobildung. Die neuen Machthaber in Ungarn zeigten sich diesmal sehr folgsam, und lieferten bis zum Juli 1944 insgesamt 445.000 Juden an die deutschen aus. Horthy war zu dieser Zeit allerdings machtlos, und konnte praktisch nichts Wesentliches bestimmen. Zwei jüdischen Ungarn gelang es am 10.April 1944 aus Ausschwitz zu flüchten und sie berichteten, nachdem sie wieder in Ungarn angekommen waren, über ihre Erlebnisse dem Zionistischen Zentrum in Pozsony. Hier entstanden die Ausschwitz-Notizen, welche  aber leider erst im Juni 1944 öffentlich bekanntgemacht wurden. Erst hier erfuhren wirklich alle, was sich tatasächlich in Ausschwitz abspielte. Horthy befahl am 26. Juni 1944 die Absetzung der für die Deportationen zuständigen Innenminister Laszlo Baky und Endre László und empfahl erneut auch den unverzüglichen Stop der Deportationen vor dem königlichen Rat. Hier fand er wie erwartet kein Gehör, und die Deportationen wurden fortgesetzt. Horthy fand letztendlich einen getreuen Oberst namens Ferenc Koszorús, der Horthy-getreue Soldaten aus den ländlichen Gebieten Ungarns rekrutierte, und die Fortsetzung der Deportation am 6.Juli 1944 aktiv verhinderte. Gleichzeitig erfolgte der offizielle Befehl Horthy´s, die Deportationen  zu stoppen. Am 18. Juli 1944 bot Horthy allen Juden die Evakuierung in das Ausland (vor allem nach Palästina und Schweden) an. Horthy war soweit erstarkt, daß er Sztójay abdanken ließ, und Géza Lakatos an seine Stelle ernannte. Dies rettete hundertausenden von Juden das Leben. Die Pfeilkreuzler planten einen erneuten Putsch, und bei dem Versuch, den ungarischen Soldaten das Ruhen der Waffen zu befehlen, wurde er boykottiert, so dass seine Befehle nicht bei den Offizieren ankamen. Gleichzeitig wurde Horthy´s Sohn von der Gestapo nach Mauthausen entführt und später in das Konzentrationslager in Dachau gebracht. Horthy dankte daraufhin offiziell ab, und die Pfeilkreuzler hatten freie Bahn. In Budapest wurden danach überall Anti-Horthy Plakate mit Texten aufgehängt, wie zum Beispiel: „Miklós Horthy, der von Juden bestochene ehemalige Regierungschef und Vaterlandsverräter…“

    Nach einem vergeblichen Fluchtversuch kam Horthy in deutsche Gefangenschaft nach Hirschberg, von wo er Am 1. Mai 1945 von amerikanischen Soldaten befreit wurde.

    Ich kann mich nicht ewig an diesem Thema aufreiben. Ich habe keine Zeit für wissenschaftliche Abhandlungen und Quellenangaben, denn ich bin nur eine Einzelperson, ohne organisiertem Hintergrund, ohne Datenbank, etc. Sie versuchen, mich daran festzunageln, und mich mit Vorwürfen zu entkräften, aber Tatsachen bleiben Tatsachen. Ihr Vorwurf der Verfälschung ist beleidigend und unwahr.  Vielleicht sollten Sie einmal Ihre eigene Redlichkeit in der Absicht, die Wahrheit zu erfahren, hinterfragen. Ich bin mir bei Ihnen nicht sicher.

  9. Hans Weber, es geht nicht um meine ideologische Sicht oder meine Befindlichkeit sondern um Fakten der Geschichte. Ich belege jede Behauptung von mir und sie versuchen hier die Geschichte Ungarns grob zu fälschen. Widerlegen Sie eine meiner obigen Behauptungen, widerlegen Sie wenn Sie das können, die Aussagen des ungarischen Historikers Krisztian Ungváry.
    Also zurück zu den Fakten, denn meine Befindlichkeit ist nicht das  Thema, sondern die Verantwortung von Horthy und der von ihm eingesetzten Regierung. Und da versuchen Sie Hans Weber den Massenmord an mehr an Hunderttausenden Menschen im Frühjahr/Sommer 1944 den Pfeilkreuzlern in die Schuhe zu schieben, die ja erst nach dem 15. Oktober 1944 zur Macht kamen. Die Verbrechen der Pfeilkreuzler wurden erst nach diesem Datum begangen. Und die sind schlimm, jedoch bleibt die Verantwortung für die Deportation nach Auschwitz-Birkenau bei Horthy und seinem Dunstkreis.
    Ich nannte meine Quellen, Sie aber wiederholen Ihre Mantra, ohne Ihre Quellen zu nennen.
    Von jemand, der wissentlich die Geschichte ignoriert wie Sie kann nichts gelernt werden.

  10. Herr Pfeifer, es ist wirklich ermüdend mit jemandem zu diskutieren, der die Richtigkeit seiner Ansichten dadurch zu legitimieren versucht, dass er seine Diskussionspartner diskreditiert. Sprüche wie: „Sie halluzinieren sich eine ungarische Geschichte zusammen, wie sie nie stattgefunden hat.“ sind schon wieder so ein Seitenhieb ins Leere. Sie fühlen Ihre ideologisch geprägte Sicht der Dinge bedroht, und das ertragen Sie wohl nicht. Was ich hier mitteile, sind Tatsachen. Sie sind derjenige, der durch einseitige Schlussfolgerungen von Randinformationen ein absolutes Feindbild aufrechtzuerhalten versucht. Eine Diskussion mit Ihnen kann zu nichts führen, da Sie keinen Willen der Lernbereitschaft oder Einsicht zu haben scheinen. Hiermit beende ich unseren Diskurs und hoffe, dass andere mehr Fähigkeiten zeigen Grautöne zu erkennen. Farbbilder wird es wohl noch lange nicht geben.

  11. Wikipedia ist keine gute Quelle. Gute Quellen sind die Bücher seriöser Historiker wie Randolph Braham, László Karsai, Krisztián Ungváry und einige andere.
    Ein interessantes Buch ist auch „Judenfage nach 1944“ des Soziologen István Bibó, weil er darin auf die Verantwortung der ungarischen Gesellschaft für die Geschehnisse 1944 aufmerksam macht. Auch Sándor Márais Tagebuch 1944/45 ist zu empfehlen sowie „Neun Koffer“ von Béla Zsolt. Und last but not least die Bücher des Nobelpreisträger Imre Kertész.
     

  12. Hans Weber,
    anstatt auf Fakten  einzugehen wiederholen Sie die Mantra der ungarischen „Revisionisten“.
    Sie halluzinieren sich eine ungarische Geschichte zusammen, wie sie nie stattgefunden hat. Da sollen also die Pfeilkreuzler und Eichmann die über eine halbe Million Menschen im Frühjahr/Sommer 1944 in die Viehwaggons gepfercht haben? Das Problem damit ist, dass die Pfeilkreuzler erst am 15. Oktober 1944 zur Macht kamen. Als die mehr als eine halbe Million deportiert wurden regierte eine von Horthy ernannte Regierung. Und Horthy hat noch im Juni 1944 seinen Ministerpräsidenten Sztojay zum Vitéz gemacht.
    Was für eine Geschichtsfälschung. Hier ist was der ungarische Historiker Krisztián Ungváry dazu erklärte:
     

    Krisztián Ungváry über die Judenverfolgung: Schieben wir nicht alles auf die Deutschen
    16. April 2011 von hungarianvoice

    Die ungarische Wochenzeitung HVG hat ein Interview mit dem Historiker Krisztián Ungváry zum Thema Geschichtsbewältigung geführt. Das Interview nimmt Bezug auf den jüngst auf Index.hu erschienenen Beitrag Ungvárys (hier in deutscher Übersetzung).
    http://hvg.hu/velemeny/20110415_ungvary_krisztian_alkotmany
    Hungarianvoice stellt den Beitrag den deutschsprachigen Lesern zur Verfügung:
    „hvg.hu: In Ihrem Kommentar auf index.hu sprechen Sie die Verantwortung der nachfolgenden Generationen an, nämlich die, dass die Nation ihre eigene Geschichte mit Anstand aufarbeiten müsse, wenn auch nicht in strafrechtlichen Sinne, aber aus moralischen Gründen. Welchen Tatsachen müssen wir denn nun ins Auge sehen?
    Ungváry: Es ist eine Tatsache, dass viele der Geschehnisse nach der Besatzung Ungarns durch Deutschland in keiner Weise zum Willen der Regierung, des Parlamentes oder Großteilen der ungarischen Bevölkerung in Widerspruch stand.
    Wenn ich den Verfassungsentwurf ernst nehme „Wir datieren die Wiederherstellung der am 19. März 1944 verlorenen staatlichen Selbstbestimmung unseres Vaterlandes auf den zweiten Mai 1990, die konstituierende Sitzung der ersten frei gewählten Volksvertretung.“ – dann wirkt es so, als hätten die Deutschen Ungarn nach dem 19. März 1944 vergewaltigt, das ist jedoch nicht ganz richtig. Der Text definiert nicht, was wir unter „staatliche Selbstbestimmung“ verstehen, dieser Begriff ist jedoch mehrdeutig.
    hvg.hu: Aber als die Deutschen Ungarn besetzt haben, wurden sogar Abgeordnete verhaftet. Das kann man wohl kaum als Selbstbestimmung bezeichnen, eher schon als Vergewaltigung…
    Ungváry: Einige Abgeordnete wurden tatsächlich von der deutschen Gendarmerie und der Gestapo verhaftet, allerdings wurde ihre parlamentarische Immunität bereitwillig vom Parlament aufgehoben.  Die Minister der Regierung Sztójay waren auch zuvor schon Minister. Die Sitzungen des Parlaments wurden zwar für eine Weile vertagt, danach wurde das Hohe Haus aber wieder zusammengerufen. Die Legitimität der Regierung kann man unter solchen Umständen nicht vergleichen mit der Kádár-Regierung, die tatsächlich nur mit Hilfe vorgehaltener Bajonette zustande kam und ohne militärischen Terror sofort abgesetzt worden wäre.
    Die Regierung Sztójay genoss die Unterstützung der Mehrheit des frei gewählten Parlaments und unterstützte auch dessen Maßnahmen, die Abgeordneten wurden zu nichts gezwungen. Das bedeutet, dass die staatliche Selbstbestimmung Ungarns, anders als in der Präambel erwähnt, nicht auf allen Gebieten verloren ging. Ich gebe zu, dass das Selbstbestimmungsrecht Miklós Horthys schrumpfte, aber vergessen wir nicht, er war damals genau so Staatsoberhaupt wie heute Pál Schmitt. Die Reduktion der Rechte eines Staatsoberhauptes heißt jedoch nicht, dass das Land die Selbstbestimmung verliert, die Regierung bleibt schließlich an ihrem Platz.
    hvg.hu: Richtig, die Regierung, das Parlament hatte nach der Besetzung einen gewissen Handlungsspielraum, aber nicht so viel, um den Deutschen offen die Stirn zu bieten. Nachdem man weiß, dass die Deutschen in anderen Ländern Europas gnadenlos die Juden liquidierten, wäre es uns denn anders ergangen?
    Ungváry: Es hätte ganz gewiss anders laufen können, denn auch in Deutschland gab es noch 1943 Proteste gegen die Deportation von in sog. „gemischten Ehen“ lebenden Juden – und, wie ich sagen muss, diese waren erfolgreich. Adolf Eichmann war hingegen bei seinem Besuch in Ungarn erstaunt, wie übereifrig die Ungarn waren. Er sagte, er hätte sich nicht vorstellen können, dass man 437.000 Menschen so schnell und brutal deportieren kann, wie er es bei uns gesehen hatte. Die Deutschen hatten nicht mit diesem Tempo gerechnet. In Auschwitz wurden die Kamine erweitert, Rampen gebaut, Gruben ausgehoben, man erweiterte die Stätten der Vernichtung, damit diese der Belastung standhielten, aber trotz allem brach die Infrastruktur in Auschwitz zusammen. Die Ungarn deportierten zu schnell, zu viele Menschen.
    Die Besetzung Ungarns durch die Deutschen, wie eigenartig es auch klingt, hatte weniger damit zu tun, dass man die ungarischen Juden deportieren wollte. Für Hitler war entscheidend, dass das Land auch weiterhin Deutschlands Verbündeter blieb und dass man 200.000 Zwangsarbeiter erhielt. Die ungarischen Behörden legten Hitler jedoch herein, an Stelle von Zwangsarbeitern sendeten sie Kranke und Alte nach Auschwitz. Wenn man tatsächlich Zwangsarbeiter hätte schicken wollen, wären wohl 80-90% von ihnen durch die Selektion gekommen und viel weniger Menschen gestorben. Die ungarische Regierung entschied sich jedoch dazu, lieber den „sozialen Ballast“, das heißt Alte und Kinder, nach Auschwitz zu schicken.
    hvg.hu: Wenn die Ungarn am 19. März 1944 Widerstand geleistet hätten, wäre es sich schon früher zur Herrschaft der Pfeilkreuzler gekommen? Dann wären vielleicht nicht einmal die Budapester Juden entkommen…
    Ungváry: Es ist zwar offensichtlich richtig, dass für den Fall, dass die Ungarn den deutschen Soldaten gegenüber Widerstand geleistet hätten, radikale Schritte eingeleitet worden wären. Aber es hätte auch die Alternative gegeben, dass die ungarische Regierung dem Einmarsch zusehen und der Wehrmacht hätte dienen können, aber dann gesagt hätte: wir können wöchentlich nur 10.000 Menschen deportieren, weil wir nicht mehr zusammentreiben können. Den Deutschen war die Deportation der Juden im übrigen weniger wichtig, als den rechtsradikalen Ungarn. Es hätte Handlungsspielraum gegeben, aber interessanter Weise wurden dann doch immer die Beschlüsse gefasst, die für die Juden am nachteiligsten waren.
    hvg.hu: Die Zwangsumsiedlung der Deutschen hierzulande nach dem Krieg war wohl weniger die Idee der Ungarn, Stalin war ganz begeistert davon, ganze Bevölkerungen zwangweise umzusiedeln. Hinzu kommt, das Benes die Ungarn aus der Tschechoslowakei auswies, irgendwo musste man doch Platz für sie schaffen…
    Ungváry: Ich freue mich, dass Sie das aufwerfen, denn es wäre etwas unglücklich, wenn man meine Kritik ausschließlich unter dem Blickwinkel des Holocaust sehen würde. Genau hier liegt der Hund begraben. Die deutsche Minderheit in Ungarn wurde weder deshalb umgesiedelt, weil Stalin das wollte, noch wegen der Umsiedlungen durch Benes im ehemaligen Oberungarn, beides war ohne Kausalzusammenhang. Schon bevor die Vertreibungen durch Benes begonnen hatten, beriet die ungarische Regierung – einschließlich József Antall sen. – über die Umsiedlung der Deutschen. In meinem Beitrag auf Index.hu zitierte ich einige Meinungen von Menschen unterschiedlichster politischer Couleur, von Árpád Szakasits bis Ferenc Erdélyi; sie äußerten sich auf grausame Weise darüber, was mit den Deutschungarn passieren sollte.
    Nachträglich kam freilich heraus, dass wir mit der Vertreibung der Ungarndeutschen ein Eigentor geschossen haben, weil die Tschechen sich eben hierauf beriefen und sagten, bei uns gäbe es Platz und die Deutschen aus der Tschechoslowakei sollten doch hierher kommen. (…)
    hvg.hu: Glauben Sie, Ihre Kritik wird im Zusammenhang mit dem Verfassungsentwurf der Regierung Folgen haben?
    Ungváry: Ich hoffe, dass es ein gesellschaftspolitischer Diskurs beginnt, denn für die Regierung der nationalen Einheit ist es zweifellos wichtig zu wissen, was die Bevölkerung über diese Themen denkt. Ich bin nur einer von zehnmillionen Menschen, ich glaube aber, dass ich hoffe, auch andere werden ihre Stimme erheben.
    hvg.hu: Gergely Gulyás sagte der hvg.hu vor einigen Tagen, dass die Regierungsparteien keine Verfassung verabschieden könnten, die den der Opposition nahestehenden Intellektuellen gefällt, denn diesen gefalle es von Grund auf nicht, dass die aktuelle Regierungsmehrheit eine Verfassung verabschiedet. Was sagen Sie dazu?
    Ungváry: Mich stört es nicht, dass die neue Regierung eine neue Verfassung schreiben möchte und auch nicht, dass darin auf das Christentum Bezug genommen wird. Ich stimme insoweit sogar zu und halte das für wünschenswert. Ich möchte klarstellen, dass ich mich nicht zu den „der Opposition nahestehenden“ Intellektuellen zähle, ich sehe mich als unabhängigen Historiker, der, wenn es um die Frage der Aufdeckung von Nazi- und kommunistischen Verbrechen in gleicher Weise seine Stimme erhebt. Es gibt Dinge, mit denen stimme ich überein, der oben genannte Teil der Verfassung ist für mich jedoch unannehmbar. Wenn das im Grundgesetz verbliebe, könnte man die Geschichtsforschung beliebig unter Hinweis auf die Verfassung strafrechtlich verfolgen. Gar nicht zu sprechen davon, dass der zitierte Passus die Geschichtsaufarbeitung in der Bevölkerung auf ein Minimum beschränkt, genau das sollte eine Regierung aber nicht tun.
    Ich halte den Normzweck des Gesetzes gegen Holocaustleugnung für falsch, nämlich eine strafrechtliche Sanktionierung historischer Verfälschungen (ich drücke mich absichtlich vorsichtig aus). Aber noch schlechter finde ich die Kodifikation von historischen Verfälschungen, noch dazu dann, wenn sie sich in der Verfassung befinden.“
    http://hungarianvoice.wordpress.com/2011/04/16/krisztian-ungvary-uber-die-judenverfolgung-schieben-wir-nicht-alles-auf-die-deutschen/
    Und Herr Weber, Ihre Mutter hat also Juden gerettet, haben Sie das Yad Vashem mitgeteilt? Kann ich dort etwas über Ihre Mutter finden?
    Auch wenn diese Ihre Behauptung wahr wäre, und ich warte auf Ihre Beweise, rechtfertigt das nicht Ihre Geschichtsfälschung.

  13. Her Pfeifer, sie können wohl nicht ohne Vorwürfe und Beschimpfungen argumentieren? Könnte es sein, dass Sie Geschichtsfälschung betreiben? Sie argumentiern einseitig, und lassen wesentliche Punkte aus. Die Tatsache, dass Horthy zu dieser Zeit praktisch entmachtet war, ist keine „Behauptung“, sondern Fakt. Sie wissen sehr wohl, dass die erwähnten Greueltaten von den radikalen Pfeilkreuzlern, und nicht von Horthy begangen wurden. Diese Pfeilkreuzler hatten in Ungarn lediglich eine Anhängerzahl von 40.000. Wozu hätte man sonst Eichmann gebraucht? Die Deutschen hatten ganz andere Sorgen zu der Zeit. Die ungarische Gendarmerie kannte nicht die Konsequenzen ihrer Taten, wenn sie überhaupt mithalf. Die Regel war das nicht. Der Superintendent der Gendarmerie musste ein Linientreuer Pfeilkreuzler sein, das ist klar.

    Meine Mutter half zu jener Zeit einem versteckten Familienbekannten (Juden), indem sie ihm, neunjährig, regelmäßig heimlich zu essen brachte. Sowohl sie als auch meine Großmutter konnten sich nur an Deutsche erinnern, die die Deportierung durchführten. Ich hatte eigens und eingehend gefragt.

    Halten Sie sich bitte an die Fakten, und nicht an „Vermutungen“, die Ihre Thesen stützen. Die „Geschichtsverdrehung“ begehen natürlich nur die anderen? Dass Sie selber mit Widersprüchen hantieren, ist irrelevant? (Z.B. zitieren Sie „von ungarischen Gendarmen erhobene Beschwerden“ und behaupten  im selben Atemzug, dass sich Eichmann und sein Team auf die königliche ungarische Gendarmerie stützten, deren Mitglieder „niemals Fragen stellten“).

    Sie listen die Greueltaten der Pfeilkreuzler unter Eichmann auf, und schieben sie mal eben Horthy in die Schuhe. Natürlich geben nicht nur mir die Greueltaten der Pfeilkreuzler zu denken. Horthy versuchte natürlich noch einen gewissen Einfluss beizubehalten. Sonst hätte er im Späteren den Ghettojuden auch nicht beiseitestehen können. Ihr Bemühen, Horthy und die Pfeilkreuzler als Verbündete darzustellen scheint charakteristisch für Ihre Denkweise zu sein.

    Als Horthy dem loyalen Oberst den Befehl das Ghetto zu beschützen gab, war Hitler bereits soweit geschwächt, dass er (Horthy) sich diesen Schritt, unter großer Gefahr, erlauben konnte. Der Oberst musste seine Leute eigens aus ländlichen Gebieten zusammenrufen, da er in Budapest selber keinen Erfolg gehabt hätte.

    Was quält Sie eigentlich so sehr, auch einmal ein anerkennendes Wort für hunderttausende geretteter Juden zu äußern? Oder halten Sie das auch für „Geschichtsfälschung“? Liegt es etwa an ihrem Schwarz-Weiß-Denken? Wo Schwarz ist, gibts kein Weiß; nicht wahr?

  14. Das erste antijüdische Gesetz unter Horthy – einen speziellen Numerus clausus für jüdische Studenten umfassend – stammte aus dem September 1920. Ab dem Jahr 1938 wurde in Ungarn eine Reihe antijüdischer Gesetze erlassen. Diese Gesetze trugen Züge der Nürnberger Rassengesetze. Entgegen den Wünschen der deutschen Regierung weigerte sich Ungarn allerdings, seine jüdischen Einwohner auszuliefern bzw. deren Transport in Lager zuzulassen.
    Diese Situation änderte sich, als sich nach der deutschen Besetzung die Marionettenregierung unter Döme Sztójay aktiv am Holocaust beteiligte. Die Deportation jüdischer Ungarn nach Auschwitz begann am 15. Mai 1944 und hielt bis zum 9. Juli 1944 an, bis Horthy die Transporte stoppen ließ und die jüdische Bevölkerung von Budapest damit weitgehend verschonte. Dies geschah auf internationalen Druck, u. a. aus Schweden, den Vereinigten Staaten und dem Vatikan, nachdem die so genannten Auschwitz-Protokolle in der Schweiz veröffentlicht worden waren. 437.000 jüdische Ungarn waren bis zu diesem Zeitpunkt bereits deportiert worden.
    Nur ein Viertel der vormals über 800.000 jüdischen Ungarn überlebte den Holocaust.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Mikl%C3%B3s_Horthy

  15. Bereits am 7. April fasste Edmung Veesenmayer die Ergebnisse der harmonischen Zusammenarbeit zwischen deutschen und ungarischen Behörden mit sichtlicher Genugtuung zusammen. Er berichtete dem Auswärtigen Amt: „Mit einer für hiesige Verhältnisse ungewöhnlichen Schnelligkeit hat die neue Regierung die Lösung der Judenfrage in Angriff genommen. (Veesenmayers Bericht Nr. 1291 vom 7,4.1944, in PA AA R 99449, Bd 71/I.)
    Horthy ernannte den Gendarmeriemajor a.D. László Baky (nationalsozialistischer Abgeordneter des ungarischen Parlaments) zum Staatssekretär des Inneren und übertrug Baky die Aufsicht über die Polizei und die Gendarmerie. Und Horthy ernannte auch den notorischen Antisemiten und Unterpräfekten des Komitats Pest László Endre zum Staatssekretär des Inneren.
    In der Kabinettsitzung vom 21. Juni 1944, in der erstmals erwähnt wurde, dass die aus Ungarn deportierten Juden „in Polen vergast und dann verbrannt“ wurden, fühlte sich der Superintendent der Gendarmerie veranlasst, Folgendes über das Verhalten der königlichen ungarischen Gendarmerie bei der Durchführung der Deportation zu sagen: „Wenn wir bedenken, dass wir über 400.000 Juden zum Zweck des Arbeitseinsatzes und der Umsiedlung deportiert haben, dann müssen wir die gegen einige der 20.000 ungarischen Gendarmen erhobenen Beschwerden als irrelevant zurückweisen.“
    Alle Dokumente zeigen deutlich, dass sich Eichmann und sein Team auf die königliche ungarische Gendarmerie stützten, deren Mitglieder niemals Fragenj stellten, sondern ihre Befehle ausführten, ob es sich um das Einsammeln von Wertgegenständen, Leibesinvitationen, das Zusammentreiben der Juden in Ghettos, in Ziegeleien oder ihr Einpferchen in Güterwaggons handelte. Auch als sie angewiesen wurden,die Kontrolle der „Zigeuner“ zu versterken, wetteiferten sie miteinander im Entwickeln von Vorschlägen, wie die „Zigeuner“ zum Arbeitseinsatz gezwungen, umgesiedelt oder in Lagern, ähnlich denen für Juden, untergrebracht werden sollten.
    Ein paar Fakten, die Geschichtsverdrehern wie Hans Weber zu denken geben sollten. Alle meine Behauptungen kann ich mit entsprechenden Quellen stützen.

  16. Hans Weber hier versuchen Sie Ihre Geschichtsfälschung anzubringen.
    Horthy ernannte im März 1944 Döme Sztojay zum Ministerpräsidenten und alle anderen Minister die auf ihrem Platz blieben nach der deutschen Besatzung haben so wie die ungarische Administration fleißig mitgearbeitet, um im Frühjahr 1944 als es schon den dümmsten Ungarn auch hätte klar sein müssen, dass die Nazis verlieren, alles getan haben, um ein Maximum an ungarischen Staatsbürgern nach Auschwitz-Birkenau zu deportieren.
    Die deutschen Soldaten hätten nicht binnen ein paar Wochen mehr als eine halbe Million Ungarn in die Viehwaggons treiben können. Und das hat Edmund Veesenmayer beim Nürnberger Kriegsverbrechertribunal bestätigt.
    Sie schreiben über ein Thema, über das Sie wenig Ahnung haben.
    Tatsache ist, dass nach den Protesten der Alliierten, der neutralen Staaten und des Vatikans, Horthy Anfang Juli 1944 den Befehl gab seinen Truppen die Deportation aus der Hauptstadt zu verhindern.
    Wenn er das Anfang Juli tun konnte, dann hätte er – wenn er es nur gewollt hätte – auch bereits vorher tun können.
    Und versuchen Sie nicht die Ermordung von mehr als einer halben Million ungarischer Staatsbürger mit „Grautönen“ wegzuwischen und Horthy zu entlasten.

    Einen wichtigen Beitrag zu diesem Massenmord leisteten, die ungarischen führenden Kreise, die mit ihrem wahnwitzigen Antisemitismus ja „nur den Pfeilkreuzlern den Wind aus den Segeln nehmen“ wollten. Sie haben kräftig den Wind hereingeblasen und beigetragen zu diesem beispiellosem Massenmord.
     
     

  17. Die Ursache des Antisemitismus ist Schwarz-Weiss-Malerei, der zu blindem Fanatismus führt. Hier geht es nicht um die FIDESZ. Ich bin kein Politiker, schon gar nicht in Ungarn. Wir sollten jedoch Versuchen, die Geschichte in Grautönen wahrzunehmen. Im Falle Horthy´s beobachtet man einen Lernprozess, der ihn vom anfänglichen Judenverfolger zum letztendlichen Judenretter werden ließ. Zitat aus einem Protokoll des Treffens von Hitler, Ribbentropp und Horthy am 16.4.1943. Horthy:“..ich kann doch nicht alle Juden töten?“ Ribbentropp:“Juden muss man vernichten oder in Konzentrationslager schicken“ Hitler:“..behandle sie wie Tuberkulosebazillen..“ Hier wurde Horthy erstmals vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen die Juden vorzugehen. Das auf Geheiß von Hitler duchgeführte Massaker in Kamenets-Podolsk ist ein rabenschwarzer Fleck auf Horthys Weste, war jedoch das Resultat eines übermäßigen Gehorsams Hitler gegenüber, welches er später bitter bedauerte. Zur gleichen Zeit erfolgte jedoch auch das Massaker des rumänischen Führers Ion Antonescu in der Südukraine (etwa in Odessa). Sowohl Ungarn als auch Rumänien waren von Hitler abhängig. Eben dieser so gescholtene Horthy hat aber auch 1944, als die rote Armee noch weit weg war, den Oberst Ferenc Koszorús angewiesen, die deutschen Truppen an der Deportation der 250.000 Juden zu hindern. Dies war europaweit das einzige jüdische Ghetto, welches vor Hitlers Truppen verschont blieb. Man findet noch bis zum heutiggen Tag regelmäßig Dankeskränze an der Statue von Ferenc Koszorus in Budapest.

  18. Waren etwa die 18.000 Juden (darunter 2000 ungarische Staatsbürger), die Ungarn im August-September 1941 an die Waffen SS in Kamenets-Podolsk auslieferte, schuld daran?
    Und wie steht es mit den 3.300 Opfern des Pogroms im Januar 1942 den ungarische Truppen und ungarische Gendarmerie in der Vojvodina begingen, waren die Opfer schuld daran?
    Auf alle Fälle hat die Horthy Administration Überstunden geleistet, um so viel ungarische Staatsbürger als möglich, zu je 80 zusammengepfercht in Viehwaggons, nach Auschwitz-Birkenau zu deportieren. Die königliche Gendarmerie, die die meisten Greueltaten bei der Deportation vollbrachte wurde aber rehabilitiert. Man kann eine Gedenktafel in Buda anschauen.
    Und der von Ihnen so gelobte Horthy hatte noch im Juni 1944 seinem Ministerpräsidenten Döme Sztojay zum Vitéz gemacht.
    Sie Hans Weber versuchen hier beharrlich dafür und für den in fidesznahen Medien transportierten Antisemitismus Entschuldigungen zu finden. Da tun Sie aber Fidesz einen Bärendienst.

  19. Können Sie uns bitte mitteilen, was die Ursachen des Antisemitismus sind? Waren etwa die 18.000 Juden, die Ungarn im August-September 1941 an die Waffen SS in Kamenets-Podolsk auslieferte, schuld daran?
    Und wie steht es mit den 3.300 Opfern des Pogroms im Januar 1942 den ungarische Truppen und ungarische Gendarmerie in der Vojvodina begingen, waren die Opfer schuld daran?
    Auf alle Fälle hat die Horthy Administration Überstunden geleistet, um so viel ungarische Staatsbürger als möglich, zu je 80 zusammengepfercht in Viehwaggons, nach Auschwitz-Birkenau zu deportieren.
    Und der von Ihnen so gelobte Horthy hatte noch im Juni 1944 seinem Ministerpräsidenten Döme Sztojay zum Vitéz gemacht.
    Sie Hans Weber versuchen hier beharrlich dafür und für den in fidesznahen Medien transportierten Antisemitismus Entschuldigungen zu finden. Da tun Sie aber Fidesz einen Bärendienst.
     
     
     
     

  20. Ich lenke nicht ab. Was soll dieser Vorwurf? Wir unterscheiden uns lediglich in einem Punkt: Sie prangern den Antisemitismus an, ich suche nach dessen Ursachen. übrigens wurde Horthy von Hitler entmachtet, da er die Auslieferung der Juden permanent verzögerte und unterliess. Im einflußbereich Hitlers galt Ungarn bis dahin als ein relativ sicherer Ort für das Judentum.

  21. Wieder lenken Sie ab. Sie machen sich große Sorgen um die Beliebtheit der ungarischen Regierung und ich mache mir Sorgen, wegen der Toleranz die diese Regierung gegenüber Antisemiten und Neonazi zeigt.
    Und was Sie da mit einem entlarvenden Wort als „prosemitische“ Tendenzen beschreiben, ist nichts anderes als der Wunsch im Ausland als eine normale bürgerliche Partei wahrgenommen zu werden. Auch unter Horthy behauptete man nach 1938 den Nazis „den Wind aus den Segeln“ zu nehmen. Und in Wirklichkeit haben sie diesen so richtig in die Segel der Rechten geblasen. Daraus haben diese Herrschaften gar nichts gelernt. Lesen Sie den unten stehenden Artikel von Marsovszky, der noch während der Regierung Gyurcsány geschrieben wurde. Auch die „linke“ Regierung zuvor hat Antisemitismus und Rassismus geduldet, zugeschaut als sich die ungarische Garde bildete. Und ich habe das oft genug beklagt.
    In Wirklichkeit ist die Botschaft des Antisemitismus, das fidesznahe Medien ausstrahlen aber lauter als all diese Alibiversuche.
    Und sogar den allerdümmsten Fideszpolitikern müßte es einleuchten, mit diesem Antisemitismus in ihrem Dunstkreis verlassen sie den europäischen Konsensus.
     

  22. Sehr geehrter Herr Pfeifer,
    keineswegs entschuldige ich die Aussagen von Bayer oder Makovecz. Nein, diese Personen gehören wirklich nicht zu meinen „Schützlingen“. Trotzdem bleiben sie Einzelfälle. Welche antisemitischen Medien sich FIDESZ-nah zeigen und nicht Jobbik-nah, weiß ich nicht, klingt aber wenig logisch, und ich würde dies klar verurteilen. Ich spreche jedoch von der ungarischen Regierung als solche, die in dem Dilemma steckt, unverbindlich bleiben zu müssen, da diese Taktik es erlaubte, sowohl von rechts als auch von links Stimmen zu sammeln um eine derartige Mehrheit zu erlangen. Sobald sich diese Regierung in eine Richtung festlegt, verliert sie sofort eines ihrer Flügel, und somit auch an Macht. Man kann darüber lamentieren, inwieweit dies ethisch ist oder nicht, jedoch gibt es deutliche prosemitische Zeichen seitens der FIDSEZ, die gerne unter den Tisch gekehrt werden. Diese Politik der Unverbindlichkeiten ist es, die diese Partei so ambivalent erscheinen lässt. Ihr Erfolg ist es widerum, die ihr von allen Seiten nur Feindschaft entgegenbringt.

  23. Hans Weber, Sie lenken ab, fangen an einen Diskurs über Bayer und Fodor, der nichts mit der Sache zu tun hat.
    Auf meine Argumente gehen Sie gar nicht ein. Bleiben wir also bei den Tatsachen, Sie finden es in Ordnung wenn in Fidesz nahen Medien antisemitische und rassistische Texte erscheinen. Denn wenn Nick Cohen von faulem Gestank schrieb, dann wird doch ein solch guter Freund von Orbán Daniel Cohn-Bendit und den Pianisten (András) Schiff – Ihrer Meinung nach – als „stinkende Exkremente“ hinstellen dürfen. Und auch das passt ihrer Meinung zu einer bürgerlichen Partei wenn ihr Topjournalist Bayer beklagt, dass zuwenig Linke (und Juden) in Orgovány hingemordet wurden.
    Und wie steht es mit Makovecz, ist sein Antisemitismus auch erklärbar? Und entschuldbar?
    Also Hans Weber bleiben wir bei den Fakten und versuchen Sie nicht hier den Antisemitismus in fidesznahen Medien zu entschuldigen.
    Sicher hat Fidesz ein Problem. Sie möchte im Ausland als normale konservative Volkspartei wahrgenommen werden, im Inland aber toleriert sie grausige antisemitische und rassistische Diktion in Medien, die ihr nahestehen.
    Das können Sie in Ungarn verharmlosen, in Deutschland und Österreich ist aber solche Diktion in mainstream Medien nicht üblich. Und wie Jobbik Fidesz nennt interessiert mich nicht. Auch das rechtfertigt nicht Toleranz für Antisemiten.

  24. Gábor Fodor und Zsolt Bayer waren beide Mitbegründer der FIDESZ. Die beiden haben ideologisch diametral unterschiedliche Entwicklungen gehabt. Zsolt Bayer ist in die rechte Ecke abgedriftet, und wird dafür zurecht kritisiert, wobei Gábor Fodor in der liberalen Opposition gelandet ist. Trotzdem sprechen sie und Orban heute noch kumpelhaft miteinander. Gleichzeitig verfolgt die FIDESZ eine unverbindliche Politik und errang damit diesen großen Wahlerfolg. Die linksliberale Opposition will ihn unbedingt in das Lager der Antisemiten abschieben. Orban wird mit unzähligen Leuten fotografiert. Erstaunlich, dass bislang gerade mal bei zweien davon antisemitische Bemerkungen fielen. Tamás Deutsch ist nur einer von vielen Juden in der FIDESZ. keine Ahnung, warum er, wie Herr Pfeifer bemerkt, ein „antisemitischer Jude“ sein soll, aber das ändert nichts am Geschehen.
    Die Linke beschimpft die FIDESZ notorisch als antisemitisch, während die rechtsextreme Jobbik sie gleichzeitig als zu prosemitisch beschimpft. Es kursiert dort sogar der Begriff „Zsidesz“ (ein Wortspiel aus zsidó (=Jude) und Fidesz) als Anspielung auf die vielen jüdischen Mitglieder der Partei. Orbán hat viele Feinde.

  25. Hans findet erklärende Worte für einen durchgehend antisemitischen Artikel. Denn wenn der nichtjüdische britische Journalist (der Name Cohen bedeutet in diesem Fall einen jüdischen Großvater) vom faulen Gestank, der aus Ungarn kommt schreibt, fühlt sich der „Fäkalantisemit“ Bayer berechtigt Nick Cohen, Daniel Cohn-Bendit und den berühmten ungarischen Pianisten (András) Schiff, als „stinkende Exremente“ hinzustellen. Was hat damit Gábor Fodor zu tun? Gar nichts, doch der soll dafür herhalten, dass eine solche Fäkalsprache in Fidesznahen Medien gebraucht wird.
    Und noch etwas Hans. Zsolt Bayer bemängelt in dem von mir in der Presse kritisierten Artikel, dass nicht genug Linke (und Juden) beim von Horthysondereinheiten vollbrachten Pogrom in Orgovány umgebracht wurden.
    Das ist was hier Hans versucht zu verharmlosen. In Ungarn – wie Hans es uns bestätigt – wird ein derartiger „Fäkalantisemitismus“ von Fidesz nicht nur toleriert, sondern der „Fäkalantisemit“ wurde auch auf Grund einer Initiative von Fideszfunktionären mit einem ungarischen Kulturpreis belohnt.
    Ich bin Hans wirklich zu Dankbarkeit verpflichtet, denn er zeigt, wie verkommen diese Leute sind, die Antisemitismus in ihren Medien tolerieren und einen Antisemiten noch belohnen.
     
     

  26. Hans, da läßt sich Orban mit dem Antisemiten Bayer fotografieren und die fidesznahe Tageszeitung Magyar Hirlap, deren Besitzer der Freund von Orban ist, ist voll mit antisemitischen und rassistischen Artikel, aber sie weisen hin darauf, dass auch Juden in Fidesz sind.
    Tatsache ist, dass Fidesz eine Menge Antisemitismus in ihren Reihen toleriert. Nehmen wir zum Beispiel den Architekten Imre Makovecz, dessen Antisemitismus vielleicht mit ein Grund dafür ist, dass er von der Regierung Orban derartig gefördert wird. Mehr darüber
    http://esbalogh.typepad.com/hungarianspectrum/2011/05/an-interview-with-imre-makowecz-a-favorite-of-viktor-orb%C3%A1n.html
    Und noch etwas Hans, Juden können genau solche Antisemiten sein wie Nichtjuden. Und ein Fideszpolitiker wie Tamás Deutsch ist ein Persilscheingeber des Bayer. Also braucht sich Fidesz nicht damit brüsten, dass sie jüdische Funktionäre haben. Deutsch ist also ein jüdischer Antisemit, der mit Bayer gemeinsame Sache macht.
     
     

  27. Zsolt Bayer ist eine Einzelperson, die als Mitbegründer der FIDESZ einen Sonderrespekt genießt. Er repräsentiert jedoch nicht den Mainstream der Partei. Ein ebensolcher ehemaliger FIDESZ Mitbegründer, Gabor Fodor, ist hingegen im liberalen Lager gelandet, und ist heute genausowenig als Repräsentant der FIDESZ zu sehen. Das Fäkalthema stammt übrigens aus dem Mund von Cohen ( ,fauler Gestank aus Ungarn strömt‘), wofür ihn Bayer kritisierte.
    Es ist vielmehr so, dass in der FIDESZ Partei zahlreiche (auch führende) Mitglieder jüdischer Gesinnung präsent sind, wodurch es der linken Opposition schwer fällt, den Vorwurf des Antisemitismus zu platzieren. Von Rechts wird die FIDESZ gerade deshalb kritisiert.

  28. Diese antisemitischen Eskapaden sind schlimm, und stehen einem Land wie Ungarn auch nicht gut zu Gesicht. Allerdings solte man nicht alle unter einen Hut bringen. „Ádám Pozsonyi“ ist ein Provokateur und Punk-Musiker. Die Rechtsradikalen sind in der Opposition, und die rechtskonservative Mehrheitsregierung zeigt sich dem Judentum gegenüber offen und loyal. „Irgendetwas“ ist in Ungarn nicht in Ordnung, aber vieles eben doch.

Kommentarfunktion ist geschlossen.